BGH-Urteil - eure Meinung?

  • Der BGH hat ja gestern geurteilt, dass ein Lehrer als 1.-Hilfe-Maßnahme Herzdruckmassage und Mund-zu-Mund-Beatmung durchführen muss, stabile Seitenlage und Anfordern des Notdienstes reichen nicht aus.


    Wie steht ihr zu diesem Urteil? Seht ihr Konsequenzen für euer zukünftiges schulisches Handeln?

  • Ich war zwar noch nie in der Lage eine Herzdruckmassage und Mund-zu-Mund-Beatmung durchführen zu müssen, aber ich halte das eigentlich für selbstverständlich.


    Ich wundere mich, dass das erst ein Gericht klarstellen muss.


    Edit: Sommertraum: Wie stehst du denn selbst dazu?

    Freundlichkeit ist kostenlos, aber niemals umsonst.

  • Da ich der Meinung bin, dass jeder Erwachsene in der Lage sein sollte Erste Hilfe zu leisten, kann ich Lehrer schlecht ausschließen. Wenn jemand nicht mehr atmet kann ich doch nicht einfach nur daneben stehen... 8|

    If you look for the light, you can often find it.
    But if you look for the dark that is all you will ever see.

  • Der BGH hat ja gestern geurteilt, dass ein Lehrer als 1.-Hilfe-Maßnahme Herzdruckmassage und Mund-zu-Mund-Beatmung durchführen muss, stabile Seitenlage und Anfordern des Notdienstes reichen nicht aus.


    Wie steht ihr zu diesem Urteil? Seht ihr Konsequenzen für euer zukünftiges schulisches Handeln?


    Hallo Sommertraum,


    kapiere ich ehrlich gesagt nicht ganz. Wir dürfen doch neuerdings nicht mal mehr ein handelsübliches Pflaster aufkleben.


    Irgendwie etwas verwirrend. Ist mir sowieso egal, ich klebe trotzdem weiter Pflaster und gönne mir die dankbaren Blicke der "Schwer"Verletzten. Wir sind ja schließlich in erster Linie hilfsbereite Menschen und keine wandelnden Litfaßsäulen des Rechts.


    "Liebe(r) Schüler/in XY, ich würde dir ja gerne ein Pflaster auf den blutigen Finger kleben, aber laut geltendem Recht ist mir das verboten. Mach es bitteschön selbst... eine Herzdruckmassage inklusive Mund-zu-Mund-Beatmung kann ich dir bei Bedarf jedoch anbieten." :autsch:


    Übrigens: Soweit ich weiß, ist die "Mund-zu-Mund-Beatmung" doch eigentlich gar nicht mehr üblich? Beschränkt man sich als Laie nicht inzwischen ausschließlich auf die Herzdruckmassage? Nur mal so am Rande.


    der Buntflieger

  • Das Gerichtsurteil besagt nur, dass man nicht untätig daneben stehen darf. Und das halte ich auch für richtig.
    Nebenbei gesagt geht es um einen Prozess gegen das Land, nicht gegen die Lehrer.

  • 30x CPR, 2x Beatmung, wiederholen bis Hilfe eintrifft
    Auf die Beatmung kannst du notfalls verzichten, weil die ersten Minuten noch genügend Sauerstoff im Blut ist, bis der RTW da ist, sollte das in Deutschland reichen.

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  • 30x CPR, 2x Beatmung, wiederholen bis Hilfe eintrifft
    Auf die Beatmung kannst du notfalls verzichten, weil die ersten Minuten noch genügend Sauerstoff im Blut ist, bis der RTW da ist, sollte das in Deutschland reichen.

    Das Ganze soll man z.B. im Rhythmus des Bee Gees songs "Staying alive" machen.

  • Das Ganze soll man z.B. im Rhythmus des Bee Gees songs "Staying alive" machen.

    Ja, so wurde es bei uns auch gesagt und eben auch der Hinweis, dass aktuell offen ist, ob man beatmen muss.


