rechtliche Grundsätze zur Verwendung der Unterrichtszeit

  • Hallo zusammen,


    ich bin auf der Suche nach rechtlichem Rat. Im Schulgesetz bin ich leider nicht fündig geworden.


    Gibt es rechtliche Vorgaben wie die Unterrichtszeit zu verwenden ist?


    Konkreter Fall: Die Klassenteams von fünf Parallelklassen beschließen, dass jeder Kollege eine Unterrichtsstunde pro Woche "hergibt". Das sind 10 Stunden pro Woche pro Klasse, also eine Doppelstunde am Tag. Diese Doppelstunden werden in allen Klassen täglich auf die 3. und 4. Stunde gelegt. In dieser freien Lernzeit arbeiten die SuS selbständig an zuvor geschnürten "Materialpaketen" und werden dabei von den tatsächlich anwesenden Lehrkräften betreut. Die SuS dürfen allerdings entscheiden, zu welchen Lehrkräften sie gehen und an welchem Materialpaket sie arbeiten und auch wie intensiv sie daran arbeiten.


    Ist diese Umverteilung von Unterricht rechtlich erlaubt?


    (Bitte keine Diskussion darüber, ob das sinnvoll ist oder nicht. Mir geht es allein um den rechtlichen Aspekt. Danke!)


    Liebe Grüße,
    Mrs Pace

  • Danke dir. Genau das meine ich. Was ich beschrieben habe, ist quasi Dalton. Das wird aber halt hauptsächlich an reformpädagogischen "Einrichtungen" betrieben, sprich an Privatschulen. Deswegen hatte ich Bedenken, dass es im staatlichen Schulsystem rechtlich gar nicht möglich ist.


    Also ist es ein Fall von "Nicht verboten, also erlaubt"?

  • Das ist erlaubt, meine Schule praktiziert das genau so. Begründung ist, dass es sich ja nur um eine zeitliche Umverteilung des Unterrichts handelt. Geregelt ist bei uns, dass in dieser Zeit keine Aufgaben für Fächer gemacht werden dürfen, die keine Zeit abgegeben haben.

  • Ist diese Umverteilung von Unterricht rechtlich erlaubt?

    Wir knappsen von jeder Stunde 5 Minuten ab und haben nach der 6. Stunde somit eine Lernzeit von 30 Minuten eingerichtet.


    Die Schulleitung kann dies aber nicht einfach anordnen. Alle Änderungen der Stundentafel müssen durch alle Gremien gehen und am Ende von der Schulkonferenz beschlossen werden.

  • Wir knappsen von jeder Stunde 5 Minuten ab und haben nach der 6. Stunde somit eine Lernzeit von 30 Minuten eingerichtet.
    Die Schulleitung kann dies aber nicht einfach anordnen. Alle Änderungen der Stundentafel müssen durch alle Gremien gehen und am Ende von der Schulkonferenz beschlossen werden.

    Ich weiß ja nicht, wie das in Hamburg geregelt ist, aber in Niedersachsen wäre dieses Vorgehen zwar erlassgemäß im Sinne der Flexibilisierung von Unterricht, aber gleichzeitig ein Verstoß gegen die Arbeitszeitverordnung, die in der Normenhierarchie höher steht. Zwar ist die Nettounterrichtszeit gleich geblieben (Deckung mit der Erlasslage), aber durch die gewonnenen ca. 3 Stunden pro Lehrkraft und das damit verbunden höhere Deputat (mehr Vor-/Nachbereitungen usw.) steigt die Gesamtarbeitszeit der Lehrer unzulässig an. Ähnlich sollte das doch auch in den anderen Bundesländern sein.

  • Hallo Seph,
    kannst du den Gedankengang noch einmal näher erklären? Ich verstehe, wie du auf die 3 Stunden kommst (27x5), aber wie kommst du auf eine höhere Debutatsstundenzahl?
    Gruß
    Tanis

  • In der Stundentafel sind beispielsweise für die BFS zusätzlich zu den Stunden für M, D, E, BFK, BPK, .... auch noch vier Stunden für den Wahlpflichtbebreich ausgewiesen. Dieser kann nicht nur aus Fächern sondern explizit auch aus Stützunterricht, etc bestehen. Von daher sehe ich keine Probleme, sofern die Stundenvorgaben für die anderen Fächer erfüllt sind.

  • Hallo Seph,
    kannst du den Gedankengang noch einmal näher erklären? Ich verstehe, wie du auf die 3 Stunden kommst (27x5), aber wie kommst du auf eine höhere Debutatsstundenzahl?
    Gruß
    Tanis

    Die Lehrerarbeitszeit ist ja neben der eigentlichen Arbeitszeitverordnung über Deputatsstunden á 45min festgelegt. Wenn eine Lehrkraft z.B. 25Std. á 45min unterrichten müsste, wären das fast 28 Std. á 40min.


