sprachliche Probleme im Ref

  • Als jemand, der aus dem Großraum Hannover stammt und im hohen Norden lebt, wo die Worte "Feudel" und "krüsch", "iech" statt "ich" und "Meech" statt "Milch" als akzeptables Hochdeutsch gehandelt werden, behaupte ich, dass 90% der Deutschen kein "Hochdeutsch" sprechen.

  • Na gut, ich korrigiere: Für Süddeutschland spreche ich v.a.beruflich ein hier eher unübliches Hochsüdbadenwürttembergschwarzwalddeutsch, was Lehrbeauftragte in Protokollen vermerken ließ, ich spräche "reines Hochdeutsch" (= reines Hochsüdbadenwürttembergschwarzwalddeutsch). Feudel drüber.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Das Schlimme: Meine schwäbische Umgebung färbt auf mich ab, auch in der Schule...ich übernehme alles Mögliche

    Japp, das kenne ich auch.
    Wenn die Nachbarin Urlauber in der Ferienwohnung hatte, habe ich schon als Kind Teile der merkwürdigen Sprechweise übernommen.


    Allerdings ist Niederdeutsch eine eigenständige Sprache und eben kein Hochdeutsch, aber auch da vermischen sich die Sprachen und Ausdrücke, ähnlich der anderen Grenzregionen oder Dialekt-Regionen.



    behaupte ich, dass 90% der Deutschen kein "Hochdeutsch" sprechen

    ... um so schwieriger, "das Hochdeutsch" in einer Grammatik abzubilden.
    Inzwischen überlege ich, ob die TE fehlerfrei spricht, die Lehrkraft oder Seminarleitung das aber leider nicht wahrnehmen kann.

  • Ich liebe Dialekte. Bis auf einen.
    Und ich liebe es, in Saarlouis zu sein. Da plaudert man saarländisch und hier säuselts französisch....hach ja.


    Und in Stuttgart wird alles mögliche gesprochen, was ich auch liebe.

  • in bayern ist es eher so, dass die sus schon am gymnasium lernen, aus dem dialekt ins nur leicht oder gar nicht gefärbte hochdeutsche zu wechseln. das ist dann auch bei den refis so. dialekt hört man, wenn der/die kollege/in sich entspannt. dialektsprechen = zweisprachigkeit.

  • In der Schule wurde im Saarland immer hochdeutsch gesprochen. In Schwaben geht das irgendwie nicht, vllt. im Gymnasium. Mich stören regionale grammatikalische Fehler irgendwie mehr als die regionale Klangfarbe.

  • .... um so schwieriger, "das Hochdeutsch" in einer Grammatik abzubilden.
    Inzwischen überlege ich, ob die TE fehlerfrei spricht, die Lehrkraft oder Seminarleitung das aber leider nicht wahrnehmen kann.

    Genau das ging mir auch durch den Kopf.


    Eine norddeutsche Freundin, eine promovierte Linguistin, ist vor einiger Zeit nach Franken gezogen und war stark irritiert über das professionell akzeptierte, aber für das norddeutsche Ohr sehr schräge Verb "frägen" und das eben etablierte angehängte "-s" an die 2. Person Plural, wie bspw. "Mögts ihr a Brezen?"

  • ... das eben etablierte angehängte "-s" an die 2. Person Plural, wie bspw. "Mögts ihr a Brezen?"

    sowas meine ich. Ich war z.B. überrascht, als in Sachsen jemand "bei Anjan" (statt: bei Anja) sagte. Als mir aufging, dass man "schmeckt wie bei Muttern" als Ausdruck eben durchaus kennt und das Ganze einem Prinzip folgt... gibt's bestimmt schicke Bücher drüber.


    Ob die TE allerdings Fehler macht, kann man ja so nicht beurteilen.


    @holly88, auch eine Möglichkeit ist, sich selbst beim Unterrichten zu filmen. Sehr interessant, man nimmt seine Probleme und Stärken wahr, durchaus positiv, kann ich nur empfehlen :)

  • Wieso? Hochdeutsch ist hier. Bei Euch ist Niederdeutsch.
    Was übrigens Schwäbisch und Bayerisch angeht: ein sicherer Weg, um von diesen Dialekten verschont zu bleiben, ist ein Besuch in Stuttgart respektive München. Da hörst du mittlerweile nur noch so ein affektiertes Hochdeutsch auf der Straße.

    Also (im Fall von Schwäbisch) das Hochdeutsch, das Winnie Kretschmann spricht?
    :teufel:
    Ich muss mal wieder nach Stuttgart...

  • Nein, wie Kretschmann kann ich weder sprechen, noch wöllte wollte ich es, auch wenn ich durchaus schwäbeln kann wenn ich will.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

    2 Mal editiert, zuletzt von CDL () aus folgendem Grund: EDIT: Nein, ich meinte nicht den Konjunktiv des gebräuchlichen Verbs "wöllen" liebes Handy.