    Pflaster dürfen nicht geklebt werden, wo das denn? Hier nämlich schon. Sogar Medikamentengabe ist erlaubt, aber nicht verpflichtend.


    Was wir nicht mehr dürfen ist desinfizieren, das finde ich wiederum gerade bei sichtbarem Dreck drin eine Zumutung fürs Kind.

  • Wenn ich das Problem in diesem Prozess (BGH-Urteil Erste-Hilfe-Maßnahmen bei Zusammenbruch im Sportunterricht vom 4.4.2019) richtig verstehe, geht es um folgenden Punkt:


    Ein "normaler" Ersthelfer haftet nicht, wenn er falsch oder unzureichend Erste Hilfe leistet.
    Die LK hat Erste Hilfe geleistet (stabile Seitenlage), jedoch unzureichend / fehlerhaft (unterlassene Kontrolle der Vitalfunktionen).


    Die Sport-Lehrkraft muss also nicht nur Erste Hilfe leisten können - sie (bzw. das Land) soll auch dafür haften, wenn sie dabei fehlerhaft handelt. Der "normale" Ersthelfer muss eine solche Haftung (wegen § 680 BGB) nicht fürchten.


    Das Urteil passt also gerade _nicht_ zu der Aussage von Moebius "Das Gerichtsurteil besagt nur, dass man nicht untätig daneben stehen darf."
    Es passt wohl auch nicht zur Aussage von Valerianus (je nach Definition von "notfalls") "Auf die Beatmung kannst du notfalls verzichten,... " CPR und Beatmung durch eine Person sind möglich. Die Sport-Lehrkraft muss dies können.

  • Ich habe das bisher als selbstverständlich angesehen, dass eine Lehrkraft, insbesondere eine Sportlehrkraft, auch in Ersthilfemaßnahmen ausgebildet ist und diese auch anwenden kann. Wir werden hier nicht ohne Grund alle drei Jahre entsprechend nachgeschult.

  • Ich hab mal einen Bewusstlosscheinenden gefunden und hab keinen Puls gefühlt, mich aber trotzdem nicht getraut, HLW zu machen. Ist ziemlich krass, wenn dort im Halbdunkel ein Fremder liegt und du sollst eine Entscheidung treffen. Die eintreffenden Sanitäter kannten die (drogensüchtige) Person schon und schlugen einen etwas deutlicheren Ton an, der Patient konnte dann sogar laufen...


    Was ich sagen will, in der Theorie kann man alles Mögliche können müssen sollen aber Herzstillstand feststellen ist gar nicht so easypisi wie sich's jetzt hier anhört. Natürlich steht man nicht daneben und guckt zu aber ich kann nachvollziehen, dass Menschen im Zweifel nicht wissen ob und was und wie zu tun ist. Aktuell wird auch gelehrt, dass man einen Defibrillator nutzen soll, keine Ahnung ob ich den Mumm hätte, einem Kind das Ding aufs Herz zu knallen.

