Als Refi neue Unterrichtsmethoden einführen?

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    Hallo, ihr Lieben,


    nach den ersten Tagen im Ref habe ich einen Haufen Fragen.
    Zum Beispiel: zwar sind alle an meiner Ausbildungsschule super lieb zu mir und unterstützen mich, wo es nur geht. Allerdings habe ich bisher keinen Unterricht gesehen, der nur entfernt etwas mit den didaktischen Konzepten zu tun hat, die ich an der Uni gelernt habe (die liebe Uni - was ich da trotz allem mitgenommen habe, merke ich jetzt).
    Meine Mentorin (ansonsten ein Schatz), unterrichtet meistens frontal - Sitzkreis unbekannt, Differenzierung auch.
    Lesen wird mit der Fibel gelehrt und gelernt, freies Schreiben ist zwar im Rahmenplan der Schule zumindest für die Klassen 1 und 2 vorgesehen, wird aber meines Wissens nach nicht umgesetzt (bei einer jungen Kollegin war ich noch nicht).
    Manche Kinder, insbesondere die, die auf der Kippe stehen, schalten total ab bei der Frontalberieselung; die 1. Klasse kann außer Lilo, Mama u.ä. nichts schreiben, die Buchstabentabelle in der Klasse wird nicht genutzt; durch mangelhafte oder nicht vorhandene Differenzierung langweilen sich die Kinder, die immer nach fünf Minuten mit ihrer Aufgabe fertig sind und werden unruhig, während andere erst ein Wort im Heft stehen haben, usw.
    Außerdem glaube ich kaum, dass ich meinen Ausbildern einen ähnlichen Unterricht präsentieren kann!


    Ich frage mich also, ob ich einfach unter einer Art Anfängergrößenwahn leide, oder ob und wie ich wenigstens etwas von dem, was mir richtig erscheint, in der Schule umsetzen kann, ohne irgendjemanden auf den Schlips zu treten!?


    Wie geht es euch damit? Vielleicht auch den fertigen Lehrern, die aufmüpfige, (vermeintlich) innovative Referendare betreuen.


    Liebe Grüße - Melosine :P

  • Ne, das geht wohl jedem Refi so. In der Uni leben sie irgendwie auf einem anderen Stern und lehren Unterrichtsmethoden, die in der Realität selten umgesetzt werden, die deine Seminarleiter wiederum aber auch unbedingt sehen wollen. Merkwürdig, merkwürdig. Es wird dir also nichts anderes übrig bleiben, als neue Methoden anzubahnen. Viel Spaß und Erfolg dabei.
    Tusnelda ;)

  • Hallo Melosine,


    da's alles noch recht frisch ist, rate ich erstmal zur Vorsicht. Vor 9 Monaten hatte ich auch erst mal den Praxisschock, hab nicht verstanden, warum die SuS das mit sich machen lassen, und dachte, ich sei im Mittelalter gelandet. Inzwischen hab ich ein paar Kollegen lokalisiert, bei denen das etwas anders läuft, backe aber auch selbst deutlich kleinere Brötchen, weil die Umkrempelei auf neue Methoden gar nicht so einfach ist. Eh, das war jetzt gelabert. Nomma: Auf der einen Seite, sieh dich im Kollegium um, wer wie ein anständiger Mensch aussieht, und such dir die heraus, die auch modern unterrichten - irgendwer muss doch dabei sein, oder? Den Willen deines Fachleiters schützend vor dir schwenkend, kannst du dann im Ausbildungsunterricht Experimente starten - ich hab gestaunt, wie viel schwerer es ist, vorne alles richtig zu machen, als hinten die Fehler zu sehen. Was du im BDU machst, ist dann eh weitgehend deine Sache. Nur brich keine Strukturen auf, bevor du die neuen sicher in der Hand hast - ich hab's gemacht, bei den SuS sehr viel Verwirrung gestiftet, und die Ergebnisse hab ich jetzt in der Klassenarbeit vor mir liegen *RIESENSEUFZER*. Nicht rennen, bevor man gehen kann...


    Vorsichtig geworden,
    w.


    PS: Und trotzdem: Vive la revolution! Nur eben nicht alles auf einmal...

