FFF Generalstreik am 20. September

  • Da müsste ich jetzt sehr lange suchen, um ein Anliegen zu finden mit dem ich nicht sympatisiere, für das bei uns unter Schüler-Teilnahme demonstriert wird um mir dann - rein hypothetisch- zu überlegen, ob das nun wirklich einen Unterschied in Bewertung und Umgang für mich macht.

    Wir können gerne andere Beispiele nehmen. Montags gegen Abtreibung, dienstags gegen Ehe für alle, mittwochs gegen Windräder, donnerstags gegen Einwanderung etc.


    Leider drückst Du dich um eine klare Antwort, ob Du politisch motiviertes Schulschwänzen grundsätzlich begrüsst und für eine nachsichtige Haltung gegenüber solchen Schwänzern bist, oder ob Du es nur bei FFF bist, weil Du selbst persönlich ein Anhänger dieser Bewegung bist.


    Wenn jeder Schüler nach eigenem Gutdünken die Schule aus politischen Gründen schwänzen würde, wäre ein geregelter Schulbetrieb gar nicht mehr möglich.

  • Meine Antwort war völlig unmissverständlich was meine eigene Haltung und meinen professionellen Umgang mit Meinungen/Haltungen/Interessen anbelangt, die nicht meiner privaten Meinung/Haltung/Interessen entsprechen. Der Beutelsbacher Konsens ist nichts, was nur Worte für mich wären. Lesendes Verstehen hilft. Hypothetische Beispiele erörtern ist absurd, denn deren konkrete Ausgestaltung kenne ich dann, wenn sie eintreten und kann sie dann auch erst beurteilen.


    Grundsätzlich lässt sich die Frage nach einem Umgang wie dein unsägliches Pegida-Beispiel zeigt nicht beantworten. Das ist keine Frage von schwarz-weiß, sondern es ist auch im Rahmen von Beutelsbach und GG eine Abwägung notwendig. Ich leiste diese und du?


    Was meine persönliche Haltung zur Schulpflicht anbelangt, habe ich mich zuletzt bereits unmissverständlich in einem anderen Thread dazu geäußert. Findest du, wenn du denn magst und nicht nur Behauptungen aufstellen willst als Nebelkerzen.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Wenn keine halbwegs klaren Kriterien benannt werden können, in welchen Ausnahmen von der Schulpflicht gestattet sind, muss man sich m.E. schon den Vorwurf der Willkür gefallen lassen. (Das ist jetzt ein wenig auf Dich, CDL, bezogen, aber vor allem natürlich an Christine Lambrecht* usw.)


    Das erörtern von hypothetischen Beispielen finde ich gar nicht absurd, sondern hilfreich um herauszufinden welche Prinzipien hinter einer vermeintlichen Bauchentscheidung stehen (#Maieutik)





    * Das ist die, die jetzt den Job von Schnarre macht

  • So formuliert @Morse denke ich gerne nochmal bewusst über Kriterien nach, die meiner Entscheidung zugrunde liegen bzw. benenne die nochmal zusammengefasst. Ganz unabhängig von meinen privaten Interessen ist im beruflichen Kontext die Basis das Kontroversitätsgebot ergänzt um das Grundgesetz. Im Fall von FFF konfligieren zwei Grundrechte, Versammlungsfreiheit und Schulpflicht. Beide halte ich letztlich für gleich wichtig (in einem totalitären Regime mit entsprechendem Bildungssystem mag die Versammlungsfreiheit wichtiger sein, in anderen Momenten die Sicherstellung von Bildung, um z.B. ein Kontroversitätsgebot mit Leben füllen zu können). FFF ist dabei ein Anliegen, das Mitbürgern nicht schadet, einen Grundkonflikt ausdrückt, der bislang zu wenig zu politischem oder auch alltäglichem Handeln führt obgleich das Grundthema Umweltschutz/Nachhaltigkeit/Klimaschutz diversen Umfragen zufolge einer Mehrheit der Bundesbürger dem eigenen Bekunden nach wichtig ist, am Herzen liegt und Sorgen bereitet und das vereinbar ist mit den in unserem GG ausgedrückten Werten. (Eine Teilnahme an einer Pegida-Kundgebung scheitert spätestens an dieser GG-Abwägung ganz unmissverständlich, bei einer Demo gegen Einwanderung müsste man beispielsweise sehr genau auf Veranstalter, Ziele und Forderungen schauen um die Vereinbarkeit mit dem GG festzustellen, pro/kontra Windräder sehe ich zumindest in der GG-Abwägung kein Problem, bei der Abtreibungsdemo oder auch der Ehe für alle wird es dann in der GG Abwägung deutlich heikler wenn wir ehrlich sind, als bei FFF versus Schulpflicht und auch weniger schwarz-weiß, da geht es dann viel um ein sich veränderndes Gesellschaftsverständnis und damit genau den Bereich um dessentwillen es eines Beutelsbacher Konsenses bedarf, um z.B. Befürworter wie Gegner einer Ehe für alle nicht mundtot zu machen).


