Hilfe im Umgang mit einer 6. Klasse - Disziplinschwierigkeiten

  • Hallo,
    ich habe Probleme mit einer sehr lauten und unruhigen 6. Klasse. Ich hoffe auf eure Hilfe und andere Perspektiven zum Thema.
    Ich hatte die Klasse als 5. Klasse in ihrem ersten Jahr am Gymnasium in Ethik bekommen. Ich unterrichte sie seitdem (mittlerweile hat das 6. Schuljahr begonnen) in Ethik. Zu Beginn hatte diese Klasse a Ethikunterricht mit der Parallelklasse d. Nun wurden die Gruppen neu zusammengesetzt und ich habe eine Ethikklasse, die sich aus Schülern der a, b und c zusammensetzt. Aufgrund des Mangels an Religionslehrern wird bei uns, trotz anderer Vorgabe der Stundentafel, Ethik nur einstündig unterrichtet. Diese eine Stunde hatte ich in der 6. Stunde (letzte Stunde am Montag), als sie in der 5. Klasse waren, und hab sie nun in der 7. Stunde (ebenfalls letzte Stunde am Montag). Die Schüler müssen sich immer nach der letzten Stunde beeilen, um ihren Bus noch zu bekommen, weil sie teilweise weit entfernt wohnen. Sowohl in der 5. als auch in der 6. Klasse habe ich in Ethik jeweils 27 Schüler sitzen.



    Als ich die Klasse bekommen hatte, war ich selbst noch im Referendariat an meiner Schule und habe, denke ich, vor allem am Anfang einige Fehler bezüglich der Konsequenz meines Verhaltens gemacht. Ich hatte das Vorbild eines sehr strengen Mentorin, die in anderen Klassen in einem Maße durchgegriffen hat, wie ich es ungerecht und übertrieben fand, weshalb ich nicht denselben Fehler machen wollte. Insbesondere drei Schüler, die allesamt aus der a stammen, fallen immer wieder dadurch auf, dass sie reinquatschen, andere Schüler stören, ärgern oder sich mit ihnen streiten, die Aufgaben nicht erfüllen oder schlicht meine Anweisungen ignorieren. Alle drei sind sehr unterschiedlich und auch die Gründe, weshalb sie so reagieren, sind soweit ich bisher mitbekommen habe, sehr unterschiedlich. Einer hat Probleme von den anderen akzeptiert zu werden, ist sehr schlau und versucht mit dieser Klugheit das Beste für sich rauszuschlagen, auch auf Kosten von anderen. Er möchte, wie ich zeitweise mitbekommen habe, mehr Harmonie und Wertschätzung, sieht aber häufig keinen Weg das zu bekommen. Da er sich auch schnell in der Schule anfängt mit anderen zu prügeln, hat er schon einen Klassenleiterverweis bekommen. Der Zweite möchte definitiv "cool" vor seinen Mitschülern erscheinen und es stört ihn wiederum sehr, wenn er durch mich Wertschätzung erfährt. Er ärgert häufig Mitschüler dadurch, dass er ihnen ihre Sachen wegnimmt oder sie runterwirft, freut sich über ihre Reaktionen und ist empört und fühlt sich unfair behandelt, wenn ich ihn daraufhin anspreche. Mit den beiden beschriebenen Schülern kann ich mich in der Pause relativ gut unterhalten. Sie lächeln mich sogar teilweise an, wenn ich ihnen im Gang begegne. Ich versuche bewusst nicht nur anzuklagen und Fehlverhalten anzusprechen, sondern sie kennenzulernen und die Gründe für ihr Verhalten herauszufinden. Der dritte Schüler fällt vor allem durch seine beleidigenden, direkten Bemerkungen mir und anderen Schülern gegenüber auf. Er sagt offen und ohne Aufforderung, dass er alles "scheiße" findet und am liebsten woanders wäre. Ihn erreiche ich nur bedingt durch Kontakt in der Pause. Wenn überhaupt erzählt er mir etwas beiläufig und weicht meinem Blick aus.