    Frölich zärtlich lieplich und klärlich lustlich stille leysejn senffter süsser keuscher sainer weysewach du minnikliches schönes weib

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Melosine,


    du leidest am typischen "Ich-will-endlich-in-der-Praxis-sehen-was-ich theoretisch-gelernt-habe"-Syndrom! ;)
    Meine erste Mentorin (vom uralten Schlag) ließ mich im Sachunterricht keine Gruppentische stellen. Ich fühlte mich aber vom Seminar und von besser untergebrachten Mitrefs unter Druck gesetzt und gab meine Vorstellungen ziemlich deutlich auch an die Schulleitung weiter. Nach einem halben Jahr und katastrophalen UB's (Ich durfte so Einiges nicht ...) hab ich dann die Mentorin gewechselt und mich wohler gefühlt.
    Im Nachhinein würde ich nicht mehr so reagieren, denn auch eine Mentorin muss sich erst auf die neue 'Auszubildende' einstellen. Wenn man nicht direkt eine Wellenlänge hat, braucht es ein bisschen Zeit, um sich an die Person und die Lehrerin zu gewöhnen.
    Sie wird dir im Moment Unterricht präsentieren wie er dem Schulalltag entspringt, wenn man 'nebenbei' noch Sankt Martin & Co vorbereiten muss, den Weihnachtsbastelkram schon vorsortiert bzw. bestellen muss, den nächsten Ausflug vorbereitet und neben all den Elterngesprächen noch ein paar Gedanken an die nächste Konferenz verschwenden muss, in der es wieder mal um ein Thema XY geht, das 'von oben' aufdiktiert wurde! Wahrscheinlich ist auch zu Hause noch einiges los und schon siehst du Unterricht, den deine Mentorin wahrscheinlich selbst nicht gut findet, der aber einfach jetzt mal so laufen muss.


    Damit will ich (mit fünf Jahren Abstand vom Ref, einer vollen Stelle und Klassenleitung) sagen, dass man als Referendarin vieles gar nicht mitbekommt und mit der Kritik schnell an der Hand ist.
    Andererseits kämpfe auch ich mit älteren Kollegen um mehr 'moderne' Didaktik etc. Aber mein Respekt vor deren Leistung und Nerven, die sie nach 25 Jahren im Schuldienst besser im Griff haben als ich, ist gewachsen.


    Mein Rat: gucke in so viele Klassen rein, wie möglich. Schau dir an, wer im Lehrerzimmer viel vorbereitet, abspricht etc. Vielleicht kannst du zum Halbjahr noch in eine andere Klasse.


    Müde Grüße
    strucki

    • Offizieller Beitrag

    Ich glaube auch, dass es nicht einfach ist, neue Methoden einzuführen. Will auch nicht die ganze Schule umkrempeln!
    Aber die Kinder müssen doch "meine" Methoden kennenlernen, bevor ich Unterrichtsbesuche bekomme!
    Wie geht denn der Spagat zwischen meinen Vorstellungen, denen der Ausbilder und der Schule?
    Vielleicht findet eine Lehrerin es gar nicht so toll, wenn ich ihre Klasse plötzlich mit der Buchstabentabelle arbeiten lasse?
    Was die Sicherheit im Umgang mit Methoden angeht: erstmal habe ich die natürlich nicht. Ausprobiert habe ich in Praktika und Projekten die "neuen" Methoden. Nicht lernen möchte ich z.B. 70er-Jahre Sachunterricht und stereotypen Frontalunterricht. Worauf also soll ich erstmal zurückgreifen?


    Melosine

  • Also, ich versuche dir mal einen Tipp zu geben, wie man den Spagat annährend schaffen kann:


    1. Im begleiteten Ausbildungsunterricht, in dem du keine Unterrichtsbesuche erwartest, kannst du durchaus mehr traditionellen Frontalunterricht machen. Die Erfahrungen sind später wichtig, wenn du als "richtiger" Lehrer mal voll unterrichtest und zeitlich einfach nicht in der Lage bist (siehe die Erfahrungen meiner "Vorredner", die sich mit meinen decken), alles in schüler- und handlungszentrierten Unterrichtsformen zu machen.
    2. Im gleichen Fall wie oben aber mit Unterrichtsbesuchen sollte man die Klassen an solche Formen heranführen, dass die Besuche auch erfolgreich verlaufen. Sprich auch offen bei Mentoren/Fachlehrern an, dass das vom Seminar erwartet wird.
    3. Im eigenständigen Unterricht würde ich wie bei 2. verfahren. Wenn man eine Klasse eine Weile unterrichtet, wird man über kurz oder lang deutliche Fortschritte/Gewöhnungseffekte bei den "modernen" Unterrichtsformen erkennen; das ist dann auch persönlich befriedigend.

