Unsere SuS wählen das Schwerpunktfach auch schon mit 15 - 16 Jahren. Wir haben bei 8 Klassen pro Jahrgang immer etwa 2 1/2 W-Klassen. Wieso sollte das Interesse unserer Jugendlichen so viel anders sein als in Deutschland? Meine B-Zweitklässler fanden das Jahr Grundlagenfach Wirtschaft mehrheitlich auch spannend.
Was haltet ihr von den Plänen NRWs Wirtschaftsunterricht zu stärken ?
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Ich gebe zu: Ich habe die letzten Beiträge nur überflogen...es sind mir dann doch etwas zu viele, um sie (jetzt) alle zu lesen.
Als Lehrer an einem Gymnasium bin ich froh, dass dort nicht das Fach Wirtschaft eingeführt wird.
Die einseitige Stärkung der ökonomischen Bildung und die neue Symbolik im Namen des Faches finde ich gefährlich.
Man bekommt oft den Eindruck, dass der Schulministerin gerade am Beginn ihrer Amtszeit nicht klar war, dass das Fach ohnehin schon "Politik/Wirtschaft" heißt (bzw. bald: hieß).
Ich empfinde gerade die Interdisziplinarität des Faches Politik/Wirtschaft bzw. Sozialwissenschaften als großen Gewinn. Ein Urteil sollte verschiedene Perspektiven abdecken. Gerade in den letzten Jahren/Jahrzehnten hat sich ja durchaus eine "neoliberale Hegemonie" ausgewickelt, bei der sich alles nur noch irgendwie wirtschaftlich lohnen muss, damit man es politisch umsetzen kann. Mein Standardbeispiel ist die Agenda 2010. Wenn ich die beurteilen will, muss ich doch sowohl die wirtschaftlichen als auch die politischen und sozialen/soziologischen Aspekte berücksichtigen.
Und wenn ich mir z.B. die Mitte-Studien oder die Wahlergebnisse der jüngeren Vergangenheit anschaue, kann ich beim besten Willen nicht behaupten, dass ich es für legitim hielte, (weiter) an der politischen Bildung zu sparen.Also mich hindern zwei getrennte Unterrichtsfächer namens "WBS" und "GK" keineswegs daran im Wirtschaftsunterricht immer auch den Blick auf relevante politische Entwicklungen zu werfen, die mit dem jeweiligen Wirtschaft- oder Politikthema zsammenhängen. Nennt sich "fächerverbindender/fächerübergreifender Unterricht" (=Teil unsere Bildungsplans in BaWü) nicht "neoliberale Hegemonie" die zumindest in BaWü nicht so simpel unseren Bildungsplan in Wirtschaft umschreiben könnte (der Beutelsbacher Konsens gilt schließlich auch im Wirtschaftsunterricht). Getrennte Fächer bedeuten aber, dass man Lehrkräfte einsetzen kann, die tatsächlich studiert haben, was sie vermitteln sollen. Nicht jedes Wirtschaftsthema lässt sich allein auf Basis eines politikwissenschaftlichen Studiums fachlich sauber entwickeln. Ich erwähnte bereits, dass ich an meiner Schule die Einzige bin, die WL studiert hat. Im Ergebnis berate ich regelmäßig meine Kollegen- sämtlich hervorragende Lehrer mit jahrelanger Erfahrung im GK-Unterricht- wie man bestimmte Fachkonzepte reduziert und erarbeitet, verteile von mir entwickelte Arbeitsblätter zu Aspekten, die das Buch nicht verständlich (oder nicht kontrovers genug) darstellt.
@FreMe : Was genau bringt dich auf die Idee, dass ökonomische Bildung einseitig gestärkt würde oder deshalb an der politischen Bildung gespart werden würde? Was verstehst du unter "neuen Symbolik im Namen des Faches" und inwieweit soll diese gefährlich sein?
Mündigkeit ist der zentrale gemeinsame Nenner im Wirtschafts-, wie im Politikunterricht. Ökonomische Mündigkeit erzielt man auf vielen ähnlichen Wegen, wie die politische Mündigkeit, es beschreibt aber eben nicht dasselbe, sondern zwei Teilaspekte von Mündigkeit die am Ende ineinander greifen.