    Das Ganze hat schon eine Vorgeschichte aus der Grundschule, da die Schüler da auch schon miteinander Unterricht hatten. Die beschriebenen drei Schüler sind bei den Mitschülern deshalb auch gewissermaßen als "Störenfriede" verschrien. Andere Schüler wollen nicht mit ihnen zusammenarbeiten bzw. beklagen sich in den Pausen bei mir über sie und fragen, warum wir denn nicht ohne sie Unterricht haben könnten. Hinzu kommt, dass andere Schüler sich teilweise davon anstecken lassen, wenn sie reinquatschen und mitmachen oder sich provoziert fühlen und zurückfeuern. Mit der Klassenlehrerin der a tausche ich mich schon seit Langem über Probleme aus und halte sie immer auf dem Laufenden. Sie wiederum spricht meist mit den Eltern der Schüler, die auch in den anderen Fächern durch Störverhalten auffallen. Ihr ist es lieber, wenn alle Fachlehrer alles an sie zurückmelden und sie dann die Sachen gebündelt mit den Eltern bespricht. Das führt aber natürlich dazu, dass vieles zeitversetzt bei den Eltern landet.


    Was Konsequenzen auf das beschriebene Verhalten angeht, habe ich nun schon einiges hinter mir und habe wahrscheinlich auch zu häufig meine Strategien gewechselt. Ich weise die Schüler genau daraufhin, was sie tun bzw. nicht tun sollen, werde dabei aber nicht beleidigend. Das Reinquatschen zu ignorieren bringt überhaupt nichts bzw. darauf zu warten, dass es leise wird, bevor ich etwas sage. Zeitweise bin ich im Unterricht mal sehr laut geworden, doch das hat die Situation nur noch angespannter werden lassen. Ich habe den Sitzplan verändert. Einzeln kann ich aber niemanden setzen, da mit 27 Schülern der Raum voll ist. Ich habe mit den Schüler gemeinsam Regeln gefunden, die sie aus der Grundschule kannten: bspw. Wer reinquatscht oder anders den Unterricht stört, bekommt einen Strich an der Tafel. Bei drei Strichen gibt es einen Eintrag in HA-Heft. Zudem wollte ich positive Rückmeldungen (Lob im HA-Heft) geben, wenn besonders gut mitgearbeitet wurde. Insgesamt kann man sagen, dass alle Maßnahmen letztlich dadurch scheitern, dass ich nicht alles mitbekomme. Es ist meist auch für mich die letzte Stunde an dem Tag und ich merke, dass meine Aufmerksamkeit nicht ausreicht, um alles mitzubekommen. Etwas verbessert hat sich vor allem die Beziehung und die Reaktion auf mich dadurch, dass ich bewusst in der Pause den Kontakt mit den Schülern gesucht habe und versucht habe, sie besser kennenzulernen. (Dadurch dass Ethik nur einstündig ist, kenne ich sonst auch nach Monaten meine Schüler eigentlich nur oberflächlich.)
    Meinen Unterricht versuche ich spannend und mit hoher Schüleraktivität zu gestalten. Das geht jedoch manchmal so nicht, weil Freiräume gut und gerne ausgenutzt werden. Eine Glanzstunde war der Abschluss zur Sequenz "Mit und von der Natur leben", wo die Schüler selbst eine Tierkonferenz gestaltet haben. Ich habe den Schülern selbst wichtige Aufgaben überlassen und gerade die Schüler, die den Unterricht sonst stören, in die Verantwortung genommen. Zwei haben die Konferenz moderiert, zwei haben Gesprächsregeln aufgestellt und die Einhaltung überwacht, zwei waren Zeitwächter und einer hat ein Logo für die Tierkonferenz entworfen. Zudem habe ich die Konferenz für mich persönlich (nicht zur Veröffentlichung oder zur längeren Speicherung) mit einer Kamera aufgenommen, damit ich den Schülern genauer Rückmeldung zu ihrer Leistung geben kann. Diese Stunde lief rund, wie eine Bilderbuchstunde, und auch die Schüler, die sonst durch negatives Verhalten haben mir wieder einmal gezeigt, dass sie nicht wegen Überforderung den Unterricht stören und hervorragende Leistungen erbringen können.