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

  • Hallo!


    Tja, mit den neuen Methoden ist das so eine Sache. Meine Mentorin und ich haben eine Klasse übernommen die für uns beide neu war und diese Klasse war wohl auch meistens frontal unterrichtet worden. Wir haben dann gemeinsam Wochenplanarbeit eingeführt. Aber das war gar nicht so einfach, die Schüler haben sich erstmal total dagegen aufgelehnt bzw. waren total wuselig und es hat ziemlich lange gedauert bis es so klappte wie man sich das wünscht. D.h. dass sie wussten, dass sie die Reihenfolge frei wählen dürfen, das sie nicht immer "Frau..., ich bin fertig" und "wie geht das?" reinschreien, dass sie nicht maulen, wenn es unterschiedliche Arbeitsblätter gibt "der muss aber viel weniger tun als ich"... Es war ein langer Weg, aber es ging. Ich wollte damit sagen, denke nicht, dass du mal so ratzfatz neue Methoden einführen kannst, die Umstellung dauert.
    Ich selbst habe dann noch für den Sachunterricht das Stationslernen eingeführt, aber wie gesagt, meine mentorin steht bei solchen sachen auch voll hinter mir und unterstützt mich.
    Ich würde die Lehrer in deinen Klassen fragen , was sie davon halten, wenn du was Neues einführst, ich habe die Erfahrung gemacht, dass sie solchen Dingen meist nicht abgeneigt sind, nur keine Lust hatten sowas Neues selbst einzuführen und damit von "dem gewohnten Stiefel" abzuweichen.


    LG
    Dana

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    ich hab gestaunt, wie viel schwerer es ist, vorne alles richtig zu machen, als hinten die Fehler zu sehen. *** Nicht rennen, bevor man gehen kann...


    Das sind weise Worte, liebe Melosine, die Wolkenstein da geäußert hat.
    Was dich aber nicht davon abhalten soll, das Langzeitziel "Ustellung" anzupeilen, mitnichten. Und wer weiß - vielleicht ist deine Mentorin ja auch dankbar dafür, dass einer sich um etwas bemüht, wozu sie keine Zeit mehr hat (vorausgesetzt es IST ein Zeitproblem und keine Einstellungssache)?


    Zustimmen muss ich meinen Vorrednern, wenn es darum geht zu erklären, wie wenig Raum man mit einer vollen Stelle für lange Vorbereitungen hat (und das kostet nun mal fast alles, was mit "neuen" Methoden zu tun hat - alles riesig material/vorbereitungsaufwendig. ...wändig, igitt).


    Aber es gibt nicht nur schwarz oder weiß: Ich freue mich wie ein Schneekönig über jeden Ref der in meinen Klassen einen Riesenbudenzauber macht und den lieben S. von Kuggellager bis Gruppenpuzzle all das Gute tut, was ich selten kann. Und ich unterstütze das natürlich mit all meinem Wissen und meiner Autorität (falls die S. motzen, weil's ja auch immer anstrengend ist).


    Außerdem habe ich ein festes Schema für mich selbst: Je 5 Sitzungen in jeder Klasse werden so vorbereitet, wie die Zeit es eben zulässt (so-lala und bissi schli-schlu-schlampig und viel frontal und Gruppe/Partner, aber nix trallalala), dann muss eine Sternstunde her, etwas Neues, etwas wichtiges Anderes - etc: nicht NUR für die Schüler, auch für mich, damit ich nicht zu so'nem Fossil werde (Fossil, das hat mit dir jetzt gar nix zu tun!).


    Vielleicht findest du ja auch einen Mittelweg: Etwas Geduld den Kollegen enstgegenbringen, die nicht anders (zu) können (glauben), dabei kannst du aber auch gleich was lernen über das reale Lehrerleben - und durchaus Innovation und Veränderung bei denen, die es zulassen können.



    Vor allem: Verheiz dich nicht selber gleich zu Anfang: du brauchst noch einen langen Atem!
    Ich wünsch dir Spaß, Erfolg und alles Gute...