    Natürlich ist die Schulpflicht deshalb nicht obsolet, tatsächlich bin ich eine Verfechterin der Schulpflicht. Hätte ich SuS die allwöchentlich Freitags in meinem Unterricht zum Demonstrieren fehlen würden, wäre das allein schon deshalb fatal für die SuS weil ich hauptsächlich einstündige Fächer habe- 2x ungenügend im Nebenfach gleichen sich nicht mal eben aus und im Regelfall habe ich GK und WBS in einer Klasse, die infolge unserers Doppelstundenprinzips meist am selben Tag stattfinden. In so einem Fall würde ich persönlich natürlich das Gespräch mitbetreffenden SuS suchen, versuchen ihnen Wege aufzuzeigen sich zu engagieren ohne ihre Versetzung zu gefährden, ihr politisches Engagement zum Ausgangspunkt nehmen für die Motivation am Unterricht teilzunehmen. Wer dennoch fehlt trägt sehenden Auges die Konsequenzen.



    So, wer will, darf weitermachen, wer reagiert auf meine Kriterien ist sehr herzlich eingeladen die eigene Abwägung vorzustellen.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace


  • Ich finde diese Kriterien eher vage (da würde m.E. auch das ganze Pegida/AfD-Zeug drunter fallen).


    Im zweiten Kriterium steckt vielleicht ein Hauch von direkter Demokratie drin, nach dem Motto "der Streik ist dann legitim, wenn die Meinung einer (großen) Mehrheit der Wähler nicht durch die gewählten Vertreter repräsentiert wird", oder?

  • Pegida ist wie mehrfach erwähnt raus, weil eben gerade nicht GG-kompatibel, Teile der AfD (Flügel/Junge Alternative) sind aus denselben Gründen auch raus (ebenfalls Beobachtungsfälle des Verfassungschutzes). Aber ich stimme dir zu, dass das schärfbar ist.


    Im zweiten Kriterium steckt vielleicht ein Hauch von direkter Demokratie drin, nach dem Motto "der Streik ist dann legitim, wenn die Meinung einer (großen) Mehrheit der Wähler nicht durch die gewählten Vertreter repräsentiert wird", oder?

    :top:

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Letzte Woche kam ging eine Studie durch die Presse mit der Zahl, dass sich etwa 3% der Schüler regelmäßig an FFF-Streiks oder ähnlichen Aktionen teilnehmen (was mir realistisch erscheint - bei der größten Aktion haben an unserer Schule etwa 10% der Schüler teilgenommen und außerhalb von Gymnasien und Gymnasialzweigen der Gesamtschulen tendiert die Quote gegen 0).
    Klar, Spiegel und co. kreisen seit Monaten begeistert um Greta (aber das ist nun mal deren Geschäft) und bei Umfragen, bei denen die Meinung zu FFF abgefragt werden, sind die allgemeinen Zustimmungswerte hoch - eben so hoch sind die faktischen Zustimmungswerte zu Fleisch an der Fleischtheke und zu Fernreisen am Ferienanfang (nicht durch Umfragen, sondern durch faktisches Handeln).
    Allgemeine Zustimmung der Marke "toll, die engagierten Kinder, wir müssen auch endlich mal was tun" ist Gratismut. Bei den konkreten Forderungen, die FFF erhebt (vollständiges Kohleaus bis 2030, CO2-Steuer von 1xx € pro Tonne ab sofort) sind die Zustimmungswerte spätestens dann im einstelligen Bereich, wenn die Leute mal durchrechnen, was das für den einzelnen bedeutet.
    Wenn man das zur "Meinung einer (großen) Mehrheit der Wähler die nicht durch die gewählten Vertreter repräsentiert wird" verklärt und folgert, man könne demokratische Spielregeln aufheben, weil mein ja die Macht des Volkes auf seiner Seite haben, muss man sich nicht wundern, wenn die rechten Spinner das auch machen. Die drehen sich nämlich auch in einem Kosmos, indem sie sich permanent gegenseitig bestätigen, dass "Volk ja die Schnauze voll von denen da oben hat" und "Merkel wegen ihrer Flüchtlingspolitik endlich weg muss".