Das neue Fach WBS hat bei uns in BaWü zum ersten Mal GK- und Wirtschaftsunterricht bereits ab Klassenstufe 7 gebracht (damit also die Chance ein Schuljahr früher als bislang politische und ökonomische Bildung zu betreiben- ein echter Gewinn!). Zusätzlich sind die Bildungspläne der beiden getrennten Fächer deutlich geschärft worden, was der Fachlichkeit zugute kommt, aber eben auch mehr Möglichkeiten zu sinnvollen Verknüpfungen- anstelle von "Zwangsehen"- in Form von fächerübergreifendem Unterricht ermöglicht. In Wirtschaft arbeite ich beispielsweise in Klasse 7 zur Geschäftsfähigkeit und erarbeite grundständig, was man unter einem Kaufvertrag versteht (nein, das gehört nicht erst in die Berufsschulen, die gar nicht alle SuS besuchen. Das ist grundständiges rechtliches und ökonomisches Wissen, um als Konsument wenigstens halbwegs eine Ahnung zu haben, was man eigentlich macht, welche Rechte man ab welchem Alter hat etc.). Ich hänge das sehr gerne am Thema der Ingame-Währungen auf, weil so viele Jugendliche online zocken und auch Geld einsetzen, ohne zu wissen, wo Anbieter rechtliche Grenzen überschreiten (Stichwort "Loot-Boxes"). In GK arbeite ich etwa im selben Zeitfenster zu Jugendlichen in der Medienwelt und setze mich mit der jeweiligen Klasse dann z.B.damit auseinander welche Games sie spielen, diskutiere den Sinn von Altersfreigaben, werfe mit ihnen einen kritischen Blick auf Gaming in all seinen Facetten (unser Schulbuch beschränkt sich dabei auf eine Veurteilung, spricht lediglich von "Killergames", was weder dem Thema gerecht wird, noch der Lebensrealität von Jugendlichen entspricht). Am Ende schaffe ich in beiden Fächern konstante thematische Überschneidungen, wobei aber eben dennoch eigenständige Fachaspekte beleuchtet werden. Das machen übrigens alle Kollegen an der Schule so, nachdem fast durchgängig GK und WBS jeweils vom selben Lehrer unterrichtet werden.Ganz gleich, welche politischen Prozesse so ein Fach hervorbringen: Bildungspläne werden am Ende nicht nur nach der Nase einer Partei entwickelt und vor allem am Ende nicht derart einseitig umgesetzt.
Betriebspraktika fordern meines Wissens nur die Fachhochschulen. Oder irre ich mich da?
War bei uns im Wirtschaftsstudium für die Sek.I ebenfalls Vorschrift: Wahlweise X Wochen Praktikum in einem ausbildenden Betrieb in verschiedenen Bereichen oder Nachweis einer einschlägigen Berufserfahrung. (Wie lange das Praktikum sein musste weiß ich nicht mehr, da ich die Berufspraxis nachweisen konnte.) Die Mehrheit der Wirtschaftsstudenten konnte das Ganze dabei dank Berufsausbildung/Berufserfahrung ohne Praktikumswochen nachweisen. Es ist also in diesem Bereich auf jeden Fall deutlich üblicher bereits eine berufliche "Vorgeschichte" zu haben, ehe man sich für Wirtschaftslehre als Studienfach entscheidet. Ich finde das auch sehr wichtig. Berufsorientierung ist schließlich ein zentraler Bestandteil des Wirtschaftsunterrichts. Wenn die eigene Arbeitsmarktkenntnis dann über Schule-Uni-Schule und vielleicht mal einen Ferienjob nicht hinausgekommen ist, wird das einfach sehr schnell sehr dürftig, was man Schülern tatsächlich an die Hand geben kann. Das ist einfach kein Bereich, in dem es ausreichend wäre, sich Fachwissen anzulesen und dann zu vermitteln.
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Also mich hindern zwei getrennte Unterrichtsfächer namens "WBS" und "GK" keineswegs daran im Wirtschaftsunterricht immer auch den Blick auf relevante politische Entwicklungen zu werfen, die mit dem jeweiligen Wirtschaft- oder Politikthema zsammenhängen.
Und genau das Politische stört mich daran. Ich wäre wirklich mal für einen reinen Wirtschaftsunterricht, auf das die Schüler auch das Handwerkszeug erlernen, um damit später durchs Leben zu kommen. Leider habe ich bei manchen Kollegen immer Gefühl, daß sie eigentlich Politik pur unterrichten wollen, wohl weil sie das so mal studiert haben, und die wirtschaftlichen Basics hinten runter fallen.