    So, ich hoffe, jemand hat die Muße, sich all das durchzulesen. Ich wollte euch ein möglichst umfassendes Bild geben.
    Vielen Dank vorab!

  • 6. Klasse, 7. Stunde montags, Ethik... ein Stundenfach, 27 Schüler ... du bist nicht zu beneiden.


    Zum einen kenne ich es so, dass Fachlehrer auch Eltern kontaktieren sollen, damit sie eben nicht alles gebündelt und versetzt sowie durch die zweite nicht anwesende Perspektive erfahren. Aber gut...


    Du bist jung, tendenziell haben jüngere Lehrer nicht die Strenge und Autorität von Älteren. Wird sich im Laufe der Jahre ändern.


    Das einzige, was du meiner Meinung machen kannst, ist, die Schüler strikt mit bewertbaren Aufgaben zu beschäftigen. Baller sie mit Aufgaben zu, wie ein Mitkollege immer sagt. Aber schönen.


    Ebenfalls würde ich selbstständiges Lernen einsetzen. Lass die Schüler so viel machen, wie nur möglich.


    Frontal, mit Lehrer erarbeitend funktioniert unter diesen Umständen vermutlich nicht.

    Ich kann nur für Brandenburg und Berlin Sek 1 sprechen.

  • Zum einen kenne ich es so, dass Fachlehrer auch Eltern kontaktieren sollen, damit sie eben nicht alles gebündelt und versetzt sowie durch die zweite nicht anwesende Perspektive erfahren. Aber gut...

    das habe ich auch gedacht. Werde selbst aktiv. Die Eltern können ruhig aus "erster Hand" erfahren wie es mit ihren Kindern läuft. Da kannst du auch dann direkt Rückfragen beantworten. Meiner Erfahrung nach wirkt ein direktes Gespräch bei den Eltern mehr als alles (zeitversetzt) durch den Klassenlehrer zu erfahren. Da kann sich schnell der Gedanke bei den Eltern einschleiche: "Ja, die beschwert sich gern, aber so schlimm kann es jetzt ja auch nicht sein."

    Freundlichkeit ist kostenlos, aber niemals umsonst.

  • ungünstige ausgangsbedingungen, die du alle nicht ändern kannst. also knapp: das problem liegt vermutlich nicht bei dir sondern bei den rahmenbedingungen.


    du schreibst, finde ich, sehr reflektiert und anschaulich, du bist dir über die situation im klaren und hast die standards schon durch. was ich probieren würde:


    - da das bei der tierkonferenz so gut geklappt hat: lernzirkel/werkstattunterricht/monatsplan oder sonstwie klar strukturierte offene arbeit über mehrere stunden zu einem rahmenthema. dabei den sus gegenüber das als experiment angesichts des für dich sehr unbefriedigenden unterrichtsklimas ankündigen, spannende gemeinsame einstiegsstunde und passende gemeinsame auswertungsstunde als rahmen, vielleicht auch ein projekt als rahmen, z.b. die vorbereitung einer tierkonferenz, verhaltenserwartungen sehr klar vorgeben und visualisieren blablaba :), du weißt, was ich meine. mit sowas kommt man oft durch die schwierigen nachmittagsstunden, weil es mehr freiraum für die individuellen bedürfnisse der sus lässt, der eine möchte vielleicht im sitzen arbeiten, der andere im stehen, einer allein, einer im zweierteam, ein zuverlässiges team kann ja vielleicht auch auf den pausenhof gehen zum arbeiten usw. (sehr toller verstärker in unterstufenklassen... nur wer zuverlässig ist, kann woanders in sichtweite arbeiten). die sind ja genauso durch wie man selbst zu diesem zeitpunkt, zumal in großer klasse in kleinem raum, ungewohnte gruppe = hackordnungskämpfe und so...


