Ist Völkerball Mobbing?

  • Erstaunlich auch immer wieder, wenn man mal Seilspringt oder einen Stufenbarren aufbaut. Dann sind die Jungs, die so toll im Fußball sind und denken, sie hätten deshalb mindestens eine 1in Sport verdient, plötzlich etwas ruhiger... Und die Mädchen sehr gelenkig...auch wenn es sich nach Klischee anhört. In der GS kann man es gut beobachten. Daher mische ich gerne durch bei den Sportarten. Völkerball ist eine Sportart, die beide Geschlechter ungefähr gleich gut können und bei der man den Teamgeist gut schulen kann. Würde nicht gerne darauf verzichten.

  • Ich finde gerade bei diesem Spiel, wo die Emotionen so angesprochen werden kann soziales Lernen effektiv stattfinden. Man sollte den Sportlehrern schon zutrauen, dass sie diese Prozesse in die richtige Richtung lenken können.

  • Viele Dinge im Sportunterricht sind fragwürdig. Super immer das Wählen der Mannschaften. Zuerst werden die besten und beliebtesten Schüler gewählt und die schlechten unbeliebten am Schluss. Daran denke ich immer noch mit Schrecken.

    Ich bestimme auch oft selbst die Mannschaften oder zähle durch (1, 2, 1, 2, ...).
    Wenn dann ganz Schlaue meinen, dass sie sich so in die Reihe stellen, dass sie und ihre Kumpels z. B. alle 2er sind, dann zähl ich spontan auch mal bis 3 und teile dann die 3er nochmal in 1, 2.
    Ich lasse auch mal Mannschaften wählen. Dabei fällt mir oft auf, dass Jungs so wählen, dass sie die besten Gewinnchancen haben und Mädchen nach Sympathie und weniger nach Sportlichkeit entscheiden.

  • Mobbing bedeutet, jemanden


    - über einen längeren Zeitraum
    - mit einem konkreten Ziel
    und
    - einem klaren Macht-/ Kräftegefälle


    zu schikanieren, .....


    Man kann natürlich alles dazu verwenden, aber bei Völkerball würde ich sicher nicht an Mobbing denken. Wenn man als letzter im Feld ist und die gegnerische Mannschaft ist in der Überzahl, dann hat diese natürlich ein klares Ziel: Nicht verlieren! Und wenn man gibt ist als Strohmann, dauert das auch eine Weile.


    Aber Mobbing ist doch wohl was anderes.

  • Ich bin auch dafür, dass Völkerball verboten werden soll.
    Letztens war ich einen Moment unaufmerksam und sofort hat ein Fünftklässler die Situation ausgenutzt und mir den Ball voll ins Gesicht gezimmert.
    Das Ergebnis war eine aufgeschürfte Nase (Brille) und Kopfschmerzen.
    Seitdem fühle ich mich von meinen Fünfern gemobbt.


    Quatsch beiseite, Völkerball ist m.E. wichtig für die motorische und soziale Entwicklung der Schüler und es kann immermal vorkommen, dass man den Ball blöd abbekommt.
    Mein Schüler hatte sich sofort entschuldigt und seitdem machen wir alle Witze darüber. Eine weitere, für die Schüler positive Folge, ich habe die eigentlich weichen Softbälle durch noch weichere Softbälle ersetzt.


    Funfact: In der ehemaligen DDR heißt das Spiel Zwei-Felder-Ball, da Völkerball zu sehr nach Krieg klingt. Gespielt haben wir es mit kleinen Medizin-, Gymnastik- oder Volleybällen. Tja, ich habe es überlebt.

  • Wer sich über diese Studie mokiert, sollte mal daran denken, wie Sportunterricht für die unsportlichen, unbeliebten Schüler ist. Eine riesige Horrorshow voller Demütigungen, an denen man garantiert nicht wächst.

    Aber das trifft doch auf alle Fächer zu.


    Wie ist Deutschunterricht für die sprachlich schwachen (und unbeliebten) Schüler? Wie Mathematikunterricht für die mathematisch schwachen?


    Ich erinnere mich mit Grauen an den Kunstunterricht, den ich als Schüler erhielt, weil ich da schwach war. Das war für mich eine "Horrorshow voller Demütigungen" - sollte man deshalb in der Schule nicht mehr malen?

  • Aber das trifft doch auf alle Fächer zu.
    Wie ist Deutschunterricht für die sprachlich schwachen (und unbeliebten) Schüler? Wie Mathematikunterricht für die mathematisch schwachen?


    Ich erinnere mich mit Grauen an den Kunstunterricht, den ich als Schüler erhielt, weil ich da schwach war. Das war für mich eine "Horrorshow voller Demütigungen" - sollte man deshalb in der Schule nicht mehr malen?