Wirtschaft an der Schule sehe ich ähnlich wie den Verkehrsunterricht an der Grundschule in Theorie und Praxis, der dann am Ende mit dieser "Fahrradprüfung" abschloß. Und ja, damals haben wir auch schon auf dem Schulhof einen Apfel hingelegt und unsere Lehrerin ist mit ihrem Auto langsam drüber gefahren, damit alle sehen, wie der Apfel unter einem Reifen zerquetscht wird. Bremswege wurden auch so grob gepaukt von wegen "Wenn Du da vors Auto rennst, kann der gar nicht mehr bremsen." ... und diese Bremswegen wurden dann auch mit den Fahrrädern praktisch auf dem Schulhof demonstriert. Jeder sollte nur mit dem Hinterrad bremsen, das aber blockierend und wir haben die Bremsspur vermessen. *cool*
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Wirtschaftsunterricht isoliert unterrichten zu wollen, ohne Rückbindung an aktuelle (oder auch vergangene) Wirtschaftspolitik ist fachlich/fachdidaktisch ebensolcher Unfug, wie davon auszugehen, dass mit der Einführung eines Faches "Wirtschaft" der "neoliberalen Hegemonialpolitik" Tür und Tör geöffnet sei. Unsere Wirtschaft entsteht schließlich nicht im luftleeren Raum, sondern als Folge politischer Entscheidungen und gesellschaftlicher Grundwerte die ihren Ausdruck in Gesetzen und weiteren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen finden. Wer seinen Schülern diese Verbindungen vorenthält, ihre Sinne nicht dafür schärft, sie nicht dafür qualifiziert, nicht nur funktional erfolgreich zu "wirtschaften" als Anbieter oder Nachfrager, sondern auch über nationale oder internationale Implikationen ihres Handelns nachzudenken und damit für wertorientiertes Urteilen und Handeln qualifiziert hält diese in einer künstlichen Unmündigkeit die jeder Form gesellschaftswissenschaftlicher Bildung fundamental widerspricht.
Gerade Lehrwerke der Sek.I haben immer wieder eine erschreckende Tendenz dahingehend Sek.I-Schüler vorrangig zu guten, obrigkeitshörigen kleinen Soldaten erziehen zu wollen (dazu gab es erst vor zwei Jahren ein sehr erhellendes Fachbuch über Politik-Lehrbücher im Wochenschau-Verlag, bei Interesse kann ich den Titel mal im Bücherschrank raussuchen), wohingegen Gymnasial-Lehrwerke deutlich stärker auf echte, kritische Mündigkeit abzielen. Vor diesem Hintergrund ist es umso wichtiger, dass wir als Lehrkräfte uns des Hauptziels unseres Unterrichts - Mündigkeit- bewusst sind und diese zu befähigen suchen. Simple Fachlichkeit wiederzukäuen hat mit dem Unterrichtsfach Wirtschaft - zumindest so, wie wir es hier in BaWü verstehen, interpretieren und unterrichten- höchstens am Rande zu tun und wird weder diesem Fach und seinen Zielen, noch unseren Schülern gerecht. -
@CDL als Sozialwissenschaftler habe ich nicht (nur) Politikwissenschaften studiert, sondern im Bachelor einen Studiengang namens "PWG" (= Politik, Wirtschaft und Gesellschaft) und im Master dann eben Sozialwissenschaften, also auch wieder alle drei Teildisziplinen verbunden.
Meine Vermutung basiert auf den Erfahrungen, die ich an verschiedenen Schulen als Praktikant mit dem Fach Wirtschaft gemacht habe, wo gerade dieser fächerübergreifende Unterricht immer zu kurz kam. Ich kann nachvollziehen, wieso das so war - zumindest war die gängige Begründung, dass man dafür keine Zeit mehr habe, es sei ohnehin schwer genug, alle Inhalte zu vermitteln. Ich stehe ja selbst oft genug vor dem Problem, dass am Ende des Schuljahres noch so viel Stoff über ist ;). Ich halte es für einfacher, das in einem Fach zu integrieren.
