Meinungen über die Katholische Kirche

  • Abschaffung des Religionsunterrichts

    Ich meine, wir hatten gerade einen Thread, in dem es auch darum ging. Der Zwischenstand, den ich dabei in Erinnerung habe, ist, dass die Behauptungen über die ethische Marktführerschaft der Religionsgemeinschaften nicht aufrecht erhalten werden konnte. Vielmehr gab es eine deutliche Tendenz dafür, dass für derlei genau so wie das Erfassen historischer und kultureller Dimensionen, ein konfessionsloser Unterricht angezeigt wäre, also Ethik oder so.


    Als Argument für den Religionsunterricht blieb wohl nur die Tatsache, dass dieser im Grundgesetz seinen Platz gefunden hat und dort auch nicht so schnell oder so einfach wieder herauskommt. An eine inhaltlich überzeugende Rechtfertigung für diese Sonderregelung kann ich mich nicht erinnern.


    Ich werde da wohl noch mal einen Blick werfen, wo wir da stehen geblieben sind.


    Aber ja. Religionsunterricht und sonntägliches Glockengeläut sind Relikte aus einer Zeit, als es weder Glaubensfreiheit noch Armbanduhren gab.

    „Fakten haben keine Lobby.“


    (Sarah Bosetti)

    2 Mal editiert, zuletzt von O. Meier ()

  • Wir reden von Glauben, nicht von Wissen im Sinne menschlicher Logik, Beweisbarkeit und Wissenschaft. Zumindest für Gläubige -gleich welcher Religion- eine wesentliche Unterscheidung.

    Ich meine, dass es für an Vernunft und Wissen orientierte Menschen noch wichtiger ist, die Unterscheidung zu treffen. Meine Vermutung ist, dass sie aber wneig Gewese darum machen, weil es ihnen so viel leichter fällt.


    Ich würde mir nicht anmaßen, eine Aussage über Menschen "gleich welcher Religion" zu machen. Ich bin mir sogar einigermaßen sicher, viele Religionen gar nicht zu kennen. Da bliebe also nur Spekulationen. Es begegnen mir aber immer wieder Anghörige von Religionsgemeinschaften, die durchaus Probleme damit haben, zwischen dem, was sie nur glauben, und dem, was belegt, nachgewiesen oder untermauert ist, zu unterscheiden. Vielfach erlebe ich, dass die Begriffe "glauben" und "wissen" beu der Frage nach der Existenz eines oder mehrerer Götter synonym benutzt werden. Das gibt es noch nicht mal ein Bewusstsein für den Unterschied.


    Weswegen der Anspruch, der Einzige zu sein, der irgendeinen Teil der Offenbarung hat, ja auch abzulehnen ist.

    Warum? Den Anspruch kann von mir aus jemand haben. Der ist genau so viel oder wenig gerechtfertigt, wie der Anspruch, dass die eignenen Ideen Teil einer "Offenbarung" oder sonstigen höheren Wahrheit seien. Es stellen sich ständig Leute auf den Marktplatz und verlautbaren, dass sie alles (oder eine bestimmte Sache) besser wissen. Ich muss das ja nicht ernst nehmen.


    Zumindestens innerhalb der Orthodoxie wird ein solcher Anspruch theologisch/dogmatisch deswegen auch nicht erhoben.

    Ich weiß wohl, dass es in einigen Religionen Ausprägungen gibt, die sich "orthodox" nennen oder derart bezeichnet werden. Allerdings weiß ich nicht, was "die Orthodoxie" sein soll. Inwiefern ist es relevant, welche Ansprüche diese Gruppe nicht erhebt?

    „Fakten haben keine Lobby.“


    (Sarah Bosetti)

  • Wir reden von Glauben, nicht von Wissen im Sinne menschlicher Logik, Beweisbarkeit und Wissenschaft.

    ..und wir reden (hier im Thread) von Glauben im Sinne von religiös sein.
    Das ist m.E. noch mal etwas anderes als glauben im Sinne vo "eine Aussage für wahrscheinlich zutreffend zu halten". Also z.B. "Ich glaube, was die Tagesschau sagt/zeigt." ist etwas anderes als "Ich glaube an Gott."


    Diese Unklarheit wird wird auch gerne mal von Vertretern der Kirchen genutzt wenn dann heißt: " Die Atheisten glauben ja auch, nur eben etwas anderes."