    Heike

    • Offizieller Beitrag

    Danke für eure Antworten! Ich hab wohl den Eindruck erweckt, sämtliche Methoden der "Alten" kritisieren zu wollen. Wenn man das hier schon so auffast, sollte ich in der Praxis wohl noch vorsichtiger mit solchen Äußerungen sein!
    Jedenfalls geht es mir wirklich nicht darum, das gesamte Schusystem in einer Woche zu reformieren.
    Vielmehr sorge ich mich, wie ich Theorie und Praxis verzahnen soll, ohne mich zu verbiegen oder die "Alten" gegen mich aufzubringen, bzw. Neues so einzuführen, dass die SuS es auch annehmen (da ungewohnt).
    Ich bin mir auch gar nicht sicher, dass der "neue" Unterricht so viel mehr Zeit braucht, als Frontalunterricht.
    Für mich ist immerhin alles neu, warum also das Schlechtere lernen?
    Freies Schreiben, etc. kenne ich wenigstens aus der Uni und den Praktika.
    Habe am Montag schon einen ganzen Vertretungstag, vielleicht mache ich mir deswegen jetzt schon solche Gedanken.
    Das mit dem "sich selber verheizen" hat mir jetzt aber doch zu denken gegeben...
    Meint ihr, ich sollte mich jetzt noch nicht so in Vorbereitungen stürzen? Rächt sich das irgendwann?
    Ich hab so viele Ideen, die ich gerne umsetzen würde...


    Denkend, Melosine

  • Aber nicht doch - bereite vor, was das Zeug hält, die Warnung ging nur in die Richtung, dass du irgendwann wahrscheinlich verblüfft feststellen wirst, dass du ganz andere Sachen hättest vorbereiten müssen. Ich renn heut noch (alter Hase, der ich bin, har, har) mit heißen Backen in die Schule, weil ich eine ganz tolle Gruppen-Zaubertrick-ausprobier-Stunde geplant hab, und dann stehn die lieben Kleinen auf den Tischen und verhauen sich gegenseitig mit dem Zauberseil, und Frau Lehrerin muss brüllen, und dann wird's doch ganz schnell wieder frontal. Lass dich einfach nur nicht frustrieren, wenn die Umstellung Geduld und Nerven kostet. Ich stelle fest, dass dieses ganze Unterrichten sehr viel komplexer, langfristiger und vielschichtiger läuft, als ich mir das vorher gedacht hab. Es gibt so viele Dinge, von denen mir erst nachher auffällt, dass ich sie den Kindern vor der Gruppenarbeit hätte beibringen müssen, weil ich gar nicht drauf gekommen bin, dass man das nicht können kann (Arbeitsanweisungen lesen und ausführen, Sozialverhalten auf Gruppen einstellen, seinen Krempel wieder wegräumen, die neuen Bücher nicht in den Tee tunken - und ich rede hier von meiner 11ten Klasse). Und das Grundlagen schaffen eben heißt, Dinge nicht nur einmal, sondern immer wieder zu sagen und zu üben. Aber das kommt - oder vielleicht gehörst du zu den Glücklichen, die's tatsächlich so im Blut haben, dass dir das nicht passiert. Probier's aus!


    w.

    Frölich zärtlich lieplich und klärlich lustlich stille leysejn senffter süsser keuscher sainer weysewach du minnikliches schönes weib

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Es gibt so viele Dinge, von denen mir erst nachher auffällt, dass ich sie den Kindern vor der Gruppenarbeit hätte beibringen müssen, weil ich gar nicht drauf gekommen bin, dass man das nicht können kann (Arbeitsanweisungen lesen und ausführen, Sozialverhalten auf Gruppen einstellen, seinen Krempel wieder wegräumen, die neuen Bücher nicht in den Tee tunken - und ich rede hier von meiner 11ten Klasse).


    Komisch, hatte spontan eine 1. Klasse vor Augen.
    Hört sowas nie auf? :rolleyes::D


    Trotzdem: fürs Mutmachen!


    Melosine

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Das mit dem "sich selber verheizen" hat mir jetzt aber doch zu denken gegeben...
    Meint ihr, ich sollte mich jetzt noch nicht so in Vorbereitungen stürzen? Rächt sich das irgendwann?


    Nee, Melosinsche, so habbe mer des ja auch net gemeint.


    Ich mein nur, dass du die Latte für dich selbst nicht so hoch stecken sollst, dass du nachher nicht drüber springen kannst und die Kollegen - leicht verärgert und japsend hinter dir her hürpfend - erst recht nicht.