Wenn ich daran denke, was ich im Germanistik-Studium alles gelernt habe, was ich für die Schule so überhaupt nicht brauche, frage ich mich eben auch, ob z.B. VWL als Studienfach gegeben sein muss, um in der Schule Wirtschaft unterrichten zu können. Das, was wir laut KLP in NRW in Wirtschaft unterrichten müssen, bekomme ich mit meinem interdisziplinären Studium sehr gut hin - die Vorlesungen waren da ja auch keinesfalls auf uns zugeschnitten, sondern man saß dann mit den Politologen bei der PoWi-Vorlesung und mit den VWLern in der VWL-Vorlesung. Die haben natürlich noch deutlich mehr Vorlesungen in dem Bereich besucht, aber das, was dort vermittelt wird, würde für die Schule vermutlich ohnehin zu weit gehen. Und mit z.B. dem Finanzamt habe ich einen guten Kooperationspartner gefunden, der meinen Schülern z.B. zeigt, wie man eigentlich ne Steuererklärung macht - das muss ich gar nicht selbst tun.
Die Erfahrung zeigt hier für mich auch was Veronica Mars schon erwähnte: Für die unteren Jahrgangsstufen sind das z.B. Themen, die die noch so überhaupt nicht interessieren. Mit einer Übergangsquote von der Sek I in die Sek II von fast 100% wissen die auch einfach, dass die Steuererklärung noch verdammt weit weg ist.Ich unterrichte wirtschaftliche Themen immer sehr gerne, es sind aber meist auch die Themen, zu denen die SuS den geringsten Zugang finden. Ich steige ja schon immer mit dem Tauschspiel o.Ä. ein, da haben die wirklich immer Spaß dran und verstehen dann auch, wieso es sowas wie Geld gibt...aber so richtig interessieren die die Funktionen von Geld trotzdem nicht.
Der Vorwurf der neoliberalen Hegemonie halt im Übrigen nicht primär dem Wirtschaftsunterricht, sondern dem politischen Diskurs in unserem Land ganz allgemein. Und ich persönlich frage mich immer, wie z.B. Kommilitionen von mir sehr neoliberale Positionen vertreten können, wenn die ja genauso viel über soziale Ungleichheit wie über Marktprozesse wissen sollten. Also jenseits aller subjektiver Werturteile, die man legitimerweise fällen dürfen muss, wundert es mich schlicht, wenn wirtschaftspolitische Positionen vertreten werden, ohne gleichzeitig soziologisch oder politikwissenschaftlich darüber nachzudenken. Und deswegen finde ich die Interdisziplinarität EINES Faches im Wesentlichen besser als potenzielle fächerübergreifende Projekte, wo man dann immer Gefahr läuft, dass der Politik-Kollege eben nichts von Wirtschaft und die Wirtschafts-Leute nichts von Politik wissen.
Dass die ökonomische Bildung einseitig gestärkt wird, entnehme ich den Vorgaben zur neuen Stundentafel in NRW (ja, ich beziehe mich hier auf NRW^^), in der das explizit so drin steht. Dass aus dem Fach "Politik/Wirtschaft" das Fach "Wirtschaft/Politik" wird, führt in die gleiche Richtung. Das ist zwar nur der Name, aber der steht eben symbolisch für die inhaltliche Schwerpunktsetzung auf die Ökonomie. Und es ist eben so, dass es sowieso schon viele ökonomische Inhalte in diesem Fach gibt (vgl. u.a. https://www.deutschlandfunk.de…ml?dram:article_id=436345).
"Gefährlich" ist die im Grunde aus einem einzigen Grund: Weil dann zu wenig politische Bildung, also auch Demokratieerziehung, stattfindet, auch wenn diese ohnehin nicht ausschließlich Aufgabe unseres Faches sein darf. Das Fach an sich zu stärken, ist eine nette Idee - es fehlen nur die Lehrer! An meiner Schule (knapp 650 SuS) sind wir genau drei Sowi-Kolleg/inn/en. Die Stundenzahl deutlich aufzustocken, um sowohl Ökonomie als auch Politik als auch Soziologie inhaltlich zu stärken, geht einfach gar nicht, weil wir das nicht abdecken könnten. Abgesehen davon würden sich dann ja auch wieder die Geschichtslehrer beschweren - nachdem das zunächst freigestellt war, muss jetzt nämlich z.B. Geschichte mindestens genauso viel unterricht werden wie "Wirtschaft/Politik". Und dann kommen wir an die Grenzen der Stundentafel im Allgemeinen. Und, und, und. Das Fach an sich also insgesamt zu stärken, fällt schwer. Jetzt herzugehen und einseitig die ökonomische Bildung innerhalb des Faches zu stärken, finde ich aus den oben genannten Gründen schwierig.