  • Ist das ein süddeutscher Konjunktiv? Den habe ich schon öfter gehört gehabt. ;)

    :rotfl: Das hat mir grad mein Autofill reingehauen. Laut Duden gibt es sogar ein Verb namens "wöllen" (noch nie gehört, aber Autofill kennt das, wo es schon regelmäßig keine Umlaute zu setzen bereit ist)), mit Konjunktiv II "wöllte".

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Nein, wie Kretschmann kann ich weder sprechen, noch wöllte ich es, auch wenn ich durchaus schwäbeln kann wenn ich will.

    Hast recht könnte ich auch nicht. Zumal ich für einen Schwaben recht zügig spreche :P

  • Stimmt, der spricht schon seeeeeeeeeeeeeeeeeeehr tiefenentspannt. Ich frage mich, wie der es als Lehrer geschafft hat bei der ruhigen Sprechweise und dieser angenehm tiefen Stimmlage, dass seine SuS nicht gleich reihenweise in den Tiefschlaf fallen.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • dieselben Vorbehalte haben diese Lehrer realistischerweise auch SuS mit entsprechendem Migrationshintergrund

    Dass insbesondere türkischstämmige SuS oft Unschönes erleben, beobachte ich auch, allerdings nur, wenn ich mit ihnen draußen unterwegs bin. In der Schule nicht, weder von Mitschülern noch von Lehrern. Es wird aber von den Eltern befürchtet und von pubertierenden Jungs manchmal versuchsweise vorgetragen, um zu schauen, ob es was bringt. Wenn du hier mehr eine Vermutung geäußert hast als eine langjährige Erfahrung (ich arbeite seit Jahrzehnten an verschiedenen Schulen in einem Migrantenhotspot), möchte ich dich bitten, vorsichtiger zu sein, CDL. Der Punkt ist bei vielen Eltern angstbesetzt. Ihr Vertrauen zu gewinnen, ist nicht so leicht.


    Ich habe auch öfter Praktikanten mit Migrationshintergrund, manchmal hatte ich sie auch schon als Schüler. Dann sage ich ihnen vorsichtig, aber deutlich, wenn es mit der Sprache noch hapert. Meiner Erfahrung nach ist das ein sehr heikles Thema. Wenn man Schülern zum Beispiel Fördermaßnahmen vorschlägt, antworten die Eltern in von Fehlern strotzenden Emails gekränkt, das sei nicht nötig, sie könnten alle Deutsch. Ich baue die Sprachförderung daher möglichst diskret in den laufenden Unterricht ein. Die Praktikanten und Referendare reagieren auch sehr betroffen. Oft haben sie sogar noch Deutsch als Fach gewählt, haben gerne gelesen und hatten immer recht gute Noten in Deutsch. Dass es als Deutschlehrer mit vielen Grammatik- und Rechtschreibfehlern aber Probleme geben wird, ist schon eine Kröte für sie. Hat ihnen oft noch keiner gesagt.
    Vielleicht geht es dir ähnlich, TE? Sprichst du wirklich so gut, wie du schreibst? Vielleicht war der Lehrer nicht pingelig, sondern hatte Gründe, dich auf deine Sprachfehler aufmerksam zu machen. Vielleicht wirst du gar nicht diskriminiert. Und wahrscheinlich ist dein Sprachproblem zwar gelegentlich spürbar, aber nicht schlimm, zumal bei deinen Fächern. Vielleicht kommen all die Sorgen nur daher, dass es ein empfindlicher Punkt ist, und sind eigentlich unnötig, selbst wenn du dafür kritisiert wirst.


    Man muss nicht perfekt sein, um eine gute Lehrerin zu sein. Ich habe zum Beispiel eine grauenhafte Handschrift, wofür ich andauernd kritisiert werde, das dürfen Lehrerinnen offensichtlich nicht haben. Na und. Ich bin trotzdem eine richtig gute Lehrerin. Und Vorführstunden habe ich halt so geplant, dass nichts mit der Hand geschrieben habe.

