Ich hätte gerne mal euren Rat in einer Angelegenheit, weil ich mich in einem Dilemma befinde.
Ein schwerhöriger Schüler von mir in der Beratung wechselt von der 10. Klasse seines Gymnasiums in die 11. Klasse des benachbarten Berufsgymnasiums. Den Kontakt zur neuen SL habe ich schon lange hergestellt. Die wünschen sich die Beratung so früh wie möglich und so hatte ich mit ihnen abgemacht, dass an deren Konferenztag in der letzten Ferienwoche eine Klassenkonferenz stattfindet, wo ich sie aufkläre. Da der Konferenztag meiner eigenen Schule nur einen Tag später ist, fand ich das voll in Ordnung. Ich kann das mit etwas anderem Dienstlichen vor Ort direkt im Anschluss verbinden. Das wäre mir persönlich lieber als in der Schulzeit einen Termin zu finden und dann vermutlich nach einem Unterrichtstag die Stunde dorthin zu fahren und dann noch die Konferenz zu halten.
Nun kam alles anders und ich gebe diese ganzen Fälle ab und ein Kollege von mir übernimmt diese. Er ist nicht irgendein Kollege, sondern (mein) ehemaliger Stufenleiter. Er hat schon immer keinen Handschlag mehr als nötig gemacht: die meisten Aufgaben der Stufe delegierte er und sein Unterricht ist nicht besonders ertragreich bis mittlere Katastrophe, so dass man da immer ein "nettes" Erbe antritt. Er sieht das ja überhaupt nicht so und zuckert das mit zu guten Noten - das übliche eben! Entsprechend ist sein Ruf im Kollegium, vor allem seitdem er letztes Jahr die Stufenleitung von jetzt auf gleich hingeschmissen hat und sich da voll daneben benommen hat. Ich kann aber auf persönlicher Ebene recht gut mit ihm. Er ist neu in der Beratung und soll von einer Kollegin eingearbeitet werden, die wegen ihrer Schwangerschaft ab Dezember ausscheidet. Ich habe beide angesprochen, ob sie da mitwollen, um die Lehrer vor Ort kennenzulernen (müssen sie ja eh) und danach noch kurz bei dem Jungen und der Mutter vorbeizufahren, um eben da noch kurz eine Rückmeldung zu geben. Das wäre eine super Gelegenheit, sich kennenzulernen, was man sonst auch irgendwann in der Schulzeit bewerkstelligen müsste. Meine Kollegin ist da noch im Urlaub und kann nicht. Mein Kollege trug es sich in den Kalender ein. Er fand das eigentlich nicht schlecht, weil er so ja nett reinkommt und dann in der Schulzeit einmal weniger rausfahren müsse. Er hat da bisher auch nichts anderes liegen.
Heute habe ich ihm noch gesagt, dass das mit der kleinen Stippvisite nach der Konferenz bei dem Jungen samt Mutter klappt und wollte eigentlich von ihm hören, dass er an dem Tag mitkommt. Er meinte, es seien ja Ferien, er wisse das noch nicht so genau. Ich wies darauf hin, es sei unterrichtsfreie Zeit und nur einen Tag vor unserer eigenen Konferenz, was eigentlich nicht meine Art ist. Er sagte mir, dass das ja so grundsätzlich zum Reinkommen und Kennenlernen eine nette Sache wäre, aber er würde mir dann eine Woche vorher Bescheid geben, ob er mitkäme. Da ich ihn kenne, weiß ich genau, was das heißt: ist da irgendwas Privates, was er deutlich netter findet, wird er nicht kommen. Da ich weiß, dass er sich mit so etwas wie Fahrtkostenabrechnung schwertut und es ein ziemliches Dickicht beim ersten mal ist, hatte ich ihm vorher auch angeboten, ihm das einmal zu zeigen.
Ich finde das insgesamt einfach unglaublich frech und undankbar. Es ist ja eigentlich nicht mehr meine Baustelle und eine bessere Brücke kann ich ihm auch nicht bauen. Aus dem Impuls heraus würde ich am liebsten diese Termine einfach absagen und zu ihm sagen "Sieh selbst zu!" oder ihn bei der SL verpetzen, die ihn natürlich zu diesem Termin verpflichten könnte, weil es eben nur unterrichtsfreie Zeit ist. Eine Absage fände ich für alle Beteiligten vor Ort echt blöd, denn die möchten ja eigentlich und können überhaupt nichts dafür.
Es ist nicht das erste mal, dass ich so etwas mit ihm erlebe und bin da mittlerweile menschlich echt enttäuscht. Ich habe ein wenig Bedenken, dass ich da zu emotional reagiere. Deshalb würde ich gerne wissen, wie ihr da reagieren würdet.