Gehälterdiskussion

  • ich denke eher, an den Fächern. Dass ein Germanist, Soziologe, Historiker oder ähnliches nicht gut verdient, wenn er nicht gerade eine lukrative Unikarriere einschlägt, geschenkt. Man kann das halt mMn einfach nicht pauschal für "die Lehrer" sagen.

    ...meine ehemaligen magisterstudienkollegen verdienen teils sehr viel weniger, teils deutlich (!) mehr als ich. man wird ja nicht "historiker", sondern man studiert das und macht dann das, was man durch praktika, werkstudentenjobs und volos während- und nach des/m studium/s vorbereitet hat.


    eine unikarriere ist dagegen alles mögliche, aber sicher nicht mit geld gesegnet. auf eine offene professur in den geisteswissenschaften bewerben sich etwa 130 leute mit passender qualifikation (also habil oder ähnliches), davon haben circa drei bis fünf realistische chancen auf den ruf, einer wird's. die anderen (fast nur männer) sind mit mitte vierzig immer noch "nachwuchs", für alles andere gandenlos überqualifiziert und haben alles auf diese karte gesetzt, weil "das system" deutsche wissenschaft über das wissenschaftszeitarbeitsgesetz so struktuiert ist, dass sich über was anderes als befristeter vertrag an befristetem vertrag mit bezahlter 50% (teils 40%) arbeitszeit bei 120% realer arbeitszeit (weil der bezahlte teil für wissenschaftliche dienstleitstungen draufgeht, vor allem dem prof zuarbeiten, antragsprosa zum einwerben von drittmitteln, sinnentleerter inter- und transdisziplinärer arbeit im exzellenzcluster, wo man mit physikern redet, weil in deren antrag wie in deinem das wort "unendlich" vorkam, obwohl ihr sehr unterschiedliches darunter versteht und vor allem lehre, lehre und nochmal lehre mit unmotivierten, schlecht qualifizierten und vor allem ohne interesse am fach lebenden studierenden in verschulten bologna-verseuchten massenstudiengängen) keine eigene wissenschaftliche qualifikation aka diss und dann habil erreichen lässt.


    man verdient also 50%, immer in drei monatsabschnitten, mit viel glück auch mal ein zweijahresvertrag dazwischen, mit ständigem ortswechsel, null sicherheit, und 120% arbeit mindetens. also nee, uni-karrieren in den geisteswissenschaften sind sehr oft finanzielle (sonst gar nicht!) sackgassen und vor allem sicher nicht lukrativ. so gar nicht. da ist die freie wirtschaft und die öffentliche hand als arbeitgeber bei weitem attraktiver. ein sehr guter (!) geisteswissenschaftler kann nichts und wirklich fast alles, was mit strukurieren, denken, analysieren, planen, komunizieren zu tun hat ("schlüsselqualifikationen"). und das ist verdammt viel, fast alles.


    trotzdem - wissenschaft ist großartig. aber die rahmenbedingungen in deutschland sind unterirdisch.

  • Sorry, dass ich hier noch mal Wasser in den Wein giessen muss! In Nds wenden sich die Verbände gerade gegen den "Dienstherr" wegen der Besoldung, die im Ländervergleich die "Rote Laterne" trägt. Seit 2005 kein Weihnachtsgeld, kein Urlaubsgeld und eine Besoldung, die vom Bundesverwaltungsgericht in Leipzig als nicht mehr verfassungskonform beurteilt wurde und nun in Karlsruhe der Entscheidung harrt.Wäre die Besoldung so gut, wie hier teilweise beschrieben, hätten wir nicht das Problem, Lehrer für die Lehrämter zu bekommen und keine Abordnungen. Noch ein Punkt spielt hier eine Rolle, dass erheblich Überstunden in diesem ach so guten Gehalt eingepreist sind. Würde man diese herausbrechen, läge man auf einem sehr viel niedrigerem Niveau.

  • In Bayern gehst du als verbeamteter, verheirateter Gymnasiallehrer in Steuerklasse III in A14 (ist hier Regelbeförderung, wird hier wirklich jeder) in der Gehaltsendstufe mit 4500 Euro netto heim, 6000 Euro brutto. Falls Kinder vorhanden, kommt da der Familienzuschlag noch drauf. Das ist ein Gehalt, über das man nun wirklich nicht meckern kann und für das man sich in der freien Wirtschaft schon sehr strecken muss.

    wobei Stk III sich ja dann je nach Gehalt des anderen richtig rächen kann. Irgendwie impliziert das, dass der andere deutlich weniger verdient.
    Wir sind beide in IV, da gibt es weniger Überraschungen am Ende der Steuererklärung und wir verdienen beide auch ähnlich viel. (Er A12.6 90%, ich A13.7 70% bzw ab Sommer bekomme ich A14)