    - alternativ/parallel im frontalunterricht bei zu großem stress für alle abbruch und diktieren für den rest der stunde/mitschreiben an der dokkam/projektor, sus schreiben ab. wer stress macht, bekomm ärger mit dir. als notwendige maßnahme vorstellen ("scheinbar ist kein unterricht mit euch heute möglich. ich finde das sehr schade. wir müssen den stoff jedoch durcharbeiten, deshalb diktiere ich euch jetzt die inhalte.") nach einer stunde erneuter versuch, notfalls wieder abbruch etc. (meist nicht mehr als 1-2x nötig). das gute ist hier, dass die sus das gefühl haben, unterricht gemacht zu haben und niemand öffentlich bloßgestellt wurde als "störenfried". wenn man das zu oft macht (und das macht die striche an tafel-methode defintiv), dann ist das eben die soziale rolle des betreffenden kindes und es verhält sich entsprechend. kinder versuchen i.a., die an sie gestellten erwartungen zu erfüllen. hier ist die erwartung "störenfried", also macht man das halt. auch wenn es weh tut (oder o-ton - "alles sch**** ist" aus sicht des kindes). man will ja anerkennung und bestätigung, und das bekommste für rollenkonformes verhalten. und da jeder sagt, dass du ein störenfried bist und das ja auch so an der tafel (!) steht - helau, störung voraus.


    - wenn du also einzelverhalten sanktionieren musst, dann versuche, das durch prävention im vorfeld zuverhindern. sprich die kinder leise und einzeln an. steh nah bei den störenfrieden. gib ihnen ständig was zu tun, auch individuelle aufgaben ("hier, schreib mir mal auf den zettel, was dir zu thema x einfällt. das ist unsere nächste aufgabe in ein paar minuten, du kommst dann vermutlich dran." etc.), also erfülle ihr bedürfnis nach aufmerksamkeit und beziehuung (machste ja schon), aber nutze diese beziehung, um mit ihnen schritt für schritt sinnvolles verhalten einzuüben (das mit dem unerwünschten verhalten - störenfriedgetue - inkompatibel ist), also z.b. aufgabe schriftlich bearbeiten, sich melden und warten, bis man drankommt (als arbeitsauftrag für die stunde einzeln vergeben, gern auch als maßnahme im einzelgespräch nach störung. "hier sind drei kästchen in deinem ha-heft. ich möchte, dass du dich nächste woche in der ethikstunde dreimal meldest und drankommst. dann kannst du ein kreuzchen in ein kästchen machen. es müssen also alle kästchen voll werden.")... wichtig ist, dass die aufgaben schaffbar sind - fordernd, klar, aber nicht überfordernd. für sehr unsichere kinder (mehr, als man denkt) kann es auch wichtig sein, jeden kleinen sch*** erstmal positiv zu verstärken. mühsam ernährt sich das eichhörnchen, aber auch so wird es irgendwann fett. :)


    - überlege dir, wie du wertschätzung individuell zeigen kannst, sodass sie für das betreffende kind gut ist. wenn das kind öffentliches lob als uncool und peinlich erlebt, passt das halt nicht. dem sagt man dann halt beim rausgehen (ehrlich): "du hast heute toll mitgedacht bei frage x, ich fand deine antwort super. dein beitrag war sehr hilfreich für den unterricht. ich würde mich sehr freuen, wenn du so weitermachst."


    überleg dir in dem sinn strategien, die für euch alle funktionieren könnten. schreib sie dir auf und zieh sie für zeit x (vorher festlegen) mal durch. ich finde, du machst das jetzt schon großartig. wird schon.

