Deutschland verdummt, Schüler auf dem Niveau von Kleinkindern

  • Ich weiß nicht, wie lange Du schon Lehrer bist, aber unsere jungen Referendare kommen tatsächlich hier an und wollen ganz stark dieses autonome Lernen umsetzen. Und das nicht erst in diesem Jahr. Selbständigkeit ist natürlich gut - aber wenn man zu viel zu früh verlangt, überfordert man ...
    Unsere neuen Englischbücher sind ganz stark auf Übungen wie "Talk to your partner" ausgelegt ... das hat natürlich seinen Platz, aber in dem Umfang, in dem es in den neuen Büchern zu sehen ist, sehe ich Probleme (wenn 14 Schülerpärchen miteinander reden - wer verbessert das alles? Der Partner? Da schleifen sich ja noch eher die Fehler ein, die der Gegenüber macht). Und diese Entwicklung hat schon vor Jahren begonnen.


    Aussage einer Seminarlehrkraft: Ich weiß, dass es bessere Arten als XY gibt, den SchülerInnen dieses Thema beizubringen, aber meine Refis sollen XY lernen ... (natürlich zeigt die Seminarlehrkraft Alternativen, aber dennoch).


    Ich bin seit über 20 Jahren Lehrer und habe definitiv eine lange Zeit erlebt, die viele LehrerInnen dann wohl auch geprägt hat, in der lehrerzentrierter Unterricht totales "no go" war (auch als relativ kurze Phase in der Stunde). Wenn man ihn trotzdem anwendete, hatte man ein schlechtes Gewissen, weil man ja veraltete Methoden benutzte, von denen die moderne Wissenschaft abriet. Und natürlich wollte man sich vom Chef wegen der Beurteilung ja nicht bei so einer Unterrichtsform erwischen lassen.

  • ....was soll ich da mit dir diskutieren.


    Charmant...


    Aber ich beantworte die Frage totzdem: wenn ein Autor ein Buch schreibt, das von vorneherein auf völlig falschen Vorstellungen beruht (und diese Vorstellungen kenne ich aus erwähntem Interview und dem eingangs verlinktem Artikel), dann brauche ich dieses Buch nicht zu lesen, um sagen zu können, dass die Schlußfolgerungen daraus ,zumindest in Bezug auf die Realität an Grundschulen, nicht stimmen können (die hier auch irgendwo verlinkte Buchkritik bestätigt mir das im Übrigen).


    Ansonsten brauchen wir aber darüber in der Tat nicht weiter diskutieren, weil ich in diesem Thread eigentlich schon alles gschrieben haben, was ich dazu zu sagen habe (und etliche andere auch).

    "Die Wahrheit ist ein Zitronenbaiser!" Freitag O'Leary

  • Selbständigkeit ist natürlich gut - aber wenn man zu viel zu früh verlangt, überfordert man ...

    Da stimme ich dir ja durchaus zu. Selbständigkeit muss gelernt werden und darf nicht mit Alleinlassen verwechselt werden (als Ziel finde ich es aber in der Tat wichtig!). Und dass man frisch aus der Ausbildung kommend unter Umständen noch ander Vorstellungen hat, ist sicherlich auch so (war auch zu meiner Zeit schon so). Und solange man im Ref ist, hat man tatsächlich nicht viel Spielraum. Aber findet an deiner Schule denn tatsächlich im Regelfall autonomer Unterricht statt? In dem Ausmaß, wie Winterhoff das in dem Interview schildert? Wieviele Schulen kennst du, an denen das wirklich so ist? Ich kenne keine.

    "Die Wahrheit ist ein Zitronenbaiser!" Freitag O'Leary

  • Charmant...


    Aber ich beantworte die Frage totzdem: wenn ein Autor ein Buch schreibt, das von vorneherein auf völlig falschen Vorstellungen beruht (und diese Vorstellungen kenne ich aus erwähntem Interview und dem eingangs verlinktem Artikel), dann brauche ich dieses Buch nicht zu lesen, um sagen zu können, dass die Schlußfolgerungen daraus ,zumindest in Bezug auf die Realität an Grundschulen, nicht stimmen können (die hier auch irgendwo verlinkte Buchkritik bestätigt mir das im Übrigen).


    Ansonsten brauchen wir aber darüber in der Tat nicht weiter diskutieren, weil ich in diesem Thread eigentlich schon alles gschrieben haben, was ich dazu zu sagen habe (und etliche andere auch).


    Hallo icke,


    ich muss MarlenH aber beipflichten, dass die Interviews/Artikel die Lektüre des Buches nicht ersetzen. Ich hätte das Buch nicht selbst gekauft/besorgt, bekam es aber geschenkt und musste meinen vorwiegend negativen Ersteindruck teilweise relativieren.