  • Welche demokratische Spielregel wird durch FFF ausgehebelt?

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Von uns war noch nie ein Schüler auf einer FFF- Demo.
    Vielleicht liegt das daran, dass wir eine reine Sek1 Schule sind oder, dass man von der sauerländischen Pampa so schlecht mal eben in die nächste Großstadt kommt?

    Freundlichkeit ist kostenlos, aber niemals umsonst.

  • Bei uns sind das, wenn die Zentraldemo in der Innenstadt stattfindet, sehr viele. Und sehr viele starten an der Schule mit einem Fahrrad-Corso, der dann auch erst einmal den Verkehr zum Erliegen bringt. :P

    Dödudeldö ist das 2. Futur bei Sonnenaufgang.

    Einmal editiert, zuletzt von Jule13 ()

  • Welche demokratische Spielregel wird durch FFF ausgehebelt?

    Nicht durch FFF, sondern durch den Lehrer (oder Politiker), der mit FFF-Schülern anders umgeht, als er es mit Schülern machen würde, die ein anderes demokratisch legitimes Anliegen hätten und der sich hinterher Rechtfertigungen der Art "legitim, weil es von einer großen Mehrheit der Bevölkerung unterstützt wird" zurechtlegt (selbst wenn es stimmen würde).


    Es steht jedem frei sich für eine grundsätzliche Aufweichung der Schulpflicht einzusetzen.

  • demokratisch legitim ist nicht, was die mehrheit der bevölkerung unterstützt (die mehrheit der bevölkerung hat auch hitler unterstützt, trotzdem war der nicht demokratisch legitim, außer man möchte den aktuellen demokratie-begriff der radikalen rechten verwenden), sondern alles ist demokratisch legitim, was ausdruck des interesses eines bürgers oder mehrer bürger ist, solange dieses interesse nicht die grundwerte (menschenwürde, daraus abgeleitet menschenrechte, im fall des gg art. 1-19 und die verfassungsprinzipien) verletzt. dieses konzept nennt sich "pluralismus" (vielzahl von interessen, minderheitenschutz...) und ist kernbestandteil einer jeden demokratie, die den namen verdient (pluralismus nach fraenkel)


    im fall von fff vertreten die protestierenden
    - ihre eigenen interessen (sie möchten gern auch mit sechszig noch einen bewohnbaren planeten vorfinden),
    - die interessen aller folgegenerationen von erdbewohnern,
    - die aktuellen interessen so gut wie aller bewohner der südhalbkugel, wo sich die folgen der klimaveränderung aktuell schon sehr stark zeigen. mindestens.


    das kann man jetz abstreiten, indem man sich gegen den stand der forschung stellt und ernsthaft den klimawandel und die folgen blabla leugnet. kann man machen, ist aber nicht haltbar, außer man will wissenschaft als wert in die tonne tun. wir reden von einem extrem breiten forschungskonsens.


    insofern kann man sich dann schon fragen, ob petty discussions über schulpflicht so irre relevant sind.

  • alles ist demokratisch legitim, was ausdruck des interesses eines bürgers oder mehrer bürger ist, solange dieses interesse nicht die grundwerte (menschenwürde, daraus abgeleitet menschenrechte, im fall des gg art. 1-19 und die verfassungsprinzipien) verletzt. dieses konzept nennt sich "pluralismus" (vielzahl von interessen, minderheitenschutz...) und ist kernbestandteil einer jeden demokratie, die den namen verdient (pluralismus nach fraenkel)

    Wusste gar nicht, dass Demokratie (die den Namen verdient) im Deutschland des 20. Jhd. erfunden wurde.