  • Versuch mal, dich gedanklich auf den Stuhl einer deiner Schüler zu setzen und "beobachte" dich aus seiner Perspektive. Wen oder was siehst du?


    Vielleicht liege ich falsch, ich beschreibe aber mal, was ich sehe. Ich sehe eine liebe Person, wenn ich sie anlächle, ist sie froh. Ich sehe die Lehrerin reinkommen, die manchmal nette Sachen mitbringt und wenn ich Lust habe, mache ich mit. Zu Hause sagen mir aller viertel Jahr die Eltern, dass die Frau x wieder angerufen habe und dass ich mich mal zusammenreißen solle. Aber meine Noten sind gut, daher fällt der Ärger nicht zu groß aus. Was ich nicht denke: oh, jetzt kommt Frau Y und der Ethikunterricht beginnt!


    Du machst dir so viele Gedanken, wie es den Kindern geht und wer sich wie warum verhält... das kannst du aber gar nicht klären. All die Gedanken um das Wohlergehen der 3 bringen weder dich noch die 3 weiter, da du ja nur vor dich hin überlegst und vermutest, aber weder die Funktion der Klassenlehrerin hast, noch mit deinen Vermutungen an die Kinder herantreten kannst, noch Ruhe in der Klasse ist, dass du darüber mit allen sprechen könntest.


    Was mir hier passend scheint: dringend die Eltern einzeln einbestellen und mit ihnen absprechen, wie die weitere Mitarbeit der Kinder gesichert werden kann. Du hast in dem und dem Punkt Verständnis, aber das hat seine Grenzen, nämlich da, wo andere gestört werden. Und erst dann kannst du (meiner Meinung nach) Beziehung aufbauen, wenn du nicht darauf wartest, dass jemand dich freundlich anlächelt, sondern wenn du (auch gefühlt) die Lehrerin bist, die in der 6. Stunde Ethik erteilt.

  • Die Schüler müssen sich immer nach der letzten Stunde beeilen, um ihren Bus noch zu bekommen, weil sie teilweise weit entfernt wohnen.

    Ich nehme mal an, dass das ein oder andere Disziplinproblem damit zusammenhängt. Ich habe meine Schüler sowas immer über die Klassensprecher bzw. Schülervertretung mit der Schulleitung regeln lassen inklusive Ausgleich (zusätzliche Hausaufgaben, Vor- oder Nacharbeiten u.ä.).

    Planung ersetzt Zufall durch Irrtum. :P

    8) Politische Korrektheit ist das scheindemokratische Deckmäntelchen um Selbstzensur und vorauseilenden Gehorsam. :whistling:

    Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen.

  • Ich glaube kaum, dass bei Kindern mit so einer Vorgeschichte wie die geschilderten Drei am Gym weiterer Druck über die Eltern viel ändern wird. Also, vielleicht spuren sie dann bei dir, dann flippen sie halt in der nächsten Situation aus. Das Problem ist doch gerade zuviel Druck in der beschriebenen Situation - ungeklärte Sozialbeziehungen durch die gemischte Gruppe untereinander, Bewegungsdrang wegen letzter Stunde, Bus nicht verpassen wollen, Name an Tafel, also eh egal, weil ich bin eh immer der Depp... Klar kann man die Eltern einbestellen und so, aber m.E. nach bringt das bei solchen Kandidaten wenig bis nichts, außer Arbeit für dich und weitere negative. nicht konstruktive Erfahrungen für die betreffenden Kinder. Ich würde eher anrufen und einfach mal das Gespräch suchen.



    Sehr oft haben diese Kinder am Gym belastete Eltern oder gleich Eltern, die mit ihren von ihnen als Versager erlebten Kindern nichts zu tun haben wollen. Die brauchen Klarheit, Struktur und vor allem Erfolgserlebnisse.

