Ich hätte eigentlich alles gewettet, dass dieses "grundlegende Verständnis des Systems" oder dessen, "wie das Fach funktioniert" oder was ich auch sonst so an Formulierungen verwendet habe, in den Naturwissenschaften nochmal deutlich wichtiger ist als in den Geisteswissenschaften.
Ich glaube dass wir unter "grundlegendes Verständnis des Systems" was anderes meinen, als ihr. Zum grundlegenden Verständnis der Chemie als reine Fachwissenschaft gehört z. B. die Erkenntnis, dass sich im Prinzip jede Erklärung eines experimentell beobachtbaren Phänomens auf den Atombau und die Thermodynamik zurückführen lässt. Das ist im Grunde genommen eine sehr lineare, puristische Denkweise, die keine Interpretationen zulässt. Ich nehme an, dass Du viel mehr links und rechts denken musst, als ich. Wenn ich über die ethische Verantwortung des Chemikers spreche, bin ich definitiv raus aus der Fachwissenschaft. Das ist auch im Studium kein Thema (war es zumindest vor 15 - 20 Jahren nicht). Ich hatte im 2. Semester eine Vorlesung zum Gefahrstoffrecht, da ging es aber mehr drum, was wir dürfen und was nicht und welches Vergehen welche Konsequenzen nach sich zieht. Ne ganz rationale Angelegenheit also.
Und dann gibt es eine Reihe von Naturwissenschaftlern, die offenbar nicht so genau verstanden haben, was ich meine und mit dem "Stoff" argumentieren, den sie an der Uni lernen und in der Schule nicht brauchen.
Vielleicht sind das aber genau die, die's selber nicht so richtig verstanden haben, worum es eigentlich geht? Frag die doch mal, was sie denken, wie ihr Fach die Jugendlichen im Leben weiterbringt, die das hinterher nicht studieren wollen. Ich traue mich fast zu wetten, dass da nichts Sinnvolles kommt. Solche Leute habe ich im Schuldienst natürlich auch schon erlebt.
Jetzt ist es natürlich schade, dass von "meiner Seite" mal wieder keiner mitdiskutieren will und wir vor allem niemanden in der Diskussion haben, der eine klassische Naturwissenschaft an einem deutschen Gymnasium unterrichtet und die auch auf Lehramt studiert hat.