  • Wg. der erneuten Diskussion um Schulpflicht möchte ich nochmals darauf hinweisen, dass sich der geplante "Generalstreik" nicht (nur) an SuS, sondern alle Arbeiter, Gewerkschaften usw. richtet.

  • Und alle Gewerkschaften, die sich bisher dazu geäußert haben, haben mitgeteilt, dass sie
    a) die Sache ganz toll finden und das gesellschaftliche Engagement der lieben Kleinen doch bewundernswert und förderungswürdig ist und dass
    b) sie natürlich nicht zu einer Teilnahme aufrufen, weil die Aktion mit deutschem Arbeit- und Streikrecht nicht vereinbar ist und Teilnehmer mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen bis hin zur Kündigung rechnen müssen, wenn sie für diesen "Streik" von der Arbeit fern bleiben.

  • Und alle Gewerkschaften, die sich bisher dazu geäußert haben, haben mitgeteilt, dass sie
    a) die Sache ganz toll finden und das gesellschaftliche Engagement der lieben Kleinen doch bewundernswert und förderungswürdig ist und dass
    b) sie natürlich nicht zu einer Teilnahme aufrufen, weil die Aktion mit deutschem Arbeit- und Streikrecht nicht vereinbar ist und Teilnehmer mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen bis hin zur Kündigung rechnen müssen, wenn sie für diesen "Streik" von der Arbeit fern bleiben.



    Ob er das mit einem Augenzwinkern gesagt hat, steht leider nicht im Artikel.



    Bzgl. der rechtlichen Lage von politischen Streiks:


    "Politische Streiks gelten in Deutschland als verboten. Doch so einfach ist es nicht. Denn auch in Deutschland wurde und wird politisch gestreikt. Der Politikwissenschaftler Jörg Nowak über ein Verbot, das keines ist":


    https://www.bpb.de/dialog/netz…rboten-politischer-streik

  • Allgemeine Zustimmung der Marke "toll, die engagierten Kinder, wir müssen auch endlich mal was tun" ist Gratismut. Bei den konkreten Forderungen, die FFF erhebt (vollständiges Kohleaus bis 2030, CO2-Steuer von 1xx € pro Tonne ab sofort) sind die Zustimmungswerte spätestens dann im einstelligen Bereich, wenn die Leute mal durchrechnen, was das für den einzelnen bedeutet.

    Da stimme ich Dir zu (ich selbst habe hier ja oft auf ähnliche Weise gegen Fair-Trade und Co. argumentiert).
    Aber: das Geld dafür ist schon da - es haben eben (fast) nur die Reichen. Dass deren Reichtümer nicht angetastet werden vom Staat gilt nicht als Mangel an Demokratie, sondern als ganz selbstverständlich. "Die Arbeiter können sich Umweltschutz nicht leisten und von den Reichen wollen wir's nicht nehmen... Na, dann gibt's halt keinen Umweltschutz."

  • Da stimme ich Dir zu (ich selbst habe hier ja oft auf ähnliche Weise gegen Fair-Trade und Co. argumentiert).Aber: das Geld dafür ist schon da - es haben eben (fast) nur die Reichen. Dass deren Reichtümer nicht angetastet werden vom Staat gilt nicht als Mangel an Demokratie, sondern als ganz selbstverständlich. "Die Arbeiter können sich Umweltschutz nicht leisten und von den Reichen wollen wir's nicht nehmen... Na, dann gibt's halt keinen Umweltschutz."

    ...der Satz ist eben falsch.
    Das "wollen wir's nicht" muss gegen ein "werden wir's" ausgetauscht werden.

    Der Zyniker ist ein Schuft, dessen mangelhafte Wahrnehmung ihn Dinge sehen lässt wie sie sind, nicht wie sie sein sollten. (Ambrose Bierce)
    Die Grundlage des Glücks ist die Freiheit, die Grundlage der Freiheit aber ist der Mut. (Perikles)
    Wer mit beiden Füßen immer felsenfest auf dem Boden der Tatsachen steht, kommt keinen Schritt weiter. (Miss Jones)
    Wenn der Klügere immer nachgibt, haben die Dummen das Sagen - das Schlamassel nennt sich dann Politik (auch Miss Jones)

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