  • ...Ich würde eher anrufen und einfach mal das Gespräch suchen.

    Genau das. Aber ich würde trotzdem einladen, von Angesicht zu Angesicht ist besser als am Telefon.


    Und unabhängig von der Schulart fängt man Klassen nicht dadurch ein, dass man noch schöneren Unterricht vorbereitet. Es frustriert nur den, der wieder umsonst vorbereitet hat.

  • schöneren unterricht hat bisher auch niemand vorgeschlagen, glaube ich.

    sorry, das stimmt. Ich möchte bloß davor warnen, sich mit noch mehr Hingabe der U-Vorb. und den Problemen der Kinder zu widmen und dabei den Selbstschutz zu vergessen. Das tut letztlich keinem gut, auch den Kids nicht.

  • Also zunächst einmal Danke für die Hilfen und Rückmeldungen! Ich habe mir das, was ihr geschrieben habt, durch den Kopf gehen lassen und einiges davon auch schon übernommen.
    Ich habe mit den Eltern der drei Schüler telefoniert und mich mit ihnen über die bestehenden Probleme ausgetauscht. Ein Treffen wäre sicherlich noch besser, aber angesichts der Dringlichkeit des Problems (bevor sich das im neuen Schuljahr wieder so einschleift) wollte ich erstmal den direkten Austausch am Telefon. Die Eltern waren auch insgesamt sehr offen, froh über den Austausch und an einer gemeinsamen Verbesserung der Situation interessiert. Und so, wie die Schüler mir am nächsten Tag auf dem Gang begegnet sind, hat man auch gemerkt, dass deren Eltern definitv guten, aber vor allem auch positiven Einfluss auf sie ausüben können.


    Außerdem werde ich eine Idee aus einem Buch aufnehmen, die sich "Ruhestifter" nennt. Ich habe genau die drei zu unseren Ruhestiftern ernannt. Sie müssen am Anfang und innerhalb der Stunde, wenn sie es bemerken, für Ruhe sorgen, indem sie einen Finger an den Mund legen, "Psst" machen und dazu noch einen strengen Gesichtsausdruck aufsetzen. Die restliche Klasse wird über ihre Rolle informiert und die drei bekommen gewissermaßen als "Uniform" drei gleiche grüne Sonnenbrillen, die sie in der Rolle aufsetzen. Ich möchte, dass sie damit einerseits genau aus ihrer früheren Rolle des Störenfrieds rauskommen und die Klasse sie auch anders wahrnimmt. Zudem sollen sie ein Vorbild sein, damit einerseits ihre neue Rolle auch überzeugend ist und andererseits sie natürlich selbst dazu angehalten sind, sich zu benehmen. Das Ganze habe ich mit den Eltern abgesprochen und sie wollen sie alle unterstützen. Die Schüler habe ich schon eingewiesen (nach dem Gespräch mit den Eltern) und zum Teil haben sie sich sogar über die neue Verantwortung gefreut. Zusätzlich bekommen sie ein Blatt von mir, wo noch einmal das Wichtigste draufsteht, auf dem ich am Ende jeder Stunde mithilfe eines Smileys (wegen der Zeitknappheit) kennzeichne, wie gut es funktioniert hat. Die Eltern sollen jeden Montag Abend durch ein Signum kennzeichnen, dass ihr Kind ihnen das gezeigt hat und sie das mit ihm besprochen haben. Genauere Rückmeldungen gebe ich den Schülern und den Eltern dann mündlich.
    Ich will damit auch erreichen, dass die Schüler Erfolgserlebnisse haben und ich mich eben auch mehr auf die anderen Schüler konzentrieren kann. Es stimmt schon, dass ich den anderen Schüler sonst nicht genügend Beachtung schenken kann und auch ggf. auf sie besser reagieren kann. Das habe ich auch den dreien kommuniziert, dass sie somit auch in den Hintergrund rücken können und ich auch im Sinne der Gerechtigkeit mehr auf alle schauen kann, weil es ihnen verständlicherweise wichtig ist, dass ich nicht nur ihr Verhalten im Blick habe. Falls ein Mitschüler anfängt sich darüber lustig zu machen oder dergleichen, möchte ich auch, dass die Rollen ggf. anderen übertragen werden.