    Aber mach du mal, so planungsmäßig, mit all deinem Elan und deiner Kreativität - und sei den Ollen ein leuchtendes Vorbild.


    Nur, und das ist mir immer wieder ein Bedürfnis meinen Refs zu vermitteln und deswegen postuliere ich es hier für alle - lerne auch gleich mit, auch mal den realistisch umsetzbaren, zeit- und atemsparenden Unterricht zu halten. Das war nämlich eine meiner traumatischen Erfahrungen nach dem Ref: Ich war so geeicht auf höher-schneller-weiter-besser-bunter-genialer, dass ich mir in meinem ersten Jahr mit voller Stelle dauernd mies und unfähig vorkam, weil ich es nicht geschafft habe, die Ref-Standards zu halten, auch nicht,w enn ich bis 2 Uhr morgens geackert habe. Und diese Quälerei hat meinen Unterricht (und mein Privatleben!!) nicht besser gemacht und mich nur Nächte gekostet.


    Ich möchte wirklich mal erreichen, dass die Seminarfuzzis den Leuten auch beibringen, wie man LEHRER SEIN UND TROTZDEM EIN LEBEN HABEN KANN - denn was nütz ich den Schülern mit einer noch so tollen Stude, wenn sie mir nur in den vor Gähnen aufgerissenen Rachen starren und ich vor Müdigkeit nur noch kompletten Schwachsinn an die Tafel pinne?


    Mein Anliegen wäre, dass man AUCH lernt, wie man gute, solide, aber auch lehrerenergieschonende Stunden entwirft, die Tricks, mit denen man Unterricht so gestaltet, dass man um 22 Uhr pennen gehen kann und sich am nächsten Tag trotzdem nicht schämen muss, wie man Stunden plant, die so sind, dass sie auf einen 7 oder gar 9-Stunden-Tag abgestimmt sind: und da musst du dich eben in ein paar dieser Stunden mal zurücklehnen und die Kids eine sinnvolle Stillarbeit machen lassen können, sonst drehst du durch. Und so weiter.


    Mein Tipp an dich: Lerne alles, was nicht niet- und nagelfest ist - aber hab auch immer ein Auge auf das, was du für eine 5 mal 6 Stunden Woche dereinst mal gebrauchen kannst! Du hast immerhin noch paar'ndreißig Jahre vor dir!


    Alles Liebe,
    eine abgeklärt klingende
    Heike


    die aber nicht halb so abgeklärt ist, wie sie klingt.

    • Offizieller Beitrag
    Zitat


    Ich hab so viele Ideen, die ich gerne umsetzen würde...


    Das Problem kenne ich! Aber du hast genug Zeit, dich auszuprobieren. Nutze die Stunden, die du alleine in einer Klasse bist (auch die zusätzlichen Vertretungsstunden, über die man im ersten Moment innerlich stöhnt). Denn das 'Drumherum', das Wolkenstein schon schilderte, kann man nur in der Praxis erleben und ist mindestens genauso wichtig wie der eigentliche Unterrichtsinhalt. Mach lieber erst kleine Schritte, was methodische Neuerungen angeht. Beispiel: Eine Klasse, die noch nie Werkstattunterricht genossen hat, sollte nicht direkt mit einer Flut an Arbeitsangeboten erschlagen werden.
    Ich hatte im Ref u.a. eine junge, aber nicht übermotivierte Mentorin, mit der ich zusammen ein erstes Schuljahr begann. Dort haben wir recht schnell einen Tagesplan eingeführt, dann Stationen (besonders beliebt zur Buchstabeneinführung) und etwas später eine Mini-Werkstatt (zu Weihnachten). Hat alles super geklappt, war in einem realistischen Umfang und würde ich auch alleine in einer Klasse durchführen können.


    Überschlag dich nicht! Das führt entweder zu einer Überfrachtung deiner U-Einheiten oder zu einer Überorganisation (dazu neige ich immer noch ...), die leicht im Chaos enden kann, weil man den roten Faden und damit den Überblick verliert.


