7-jähre beißt und verprügelt Lehrerin

  • ich weiß ja nicht, aber meine sus werden nicht schlimmer, was regelbefolgen angeht. es wird eher besser, sie sind empathischer, verbalisieren gefühle, schreiten bei mobbing eher ein... zumindest dann, wenn man das als lehrer vorlebt und fördert. sie sind ein bisschen ich-zentrierter als noch vor zehn jahren, das schon, geduldig warten oder so müssen sie üben. das ist aber die folge von mehr fokus auf das einzelne individuum, die bedürfnisse des einzelnen werden wahrgenommen (und die folge von fortschreitender individualisierung der gesellschaft, das läuft aber als prozess schon seit mindestens zweihundert jahren und ist erstmal nicht gut oder schlecht, das ist einfach so). negativ formuliert: es dreht sich sehr viel um eigene bedürfnisse. aber eben auch um die der anderen, und diesen konflikt, der ja in jeder gruppensituation entsteht, lernen sie schritt für schritt (altersgerecht) auszuhalten. das kann man aber abfangen und vorturnen ("du hast also keine lust auf die übung. ja, kann ich nachvollziehen, sie ist nicht sehr spannend. trotzdem mach jetzt mal, auf jetzt." oder bei anderem kind "ich weiß. is so. los, fang jetzt an." - leise und nur für das kind am tisch hörbar: "dein gelaber stört schüler x. reiß dich bitte zusammen. pause ist in z minuten.")



    als ich zur schule ging (abi vor mehreren jahrzehnten), war das noch nicht so - da war viel mehr "egal, wie es dir geht, interessiert keinen". der einzelne lernte, dass seine/ihre bedrüfnisse eh nicht relevant sind. das macht es einfacher für die erwachsenen im umgang mit kindern, aber auch nur für die. ich bin großer fan von durchhalten, leistung und arbeit (sport prägt), aber das muss immer (!) für die kinder und mit ihnen (!) geschehen.
    insofern finde ich das "mit dem rohrstock durchziehen" im oben genannten beispiel völlig inakzeptabel. anzeige, am besten aus dem dienst entfernen. körperstrafen (oder seelische gewalttaten aka "beschämende strafen") sind immer, immer und nochmal immer völlig falsch. sie verstoßen gegen die menschenwürde. und witze drüber sind auch daneben.


    überhaupt sollte man nicht die mär verbreiten, bei diagnosebedürftigen auffälligkeiten (und ja, so krasse wutanfälle im schulalter sind extrem auffällig) sei irgendeine form von schema-f-härte sinnvoll. das können wir doch mittlerweile sehr viel besser. bei so nem kind muss der ganze apparat anlaufen und entsprechend individuell vorgegenagen werden.

  • Und ja Kinder suchen ständig Grenzen und fordern diese ein.

    Hier mal zwei Beispiele für "Grenzen", die ich erlebt habe, die hier bei uns in Deutschland wohl niemanden interessieren würden.


    • Australien, Canberra: Eine Schulklasse aus Darwin auf Klassenfahrt. Die Knirpse waren geschätzt 10 Jahre alt und auf der Schuluniform (=bedrucktes Polo-Shirt) stand "Primary School ... Darwin". Einer der Knirpse meinte im Park neben dem gepflasterten Weg über den Rasen laufen zu müssen, wo dort extra ein Schild stand, daß man den Rasen nicht betreten solle, weil der gerade frisch eingesät war. Der Anschiß durch den Pauker war so laut, daß es alle Passanten rundum hören konnten. Es ging da dann auch gleich darum, ob er ihn allein ins Flugzeug zurück nach Darwin setzen solle. Seine Eltern könnten ihn dann da am Flughafen abholen.
    • Neuseeland, Auckland: Am Grab des unbekannten Soldaten meinte eine (geschätzt) 4jährige im Hochsommer ihre Hände ins Wasser halten zu müssen. Das Grab besteht aus einer schwarzen Granitplatte mit Inschrift, die leicht schräg steht und mit Wasser überspült wird, damit der Granit auch in der Sonne richtig schwarz aussieht. Von den Eltern gab es gleich einen Anschiß. Als Mama fertig war damit ihre Tochter zusammenzufalten und die Kleine mit "Ja, aber ..." anfing, gab es gleich noch eine Lektion hinterher, daß das alles nicht diskutiert wird.