    Zudem habe ich den Sitzplan noch einmal stark überarbeitet bzw. überhaupt für die neue Klassenkonstellation neu erstellt (Bisher existierte noch kein fester, weil die erste Schulwoche an unserer Schule sowieso eine Projektwoche ist und ich mit einer Stationsarbeit in die neue Sequenz eingestiegen bin.) Ich werde auch die Schüler zunächst einmal viel alleine arbeiten lassen und mir ihre Ergebnisse am Ende der Stunde abgeben lassen, weil ich auch die Mitarbeit im Schulhalbjahr insgesamt bewerte.
    Außerdem habe ich mich mit drei anderen Kollegen ausgetauscht, die die Klasse unterrichten, sodass wir in Zukunft stärker zusammenarbeiten können, da auch bei ihnen die Klasse berühmtberüchtigt ist.

  • Als kleine Rückmeldung:
    Die gestrige Stunde verlief wirklich gut. Ich habe meinem Plan so, wie hier vorgestellt, durchgezogen und er ist zumindest für diese Stunde aufgegangen. Es war sehr ruhig, selbst wenn etwas gefragt wurde, haben die Schüler mich im Flüsterton angesprochen. Alle haben konzentriert gearbeitet. Mal sehen, wie es in den folgenden Stunden läuft.
    Die drei Ruhestifter haben ihre Aufgabe soweit gut erfüllt. Einer hat sich ganz besonders ins Zeug gelegt. Er hat, denke ich, den Sinn der neuen Rolle und die Möglichkeit eines Erfolgserlebnisses gut verstanden. Die anderen beiden waren noch etwas verhaltener, waren aber insgesamt wesentlich entspannter und interessierter am Unterricht. In der Stunde hatte ich dann auch mehr Raum, mich auch allen anderen Schülern zu widmen und ihnen bei Problemen mit den Aufgaben zu helfen.
    Eine interessante Erkenntnis war für mich auch, wie wichtig es ist, auch in den Pausen einen klaren Gesprächsrahmen vorzugeben und auch mal entschieden zu sagen: "Nein, ich habe jetzt keine Zeit, um das mit dir zu besprechen. Komm bitte nach der Stunde damit nochmal zu mir." Natürlich wusste ich das schon rein theoretisch, aber, wie stark es zur Ruhe und zum konsequenten und flüssigen Ablauf und Beginn der Stunde beiträgt, war für mich noch einmal in praktischer Hinsicht ein Aha-Erlebnis.

  • Je nach Schülerschaft wird "Rausschmeißen" eher als Belohnung statt Bestrafung wahrgenommen. So komisch es klingt, aber es gibt Schüler, die es "cool" finden, vor die Tür geschickt zu werden... Da müsste man eher aufpassen, dass man am Ende der Stunde nicht nur noch die Hälfte der Klasse vor einem sitzen hat.

  • "Rausschmeißen" geht halt nur bei SuS, die nicht direkt abhauen oder durchs Schulhaus flitzen und dieses zerlegen. Habe vereinzelt schon SuS rausgeschickt, die dann direkt vor der Tür an einem Tisch saßen und die Unterrichtsaufgaben alleine, schriftlich zu erledigen hatten. Alle 5-10min mal kurz rausschauen, damit sie noch da sitzen und sich beaufsichtigt fühlen dürfen, dann passt das von der Aufsichtspflicht her bei denjenigen ohne weitere Verhaltensauffälligkeiten. Bei den anderen bleibt dann die Tür offen in so einem Fall, damit ich sie konstant im Blick behalte und sie mir nicht stiften gehen oder ich setze sie im Klassenraum an einen Einzeltisch ganz am Rand. In einem Einzelfall musste ich einmal jemanden aus meinem Unterricht (war schon Gastunterricht, wegen Ausschlusses aus der eigenen Klasse für den Tag) ausschließen und zur weiteren Beaufsichtigung ins Rektorat bringen, weil weiterer Gastunterricht nicht tragbar war vom Verhalten her. (Gab als Folge des exzellenten Verhaltens auch dem SL gegenüber dann direkt mal noch Rektoratsarrest am Folgetag.)