    In welchen Klassenstufen bist du denn mit welchen Fächern? Welche Themen stehen demnächst an?
    Vielleicht fällt mir ja spontan etwas ein, mit dem du starten kannst, ohne deine Mentorin allzusehr zu schocken und die Kinder direkt zu überfordern.


    strucki

  • Hallo Melosine,
    ich kann dein Posting gut verstehen. Auch ich ging voller Illusionen ins Ref., habe lange versucht, meinen gesamten Unterricht so zu machen wie in den UBs. Letztendlich wird es dir sogar bei nur 12 WS zu viel. Meine Mentoren haben mich zum Glück nie daran gehindert neues auszuprobieren und wenden auch neuere Methoden an. Allerdings geht es ihnen auch wie Heike, so dass sie sagen, dass man bei einer 28 STd. Woche nicht mehr die Zeit hat, um die Illusionen, die man zu Beginn seines Lehrerlebens noch hatte, auszuleben.
    Aber einige, für die Sch. auch motivierende Dinge, wie Schreibkonferenzen, freies oder kreatives Schreiben, viel Gruppenarbeit kannst du auch ohne Zeitaufwand durchführen. Und die Sternstunden kommen dann in den UBs. Im SU gibt es auch vielfältigen Möglichkeiten ohne Stress guten handlungsorientierten Unterricht zu machen. Also nicht verzwiefen.
    Gewöhne die Sch. aber langsam an die andere Form des Unterrichts. FAlls sie keine Gruppenarbeit kennen, erstmal mit Partnerarbeit anfangen, dann langsam öffnen. Falls sie noch nie offenere U-formen gemacht haben, mit wenig STationen oder dem Wochenplan anfangen und langsam den U öffnen.
    Aber mach dich nicht kaputt, du kannst die Knallerstunden nicht jeden TAg bieten und viele STunden müssen halt ganz "normal" verlaufen....
    LG, Nof.

    Wir helfen einem Menschen mehr, wenn wir ihm ein günstiges Bild seiner selbst vorhalten, als wenn wir ihn unablässig mit seinen Fehlern konfrontieren.
    A. Camus

    • Offizieller Beitrag

    €Nofretete (@natürlich, ich seh nur noch Euros)

    Zitat


    Letztendlich wird es dir sogar bei nur 12 WS zu viel.


    Puh, da bin ich ja beruhigt. Ich hab z.Zt. theoretisch 8 Stunden und 1,5 AG-Stunden, praktisch lässt mich meine Deutschmentorin mit dem Unterrichten oft nicht. Und mir werden solche Zauberstunden da auch schon zu viel, gerade wenn ich Anlautbildchen für meine Erstklässler aufklebe oder mal wieder Bibliothekstag für die Ex-Arbeit einlegen muss... Selbst der "ganz normale" Frontalunterricht braucht teilweise so viel Vorbereitungszeit (Donnerstag hab ich mal eben von 21 bis 1 Uhr den Tanz für Freitag vorbereitet, eigentlich sollte halt was andres sein in der Stunde, aber, naja... Mentorinnen...)


    Ansonsten hab ich das Hickhack mit meinen Ausbildungslehrerinnen auch immer wieder... Eine lässt mich relativ viel machen, d.h. im letzten Jahr hat sie noch mehr auf ihrem Stoffplan bestanden, aber jetzt lässt sie mir freie Hand.
    Die andere hat einen hammerhart gedrängten Stoffplan. Immer wenn ein UB ist, muss ich eine "Unterrichtsreihe" aufschreiben, d.h. ich schreibe meine Besuchstunde auf und mindestens 2 ausgedachte Stunden, von denen eine garantiert nicht stattfindet, weil "das zu viel Zeit kostet". X( Die Kinder werden durch den Stoff gejagt, als ob es um Leben oder Tod ginge. Wenn ich mich widersetze und sage, ich möchte gerne noch eine Stunde dazu machen und mal was ausprobieren, was mir im Besuch gesagt wurde, blockt sie und ich krieg zu wenig Deutsch-Stunden. BdU hab ich leider nicht, inzwischen wünsche ich mir manchmal welchen. Dafür setze ich in Vertretungsstunden dann mal so Sachen wie Gruppenarbeit, Streitgespräch, Spiele usw. ein.


    Conni, frustriert.