  • Ich habe fast 10 Jahre lang in der Migrationsarbeit mit Jugendlichen mit Migrationshintergrund gearbeitet @Ratatouille darauf basiert meine Aussage, sonst würde ich ich mich nicht so weit vorwagen. Obwohl das nicht Teil der Jobbeschreibung war, habe ich praktisch täglich weinende Jugendliche vor mir sitzen gehabt, die sich völlig überfordert davon fühlten täglich in mindestens einer Unterrichtsstunde als Muslime sagen zu müssen, dass der IS nicht den Islam repräsentiere, auch nicht für sie persönlich spreche und, ach übrigens nein, sie würden auch nicht zwangsverheiratet von ihren Vätern. Jugendliche, denen Lehrer ungeachtet ihrer hervorragenden Zensuren immer mal wieder abgesprochen haben ein Abitur oder gar ein Studium bestehen zu können, weil ihr Deutsch nicht perfekt war, Jugendliche, deren Lehrer auch nach 8 Jahren ihren Namen noch nicht kannten, weil es zwei Mädchen mit Kopftuch in der Klasse gab, die auch noch Cousinen waren und sich angeblich (nicht wirklich) so unwahrscheinlich ähnlich sahen, dass man sie einfach nicht auseinanderhalten konnte (da ich beide Mächen gut kannte: Die einzige äußerliche Ähnlichkeit war das Kopftuch, ansonsten in Größe, Statur, Gesichtsform, Aussehen und vor allem im Verhalten komplett konträre Mädchen.). Jugendliche mit deutschem Pass, fehlerfreiem Deutsch in Wort und Schrift die von Mitschülern wie Lehrern in unschöner Regelmäßigkeit gefragt wurden, wo sie denn WIRKLICH herkommen würden (denn aus Deutschland kann ein Mensch mit z.B. türkischem oder arabischem Nachnamen "natürlich" nicht WIRKLICH kommen) oder die Referate über "ihr Heimatland" halten sollten und schlechte Noten bekamen, weil sie etwas über Deutschland erzählt haben. Jugendliche, denen Lehrer vor dem mündlichen Abitur erklärt haben, sie sollten besser gleich die Schule verlassen, weil dieser Lehrer auch den Vorsitz in ihrem mündlichen Abitur habe und dafür sorgen würde, dass sie nicht bestehen würden (ja, es gab in diesem Extremfall auch andere Lehrer, die den von dieser eklatanten Diskriminierung betroffenen drei Schülern dringend geraten haben Widerspruch einzulegen und ggf.den Klageweg zu beschreiten, erstmal aber stand da viel Leid im Raum, weil ein paar junge Menschen ihr Abitur im 1.Anlauf fachlich unbegründet nicht bestanden hatten).


    Ich könnte Dutzende dieser Beispiel von Alltagsrassismus und -diskriminierung aus dem schulischen Bereich aufzählen, die meine Hasen erleiden mussten und die mit Sicherheit und leider absolut repräsentativ für das sind, was viele Kinder ausländischer Herkunft, aber eben auch inländischer Herkunft mit Migrationshintergrund tagtäglich hierzulande erleben. Ich weiß darüber hinaus von zwei Mitanwärterinnen mit türkischen Namen, dass diesen schulsicherseits in der Ausbildung bereits vor Antritt des Refs, bei der Vorstellung an der Schule, überdeutlich gesagt wurde, dass sie unter besonderer Beobachtung stünden "ob ihr Deutsch überhaupt gut genug sei", bzw. nicht erwünscht seien (eine Referendarin mit Kopftuch) und als Bedrohung des Schulfriedens allein wegen ihrer Anwesenheit und dem Tragen des Kopftuchs betrachtet würden. Natürlich sind weder alle Schulen, noch alle oder gar eine Mehrheit der Lehrer derart ignorant bis übergriffig im Umgang mit SuS (oder auch Anwärtern). Nachdem meine Hasen bei meiner früheren Arbeitsstelle von 15 verschiedenen Schulen kamen kann ich aber sagen, dass es mit Sicherheit an vielen Schulen einzelne Lehrer gibt, die so ticken. Jeder einzelne davon ist einer zuviel und sorgt für unnötigen Leidensdruck und Schulangst.



    Dies geschrieben, hast du natürlich völlig recht mit dem, was du über die überhöhte Sensibilität schreibst Ratatouille. Diese entsteht zwar nicht grundlos, kann aber natürlich verhindern an tatsächlich bestehenden Problemen zu arbeiten. Meiner Erfahrung nach sieht man gerade bei Zweitsprachlern aber vor allem in der Schriftsprache, woran es noch "hapert", während sie sich mündlich, gerade wenn sie ein Gymnasium besuchen oder studieren, oft problemlos und weitestgehend fehlerfrei auszudrücken vermögen. Insofern würde ich der TE erstmal durchaus zutrauen, dass sie angesichts ihrer schriftlichen Ausdrucksweise auch in der gesprochenen Sprache in verschiedenen Registern fit sein dürfte und es sich tatächlich nur um stressbedingte Probleme handelt (evtl.weil dann der Kopf unbemerkt in eine andere Sprache springt und zu übersetzen beginnt?).

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Einfach erschütternd, was man hier so lesen muss. Den betreffenden Fachseminarleitern gehört gehörig der Kopf gewaschen. Oft wird ja dem ehemaligen Osten der Republik unterschwelliger oder offener Rassismus vorgeworfen, dass dieser aber auch in vermeintlich betuchteren Bundesländern vorkommt und nachweisbar ist, ist ein Skandal. :daumenrunter:

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