    @Lehrerin2007 : Ich sehe du bist am Gym, da verstehe ich jetzt nicht unbedingt, inwiefern die Aufsichtpflicht per se das Argument gegen ein "Rausschmeißen" sein soll. Alter-Reife-Situation sind die Parameter der Aufsichtspflicht. Gerade am Gym sollte man da von der Klientel her häufiger als an den anderen Schulformen zumindest vom Verhalten und der Reife her zum Ergebnis kommen, dass 5-10min unbeaufsichtigt vor der Tür funktionieren. Ob man das dann auch vom pädagogischen Konzept her machen möchte ist dann eine andere Frage (für mich persönlich ist das nicht das bevorzugte Mittel der Wahl, da ich mich in der Verantwortung sehe erstmal alles zu versuchen, um es auch störenden SuS zu ermöglichen sich wieder in den Griff zu bekommen und am Regelunterricht teilzunehmen im Sinne ihres Bildungsrechts, insofern setze ich diese wenn es nicht anders geht erst einmal in der Klasse an einen Einzelplatz, was bei den meisten SuS auch schon ausreicht, v.a. da ich prinzipiell die Eltern direkt nach Schulschluss informiere, wenn ich SuS aus dem Klassenraum schicke und sie vor der Tür weiterarbeiten müssen. Das wollen die Meisten vermeiden.).

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Ich sehe du bist am Gym, da verstehe ich jetzt nicht unbedingt, inwiefern die Aufsichtpflicht per se das Argument gegen ein "Rausschmeißen" sein soll.

    Ich persönlich sehe das auch nicht so eng. Aber an meiner Schule / bei den Kollegen u. Kolleginnen total unüblich und wenn ich das jetzt einführe, rufen garantiert sofort die Eltern bei der Schulleitung an, wie grausam ich die SuS behandle... So ist das hier leider...
    Lediglich in der Oberstufe habe ich es bei konstantem Stören angedroht, aber bisher nicht durchgezogen (war dann aber auch nicht mehr nötig).
    Es ist recht "kuschelig" an meiner Schule, allerdings haben wir auch recht selten wirklich arge Disziplinprobleme.


    Hat mich nur mal interessiert, wie ihr das handhabt.

  • am gym in bayern ist rauswerfen ein no go für gewöhnlich, aufsichtspflicht. persönlich wüsste ich jetzt kein gym hier, das das akzeptieren würde.


    es gibt viele schulen mit trainingsraumkonzept. das kann gut funktionieren, erfordert aber engagement möglichst vieler kuk, um den raum durchgehend besetzt zu halten. sozpäd ist auch hilfreich für die aufsichten dort.


    ansonsten kann man ja auch einfach mit offener tür arbeiten und sehr nervige individuen für eine weile in den gang zum arbeiten setzen.


  • ansonsten kann man ja auch einfach mit offener tür arbeiten und sehr nervige individuen für eine weile in den gang zum arbeiten setzen.

    Es gibt aber auch Schüler, die dann auf stur schalten und einfach sitzen bleiben und schauen, wie der Lehrer auf dieses provokante Verhalten reagiert. Das sind in der Regel aber eher Schüler, die wissen, dass sie eh nichts zu verlieren haben, da die schulischen Leistungen mehr schlecht als recht sind...

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