    Nein, aber vielleicht könnte man die Schüler mehr auswählen lassen. In der Oberstufe gab es bei uns damals Kurse, die man sich aussuchte. Das war das erste Mal, dass mir der Sportunterricht Spaß gemacht hat und ich auch kleine Erfolgserlebnisse hatte. Vielleicht könnte man das ja auch schon in der Sek 1 so machen, denn abgesehen von Schwimmen, das zumindest grundlegend jeder können muss, sehe ich keinen Grund bestimmte Sportarten machen zu müssen, die man sowieso später nie wieder ausüben wird.


  • Aber das trifft doch auf alle Fächer zu.
    Wie ist Deutschunterricht für die sprachlich schwachen (und unbeliebten) Schüler? Wie Mathematikunterricht für die mathematisch schwachen?


    Ich erinnere mich mit Grauen an den Kunstunterricht, den ich als Schüler erhielt, weil ich da schwach war. Das war für mich eine "Horrorshow voller Demütigungen" - sollte man deshalb in der Schule nicht mehr malen?


    Der Vergleich passt nicht wirklich.


    Ich würde eher sagen, dass in keinem anderen Fach der Fokus auf Gruppeninteraktion so hoch wie im Sportunterricht ist. Es geht also nicht um die Tatsache, dass man in bestimmten Fächern unbegabt ist. Klar ist das für den einzelnen unangenehm. Es geht mehr darum, dass wenn ich eh schon unbeliebt und schlecht in Sport bin, ich mich im Gruppensport durch mein Unvermögen zusätzlich angreifbar mache. Wenn ich schlecht in Kunst bin, dann habe ich selten zusätzlich eine Gruppe, die auf mir rumhacken kann. Wenn ich aber im Sportunterricht bin, kann ich mir ziemlich sicher ne Packung Schikane abholen, wenn ich sowieso unbeliebt bin und das Team dann auch noch verliert. Außerdem ist Unvermögen in Sport sofort sichtbar. Eine Übung verhauen, beim Laufen erschöpft und an den Rand gesetzt, Ball in die Fresse bekommen - alles für jeden sichtlich erkennbare „Misserfolge“, die für assige SuS aber sofort eine Gelegenheit für Schikane bieten. Wen interessiert es denn von denen, wenn man sein Kunstbild nicht hinbekommt oder sich in Mathe verrechnet? Keinen.

  • Ich würde eher sagen, dass in keinem anderen Fach der Fokus auf Gruppeninteraktion so hoch wie im Sportunterricht ist.

    Haha! Hahaha! Ha! *Grunz* :wacko: Entschuldige, ich erinnere mich gerade an den Sportunterricht, den ich erhalten habe. Einmal üben, dann "abnehmen" zum Benoten. Wider alle Trainingslehre. Und einen Meniskusanriss habe ich der Nulpe von Gymnastik- und Handarbeitslehrerin zu verdanken. Und dann dieser pseudo-militärische Drill und das Geräteturnen...


    Sportunterricht traditionellen Stils ist, wenn Schüler auf das Niveau von Affen gebracht weden, die Kunststückchen vorführen sollen.

  • Nein, aber vielleicht könnte man die Schüler mehr auswählen lassen. In der Oberstufe gab es bei uns damals Kurse, die man sich aussuchte. Das war das erste Mal, dass mir der Sportunterricht Spaß gemacht hat und ich auch kleine Erfolgserlebnisse hatte. Vielleicht könnte man das ja auch schon in der Sek 1 so machen, denn abgesehen von Schwimmen, das zumindest grundlegend jeder können muss, sehe ich keinen Grund bestimmte Sportarten machen zu müssen, die man sowieso später nie wieder ausüben wird.