    Was mir beide Male aufgefallen ist: Die Erziehung lief in aller Öffentlichkeit und mit einer Lautstärke, daß es alle Passanten rundum mitbekommen mußten. Das war da aber normal. Ganz im Gegensatz zu Deutschland, wo den Meisten wohl so eine publikumswirksame Erziehung wohl eher peinlich ist. Dort ist es eher peinlich, wenn man man es einfach laufen läßt.
    Zudem muß man sich als Deutscher Pauker erst einmal die Frage stellen, ob wir so ein Fehlverhalten wie oben beschrieben, überhaupt ahnden würden oder nicht? Ich denke, die Meisten würden darüber hinwegsehen und erst gar nicht mit der Maßregelung anfangen.

  • @plattyplus


    also ich weise meine auch öffentlich auf Fehlverhalten, wenn wir irgendwo untwergs sind bwz. zur Turnahlle laufen. Das kann durchaus auch mal Lautstark sein, Passanten haben dabei noch nie schief geschaut. Das Ganze hat auch schon darin geendet, dass wir eine extra Runde liefen, weil das einfach nicht geklappt hat.


    Oder als die Grossen sich so daneben benommen haben, als sie mit dem Zivi allein unterwegs waren. Da haben wir das nochmals gemeinsam gemacht und ich hab angekündigt, dass wir das jeden Nachmittag üben bis es klappt. Danach ging es dann ruckzuck.

  • @plattyplus...himmel. wenn das ziel alleine angepasstes verhalten ist, innenleben kind egal, dann ist ausgeprägtes und beschämendes öffentliches rumschreien (= einschüchtern) okay. sonst nicht. schon gar nicht wegen formalia wie "nicht auf dem rasen laufen" oder "nicht ins wasser langen". geht anders. hast du viel umgang mit vorschulkindern oder gs-schülern? ich habe immer den eindruck, du gehst von den sehr belasteten und entsprechend anstrengenden jungen männern aus, die bei dir an der bs aufschlagen. das sind ganz andere kaliber. meiner erfahrung nach sind solche jugendlichen meistens v.a. so geworden, weil man sie entweder zu autoritär oder gar nicht erzogen hat und ihnen jede basis für funktionales, geschweige denn für alle (!) angenehmes miteinander fehlt. da gibt es noch sehr viel dazwische zwischen autoritär oder gar nichts machen. autoritativ und so.


    das heißt ja nicht, dass man in einer vollen tram nicht mal "ruhe 6b" brüllt. aber doch nicht einen einzelnen öffentlich zusammenfalten (außer bei extrem gefährlichen aktionen oder tätlichkeit etc.).

  • Ich glaube, bei uns hier ist das auch ziemlich normal. Ich hab meine Damen und Herren auf der letzten Abschlussfahrt auch mal lautstark angeschissen sie mögen jetzt doch bitteschön zügig ihren Arsch von der Strasse bewegen als sie meinten mitten auf dem Veloweg in den Sitzstreik treten zu müssen. Wohlgemerkt hatten sie nach 60 km Radeln bei 32 °C in der prallen Sonne keine rechte Lust mehr auf einen weiteren Umweg. Die sind auch irgendwie nie beleidigt deswegen. Es kracht halt mal kurz und ne Stunde später haben wir uns wieder lieb.

  • also ich weise meine auch öffentlich auf Fehlverhalten, wenn wir irgendwo untwergs sind bwz. zur Turnahlle laufen.

    Ich sehe hier so oft Kolleginnen und Kollegen mit den Kleinen im Bus fahren und natürlich gibt es da Zurechtweisungen wenn die rumhüpfen wie die Flöhe auf Speed. Ich hab's jetzt aber noch nicht erlebt, dass das wirklich unfreundlich wurde. Hingegen gibt es immer wieder Situationen, in denen ich Eltern am liebsten den Hals umdrehen möchte. Manche sind einfach komplett überfordert mit der Erziehung der Kinder und da ist es wirklich mehr als nützlich, wenn die verpflichtend in den Kindergarten müssen und dort einigermassen normale Umgangsformen lernen.

  • ja, weil deine truppe auf dem radweg weiß, dass du eigentlich recht hast - sie sind ja alt genug, das nachzuvollziehen - und zudem geht es um ihre und die sicherheit anderer (nicht um "lauf nicht auf dem rasen"). und sie wissen, dass du nicht fies und grundlos gemein bist. noch anders: sie vertrauen dir, gerne sogar. und du scheißt die ganze gruppe an, nicht nur eine/n einzelne/n (oder wenn doch einen einzelnen, dann einen, der das abkann und weiß, wie es gemeint ist). das ist in meinen augen richtig und wichtig so, macht auch fast jeder kollege bzw. die das nicht machen und in einem sauhaufen gar nichts tun und einfach nur irgendwie bis zur schule durchzuhalten scheinen wollen, die können einem auch nur leidtun. und selbst deren sus sind teils durchaus ein bisschen rücksichtsvoller, wenn man sie drum bittet (!) als fremder erwachsener.

