BGH-Urteil - eure Meinung?

  • Vielleicht ist die Lehrkraft ja einfach nur in Panik geraten?Wer weiß schon wie er reagiert, wenn er mal richtig in Panik gerät? Vielleicht sollte man auch mal einfach menschliche Reaktionen berücksichtigen, als immer nur zu erwarten wie eine Maschine zu funktionieren.

    Ich kann auch nach erneuter Lektüre meines Beitrags nicht feststellen, wo ich ausgedrückt hätte, die Lehrkraft hätte wie eine Machine funktionieren sollen bzw.mich völlig verständnislos gezeigt hätte gegenüber menschlichen Reaktionen (dafür habe ich schon zu oft 1.Hilfe geleistet umringt von Mitmenschen, die wenn sie nicht gedankenlos weitergingen einfach nur dranstanden und starrten aus Neugier oder Unsicherheit oder das Handy gezückt haben- wirklich aktiv wird nur eine Minderheit wenn es um Fremde geht).
    Wie geschrieben wirkt das Verhalten der Lehrkraft auf mich unsicher (wofür "ängstlich" ein Synonym wäre). Panik wären natürlich auch eine mögliche Erklärung, dafür hat die Lehrkraft aber finde ich zu besonnen reagiert mit ihren Rückfragen an die Leitstelle, was zu tun sei. Letztlich ändern aber eben weder Unsicherheit noch Angst noch Panik etwas daran, dass wir eine Verpflichtung haben zur 1.Hilfe die in unserer Rolle als Lehrer weiterreicht, als im Privatleben.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

    • Offizieller Beitrag

    Aktuell wird auch gelehrt, dass man einen Defibrillator nutzen soll, keine Ahnung ob ich den Mumm hätte, einem Kind das Ding aufs Herz zu knallen.

    Das würde ich sogar lieber machen, als im Zweifel zu sein und vielleicht die Herzdruckmassage zu machen, obwohl das Herz noch schwach schlägt.
    Denn der Defi kann das messen und sagt, was zu tun ist.(Schrieb Karl-Dieter schon.) Genauer als der schwache Puls, den ich mit viel Adrenalin im Blut und aufgeregten Kindern drumrum vielleicht fälschlicherweise nicht finde.



    Wir können die Gesamtsituation schlecht beurteilen, wir waren nicht dabei. Aber wenn ich das recht überblicke, wurden in vielen Bundesländern die Abstände zwischen den Ersthelferkurse herabgesetzt.
    Mir fiel letztes Jahr in einer Notfallsituation trotz regelmäßiger EH-Kurse die Rufnummer für den Rettungswagen nicht mehr ein - nur noch die aus der Kindheit (DDR). Die Herbergseltern reagierten irritiert - allerdings wollten die erst gar keinen Rettungswagen rufen, die Platzwunde mit einem Pflaster kleben und das bei Rückkehr von der Klassenfahrt (4 Tage später) den Eltern mitteilen. Fragt nicht.

  • grundständige Erste-Hilfe-Maßnahmen (auch über stabile Seitenlage hinausgehend) darf man von einer Lehrkraft schon erwarten, schließlich müssen wir alle 1.Hilfe-Kurse machen (und die Sportlehrer zusätzlich noch regelmäßig auffrischen).

    Müsst ihr den nicht auffrischen außer als Sportlehrer?


    in Thüringen müssen wir alle zwei Jahre unsere Ersthelferausbildung mit einem 8 stündigen Kurs auffrischen.


    Trotzdem hoffe ich immer inständig, dass der Ernstfall nicht eintritt

    Hier auch in Berlin.

  • Ich hab mal einen Bewusstlosscheinenden gefunden und hab keinen Puls gefühlt, mich aber trotzdem nicht getraut, HLW zu machen. Ist ziemlich krass, wenn dort im Halbdunkel ein Fremder liegt und du sollst eine Entscheidung treffen. Die eintreffenden Sanitäter kannten die (drogensüchtige) Person schon und schlugen einen etwas deutlicheren Ton an, der Patient konnte dann sogar laufen...