    • Offizieller Beitrag

    Muss spontan noch was ergänzen, weil ich als "Junglehrerin" manchmal auch noch bei den älteren Kollegen auf Granit beiße. Habe letzte Woche die Sitzordnung in meiner Klasse geändert. Von einem U mit nach vorne gerichteten Mitteltischen zu einem L und zwei Gruppentischen. Nun ließ mir die Religionslehrerin (ist dieses Schuljahr nur mit einer Wochenstunde in der Klasse) von den Kindern ausrichten, ich soll (!) die Gruppentische wieder gerade hinstellen. Sie könnte so keinen Unterricht machen!
    Ich bin fast geplatzt vor Wut! Nicht nur, dass sie mir das nicht persönlich sagen kann, sie setzt die Kinder auch noch ein, um meine Unterrichtsformen zu kritisieren.


    Ein weiterer Fachkollege hat auch immer so seine Wünsche, wer wo sitzen sollte und räumt regelmäßig meinen sorgfältig aufgebauten Materialangebotstisch ab, um einen störenden Schüler daran zu platzieren, obwohl es einen speziellen freien Tisch für diesen Zweck gibt.


    Es scheint also erstmal nicht aufzuhören, dass man von einigen Kollegen bevormundet wird. Warum ich allerdings in fremden Klassenräumen auf alles und jeden Rücksicht nehme und für jeden Furz frage, z.B. ob ich die AB auf der Fensterbank deponieren darf, frage ich mich zunehmend mehr.
    ... ansonsten hab ich aber ein wirklich nettes Kollegium ...


    Gruß
    strucki

    • Offizieller Beitrag

    Ja, im Moment habe ich auch eher den Eindruck, dass ich bei meinen älteren Kolleginnen auf Granit beissen werde, was Neuerungen im Unterricht anbelangt.
    Nach wie vor sind alle sehr nett zu mir, aber ich habe den Eindruck, dass alle unbedingt die Fäden in der Hand behalten und am liebsten keinen eigenverantwortlichen Unterricht abgeben wollen (von diversen Vertretungen mal abgesehen).
    Zur Zeit ist das noch nicht so schlimm - ich soll ja eigentlich nur hospitieren.
    Aber so langsam wirds mir ganz mulmig und ich fürchte, nicht mehr zum Zug zu kommen, sprich: die Kinder rechtzeitig an andere Unterrichtsformen zu gewöhnen!
    Hilfe!
    Hatte heute die ersten Vertretungsstunden; war wirklich gar nicht so einfach, den ganzen Morgen so alleine da vorne zu stehen - auch wenn mich niemand beobachtet hat.
    Gemerkt habe ich aber dabei (u.a.), dass es sehr wohl einiges ausmacht, wie mit der Klasse vorher gearbeitet wurde.
    In meinen Praktika während des Studiums war ich immer in Klassen, die genau so arbeiten, wie wir es gelernt haben.
    Ergo waren meine Unterrichtsversuche recht erfolgreich.
    Ich will nicht sagen, dass ich heute keinen Erfolg hatte, aber es war klar, dass die Kinder stellenweise Probleme damit hatten, dass ich den Unterricht etwas anders gestaltet habe.
    ("Bei Frau Sowieso machen wir aber immer...")
    Insgesamt war es sehr anstrengend und ich muss auch den Hut ziehen vor den "Alten", die das jeden Tag machen.
    Bei einigen Fällen könnte ich mir aber auch die Haare raufen und immer nur denken: das kann doch so nicht bleiben; das würde (und müsste) ich völlig anders machen. Aber wie, bei diesen Vorgaben?
    Bsp.: Differenzierung. Alle Kinder bearbeiten die gleichen Aufgaben in einer für alle verbindlichen Zeitspanne. Nach fünf Minuten sind die ersten fertig, während andere erst ein Wort auf dem Blatt stehen haben. Ein Mädchen, dem ich helfen will, erklärt mir ganz offen, überhaupt noch nicht lesen zu können und auch nicht zu wissen, dass dieser Buchstabe ein "i" ist.
    In der Klasse hängt eine wunderschöne Buchstabentabelle, die aber noch nicht eingeführt wurde, weil die Kinder laut Lehrerin damit noch nicht umgehen können - Punkt.
    Da ich aber zunächst nicht regelmässig in dieser Klasse bin, kann ich garnichts machen, werde aber später mit der Klasse "leben" müssen, weil ich sie vermutlich in der Prüfung haben werde.


    So, jetzt reichts erstmal! Bin heute irgendwie etwas durch den Wind - war ein anstrengender Tag!
    Ziehe noch mal den Hut vor euch alten Hasen, die ihr das jeden Tag meistert


    LG Melosine

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