  • ich habe immer den eindruck, du gehst von den sehr belasteten und entsprechend anstrengenden jungen männern aus, die bei dir an der bs aufschlagen.

    Ja, genau von denen ich aus, getreu dem Motto: "Das ist dann das, was 10 Jahre später dabei rauskommt."


    das sind ganz andere kaliber.

    Vor allem sind die alle schon aussortiert, bevor sie bei uns in den entsprechenden Klassen aufschlagen. Die, die zur Uni gehen, sind schon weg. Die, die eine Lehrstelle haben, sind schon weg. Die, die einen Schulabschluß haben, sind schon weg. Was dann in den AV-Klassen übrig bleibt, ist der Bodensatz. Innerhalb der AV-Klassen wird dann auch noch einmal selektiert zwischen denen, die irgendwie ihren Schulabschluß etc. noch schaffen könnten und solchen, die wirklich nur da sind (oder auch nicht), damit ihre Eltern Kindergeld bekommen. Das ist dann der Bodensatz vom Bodensatz. Die Schüler sind dann auch nur einen Tag/Woche da, wenn sie denn da sind, um ihre Teilzeitschulpflicht zu erfüllen. In den Klassen unterrichtet aber jeder Kollege auch nur maximal eine Stunde/Woche, um nicht psychisch zerrieben zu werden.


    Und ja, jedes Mal, wenn sie mir dann erklären, daß sie mich zuhause besuchen oder mein Auto demolieren wollen, lächle ich nur, um sie aus dem Konzept zu bringen. Funktioniert auch, aber im Hinterkopf kommt dann nur der Gedanke: "Wir müßten die Wehrpflicht wieder einführen und zwar wirklich für alle und jeden", dann gibt es halt bei so einem Verhalten einfach keinen Urlaubsschein fürs nächste Wochenende und fertig, insb., weil manche von denen bei meinen Kollegen schon mit ihren Drohungen ernst gemacht haben. Eingeworfene Autoscheiben und gelockerte Radbolzen sind nichts Neues.

  • Jaaa ... es sind aber halt nicht alle Kinder und Jugendlichen Zombies. Die meisten sind einfach ganz normal. Es ist ja schlimm genug, dass bei Dir scheinbar so schwierige Fälle ankommen aber glaub uns Langweilern doch einfach auch mal, dass wir es mitunter mit ganz grossartigen Persönlichkeiten zu tun haben, die man am Ende der Schulzeit wirklich nur schweren Herzens ziehen lässt.

  • ..und das ist in meinen augen das problem: dass die von sich denken - weil sie von allen so behandelt werden - dass sie der "bodensatz" sind. sind sie nicht.


    sie sind nur in den von unserer gesellschaft prämierten eigenschaften (leistung - also begabung und disziplin, letztere neben charaktermerkmalen v.a. ergebnis von a) erziehung und b)sozialisation, also etwas, was bei denen bei a) nicht stattfand oder zu heftig war - brüllen, schlagen, unzuverlässige eltern blablabla und bei b) mies lief, stichwort falsche freunde, materieller druck - armut, flucht, traumatisierung usw.; und mega-begabt werden die wohl auch eher nicht sein) nicht eben glückskinder.


    trotzdem sind es wertvolle und vermutlich einzeln (ohne doofe gesamtgruppendynamik) tolle menschen. nicht alle - die a****-quote mag höher sein als in anderen random-gruppen - aber doch viele. und die haben jede fürsorge der welt verdient, v.a. im vergleich zu sehr vielen sehr zu tode geförderten wohlstandskindern, die alles sonstwohin geschoben bekommen (deren los ist auch bescheiden, aber immer noch besser als das deiner jungs).
    ob das ein lehrer reparieren oder auch nur ansatzweise angehen kann, ist eine ganz andere frage, wohl immer einzelfallsache und in den gegebenen rahemnbedingungen (klassenstärke, schulsystem, sozialstaatabbau blablabla) sicher nur sehr schwer machbar und letztlich muss auch jede/r irgendwann selbst verantwortung fürs eigene sein übernehmen. aber mit genügend anbrüllen im vorschulalter oder frühen schulalter lässt sich das sicher nicht wirklich reparieren. ganz sicher nicht. haben wir jahrhundertelang ausprobiert ("schwarze pädagogik") - war so gar nicht gut.