    Was ich sagen will, in der Theorie kann man alles Mögliche können müssen sollen aber Herzstillstand feststellen ist gar nicht so easypisi wie sich's jetzt hier anhört. Natürlich steht man nicht daneben und guckt zu aber ich kann nachvollziehen, dass Menschen im Zweifel nicht wissen ob und was und wie zu tun ist. Aktuell wird auch gelehrt, dass man einen Defibrillator nutzen soll, keine Ahnung ob ich den Mumm hätte, einem Kind das Ding aufs Herz zu knallen.

    Äusserst praktisch ist auch, dass der Defi überhaupt nur dann einen Schock absetzt, wenn es nötig ist (Kammerflimmern). In allen anderen Fällen lehnt das Gerät das nämlich ab. Somit kann man bei der Nutzung des Gerätes absolut nichts verkehrt machen bzw. wird man sogar tutorialmässig durch die Anwendung geführt.

  • Beatmung ist nicht notwendig, weil nicht zwingend "state of the art", je nachdem wo man seine Ausbildung gemacht hat. Und wie gesagt ist im Blut genug Restsauerstoff...


    @Krabappel: Du musst den Herzschlag NICHT prüfen, du prüfst lediglich die Atmung.

    If you look for the light, you can often find it.
    But if you look for the dark that is all you will ever see.

  • Das ist falsch. Stelle hier bitte keine falschen Behauptungen in den Raum.

    Wurde uns auch untersagt, Kind könnte eine Allergie haben. Das hat aber natürlich nichts mit Lebenserhaltenden Maßnahmen zu tun.

  • Sommertraum: Wie stehst du denn selbst dazu?

    Ich sehe dieses Urteil tatsächlich sehr kritisch. Zwischen Absetzen des Notrufs und Eintreffen der Sanitäter lage gerade mal 5 Minuten. Die Lehrkraft hat in dieser Zeit den Schüler in die stabile Seitenlage gebracht, also durchaus gehandelt und nicht untätig zugeschaut. Obwohl mein letzter 1.Hilfe-Kurs erst ein halbes Jahr her ist, weiß ich nicht, ob ich in einer vergleichbaren Situation richtig reagiert und gleich Herzmassage durchgeführt hätte. Wir sind trotzdem "nur" Lehrer, die äußerst selten auf derartige Situationen treffen und keinerlei praktische Berührung mit medizinischen Problemen haben.


    Evtl. reagiere ich auch deshalb empfindlicher, weil wir an unserer Schulart inklusionsbedingt öfter Mal mit Krankheiten zu tun haben und bisher regelmäßig von übergeordneten Stellen darüber informiert werden, dass wir nicht handeln dürfen, sondern nur den Rettungsdienst rufen sollen. Nicht mal auf Anweisung der Eltern darf ich z. B. Schülern notwendige Medikamente geben (z. B. auf Klassenfahrten). Bei epileptischen Anfällen sollen wir keinesfalls zu helfen versuchen (u. a. um zu verhindern, dass wir uns selbst dabei verletzen. Auch der o g. Hinweis mit dem Pflaster kam bei uns schon öfter. All das passt nicht zu diesem Urteil.


    Abgesehen davon verstehe ich nicht, warum von Lehrern eine intensivere 1. Hilfe erwartet wird als vom Rest der Bevölkerung. Wird eine Arzthelferin, die zu einem Unfall kommt, auch verklagt, wenn sie nur die übliche 1. Hilfe (Notruf, stabile Seitenlage) macht?


  • @Krabappel: Du musst den Herzschlag NICHT prüfen, du prüfst lediglich die Atmung.

    Achso, früher haben wir das beim Rettungsschwimmen so geübt bis zum Abwinken. Müsste auch wieder mal erneuern...
    Aber ob die Atmung besser zu erkennen ist?



    Äusserst praktisch ist auch, dass der Defi überhaupt nur dann einen Schock absetzt, wenn es nötig ist ..

    das ist allerdings beruhigend.