    Es ist leicht nachvollziehbar, dass 5min mehr oder weniger für den Vor- und Nachbereitungsaufwand nahezu keine Rolle spielen, sehr wohl aber mehr Aufwand an 3 Unterrichtsstunden mehr hängen (zusätzliche Lerngruppe(n), zusätzliche Korrekturen, Konferenzen usw.). Insofern ändert sich zwar die Nettounterrichtszeit nicht, aber die Arbeitsbelastung deutlich.

  • Das Schlagwort "Stundentafel" kam mir auch sofort in den Sinn. Die schreibt ja vor, wie viel Unterrichtszeit der Schüler in welchem Fach bekommen muss. Das würde ja ein Stück ausgehebelt, wenn der Schüler das jede Woche neu aussuchen kann und evtl. ein bestimmtes Fach deutlich vorzieht oder ein anderes Fach deutlich vernachlässigt. Hier müsstest du mal sehen, welche Vorgaben es zur Stundentafel in deinem Bundesland gibt und ob/wo es Freiräume und Gestaltungsmöglichkeiten gibt.
    Wenn die Stundentafel hier ein Stück weit flexibel ist, geht das meiner Ansicht nach schon, denn wie man die Unterrichtszeit im Stundenplan verteilt, ist häufig Sache der Gesamtkonferenz und wie man die Unterrichtszeit methodisch füllt ist in der Regel die pädagogiche Freiheit des einzelnen Fachlehrers.

  • Ich weiß ja nicht, wie das in Hamburg geregelt ist, aber in Niedersachsen wäre dieses Vorgehen zwar erlassgemäß im Sinne der Flexibilisierung von Unterricht, aber gleichzeitig ein Verstoß gegen die Arbeitszeitverordnung, die in der Normenhierarchie höher steht.

    In Hamburg haben wir das (umstrittene) "Lehrerarbeitszeitmodell", in dem alle Tätigkeiten mit Faktoren versehen sind. Es wird nicht mit Schulstunden gerechnet, sondern in echten Stunden. Ich habe eine Wochenarbeitszeit von bummelig 46 Stunden. Eine Unterrichtsstunde (a' 40 Minuten) Englisch in der Sek I wird mit 1,4 faktorisiert, so dass ich dafür 56 Minuten meiner Arbeitszeit angerechnet bekomme. So funktioniert das mit allen Unterrichten (inklusive der Lernzeit) und Funktionstätigkeiten.

  • Wir machen das in der GS an einem Tag pro Woche jahrgangsübergreifend 1-4 (also auch eine Doppelstunde). Welche Schulform bist du, Mrs Pace?

  • In dieser freien Lernzeit arbeiten die SuS selbständig an zuvor geschnürten "Materialpaketen" und werden dabei von den tatsächlich anwesenden Lehrkräften betreut. Die SuS dürfen allerdings entscheiden, zu welchen Lehrkräften sie gehen und an welchem Materialpaket sie arbeiten und auch wie intensiv sie daran arbeiten.

    Ich bin mal neugierig: Müssen dann alle wie bei Wochenplanarbeit ein Minimum an bestimmten Pflichtaufgaben in den vorgegebenen Fächern lösen und entscheiden selbst in welchem Tempo und an welchem Tag sie was erledigen? Das Ganze wird dann regelmäßig eingesammelt und in die Benotung mit einbezogen?

  • Ergänzend zur Frage von Cat1970: Ist sichergestellt durch entspechende Pflichtaufgaben, dass die SuS trotz freier Lernzeit auf die vorgegebene Unterrichtszeit in den jeweiligen Fächern kommen werden? Und was spricht dagegen diese freie Lernzeit aus den Poolstunden zu generieren (wäre vermutlich rein echtlich gesehen die sauberste Lösung)?


    Ich habe die Frage auch mal an einen Schulrechtler weitergereicht (BaWü) und kann eine Antwort gerne auch hier einstellen.


    P.S.: Um welche Schulart geht es denn? (Ist ja nicht unwichtig im Hinblick auf die passenden Regelungen im Schulgesetz.)

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Wir praktizieren auch das Daltonkonzept. An 4 Tagen wird es an 45 oder 90 Minuten umgesetzt. Angekoppelt ist die entsprechende Daltonstunde an ein Modul (Fach). Die SuS arbeiten in dieser Zeit an den Daltonaufträgen, die sie in diesen Fächern bekommen haben. Dort steht auch immer, bis wann die Aufgben erledigt sein müssen (Zeitrahmen zB 6 Wochen). Ich als Lehrkraft bin dan mit zB 1 oder 2 Stunden in Dalton eingesetzt und beaufsichtige/unterstütze bei Bedarf. Die SuS entscheiden selber in welchem Raum sie in welcher Sozialform welche Aufgaben sie bearbeiten möchten.

  • Ich weiß ja nicht, wie das in Hamburg geregelt ist, aber in Niedersachsen wäre dieses Vorgehen zwar erlassgemäß im Sinne der Flexibilisierung von Unterricht, aber gleichzeitig ein Verstoß gegen die Arbeitszeitverordnung, die in der Normenhierarchie höher steht.

