Vertieftes Fachwissen bei Gym.Lehrern

  • Und ich würde eben behaupten, dass diese Sozialisation nichts mit Eitelkeit und auch nur sehr wenig mit der Schülerperspektive zu tun hat, sondern eine Grundbedingng dafür ist, dass ich ganz unspektakulär und ganz alleine daheim am Schreibtisch meinen Unterricht vorbereiten kann:

    Ich stelle mal die Behauptung auf, dass in der Mathematik diese Grund-Sozialisation schon im Grundstudium/ Bachelor passiert ist. Die mathematische Denkweise bezüglich Strukturaufbau, Logik, Beweistechniken etc. erlebt man ab der ersten Vorlesung in Analysis 1 und Lineare Algebra 1 und den zugehörigen Übungen. Kommt dann noch Stochastik 1 dazu, hat man den vollständigen Kanon der Oberstufe schon um Welten überschritten. Ich war damals überrascht wie in den ersten Wochen der Vorlesungen der Stoff der Oberstufe in strukturierter Art, logisch aufgebaut, mit rotem Faden, beweistechnisch an mir vorbeirauschte. Und wir reden hier über das 1. Semester, Stochastik dann im 2. eher 3. Semester. Von Semester zu Semester bis zur Vordiplomsprüfung oder Bachelorarbeit wird das Grundmuster immer weiter vervollständigt. In den Übungen, den anschliessenden Prüfungen, den Proseminaren im Grundstudium wird dieses Wissen dann vernetzt und angewendet, um weitere Strukturen zu erschließen. Damit ist jeder Mathematiklehrer bestens für die Schule ausgebildet. Die Krönung im Hauptstudium, sich auf einem kleinen Abschnitt bis zur aktuellen Forschung vorzuarbeiten, ist sehr befreiend, aber hilft dir im Unterricht kein bisschen. Das ist so abgehoben, man würde Monate brauchen, um auch nur ansatzweise zu erkären, was man da eigentlich gemacht hat. Es hilft bestimmt, so manche Anekdote zu erzählen, aber nicht, um den Unterricht besser zu strukturieren.

  • Ich habe jetzt erst bemerkt, wie viel in diesem Faden hinzu kam.


    Was raindrop im letzten Posting anklingen lässt, hängt auch damit zusammen wie unvorstellbar viel mehr Mathematik ist, als das, was in der Schule so genannt wird. Da bedarf es wirklich keines Masters in dem Fach. Ich behaupte, das könnte auch einer der Unterschiede zwischen MIT-Fächern und den Geisteswissenschaftlichen sein.


    Wenn ich eine Vorlesung in einer Geisteswissenschaft anhöre, verstehe ich wenigstens den groben Rahmen.
    Ein "Fremder" versteht in einer Mathevorlesung kein Wort. Dafür muss man nicht in den Master, da reicht jede Vorlesung spätestens nach Weihnachten.

  • ...wie unvorstellbar viel mehr Mathematik ist, als das, was in der Schule so genannt wird. ...



    Wenn ich eine Vorlesung in einer Geisteswissenschaft anhöre, verstehe ich wenigstens den groben Rahmen.
    Ein "Fremder" versteht in einer Mathevorlesung kein Wort. ..

    Nochmal, die Frage ist hier, ob "mehr" bedeutet, dass du dich in einen Sachverhalt so reinfuchst, dass er dir dem tieferen Verständnis der Mathematik dient. Den mathematischen Systemen und Denkstrukturen, wenn man so will. Oder aber, ob das allerlei zusätzliches, losgelöstes, lustiges Spartenwissen ist, nach dem nie wieder ein Hahn kräht, inklusive dir selbst.


    Es geht nicht darum, ob Mathe "schwerer" zu studieren ist, oder wie viel man im Seminar "Lyrik des Mittelalters" versteht. Denn auch wenn du das Lyrikseminar verstanden hast, kannst du nicht gut einen Deutsch-LK leiten, weil dir das umfassende Wissen fehlt. Wenn das bei Mathe anders sein sollte, bestätigt mich das zumindest in der Annahme, dass es reicht, ein pfiffiges Kerlchen zu sein, um Mathe zu studieren und zu unterrichten, umfassendes Wissen mitnichten vonnöten, Lehrplaninhalte verstehen reicht offenbar.

  • Das Studium dient dem tieferen Verständnis der Mathematik, aber das was in der Schule passiert, ist nicht wirklich "Mathematik" im Sinne des Studiums.


    Man braucht das umfassende Wissen schon, man erwirbt es aber nach 6 Fachsemestern in einem mehr als ausreichenden Maße, darum ging es doch auch ursprünglich mal.


    Einfach clever sein und die reinen Lehrplaninhalte sind dann doch zu wenig.

Werbung