  • Gerade deswegen sind regelmäßige EH-Kurse wichtig, damit das auch intuitiv in einer Stressreaktion funktioniert.

    Natürlich sind die wichtig, aber glaubst du ernsthaft, das alleine reicht aus? Ich frische meine 1.Hilfe-Kurs nun auch schon seit Jahren ganz brav im 2 Jahres-Rhythmus auf, aber ob mich das auf eine Stresssituation vorbereitet???? Daran habe ich Zweifel. Mit Sicherheit würde ich nicht "intuitiv" handeln, sondern in meinem Gedächtnis kramen müssen und hoffen, dass ich da fündig werde. Denn was einem ein 1.Hilfe- Kurs eben nicht bringt, ist Erfahrung. Und die bräuchte es, um wirklich sicher (und "intuitiv") richtig zu handeln. Ich merke ja auch ohne Stresssituation schon, dass ich schon nach erschreckend kurzer Zeit in manchen Punkten nicht mehr sicher bin. Gerade da, wo sich die Empfehlungen immer mal wieder ändern. In meinem letzten Kurs wurde uns z.B. auch gesagt, wir müssten nicht mehr zwingend beatmen. Daran kann ich mich sogar noch gut erinnern. Aber es wurde uns auch gesagt, wir müssten den Puls nicht mehr prüfen, weil das zu fehleranfällig sei und man ohne Atmung ohnehin eine Herz-Druck-Massage machen müsse. Und das hatte ich tatsächlich schon wieder vergessen! Das fiel mir heute erst nach längerem Nachdenken wieder ein, als ich darüber nachgegrübelt habe, ob es denn sein kann, dass jemand noch Puls hat und trotzdem nicht mehr atmet... das habe ich dann mal gegoogelt (und dabei festgestellt, dass ich nicht die erste Person bin, die sich das fragt) und erst beim Nachlesen fiel mir die Empfehlung wieder ein. Soviel zum Thema Gedächtnis...
    Wir sind halt keine ausgebildeten Rettungssanitäter sondern Laien, die trotz bestem Willen und trotz regelmäßigen 1.Hilfe-Kursen nicht davor gefeit sind, im Ernstfall eben doch Fehler zu machen.


    In dem jetzt verhandelten Fall geht es ja eben nicht um unterlassene Hilfeleistung oder darum dass die Lehrkraft nicht ordnungsgemäß in 1.Hilfe ausgebildet gewesen wäre (dazu steht in den Artikeln zumindest nichts).
    Darüber müsste man dann in der Tat nicht verhandeln.
    Sondern es geht darum, dass bei der 1.Hilfe Fehler gemacht wurden (warum auch immer, das werden wir hier nicht ergründen...).

    "Die Wahrheit ist ein Zitronenbaiser!" Freitag O'Leary

  • ..., dass wir eine Verpflichtung haben zur 1.Hilfe die in unserer Rolle als Lehrer weiterreicht, als im Privatleben.

    Hast du denn schon mal eine Herzdruckmassage (auf dem Schulhof) durchgeführt? Einen Betrunkenen in die stabile Seitenlage zu legen ist etwas völlig anderes.

  • Wird eine Arzthelferin, die zu einem Unfall kommt, auch verklagt, wenn sie nur die übliche 1. Hilfe (Notruf, stabile Seitenlage) macht?

    Ich habe sogar über den Fall eines Arztes gelesen, der in so einem Fall (er kam zufällig dazu) falsch gehandelt hatte und trotzdem nicht belangt wurde.

    "Die Wahrheit ist ein Zitronenbaiser!" Freitag O'Leary

  • Abgesehen davon verstehe ich nicht, warum von Lehrern eine intensivere 1. Hilfe erwartet wird als vom Rest der Bevölkerung. Wird eine Arzthelferin, die zu einem Unfall kommt, auch verklagt, wenn sie nur die übliche 1. Hilfe (Notruf, stabile Seitenlage) macht?