Ganz einfaches Beispiel: Ich finde es ja nachvollziehbar, auf Selbst-Verantwortung zu pochen. Über die Höhe von Arbeitslosengeld und anderen Sozialleistungen kann man immer gut und gerne diskutieren. Aber wenn wir meine Arzt- und Anwaltskinder dann erzählen, dass doch jeder seines eigenen Glückes Schmied ist, freue ich mich eben auch wieder auf die Unterrichtseinheit zur sozialen Ungleichheit, in der ich z.B. immer auf die Abhängigkeit des Bildungserfolgs von der sozialen Herkunft eingehe und sie dann manchmal damit provoziere, zu behaupten, sie wären doch alle nur am Gymnasium, weil ihre Eltern Ärzte sind. Natürlich ist das polemisch und wirklich nur dazu gedacht, sie zu einer Reaktion herauszufordern, aber leider stimmt das ja in Teilen sogar.
Wenn ich also will, dass die Schüler am Ende ihrer Schulzeit politische Urteile fällen können, müssen sie eben notgedrungen über Kenntnisse in den Bereichen Wirtschaft, Politik und Soziologie verfügen. Und in der Tendenz würde ich alle drei Teilbereiche als gleichrangig ansehen, weshalb ich mich gegen die einseitige Stärkung einer Disziplin zu Lasten der anderen beiden sträube.Kurzum: Ich ziehe ein integratives Fach zwei oder drei Fächern definitiv vor (zwei Fächern sowieso, weil das vermutlich wieder die Aufteilung in "Wirtschaft" und "Politik und Soziologie" nach sich zöge, die ökonomische Bildung also wieder einseitig gestärkt würde). Dieses eine Fach deutlich mehr zu unterrichten, fände ich zwar gut, kann ich mir organisatorisch aber nicht vorstellen (das gleiche gilt übrigens auch für die Einführung eines neuen Fachs "Wirtschaft"). Wenn ich also diese organisatorische Problematik anerkenne, ziehe ich den Schluss, dass wir in unseren Grenzen bleiben müssen (natürlich haben wir durch G9 wieder etwas mehr Stunden, aber das betrifft ja so gut wie jedes Fach). Innerhalb dieser Grenzen die Schwerpunkte zugunsten einer Disziplin zu verschieben, halte ich für falsch - insbesondere, wenn es die Ökonomie betrifft. Ich glaube, wenn wir etwas stärken müssten, dann am ehesten die Soziologie, weil die doch meinem Empfinden nach am ehesten zu kurz kommt.
ABER: Meine Aussagen beziehen sich auf NRW. Das mag in Ba-Wü anders sein, darüber will ich nicht urteilen.
Aber eine Nachfrage stellen: Hat denn JEDER Schüler "WBS" und "GK"? (Ich nehme an, "WBS" ist was mit Wirtschaft und "GK" mit Politik und Soziologie?). Oder besteht auch die Möglichkeit, nur eines der Fächer anzuwählen? Dann wären die fächerübergreifenden Maßnahmen ja schon wieder futsch. -
"Gefährlich" ist die im Grunde aus einem einzigen Grund: Weil dann zu wenig politische Bildung, also auch Demokratieerziehung, stattfindet, auch wenn diese ohnehin nicht ausschließlich Aufgabe unseres Faches sein darf. Das Fach an sich zu stärken, ist eine nette Idee - es fehlen nur die Lehrer!
Unter dem Aspekt der "Demokratieerziehung" wäre ich ganz klar dafür die Fächer Politik und Wirtschaft zu trennen und im Wiwi-Unterricht auch Lehrkräfte mit der entsprechenden Fakulta einzusetzen. In Politik kann dann die Demokratieerziehung stattfinden. Aber mit Wirtschaftswissenschaften speziell im BWL-Bereich hat das alles, was ihr hier so vorbringt, überhaupt nichts zutun.
Zwischen dem Rechnungswesen und politischen Ideen liegt soviel Abstand wie zwischen Mathematik und Gedichtanalysem im Deutsch-Unterricht.
Das hieße natürlich, daß so ein Ansinnen mindestens 10 Jahre Vorlauf benötigt, allein um genug Lehrkräfte mit der Fakulta Wiwi (=60) vorab für die Umstellung an den Universitäten ausbilden zu können.
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Grundsätzlich verwechseln hier einige BWL und VWL miteinander.