    Planung ersetzt Zufall durch Irrtum. :P

    8) Politische Korrektheit ist das scheindemokratische Deckmäntelchen um Selbstzensur und vorauseilenden Gehorsam. :whistling:

    Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen.

  • Ich weiß wohl, dass es in einigen Religionen Ausprägungen gibt, die sich "orthodox" nennen oder derart bezeichnet werden. Allerdings weiß ich nicht, was "die Orthodoxie" sein soll. Inwiefern ist es relevant, welche Ansprüche diese Gruppe nicht erhebt?

    Die drittgrößte Konfession (klassische Zählung: Katholiken, Evangelische, Orthodoxe) des Christentums: https://de.wikipedia.org/wiki/Orthodoxe_Kirchen


    Und warum sollte es für dich relevant sein? Ich habe einfach nur eine Meinung abgegeben. Du musst diese Meinung nicht akzeptieren oder sonst was. :)

  • Also z.B. "Ich glaube, was die Tagesschau sagt/zeigt." ist etwas anderes als "Ich glaube an Gott."

    Du meinst, weil es für die Vermutung dessen, was die Tagesschau zeigen wird, zumindest irgendwelche Anhaltspunkte gibt. Ja, mag sein. Beiden Bedeutungen des Wortes ist wohl aber die Abgrenzung zu gesichertem Wissen gemein.

    " Die Atheisten glauben ja auch, nur eben etwas anderes."

    Was bei jeglicher Interpretation des Begriffes "glauben" eine gewagte These ist. Etwas über "die Atheisten" zu behaupten ist schon schwierig. Angesichts dessen dass deren viele Atheismus als Abwesenheit das Glaunes an einen Gott definieren, finde ich es schwierig, daraus schließen zu wollen, dass "die" an "etwas" glauben.

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    (Sarah Bosetti)

  • Ahja, aber othodoxe Christen muss man nicht als solche bezeichnen? Ist klaa, aber sonst gibt's keinen Absolutheitsanspruch?

    Sorry für den von dir zitierten Beitrag. Der war bissiger als notwendig. Nichtsdestotrotz: Es gibt einen Unterschied zwischen "orthodoxe Christen" und "der Orthodoxie". Ersteres könnte man eben als Adjektiv verstehen und dann wäre es das, was du verstehst. Letzteres ist ein Eigenname für eine christliche Konfession.
    Fun Fact: Katholisch heißt auch nur allgemein, trotzdem fragt hier keiner nach, was mit "Katholische Kirche" gemeint ist.


    Was bei jeglicher Interpretation des Begriffes "glauben" eine gewagte These ist. Etwas über "die Atheisten" zu behaupten ist schon schwierig. Angesichts dessen dass deren viele Atheismus als Abwesenheit das Glaunes an einen Gott definieren, finde ich es schwierig, daraus schließen zu wollen, dass "die" an "etwas" glauben.

    Das ist die Frage, was mit Atheismus gemeint ist. Wenn es die Überzeugung ist "es gibt keinen Gott", dann kann man das je nachdem durchaus als Glaube definieren, denn zumindestens naturwissenschaftlich lässt sich die Existenz eines außerhalb der Natur stehenden Wesens nicht sauber falsifizieren. Ich kenne zumindestens kein glaubhaftes Experiment dazu.
    Wenn es einfach meint "ich glaube nicht an einen Gott", dann stimme ich dir zu: Das ist kein Glaube.

  • Wenn es die Überzeugung ist "es gibt keinen Gott", dann kann man das je nachdem durchaus als Glaube definieren, denn zumindestens naturwissenschaftlich lässt sich die Existenz eines außerhalb der Natur stehenden Wesens nicht sauber falsifizieren. Ich kenne zumindestens kein glaubhaftes Experiment dazu.

    Soweit waren wir auf Seite 6 des Threads schon mal. In den Naturwissenschaften wird gar nichts geglaubt, sondern nur festgestellt.

  • Sorry für den von dir zitierten Beitrag. Der war bissiger als notwendig.

    Kein Problem, halb so wild. Bissig darf's ruhig sein.


    Es gibt einen Unterschied zwischen "orthodoxe Christen" und "der Orthodoxie". Ersteres könnte man eben als Adjektiv verstehen und dann wäre es das, was du verstehst.