    Möglicherweise aufgrund unserer Garantenstellung gegenüber den Schülerinnen und Schülern....eine oft etwas in Vergessenheit geratene Pflicht von Lehrkräften. Wir haben für die uns schutzbefohlenen Schülerinnen und Schüler besondere Sorge zu tragen. Im Unterschied zu Grenzen der klassischen unterlassenen Hilfeleistung, die bereits bei Abgabe eines Notrufs u.ä. nicht mehr erfüllt ist, wird von Garanten ein etwas höherer Einsatz erwartet (und bei Fehlen eben bestraft).

  • Übrigens: Soweit ich weiß, ist die "Mund-zu-Mund-Beatmung" doch eigentlich gar nicht mehr üblich? Beschränkt man sich als Laie nicht inzwischen ausschließlich auf die Herzdruckmassage? Nur mal so am Rande.

    Also mein letzter stand ist, daß man sich auf die Herzdruckmassage als absolutes Minimum beschränken kann, wenn man Angst hat sich mit HIV anzustecken. Die Überlebenschancen sind aber größer, wenn man neben der Herzdruckmassage noch beatmet.


    Wobei ich "Mund zu Mund" auch nicht hinbekomme. Da schaffe ich es nicht mit meinem Mund so gut abzudichten, daß der Druckaufbau reicht, um den Brustkorb anzuheben. Mund zu Nase ist einfacher.

  • Zweifelst du daran? Lehrer als Beschützergarant aufgrund besonderer Amtsstellung gibts frühe Urteile dazu.

    "A lack of planing on your side does not constitute an emergency on my side."

    2 Mal editiert, zuletzt von Thamiel ()

  • Wir dürfen doch neuerdings nicht mal mehr ein handelsübliches Pflaster aufkleben.

    Diesen Blödsinn hört man immer wieder. Kriegen unsere Liv sogar im Seminar vorgebetet. Hat sich dann schnell erledigt, wenn sie bei mir einen EH-Kurs absolviert haben.


  • @Buntflieger: Wie kommst du darauf, dass Pflaster nicht mehr zulässig wären? Medikamentengaben sind hochkritisch, ja und sollten deshalb im Rahmen der 1.Hilfe möglichst (Epipen nach allergischem Schock, Asthmaspray im aktuen Anfall, Notfallmedi für den Epileptiker oder Insulin für den Diabetiker etc. sind Sondersituationen- bis auf den Epipen habe ich auch schon alles von mir Angeführte durch) unterlassen werden, aber Pflaster?


    Hallo CDL,


    das wurde mir von Mentorenseite untersagt. Ich wollte einem Schüler ein Pflaster aus dem Notfallkoffer auf den Finger kleben und mir wurde dies mit dem Hinweis darauf verboten, dass ich das wegen potentiellen allergischen Reaktionen (?) nicht dürfe und es der Schüler selber machen müsse.


    Dass es offenbar doch nicht stimmt, finde ich extrem beruhigend.


    der Buntflieger

  • Haben Lehrer überhaupt eine Garantenstellung?

    Ja, und darauf nimmt der BGH auch direkt Bezug. Anders als bei unbeteiligten Dritten bei Unfällen, die als Nothelfer nur bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz haften, sei es nicht angemessen, die Schüler zur Teilnahme am Sportunterricht zu verpflichten, bei eintretenden Notfällen den Lehrkräften dann aber ein Haftungsprivileg zuzusprechen. Die Garantenstellung von Lehrkräften geht aber natürlich noch weiter und betrifft zum Beispiel auch eine erweiterte Eingriffspflicht im Gegensatz zur "normalen" Bevölkerung bei beobachteten Straftaten (z.B. Schlägerei auf Schulhof) usw.

  • Diesen Blödsinn hört man immer wieder. Kriegen unsere Liv sogar im Seminar vorgebetet. Hat sich dann schnell erledigt, wenn sie bei mir einen EH-Kurs absolviert haben.


    Hallo madhef,


    ich habe das auch mehrfach gehört während der Ausbildung bisher. Weshalb wird das behauptet, wenn es gar nicht stimmt? Die Leute sind offenbar diesbezüglich ziemlich falsch informiert.


    der Buntflieger

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