    Es ist leicht zu lesen und gelegentlich sogar unterhaltsam. Aber bitte: Ich möchte keinesfalls Werbung für das Buch machen. ;)


    der Buntflieger

  • Ich weiß nicht, wie lange Du schon Lehrer bist, aber unsere jungen Referendare kommen tatsächlich hier an und wollen ganz stark dieses autonome Lernen umsetzen. Und das nicht erst in diesem Jahr.


    Hallo DeadPoet,


    wer an einer Gemeinschaftsschule sein Referendariat macht, hat in dieser Hinsicht keine Wahlmöglichkeit. Es gibt zwar die sogenannten "Inputs", aber ansonsten ist (Selbst)Organisation und Wochenplan angesagt. Da würde manch ein Verwaltungsangestellter laut aufstöhnen angesichts der Papierberge, die sich da auftun.


    Die Resultate sind überschaubar bis ernüchternd, aber der Idealismus derjenigen, die das praktizieren, ist ungebrochen.


    der Buntflieger

  • Da muss ich Buntflieger zustimmen: In BW gilt für die Gemeinschaftsschulen ein eingenständiges, vom KuMi verpflichtend gesetzte Methodencurriculum (das schulintern dann natürlich noch geschärft werden kann und muss), das äußerst zielscharf an den Bedürfnissen der Hauptklientel- G-Niveau-Schülern (= HS/WRS)- vorbeigeht. Wer dort tätig ist, muss also freie Unterrichtsoformen umsetzen, auch wenn die eigene Klasse davon ggf.völlig überfordert ist (wie mir viele Mitanwärter, die an GMS tätig sind immer wieder schildern, die verzweifelt Wege suchen, dennoch ihren SuS lerneffizienten, halbwegs bedürfnisgerechten Unterricht zu bieten. Wenig überraschend kenne ich in meinem Kurs absolut niemanden, der/die an einer GMS ausgebildet wird und auch tatsächlich freiwillig nach dem Ref wieder dorthin will, lediglich schlechtere Schnitte haben die Anwärter bewogen sich auch dort zu bewerben, um sicher eine Stelle ab Herbst zu haben.)

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • @CDL
    Das bestätigt wieder meine Beobachtung, dass leistungsstarke Schüler gut mit selbstorganisiertem Lernen klarkommen und die schwächeren eben nicht, weil sie viel mehr gezielte Anleitung, Wiederholung und Festigung benötigen. Bei dem Druck, den viele Schüler haben, helfen sie dann doch oft nicht den langsameren, weil sie ja selbst vorankommen müssen.

  • @Frapper : In dem Fall passen dann eben Bildungsstudien (die völlig unmissverständlich zeigen, dass freie/offene Unterrichtsformen umso lerneffizienter sind, je leistungsstärker SuS sind und leistungsschwächere SuS vor allem von stark angeleiteten Unterrichtsformen profitieren) und in dem Fall deine Berufserfahrung zusammen. Natürlich müssen alle unsere SuS lernen möglichst selbstbestimmt zu arbeiten, um in ihrem im künftigen Leben tatsächlich auch eigenverantwortliche, mündige Entscheidungen treffen zu können. Insofern müssen wir alle unsere SuS an offenere, freiere Unterrichtsformen heranführen. Im Idealfall aber dann eben nicht ideologisch verbrämt, sondern tatsächlich so, wie es dem Lernfortschritt unserer SuS gerecht wird.
    Die Gemeinschaftsschulen hier in BW halte ich deshalb - von den wenigen Ausnahmen, die tatsächlich die Klientel für eine gymnasiale Oberstufe haben und diese deshalb an zwei (sic!) GMS genehmigt bekommen haben- methodisch für völlig verfehlt. Nicht, weil die Methoden an sich falsch wären, aber weil eben diese Art, Methodik vor pädagogische und didaktische Überlegungen zu stellen wie diese Schulform es vorgibt faktisch ad absurdum führt, was man schon den kleinen Praktikanten in ihrem ersten Schulpraktikum beibringt: Den Unterricht von den Zielen und Kompetenzen her zu planen, nicht ausgehend von einem Material oder einer Methode. Ich empfinde es als unverantwortlich, wie da mit der Zukunft und den Bildungsbiographien von SuS umgegangen wird, die als Hauptschüler überproportional häufig sowieso schon marginalisierten Gruppen entstammen. Ich weiß von einem Großteil der Lehrbeauftragten an meinem Ausbildungsseminar, dass diese das ähnlich sehen, auch wenn sie es uns in den Kursen nur indirekt (--> Fachliteratur über die Korrelation offenen/geschlossenen Unterrichtsformen und das Leistungsvermögen von SuS lesen lassen) vermitteln konnten und sich zu direkten Fragen mit Verweis auf entsprechende Vorgaben nicht äußern durften (aber sehr heftig genickt haben an entsprechenden Stellen unserer Anwärterdiskusssion, der sie dann nur "beiwohnten").

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

    Einmal editiert, zuletzt von CDL ()

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