    Was ich verstehe, musst du mir nicht erklären. Auf solcherlei reagiere ich empfindlicher als auf vermeintliche Bissigkeit.



    Letzteres ist ein Eigenname für eine christliche Konfession.

    Dann wäre es wohl aber möglich diese Gruppe als "chrisliche Orthodoxie" zu explizieren? Ansonsten weß ich in der Tat recht wenig über diese Glaubensausprägung. Um nochmal auf



    Zumindestens innerhalb der Orthodoxie wird ein solcher Anspruch theologisch/dogmatisch deswegen auch nicht erhoben.

    zurückzukommen. Das sagt ja wenig über die anderen christlichen Strömungen aus.

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    (Sarah Bosetti)

  • Bei Juden und Muslimen ergibt der Begriff der Orthodoxie auch wenig Sinn, da der Begriff in beiden Religionen, wenn überhaupt, nur als moderner Begriff genutzt wird. Im Judentum ist es vor allem ein Abgrenzungsbegriff zwischen liberalen und traditionalistischen Juden von Seiten der liberalen Juden und im Islam...warum sollte da ein altgriechischer Begriff überhaupt benutzt werden, es gibt passende Begriffe auf arabisch...

    If you look for the light, you can often find it.
    But if you look for the dark that is all you will ever see.

  • Das ist die Frage, was mit Atheismus gemeint ist. Wenn es die Überzeugung ist "es gibt keinen Gott", dann kann man das je nachdem durchaus als Glaube definieren, denn zumindestens naturwissenschaftlich lässt sich die Existenz eines außerhalb der Natur stehenden Wesens nicht sauber falsifizieren.

    Atheismus ist nicht der Glaube an einen fehlenden Gott, sondern der fehlende Glaube an irgendeinen Gott.
    Die Überzeugung, dass die Existenz Gottes wissenschafltich nicht beweisbar ist, ist Agnostizismus.
    Atheismus bezieht sich demnach auf den Glauben an einen Gott, Agnostizismus um das Wissen um Gott.


    So verstehe ich mich als agnostischen Atheisten.

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  • Du meinst, weil es für die Vermutung dessen, was die Tagesschau zeigen wird, zumindest irgendwelche Anhaltspunkte gibt.

    Sorry, hier hat sich ein relevanter Tippfehler eingeschlichen. Dieser Satz sollte mit einem Fragezeichen enden, also



    Also z.B. "Ich glaube, was die Tagesschau sagt/zeigt." ist etwas anderes als "Ich glaube an Gott."

    Du meinst, weil es für die Vermutung dessen, was die Tagesschau zeigen wird, zumindest irgendwelche Anhaltspunkte gibt?


    Leider war es mir nicht möglich, dass Posting zu korrigieren. Es wird kein Bearbieten-Button eingeblendet.

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    (Sarah Bosetti)

  • Wenn es die Überzeugung ist "es gibt keinen Gott"

    Diese Haltung würde ich als Antitheismus bezeichnen bzw. diesem zuzählen. Sie wird aber zusammen mit anderen Sichtweisen auch unter dem Label Atheismus summiert. Das ist ein wenig schade, weil man der Sprache damit ein Stück der Genauigkeit nimmt, die sie haben könnte. Wenn ich mich als Atheist bezeichne, meine ich damit, dass mir bisher keine Gottesvorstellung begegnet ist, die mich dazu verführt hat, darüber nachzudenken, ob an der Idee etwas dran ist. Darüber hinaus bin ich areligiös, d. h. auch die Religionen, die keinen Gott behaupten, haben nichts, womit sie mich überzeugen können.


    denn zumindestens naturwissenschaftlich lässt sich die Existenz eines außerhalb der Natur stehenden Wesens nicht sauber falsifizieren. Ich kenne zumindestens kein glaubhaftes Experiment dazu.

    Warum sollte sich Naturwissenschaft überhaupt mit so etwas beschäftigen? Eine nicht falsifizierbare Idee, die auch keinerlei verifizierbaren Vorhersagen macht, kann gar kein Gegenstand (natur)-wissenschaftlicher Betrachtungen sein.