    Klar bekommt mein Mann (übrigens kein Lehrer, sondern Softwareentwickler, aber verbeamtet, daher vergleichbar) als Beamter deutlich weniger als in der freien Wirtschaft vorher, aber er muss nicht andauernd mal eben am Wochenende noch ein Projekt fertig machen, unbezahlte Überstunden machen (ok, das Argument zählt bei Lehrern begrenzt je nach erfahrung, Fächer...), hat kein Problem Urlaub oder Elternzeit zu nehmen, Homeoffice zu machen, Kind-Krank-Tage zu nehmen, TZ zu machen... und wir gehen mal davon aus, dass das Land ihn nicht entlassen können wird und auch die Pension akzeptabel sein wird. Den Kredit fürs Haus zu bekommen war auch deutlich einfacher.

    Only Robinson Crusoe had everything done by Friday.

  • Klar bekommt mein Mann (übrigens kein Lehrer, sondern Softwareentwickler, aber verbeamtet, daher vergleichbar) als Beamter deutlich weniger als in der freien Wirtschaft vorher, aber er muss nicht andauernd mal eben am Wochenende noch ein Projekt fertig machen, unbezahlte Überstunden machen ...

    Hm, das ist aber genau das, was mir als Lehrer Probleme macht. Jedes WE arbeiten, kaum Ruhezeiten und entgrenzte Arbeit. Deshalb will ich die Stechuhr in der Schule- 7:45 rein und 16:00 Uhr raus. Dann ist Schluss und keine Arbeit mehr. Hoffentlich bald!!

  • Ich finde es super, dass hier "alle Lehrer" in einen Topf geworfen werden.
    Hier: halbe Stelle als Angestellte (E11; entspricht A12) mit Steuerklasse 5. Manchmal frage ich mich, warum ich mir den ganzen Stress für diesen Hungerlohn antue...

  • yestoerty: Aber selbst in Steuerklasse IV kommen mit Kirchensteuer in A14, Gehaltsendstufe verheiratet, in Bayern als Gymnasiallehrer noch 3800 Euro rum. Krankenkasse schon weg. Wirklich brutto. ist nix zu meckern!

  • ch finde es super, dass hier "alle Lehrer" in einen Topf geworfen werden.
    Hier: halbe Stelle als Angestellte (E11; entspricht A12) mit Steuerklasse 5. Manchmal frage ich mich, warum ich mir den ganzen Stress für diesen Hungerlohn antue...

    Naja, dafür dass du in Steuerklasse 5 bist und entsprechend viele Steuern zahlst, kann ja dein Arbeitgeber nichts. Und dein Mann wird ja entsprechend gut verdienen, dass ihr die Aufteilung 3/5 macht. Und mit 50% arbeitest du ja nun Mal auch nur die Hälfte.

  • yestoerty: Aber selbst in Steuerklasse IV kommen mit Kirchensteuer in A14, Gehaltsendstufe verheiratet, in Bayern als Gymnasiallehrer noch 3800 Euro rum. Krankenkasse schon weg. Wirklich brutto. ist nix zu meckern!

    Und zum Ausgleich werden die Gehälter der Grund- und Mittelschullehrer niedrig gehalten. In Bayern verdient der Schulleiter an diesen Schularten weniger als der klassische Gymnasiallehrer.

  • Und zum Ausgleich werden die Gehälter der Grund- und Mittelschullehrer niedrig gehalten. In Bayern verdient der Schulleiter an diesen Schularten weniger als der klassische Gymnasiallehrer.

    Ja, ich habe meine Gehaltsendstufe erreicht und bin mit meinen A12 weit entfernt von oben genannten Gehältern.

  • sondern auch noch per Eid an ein Land gebunden bist

    Der Diensteid, mit du dich der Verfassung und der freiheitlich demokratischen Grundordnung verpflichtest, bindet dich nicht unauflösbar ans Land. Du kannst jederzeit das Beamtenverhältnis beenden, landesübergreifende Versetzungen sind möglich.

  • Naja, dafür dass du in Steuerklasse 5 bist und entsprechend viele Steuern zahlst, kann ja dein Arbeitgeber nichts. Und dein Mann wird ja entsprechend gut verdienen, dass ihr die Aufteilung 3/5 macht. Und mit 50% arbeitest du ja nun Mal auch nur die Hälfte.