In Rechnungswesen kann man höchstens im Rahmen von Wirtschaftskrisen die Förderung des Staates durch z.B. das Wiederaufleben der degressiven Abschreibung in Bezug zum politischen Geschehen setzen.Selbst in VWL müssen Grundlagen verstanden werden bevor ich aktuelle politische Einflussfaktoren berücksichtigen kann.
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Betriebspraktika fordern meines Wissens nur die Fachhochschulen. Oder irre ich mich da?
Selbst fürs Studium Lehramt GHR musste man ein Betriebspraktikum absolvieren, ich glaube, es waren 6 Wochen.
Alternativ konnte man sich allerdings umfangreiche ehrenamtliche Tätigkeiten anerkennen lassen, wobei "umfangreich" mehrjährig bedeutet.Manche Studienordnungen sehen ja immerhin Praktika in Betrieben vor. Leider umgehen viele diese indem sie sich Bescheinigungen vom Onkel o.ä. holen.
Dass manche Menschen Vorgaben umgehen oder untergraben, gibt es aber immer. Wie sollte eine Alternative aussehen?
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Unter dem Aspekt der "Demokratieerziehung" wäre ich ganz klar dafür die Fächer Politik und Wirtschaft zu trennen und im Wiwi-Unterricht auch Lehrkräfte mit der entsprechenden Fakulta einzusetzen. In Politik kann dann die Demokratieerziehung stattfinden. Aber mit Wirtschaftswissenschaften speziell im BWL-Bereich hat das alles, was ihr hier so vorbringt, überhaupt nichts zutun.
Zwischen dem Rechnungswesen und politischen Ideen liegt soviel Abstand wie zwischen Mathematik und Gedichtanalysem im Deutsch-Unterricht.Das hieße natürlich, daß so ein Ansinnen mindestens 10 Jahre Vorlauf benötigt, allein um genug Lehrkräfte mit der Fakulta Wiwi (=60) vorab für die Umstellung an den Universitäten ausbilden zu können.
Der letzte Punkt: Ja! Da stimme ich dir absolut zu.
Ansonsten: Was Yummi sagt. Große Frage, ob das Fach "Wirtschaft" eher VWL- oder BWL-lastig sein soll. BWL können wir als Sowi-Lehrer wohl echt nicht leisten.
So, wie es mir erscheint, soll es aber tendenziell eher in RIchtung VWL gehen, was ich persönlich auch richtig finde (nicht, dass BWL sinnlos wäre, als Diff-Fach wäre das sicherlich ne tolle Ergänzung, aber vor dem Hintergrund der Stundentafel kann ich mir ein zusätzliches Fach oder eine stundenmäßig massive AUsweitung für Wirtschaft/Politik eben kaum vorstellen).Bei der Demokratieerziehung möchte ich vehement widersprechen - das ist aber vielleicht auch eine Art Glaubensfrage. Demokratieerziehung muss erstens ohnehin in jedem Fach stattfinden. So wie sprachsensibler Unterricht als Maßnahme der Sprachförderung auch in jedes Fach gehört, nicht nur in den Deutschunterricht.
Wenn ich die Frage beantworten wollte, ob man so etwas wie die Agenda 2010, stünde man im Jahr 2001, noch einmal durchführen wollte (oder meinetwegen, ob Frankreich so ein Reformprogramm eben auch durchführen soll), dann darf ich das eben nicht mal nur mit Blick auf die Wirtschaft, mal nur mit Blick auf die Politik und mal nur mit Blick auf die Soziologie diskutieren. Die Agenda 2010 hat Deutschland sicherlich wirtschaftlich geholfen (die Jobs, die daraufhin entstanden sind, sind ja gerade Jobs, die in einem reglementierteren Arbeitsmarkt kaum möglich gewesen wären, also vornehmlich atypische Beschäftigungsverhältnisse wie Leiharbeit oder Minijobs). Politisch hat sie zu einem großen Vertauensverlust geführt und hat sicherlich einen großen Anteil daran, dass wir mittlerweile wieder Rechtsaußen-Vertreter in den Parlamenten haben. Die gesellschaftliche Spaltung hat sich seitdem (nicht nur deswegen, aber eben auch) deutlich vergrößert, insbesondere problematisch muss für uns sein, dass Armut ganz offenkundig vererbt wird. Da kann die FDP noch so sehr auf die Eigenverantwortung pochen (womit sie vollkommen Recht hat!), wenn wir so unterschiedliche Ausgangsbedingungen haben, kann man am Ende schlecht den Arbeitslosen die Schuld für ihre Situation geben. Deshalb kann man diese Frage imho nur interdisziplinär beantworten - und dafür eignet sich vornehmlich EIN Fach, in dem man sich alle Teildisziplinen anschaut, um an Ende ein Urteil fällen zu können.