    (Natur)-wissenschaftliche Hypothesen werden auf Grund von Beobachtungen aufgestellt. Da wüsste ich jetzt nichts, dass zu einer Gottes-Hypothese geführt haben könnte. Aber es ist noch schlimmer, man kann schon deshalb keine Hypothesen formulieren, weil man keine Definition hat. Die Klassifikation als "außerhalb der Natur stehenden Wesens" ist wohl mehr Geschwurbel als eine Klarstellung in irgendeiner Form. So lange nicht klar ist, was ein Gott sein soll, kann man darüber auch nichts aussagen. Die Frage nach dem Wahrheitswert der sprachlichen Gebilde, die sich syntaktisch an Aussagen anlehnen, stellt sich nicht.


    Insofern ist "Es gibt keinen Gott." auch keine Aussage.


    Daher sehe ich mich als Antitheisten in einem etwas schwächeren Sinn, als dass ich eine solche Behauptung aufstellen könnte. Ich meine aber, dass die (kultur)-historischen, soziologischen und psychologischen Erklärungen zur Entstehungen von Religionen so klar sind, dass man die Frage, ob an den in den Religionen behaupteten Ideen überhaupt etwas dran ist, gar nicht stellen muss. Es geht nicht um die Feststellung, ob ein Gott existiert/mehrere Götter existieren. Die Frage ist noch nicht mal interessant.

    „Fakten haben keine Lobby.“


    (Sarah Bosetti)

    2 Mal editiert, zuletzt von O. Meier ()

  • Du meinst, weil es für die Vermutung dessen, was die Tagesschau zeigen wird, zumindest irgendwelche Anhaltspunkte gibt?

    Das zum einen, aber ich denke es ist tatsächlich etwas grundlegend verschiedenes.
    Ich habe z.B. beim schauen der Tagesschau noch keine religiösen Gefühle erlebt obwohl ich das ein oder andere für glaubhaft hielt, was die gezeigt haben. Ich kann mir auch beim besten Willen nicht vorstellen, dass z.B. ein Katholik beim schauen der Tagesschau religiöse Gefühle erlebt, auch wenn er das für wahrscheinlich wahr hält, was die zeigen.


    Habt ihr alle Religion als Drittfach?

    Nein, aber gerade als Atheist in einem Staat, in dem Religionen und insbesondere die Institution Kirche bis in höchste politische Kreise so vernetzt ist, dass im Zweifel im Sinne der Religion / Institution Kirche politische Entscheidungen fallen, ist es m.E. sinnvoll wenigstens etwas über Standpunkte von Religionen /religiösen Institutionen Bescheid zu wissen.

    Planung ersetzt Zufall durch Irrtum. :P

    8) Politische Korrektheit ist das scheindemokratische Deckmäntelchen um Selbstzensur und vorauseilenden Gehorsam. :whistling:

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  • Nein, aber gerade als Atheist in einem Staat, in dem Religionen und insbesondere die Institution Kirche bis in höchste politische Kreise so vernetzt ist, dass im Zweifel im Sinne der Religion / Institution Kirche politische Entscheidungen fallen, ist es m.E. sinnvoll wenigstens etwas über Standpunkte von Religionen /religiösen Institutionen Bescheid zu wissen.

    Zum einen das. Zum anderen muss man aber kein Atheist sein, um über die Gesellschaft, in der man lebt, über Gruppen und Institutionen, über Kultur und Geschichte Bescheid zu wissen. Irgendwie Allgemeinbildung.

    keine religiösen Gefühle

    religiöse Gefühle erlebt

    Kann ich nich beurteilen. Ich habe keine Ahnung, was "religiöse Gefühle" sein könnten.

  • Habt ihr alle Religion als Drittfach?

    Orthodoxe Religion als Drittfach erforderte leider ein Studium in Münster oder München, was mir schlicht zu weit weg war. Ansonsten wäre das eine sehr interessante Kombination mit meinen beiden Erstfächern gewesen. :)


    Was ich verstehe, musst du mir nicht erklären. Auf solcherlei reagiere ich empfindlicher als auf vermeintliche Bissigkeit.