    Ich verstehe die Argumente und kann sie nachvollziehen, aber müssen Kinder denn nicht auch lernen, mit dem gefühl Demütigung umzugehen? Wenn man alle kinder immer jn Watte packt, so dass sie sich nie mal in irgendeinem Bereich als schlechter als andere fühlen, ziehen wir doch eine Generation von überempfindlichen egomanen heran. Überspitzt formuliert. Es gehört zum Leben dazu, dass man mal schlechter ist als andere. Es gehört auch dazu, dass man nicht bei allen gleichermaßen beliebt ist. Unf auch, dass Mitmenschen sich manchmal echt daneben benehmen. Das leben ist kein Ponyhof, sage ich meinen sus immer wieder. Das leben ist zuweilen unfair und auch manchmal grausam. Davon kann man Kinder nicht bewahren, indem man alle "bösen ausgrenzungserfahrungen" in der schule eliminiert, damit sich bloß keiner mal ärgert. Natürlich muss man als pädaogoge da sinnvolle Grenzen stecken. Aber man sollte seine sus auch nicht übermäßig in Watte packen. Schule soll doch -wie auch immer geartet- die Gesellschaft repräsentieren, in der wir leben. Und weil wir alle Menschen sind weiß ich, dass es eine "wir haben uns alle lieb und alles ist gerecht"-Ponyhofgesellschaft niemals geben wird. Nicht solange es Menschen gibt. Und darauf sollten wir unsere Schüler vorbereiten. Nicht alles Übel von ihnen fernhalten, sondern ihnen beizubringen, ihren Wert unabhängig der Umstände zu kennen. Kevin ist schlecht in Mathe? Nicht schlimm, Kevin ist ein toller Kerl. Lisa wird beim Sport als letzte in die Gruppe gewählt? Lisa ist ein tolles Mädchen, Sport ist halt nicht so ihr Ding. Manchmal ist man halt in etwas schlecht oder auch unbeliebt, das bringt das Leben so mit sich. Und die sus nur Sachen auswählen zu lassen, die sie gut können, fördert auch nicht gerade deren Kompetenz mit Niederlagen umzugehen. Scheitern will auch gelernt sein und das fehlt heute vielen Kindern, so meine Beobachtung. "Du kannst alles machen/werden, du musst es nur wollen" ist da auch so eine Phrase, die ich schwierig finde. Man kann vieles erreichen wenn man es will aber nicht jeder kann grundsätzlich alles schaffen, dafür gibt es zu viele bestimmungsfaktoren die Einfluss nehmen. Vielmehr sollten Kinder doch lernen, dass es okay ist, persönliche Grenzen zu haben und dass sie als Person nicht schlechter sind, nur weil andere irgendwas besser können.

    • Offizieller Beitrag

    Wenn ich spiele um zu gewinnen, versuche ich, aus meinen mir zur Verfügung stehenden Möglichkeiten und Optionen das Beste zu machen.
    Das kann dann auch bedeuten, dass ich einen Mitschüler, der aus welchen Gründen auch immer besonders langsam ist, zuerst "abwerfe".


    Dahinter steckt in der Regel jedoch keine gezielte Mobbingabsicht.


    Und wie einige andere User hier sehr anschaulich dargelegt haben, bedingt nicht dieses Spiel an sich Mobbing, sondern Mobbing wäre allenfalls eine Folge der fachspezifischen Bedingungen, die im Fach Sport zum Tragen kommen.

    Gruß
    #TheRealBolzbold

    Ceterum censeo factionem AfD non esse eligendam.

  • Wieso das denn? Ich denke, Mobbing kann auch sehr direkt sein und offen statt finden, oder etwa nicht?

    Ich hab nur blöd geschwafelt, weil mir nicht klar war, dass der Thread ernstgemeint ist.


    Wir haben das Spiel früher nachmittags freiwillig gespielt, bis zum Abwinken. Mir war nicht bewusst, dass man daraus ein Problem zimmern könnte.



    ... Gespielt haben wir es mit kleinen Medizin-, Gymnastik- oder Volleybällen. Tja, ich habe es überlebt.

    Mit Medizinbällen?! :ohh: na dann "Sport frei!"

  • Wenn ich schlecht in Kunst bin, dann habe ich selten zusätzlich eine Gruppe, die auf mir rumhacken kann. Wenn ich aber im Sportunterricht bin, kann ich mir ziemlich sicher ne Packung Schikane abholen, wenn ich sowieso unbeliebt bin und das Team dann auch noch verliert. Außerdem ist Unvermögen in Sport sofort sichtbar.

    Jedes Fach hat so seine Fallstricke. In Kunst hat man als Schüler auch einen Blick auf andere Bilder geworfen und wusste, wer ein schönes hat und bei wem es - sagen wir mal - speziell aussah. In Englisch kann man irgendeinen Quark sprechen oder einen fürchterlichen Akzent haben, man kann in vielen Fächern ein schreckliches Referat halten etc. Die Möglichkeiten sind mannigfaltig, ein kleines oder größeres Misserfolgserlebnis zu haben.
    Die meisten Fächer sind recht kopfbetont und dann gibt es das eine Fach, was das nicht so ist, wo eben auch mal andere Qualitäten zählen. Ist für manche Schüler auch mal entspannend.


    Was an Völkerball soo schlimm sein soll, weiß ich nicht. Wir haben es ganz viel auch noch in der Pause gespielt. Wenn man ein recht frühes Ziel zum Abwerfen war, musste man sich eben auch etwas einfallen lassen, wie man das verändert. Misserfolg ist ja nicht nur ein schlechtes Gefühl, sondern auch ein Antrieb, etwas zu verändern, sich zu verbessern.