    Zu Steuerklasse 5: Klar verdient mein Mann entsprechend mehr. Aber über den Satz kann ich nur lachen, obwohl mir eher zum Heulen zumute ist: "Und mit 50% arbeitest du ja nun Mal auch nur die Hälfte."
    Ich habe eine Klassenleitung, darf an genau zwei Konferenzen im Schuljahr fehlen und habe noch nichtmal einen freien Tag in der Woche - noch Fragen???

  • ...wenn es dir kaum erleichterung bringt, aber dich soviel verdienst kostet - weshalb gehst du nicht vollzeit? unsere älteren kolleginnen raten den jüngeren häufig von teilzeit wegen kindern ab. finanziell ist das nämlich ziemlich sch***, auch in sachen pension. stichwort "won't do again".

  • Man darf ja bei der ganzen Diskussion nicht vergessen, dass verbeamtete Lehrer zwischen (wenn ich mich richtig erinnere) 30 und 70 Stunden arbeiten auf Stellen mit vollen Deputaten. Im Schnitt waren das glaube ich um die 50 Stunden.


    In der freien Wirtschaft würden solche "Minderleister" nicht lange mitgetragen werden. Wenn also jemand nur auf Sparschiene das Notwendigste macht (und dem es egal ist, wie das beim Kollegium ankommt) und dann von seinen tollen Arbeitsbedingungen schwärmt (ich kenne einen solchen Fall), ist das recht zwielichtig.


    Hier wird das Wochenende über am Baggersee entspannt und dort akribisch der Unterricht vorbereitet. Dort unter der Türschwelle das Schulbuch nach passenden Aufgaben sondiert kurz vor Unterrichtsbeginn und hier differenzierte Aufgabenstellungen nach Maß selbst angefertigt...


    Meistens ist natürlich beides zu einem gewissen Teil der Fall, aber dass das Gehalt eben nicht am effektiven Arbeitseinsatz gemessen wird, dürfte ein Ausnahmemerkmal unseres Jobs sein. Man kann das positiv wie negativ sehen, es sollte - finde ich - eben nur mit auf dem Schirm sein, wenn man die Gehälter vergleicht.


    der Buntflieger

  • Hm, das ist aber genau das, was mir als Lehrer Probleme macht. Jedes WE arbeiten, kaum Ruhezeiten und entgrenzte Arbeit. Deshalb will ich die Stechuhr in der Schule- 7:45 rein und 16:00 Uhr raus. Dann ist Schluss und keine Arbeit mehr. Hoffentlich bald!!

    Jedes Wochenende arbeiten? Keine Ahnung an welcher Schulform du bist, aber ich arbeite nur in der Oberstufe und als ich VZ ohne Kinder gearbeitet habe, habe ich mit etwas Berufserfahrung nur in der Klausurphase am Wochenende gearbeitet. Ist halt ein Job mit Belastungspeaks und -lows.
    (Hier zB aktuell: 3 Klassen im Praktikum, eine hat schon ihren Abschluss gemacht. Ich unterrichte also nur 3 von eigentlich 14 Stunden, habe noch 3 Praktikumsbesuche nächste Woche, keinen letzte und übernächste Woche, Zeugniskonferenz am Montag und schreibe am Stundenplan für nächstes Jahr (wenn die letzte Vertretungsstelle besetzt ist).) Das ist aktuell deutlich unter meinen 25 Arbeitsstunden.

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  • In Bayern verdient der Schulleiter an diesen Schularten weniger als der klassische Gymnasiallehrer.

    Nicht nur in Bayern. Auch in Ba-Wü haben Schulleiter* an Grundschulen und Hauptschulen mit weniger als 81 Schülern nur A12 + Zulage, an größeren Schulen bekommen sie dasselbe Gehalt wie ein normaler Realschullehrer.
    Das SOLL sich ab 2019/20 ändern - aber schaun' mer mal.
    Das war mit ein Grund, weshalb ich mich nie zu diesem Amt "berufen" fühlte. Zumal ich als "assoziiertes Mitglied der erweiterten Schulleitung" gesehen habe, was'n Scheiß in diesem Amt auf den Schulleiter einprasselt.

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

  • ...wenn es dir kaum erleichterung bringt, aber dich soviel verdienst kostet - weshalb gehst du nicht vollzeit? unsere älteren kolleginnen raten den jüngeren häufig von teilzeit wegen kindern ab. finanziell ist das nämlich ziemlich sch***, auch in sachen pension. stichwort "won't do again".