    Dann wäre es wohl aber möglich diese Gruppe als "chrisliche Orthodoxie" zu explizieren? Ansonsten weß ich in der Tat recht wenig über diese Glaubensausprägung. Um nochmal auf

    Mit "man" warst explizit nicht du gemeint, sondern tatsächlich die unbestimmte Menge.
    Und tatsächlich ist der Begriff "Die Orthodoxie" in meinem Umfeld besetzt, aber ich sehe ein, dass ich ihn hier nachlässig verwendet habe. :)

  • Aber es ist noch schlimmer, man kann schon deshalb keine Hypothesen formulieren, weil man keine Definition hat. Die Klassifikation als "außerhalb der Natur stehenden Wesens" ist wohl mehr Geschwurbel als eine Klarstellung in irgendeiner Form. So lange nicht klar ist, was ein Gott sein soll, kann man darüber auch nichts aussagen.

    Ich bin ja, wie ich gerade schrieb, kein Theologe. Aber ich bin mir sehr, sehr sicher, dass es eine Definition des Gottesbegriffs in den verschiedenen Konfessionen des Christentums gibt. Darüber hat man sich zu Zeiten Gedanken gemacht, wo die allgemeine philosophische Bildung deutlich höher war als in den letzten 1000 Jahren. Mit all dem Streit und dem Hin und Her, den man erwarten könnte.
    Allerdings verlasse ich an dieser Stelle meinen Wissensbereich, insofern werde ich das auch nicht diskutieren können. ;)

  • Zumindest indirekt wird man zur Definition des Gottesbegriffs im Christentum fündig werden in den Schriften Thomas von Aquins zur Beweisführung der Existenz Gottes oder auch den Schriften Ludwig Feuerbachs:


    Nicht die Eigenschaft der Gottheit, sondern die Göttlichkeit oder Gottheit der Eigenschaft ist das erste wahre göttliche Wesen. Also das, was der Theologie und Philosophie bisher für Gott, für das Absolute, Wesenhafte galt, das ist nicht Gott; das aber, was ihr nicht für Gott galt, das gerade ist Gott - d. i. die Eigenschaft, die Qualität, die Bestimmtheit, die Wirklichkeit überhaupt. Ein wahrer Atheist, d.h.ein Atheist im gewöhnlichen Sinne, ist daher auch nur der, welchem die Prädikate des göttlichen Wesens, wie z. B. die Liebe, die Weisheit, die Gerechtigkeit nicht sind, aber nicht der, welchem nur das Subjekt dieser Prädikate nichts ist. Und keineswegs ist die Verneinung des Subjekts auch notwendig zugleich die Verneinung der Prädikate an sich selbst. Die Prädikate haben eine eigene, selbständige Bedeutung; sie drängen durch ihren Inhalt dem Menschen ihre Anerkennung auf; sie erweisen sich ihm unmittelbar durch sich selbst als wahr: sie betätigen, bezeugen sich selbst. Güte, Gerechtigkeit, Weisheit sind dadurch keine Chimären, dass die Existenz Gottes eine Chimäre,noch dadurch Wahrheiten, dass diese eine Wahrheit ist. Der Begriff Gottes ist abhängig vom Begriffe der Gerechtigkeit, der Güte, der Weisheit,- ein Gott, der nicht gütig, nicht gerecht, nicht weise, ist kein Gott - aber nicht umgekehrt. (...)

    (Da hat sich der Ethikunterricht der 10.Klasse doch mal sehr nachhaltig gelohnt. Immerhin erinnnere ich mich noch rund 25 Jahre später an diese Texte und die Diskussionen im Unterricht dazu. Danke Herr J.- Mein Ethiklehrer war übrigens selbst überzeugter Atheist und Humanist mit dem tiefsten Respekt vor allen philosophischen Schulen inlusive der diversen Religionen dieser Welt die für ihn Puzzleteilchen einer großen Wahrheit waren, deren Gesamtheit das UNIVERSUM ergeben, während jedes Teilchen - Philosophie, Religion, Kultur, Nation,...- nur ein einzelnes Universum und damit ein Baustein des großen Ganzen ist. Für mich als Schülerin der Unterricht, in dem ich wahre Toleranz vor den verschiedenen Wertvorstellungen (etc.) von Menschen gelernt habe. Mit großem Abstand der weiseste Lehrer den ich in meiner Schulzeit erlebt habe und von dem ich vier Jahre lang zu lernen die Ehre hatte. Ein echter Yoda- sogar optisch.)

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

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