  • ich habe Völkerball immer gehasst, denn ich war immer die, die zuletzt gewählt wurde und die zuerst den Ball in der Fresse hatte. Mein Selbstbild war auch dadurch lange geprägt davon, dass ich furchtbar unsportlich bin. Erst viel später habe ich erkannt, dass das nicht stimmt. Ich bin in vielen Sportarten gut, leider immer Sportarten, die im Schulsport nicht dran sind.


    Ich glaube allerdings, dass es nicht unbedingt am Völkerball liegt, sondern an der Lehrerin. Die hat das Mobbing nämlich nicht unterbunden und mich auch nicht ermutigt, wie manche es in vorausgegangenen Beiträgen beschreiben. In meiner Erinnerung hat sie sich sogar mit Lustig gemacht. Das Problem ist also nicht Völkerball, sondern die Unfähigkeit der Lehrkraft. Zumal wir andauernd Völkerball gespielt haben und andere Chancen, bei denen ich besser sein könnte einfach nicht vorkamen. Also wieder miese Lehrkraft, nicht mieses Völkerball.


    Es ist vielleicht wichtig sowas mal bei Sportlehrern zu thematisieren, damit sie sich bewusst für Sportarten entscheiden. Insofern finde ich die Diskussion schon sehr wichtig. Trotzdem liegt es nicht am Spiel, sondern am Lehrer.

    Sei konsequent, dabei kein Arsch und bleib authentisch. (DpB):aufgepasst:

  • Jedes Fach hat so seine Fallstricke. In Kunst hat man als Schüler auch einen Blick auf andere Bilder geworfen und wusste, wer ein schönes hat und bei wem es - sagen wir mal - speziell aussah. In Englisch kann man irgendeinen Quark sprechen oder einen fürchterlichen Akzent haben, man kann in vielen Fächern ein schreckliches Referat halten etc. Die Möglichkeiten sind mannigfaltig, ein kleines oder größeres Misserfolgserlebnis zu haben.
    Die meisten Fächer sind recht kopfbetont und dann gibt es das eine Fach, was das nicht so ist, wo eben auch mal andere Qualitäten zählen. Ist für manche Schüler auch mal entspannend.


    Das Problem liegt meiner Meinung nach an anderer Stelle.
    In meiner Schulzeit, und meinen Beobachtungen nach auch heute noch, war es so, dass es für das Ansehen innerhalb der peer group recht wichtig war, sportlich zu sein - mit entsprechendem Körperbau und entsprechender Beweglichkeit etc. Die heimlichen Alphaschüler waren deshalb meist die Sportlichen, unabhängig von ihren Leistungen in akademischeren Fächern. Die Schüler hingegen, die wenig sportlich sind, aber in anderen Fächern glänzen konnten, wurden häufig als "Streber" abgestempelt. Es ist innerhalb der peer group eben nur selten angesehen, in Mathe gut zu sein, während der gute Fußballer der Chef ist.
    Da spielen viele andere Faktoren mit hinein, die aber alle mit dem Aspket der Sportlichkeit zusammenhängen: Auftreten, Körperbau, Umgang mit anderen etc.
    Im Sportunterricht wird das dann rausgelassen. Der "Sportler" ist jetzt in seinem Element, der "Streber" quasi ausgeliefert.


    Als Schüler war ich auch wenig sportlich, aber in den anderen Fächern gut. Zu meinem Glück hatten wir, sagen wir mal, unsportliche und "verhaltensauffällige" Mitschüler, die eher in den Fokus geraten sind, so dass ich auch in den Sportstunden kein Problem bekommen habe. Mir haben auch Bundesjungendspiele nicht geschadet, obwohl ich nie eine Urkunde bekommen habe. Und, was wahrscheinlich am wichtigsten ist, wir hatten Sportlehrer, die eben darauf geachtet haben, dass auch die Unsportlichen nicht einfach Opfer waren.
    Ich wäre also gegen eine Abschaffung von Bundesjugendspielen oder Völkerball etc., weil ich eben denke, dass es wichtig ist, dass verschiedene Talente zum Zug kommen. Aber Sportleher müssen das halt im Blick haben. Ich glaube aber, davon kann man ebenso ausgehen wie bei anderen Lehrern, die nicht mehr dem fiesen Paukerklischees entsprechen.

  • Ach seufz. Ich erinnere mich noch, wie ich auf das Gymnasium gekommen bin und nach einigen Monaten meinen Sportlehrer fragte, wann wir denn mal wieder Völkerball spielen würden. Da belehrte er mich, dass ich nun auf dem Gymnasium wäre und man dort kein Völkerball mehr spielen würde.
    Das war traurig für mich.


    Sarek

Werbung