Insofern: Wirtschaftspolitik hat m.M.n. einen großen Einfluss auf die Lage der Demokratie in einem Land. Daher kann man "Demokratieerziehung" von ökonomischer Bildung eben nicht trennen - man braucht beides, und das am besten miteinander verwoben. -
(...)Aber eine Nachfrage stellen: Hat denn JEDER Schüler "WBS" und "GK"? (Ich nehme an, "WBS" ist was mit Wirtschaft und "GK" mit Politik und Soziologie?). Oder besteht auch die Möglichkeit, nur eines der Fächer anzuwählen? Dann wären die fächerübergreifenden Maßnahmen ja schon wieder futsch.
Ja, alle SuS haben WBS (=Wirtschaft, Berufs- und Studienorientierung) und GK (=Gemeinschaftskunde). WBS am Gym müsste ich nochmal nachschauen in der Kursstufe, zumindest GK kann kein SuS bis zum Abitur abwählen. In der Sek.I wo ich bin haben alle SuS ab Klasse 7- 10 jeweils eine Wochenstunde Wirtschaft. In GK gibt es die Möglichkeit in einem Schuljahr ab Klasse 7 im Rahmen des Schulcurriculums eine Doppelstunde zu setzen, ansonsten wird das Fach bis Klasse 10 einstündig unterrichtet. Bei uns ander Schule ist das Fach in Klasse 7 doppelstündig, ich weiß aber auch von einigen Schulen, die die Doppelstunde erst in Klassenstufe 8 setzen.
Ansonsten: Was Yummi sagt. Große Frage, ob das Fach "Wirtschaft" eher VWL- oder BWL-lastig sein soll. BWL können wir als Sowi-Lehrer wohl echt nicht leisten.So, wie es mir erscheint, soll es aber tendenziell eher in RIchtung VWL gehen, was ich persönlich auch richtig finde (nicht, dass BWL sinnlos wäre, als Diff-Fach wäre das sicherlich ne tolle Ergänzung, aber vor dem Hintergrund der Stundentafel kann ich mir ein zusätzliches Fach oder eine stundenmäßig massive AUsweitung für Wirtschaft/Politik eben kaum vorstellen).
Bei der Demokratieerziehung möchte ich vehement widersprechen - das ist aber vielleicht auch eine Art Glaubensfrage. Demokratieerziehung muss erstens ohnehin in jedem Fach stattfinden. So wie sprachsensibler Unterricht als Maßnahme der Sprachförderung auch in jedes Fach gehört, nicht nur in den Deutschunterricht.
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Insofern: Wirtschaftspolitik hat m.M.n. einen großen Einfluss auf die Lage der Demokratie in einem Land. Daher kann man "Demokratieerziehung" von ökonomischer Bildung eben nicht trennen - man braucht beides, und das am besten miteinander verwoben.Ich bin zwar nicht einig mit dir, was das eine interdisziplinäre Fach anbelangt, mit dem Rest deiner Argumentation zur Demokratieerziehung aber umso mehr, die auch mir ein fundamentales Anliegen ist.
Ich verstehe deine Argumentation aber durchaus. Tatsächlich konnte man in BW auch für die Sek.I bereits etwa 10 Jahre lang "Wirtschaftslehre" ( hauptsächlich VWL+ Wirtschaftspolitik für den Schuldienst mit einem Hauch von BWL, was auch genau dem entspricht, was wir hier in BaWü dann in der Sek.I unterrichten) studieren, ohne, dass es das Einzelfach gegeben hätte. Wirtschaftsaspekte wurden im Rahmen eines Fächerverbundes aus Politik-Geographie- Wirtschaft unterrichtet. Erst seit letztem Schuljahr gibt es das Fach eigenständig in der Sek.I, weil der alte Fächerverbund aufgelöst wurde. Dennoch gibt es noch kaum ausgebildete Lehrer für Wirtschaftslehre, weil bislang die Mehrheit der Absolventen des Fachs dieses für die beruflichen Schulen studiert haben und dort eingesetzt sind.
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