  • Wir müßten die Wehrpflicht wieder einführen und zwar wirklich für alle und jeden

    Ach Du mit Deiner depperten Wehrpflicht. Bei uns ist an vielen Schulen der Landdienst verpflichtend, manche meiner Jugendlichen machen den auch einfach freiwillig. Kuhstall ausmisten finde ich dann schon noch nützlicher als Morgenappell in der Kaserne. Ich habe wirklich allertiefstes Mitleid mit meinen Jungs die direkt nach der Maturfeier in die Rekrutenschule einrücken müssen (wir haben ja noch Wehrpflicht). Das ist einfach nur komplett für'n Arsch.

  • ich glaube, für die meisten ist das für'****. sicher ist es sinnvoll für eine kleine gruppe idioten, die man ein bisschen führen und stutzen muss, auch wenn sie das eher nicht wollen, aber wegen einer so kleinen minderheit die freiheit aller derart beschneiden, noch dazu mit einem derart militärischen kram (vs. sozialer dienstpflicht) - nee, also echt nicht. wir brauchen keine wehrpflicht sondern ein dichteres soziales netz. über eine dienstpflicht kann man reden, aber doch nicht militär für alle. leben und tod sind keine erziehungsmittel für bildungsferne kinder mit zu wenig struktur in ihrem bisherigen leben.

  • Wenn Grundschulkinder sich wie in die Enge getriebene Tiere verhalten, wurden sie vorher auch wie solche behandelt. Oder eher so, wie man Tiere nicht behandeln würde.
    Das hat nichts mit mangelnder Disziplin zu tun.


    Außerdem meine ich, wenn man anfängt, Aggressionen und Rachegelüste gegenüber seinen Schülern zu verspüren, sollte man dringend eine wie auch immer geartete Reißleine ziehen. Ich meine nicht, dass man mal ehrlich wütend wird, sondern wenn die Angst vor lebensgefährlichen Übergriffen durch Schüler überhand nimmt und als einzige Option der Wunsch nach militärischem Drill bleibt, ungeachtet der Person, die da steht.


    Ich halte es für Quatsch, lauter gescheiterte junge Männer für ein Jahr in eine weitere Schule zusammenzustecken. Aber solange das so ist, sollte man als Lehrer besser einen Weg finden, damit umzugehen. Das kann z.B. ein Schulkonzept sein, oder auch sich einzugestehen, dass das so nichts für einen ist. Nicht zuletzt zum eigenen Schutz.

  • ich glaube, für die meisten ist das für'****. sicher ist es sinnvoll für eine kleine gruppe idioten, die man ein bisschen führen und stutzen muss, auch wenn sie das eher nicht wollen, aber wegen einer so kleinen minderheit die freiheit aller derart beschneiden, noch dazu mit einem derart militärischen kram (vs. sozialer dienstpflicht) - nee, also echt nicht. wir brauchen keine wehrpflicht sondern ein dichteres soziales netz. über eine dienstpflicht kann man reden, aber doch nicht militär für alle. leben und tod sind keine erziehungsmittel für bildungsferne kinder mit zu wenig struktur in ihrem bisherigen leben.

    Eine Wehrpflicht greift auch einfach viel zu spät. Wer wirklich etwas ändern will, muss in der frühkindlichen Erziehung und Bildung ansetzen. Verpflichtende Kindergartenjahre wurden hier doch meine ich schon angesprochen, frühe Sprachförderung im Vorschulalter, sehr viel dichtere Unterstützung von jungen Familien mit Kleinst- und Kleinkindern ab der Geburt, komplett kostenfreie Bildung im Vorschulbereich, damit diese keine Frage des Einkommens ist (ist doch absurd, Studiengebühren abzuschaffen, aber Kindergarten- und Kitagebühren als gegeben in den meisten Kommunen hinzunehmen)...

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Wobei die Kitagebühren ja auch sehr stark variieren. Je nach Kommune sind sie einkommensabhängig, mal von der Zahl der Kinder abhängig, manchmal sind bestimmte Stundensätze oder Jahre umsonst... das ist ja noch undurchsichtiger als die Bezahlung/ Besoldung von Lehrern.


    Eine Freundin in Berlin sagt, dass sie gerne eine Kitagebühr zahlen würde, wenn dann die Betreuung besser würde.

    Only Robinson Crusoe had everything done by Friday.

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