Ich würde eine Störung der Gruppenarbeit eher als allgemeine Unfähigkeit interpretieren, sich auf ein Thema bei dieser Methode einzulassen. Ich unterrichte fast alle Fächer in der Klasse und da sind es immer dieselben Kinder, die Probleme in der Gruppenarbeit haben. Das zeigt ganz deutlich, dass sie darin allgemein ein Problem haben, was jetzt nichts direkt mit dem Fach zu tun hat. Deshalb gibt es dann eine Bemerkung und evtl. eine entsprechende Note im Sozialverhalten.
Ja und diesen Schülern fehlt also die Kompetenz unter gegebenen Bedinungen (hier: Teamarbeit in der Gruppe) erforderliche Leistungen zu bringen. Das ist ganz klar etwas, was in die Note für das Fach einfließen kann.
Das ist ein bewertbare Leistung, eine messbare Kompetenz. Würde die Person später in einem Forschungsteam arbeiten und dort eben keine Leistung erbringen (weil er eben Teamarbeit nicht kann), würde das doch auch seine Bewertung (zumindest anteilig) schmälern.
So ein Schüler kann das ja eventuell im Schriftlichen (dafür haben wir so etwas ja!) ausgleichen, aber für die Unterrichtsstunde, wo er während einer Gruppenarbeit stört, oder während einer Diskussion im Plenum stört, von mir eine 5. Die verrechne ich dann mit vielleicht besseren Phasen, einem tollen Plakat oder was weiß ich, aber, wenn er eine Kompetenz (und sei es eben nur Kommunikation) nicht erfüllt, ist es fachlich bewertbar.
Das ist das einzig tolle an diesen neuen Kompetenzen, es geht eben nicht nur um rein fachlich richtige Aussagen, sondern um viele weitere, teilweise auch personale Kompetenzen.
Und das finde ich realistisch. Auch später in jedem Beruf zählen auch all diese Kompetenzen für eine erfolgreiche Ausübung des Berufs mit rein. Mir kann keiner erzählen, dass jemand dort "sehr gute" Arbeit leistet, wenn er in der Besprechung mit dem Chef dazwischensabbelt, ständig zu spät kommt, herummault, ihm aufgetragene Aufgaben liegen lässt, weil er sich lieber mit den Kollegen über ein fremdes Thema unterhält.
Ja klar, der Hauptteil der Note, so sehe ich das auch, ist die fachliche Leistung. Aber auch viele weitere Kompetenzen sind wichtig und die müssen nach den neuen Bildungsstandards Berücksichtigung finden.
Ich habe beispielsweise einen echt sehr klugen Schüler in Chemie, der allerdings ständig beim Experimentieren kopflos vorgeht, herumspielt und sich nicht an die Anleitung hält. Man könnte einfach sagen, er blödelt herum, aber seine sonstigen fachlichen Leistungen tendieren eher zu sehr gut. Er hat bei mir eine 2 im Zeugnis bekommen mit dem Hinweis im Gespräch, dass seine experimentelle Kompetenz noch weiter entwickelt werden muss für den sehr guten Bereich. Das hat er eingesehen und ich sehe Besserung.
Genauso melde ich Schülern zurück, wenn sie z.B. im Unterricht zu viel stören. Auch dort müssen noch Kompetenzen (im Bereich des Unterrichtsgesprächs, bei Gruppenarbeiten etc.) entwickelt werden und das sehen die meist auch ein.
Ich bin gelinde gesagt schockiert, dass es tatsächlich noch Lehrer gibt, die ihre Noten nur rein nach der Sachkompetenz vergeben und die anderen Kompetenzen nicht in die Note einfließen lassen.