    Weil ich Kinder habe, um die ich mich kümmern will und muss (Sohn kommt in die 4. Klasse und Zwillinge werde jetzt eingeschult). Die habe ich nicht in die Welt gesetzt, um sie vier Tage die Woche bis 16/16.30 Uhr fremdbetreuen zu lassen, zumal "unsere" OGS eher eine Kinderaufbewahrung als professionelle Betreuung ist. Ihre Hobbs könnten sie dann an den Nagel hängen. Mein Mann verdient außerdem deutlich mehr als ich - auch mit voller Stelle. Daher reduziere ich und nicht er. Auch mit voller Stelle komme ich auf nichtmal 2000 Euro netto.
    Volle Stelle würde für mich heißen drei Tage die Woche Nachmittagsunterricht plus alle zwei Wochen nachmittags Konferenz. Das werde ich meinen Kindern definitiv nicht antun. Aber viel mehr als "Dienst nach Vorschrift" werde ich für diesen Lohn nicht mehr machen. Es ist auf Dauer ganz schön frustrierend zu sehen, dass Kollegen für exakt die gleiche Arbeit deutlich mehr Geld mit nach Hause bringen. Da gibt es auch nichts schönzureden.



    dasHiggs: Das ist mir schon klar, aber 3/5 bringt uns monatlich erstmal mehr als 4/4 weil der Gehaltsunterschied zu groß ist und die laufenden Kosten ja monatlich bedient werden müssen...

  • Dass die Schulleiter in Grund- und Mittelschule vergleichsweise schlecht wegkommen, stimmt. Ich hab hier jetzt trotzdem den A14er Job als Vergleich genommen, weil Juristen und Ingenieure als Vergleichsmaßstab genommen wurden. Und die haben gemeinhin ein Studium hinter sich, das mit einem Masterstudium vergleichbar ist. Und ein Grundschullehrer hat in Bayern halt immer noch ein Studium vor oder hinter sich, das nur 6 Semester dauert. Also wäre das Gehalt mit BA-Abschlüssen zu vergleichen. Und da kommt der verbeamtete Grundschullehrer halt immer noch nicht schlecht weg. Die BA-Leute gehen gerade zu Beginn nun im Schnitt oft mit deutlich weniger Geld nach Hause. Und die große Karriere machst du als BAler jetzt auch eher nicht.
    Und bevor hier jetzt Empörung los geht: Ich bin für A13 für alle, dann aber auch mit 10 Semester vertieftem Studium für alle.

  • aktueller Stand in Bayern:
    Regelstudienzeit Lehrämter Grundschule, Mittelschule und Realschule in Bayern: 7 Semester
    Regelstudienzeit Lehramt Sonderpädagogik und Gymnasium: 9 Semester


    Bei allen Lehrämtern gibt es noch Erweiterungen.
    Das Referendariat dauert in allen Lehrämtern 2 Jahre.


    Im Augenblick beträgt der Unterschied zwischen dem Gymnasium ( Sonderpädagogik ) und den anderen Lehrämtern 1 Jahr.
    Rechtfertigt das, dass die
    Grund- und Mittelschullehrer schwerpunktmäßig A 12 oder A12+Z in Ausnahmefällen A 13
    Realschullehrer und Sonderpädagogen A 13
    Gymnasiallehrer A13 und dann schnell A 14 oder gar A 15 verdienen?


    Ich bin auch für dieselbe Länge des Studiums - man könnte bei den Grundschullehrern ruhig etwas draufsatteln, wenn ich sehe mit wie wenig Ahnung diese kommen, wenn es um alltägliche Sachen wie Umgang mit Heterogenität, Umgang mit Eltern, psychologische Einschätzungen geht.



    Und hier noch die Rektoren:
    kleine Grund- und Mittelschulen: A 13 + AZ
    größere Grund- und Mittelschulen: A 14


    Die Konrektoren sind jeweils eine Gehaltsstufe drunter.

  • ein sehr guter (!) geisteswissenschaftler kann nichts und wirklich fast alles, was mit strukurieren, denken, analysieren, planen, komunizieren zu tun hat ("schlüsselqualifikationen"). und das ist verdammt viel, fast alles.

    Komisch, ich erlebe bei uns an der Schule die Kollegen am strukturiertesten, am plavollsten und mit klarster Kommunikation, die vor ihrem Lehrerdasein als Ingenieure tätig waren.
    Diesen Unterschied merkt man bei uns sehr deutlich gegenüber grundständig studierten Lehrern.


    Zum Einkommen:
    Ich habe habe Anfang der Jahrtausends mehr Netto gehabt (Steuerklasse 1), als ich jetzt nach 10 Jahren Schuldienst habe (A13, Steuerklasse 1)

    Planung ersetzt Zufall durch Irrtum. :P

    8) Politische Korrektheit ist das scheindemokratische Deckmäntelchen um Selbstzensur und vorauseilenden Gehorsam. :whistling:

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