  • Bei der Einschätzung, wann man wohl einen Defibrillator einsetzen müsste und wann nicht wäre ich auch raus, aber grundständige Erste-Hilfe-Maßnahmen (auch über stabile Seitenlage hinausgehend) darf man von einer Lehrkraft schon erwarten, schließlich müssen wir alle 1.Hilfe-Kurse machen (und die Sportlehrer zusätzlich noch regelmäßig auffrischen). Angesichts der besonderen rechtlichen Garantenposition in der sich Lehrer befinden (die Schulpflicht und damit erinhergehende Aufsichtsverpflichtungen machen´s möglich) wird eben dienstlich mehr von uns erwartet, als als Privatperson, die in einer derartigen Situation lediglich am Maßstab der unterlassenen Hilfeleistung gemessen würde.
    Interessant wird im konkreten Fall sein, ob a) am Ende eine Amtshaftung des Landes festgestellt wird und b) ob das Land rechtliche Schritte in der Folge gegen die Lehrkraft einleitet wegen grober Fahrlässigkeit. Noch scheint ja völlig offen zu sein, ob die Lehrkraft tatsächlich einen rechtlich relevanten Fehler gemacht hat, da medizinisch nicht geklärt ist, wann die Atmung des verstorbenen Schülers tatsächlich ausgesetzt hat. Zumindest die Beschreibung des Zeitablaufs in der von Kodi verlinkten Pressemitteilung des BGH deutet an, dass die Lehrkraft sehr schnell reagiert hat, sich offenbar auch bei der Leitstelle erkundigt hat, was zu tun sei. Das klingt für mich danach, als wäre die Lehrkraft sehr unsicher gewesen oder vielleicht auch einfach noch nie mit einer größeren 1.Hilfe-Situation konfrontiert gewesen. Da ich aus einer Weinregion stamme mit viiiiiiiielen Weinfesten, habe ich sehr früh als Teenager gelernt, dass die stabile Seitenlage der beste Freund von Betrunkenen und Bewusstlosen ist, dafür hätte ich jetzt keine Leitstelle benötigt. Atmung kontrollieren lernt man auch im 1.Hilfe-Kurs. Klingt insofern erstmal eigenartig, dass die Lehrkraft das von Mitschülern abgefragt haben soll.


    @Buntflieger: Wie kommst du darauf, dass Pflaster nicht mehr zulässig wären? Medikamentengaben sind hochkritisch, ja und sollten deshalb im Rahmen der 1.Hilfe möglichst (Epipen nach allergischem Schock, Asthmaspray im aktuen Anfall, Notfallmedi für den Epileptiker oder Insulin für den Diabetiker etc. sind Sondersituationen- bis auf den Epipen habe ich auch schon alles von mir Angeführte durch) unterlassen werden, aber Pflaster?

    Der BGH hat ja gestern geurteilt, dass ein Lehrer als 1.-Hilfe-Maßnahme Herzdruckmassage und Mund-zu-Mund-Beatmung durchführen muss, stabile Seitenlage und Anfordern des Notdienstes reichen nicht aus.


    Wie steht ihr zu diesem Urteil? Seht ihr Konsequenzen für euer zukünftiges schulisches Handeln?

    Für mich war das bislang schon die Rechtslage von der ich ausgegangen bin und nach der ich bei Bedarf gehandelt habe oder handeln werde. Insofern ändert das für mich persönlich gar nichts, bestätigt mir lediglich, wie wichtig es ist auch als Nicht-Sportlehrerin den 1.Hilfe-Kurs, den ich fürs Ref machen musste in regelmäßigen Abständen aufzufrischen. Schließlich kann es auch außerhalb des Sportunterrichts zu vergleichbaren Situationen kommen (Ausflug, Schullandheim oder einfach nur mein Fachunterricht).

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Klingt insofern erstmal eigenartig, dass die Lehrkraft das von Mitschülern abgefragt haben soll.

    Vielleicht ist die Lehrkraft ja einfach nur in Panik geraten?
    Wer weiß schon wie er reagiert, wenn er mal richtig in Panik gerät? Vielleicht sollte man auch mal einfach menschliche Reaktionen berücksichtigen, als immer nur zu erwarten wie eine Maschine zu funktionieren.

    Planung ersetzt Zufall durch Irrtum. :P

    8) Politische Korrektheit ist das scheindemokratische Deckmäntelchen um Selbstzensur und vorauseilenden Gehorsam. :whistling:

    Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen.

  • Aktuell wird auch gelehrt, dass man einen Defibrillator nutzen soll, keine Ahnung ob ich den Mumm hätte, einem Kind das Ding aufs Herz zu knallen.

    Das Praktische ist ja, dass bei den üblichen handesüblichen Notfalldefibrillatoren dir der Defi sagt, was du machen musst. Das ist das allererste was man machen sollte, der sagt dir nämlich auch, ob Herzdruckmassage oder Beatmung durchführen musst, und ob ein Schock notwendig ist.


    "Einem Kind das Ding aufs Herz knallen", das ist doch nicht wie bei Emergency Room.

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