    EIn Modell wie "80+10" (oder "40+5") ist auch in Niedersachsen zulässig und findet sich als Beispiel in Publikationen der Landesschulbehörde (genauso wie andere Beispiele, um Unterrichtszeit anders zu verteilen). Es führt, wenn es z.B. so angelegt ist wie durch Xiam vorgestellt, auch nicht zu mehr Zeit für die Vor-/ Nachbereitung:

    haben nach der 6. Stunde somit eine Lernzeit von 30 Minuten eingerichtet

    Diese Zeit muss ja beaufsichtigt werden - durch Lehrkräfte. In der Zeit fallen somit keine zusätzlichen Klassenarbeiten an o.ä.

  • EIn Modell wie "80+10" (oder "40+5") ist auch in Niedersachsen zulässig und findet sich als Beispiel in Publikationen der Landesschulbehörde (genauso wie andere Beispiele, um Unterrichtszeit anders zu verteilen). Es führt, wenn es z.B. so angelegt ist wie durch Xiam vorgestellt, auch nicht zu mehr Zeit für die Vor-/ Nachbereitung:

    Diese Zeit muss ja beaufsichtigt werden - durch Lehrkräfte. In der Zeit fallen somit keine zusätzlichen Klassenarbeiten an o.ä.

    Danke für den Hinweis. Ich hatte ja bereits geschrieben, dass es erlassgemäß ist, die Stundenzeiten zu ändern. Das darf aber nicht dazu führen, dass das Deputat der Lehrkräfte einfach entsprechend erhöht wird. Und genau aus diesem Grund machen einige Schulen das ganz gerne :) Im Zweifelsfalls stehen die Vorgaben der Arbeitszeitverordnung über der Möglichkeit der Flexibilisierung nach Erlass. Die Betreuung einer Lernzeit ist sicher etwas anderes als 3 zusätzliche Unterrichtsstunden, insofern bin ich da bei dir.

  • So, die Antwort vom Schulrechtler (*des Schulrechtlers für D-Kollegen und Nicht-Süddeutsche) ist inzwischen auch da (BaWü): Um Stunden so umzudeklarieren bedarf es einer Änderung der Stundentafel, dafür braucht man Beschlüsse von GLK und Schulkonferenz.


    = Rechtlich in BaWü möglich, vorgegebenen Weg (GLK/Schulkonferenz) einhalten, dann könntet ihr das so machen

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Ich bin mal neugierig: Müssen dann alle wie bei Wochenplanarbeit ein Minimum an bestimmten Pflichtaufgaben in den vorgegebenen Fächern lösen und entscheiden selbst in welchem Tempo und an welchem Tag sie was erledigen? Das Ganze wird dann regelmäßig eingesammelt und in die Benotung mit einbezogen?

    Also ich habe mir das so vorgestellt. Wir haben ja netto ca. 36 Schulwochen im Jahr. D.h. wenn das Fach Deutsch zum Beispiel eine Stunde pro Woche hergibt, wären das aufs Jahr gesehen 36 Unterrichtsstunden. Ein paar Stunden würde ich gerne abknapsen für die Beratung der Schüler (derzeit mache ich das als Klassenlehrerin allein im Rahmen meines Unterrichts. Ich denke, da wäre es nur fair, das auf die Kollegen zu verteilen.) Zeit für die Leistungskontrolle (Klausur, mdl. Prüfung, Referat, etc.) muss dann auch noch abgezogen werden. Sagen wir mal, es blieben dann 30 Unterrichtsstunden über. Dann würde für das Fach Deutsch einfach ein Materialpaket geschnürt, für dessen Bearbeitung ein durchschnittlicher Schüler 30 Unterrichtsstunden benötigt. Zu den Pflichtaufgaben würde es dann noch Wahlaufgaben geben, die ein stärkerer Schüler noch zusätzlich bearbeiten kann. Und genau, die Schüler wären frei darin, was sie an welchem Tag wie lange machen. Bzw. es wird sich vermutlich auch danach richten, welche Lehrer zum Betreuen da sind.

    So, die Antwort vom Schulrechtler (*des Schulrechtlers für D-Kollegen und Nicht-Süddeutsche) ist inzwischen auch da (BaWü): Um Stunden so umzudeklarieren bedarf es einer Änderung der Stundentafel, dafür braucht man Beschlüsse von GLK und Schulkonferenz.


    = Rechtlich in BaWü möglich, vorgegebenen Weg (GLK/Schulkonferenz) einhalten, dann könntet ihr das so machen

    Danke dir! Könntest du mir die Quelle etwas eingrenzen? Gerne per PN. Also den Namen muss ich jetzt nicht unbedingt wissen, aber vielleicht genauer in welchem Bereich er tätig ist. Wäre echt spitze, danke. :) Aber ist auf jeden Fall schonmal gut zu wissen, dass es durch die GLK und die Schulkonferenz muss.

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