Chancen Mittelschule (Hauptschule) im Vergleich zur Förderschule

  • Wie seht ihr im Vergleich diese beiden Schularten in Bezug auf das Erreichen eines wie auch immer gearteten Schulabschlusses, damit man in einen Beruf einsteigen kann?


    Die Frage stelle ich aus konkretem Anlass. Das Kind (3. Klasse), um das ich mir Gedanken mache, ist eher ruhig, gut in die Grundschulklasse integriert, wird von zuhause gut unterstützt, schreibt mit Aufwand 4er, selten 3er, aber auch einmal 5er (6er) - die sind aber noch selten - in den kogniviten Fächern. Ein IQ- Test zeigte nun einen Wert etwas über 80 an. Vor allem die Merkfähigkeit ist ziemlich runtergefallen.
    Im regionalen Förderzentrum gäbe es zwar kleinere Klassen, aber auch eine andere Klientel, vor allem, was das Sozialverhalten betrifft. Das wäre vom Emotionalen her für das Kind dort belastender, zumal es auch schon wegen einer komplizierten Trennungsgeschichte belastet ist.


    Wie würdet ihr die Zukunftschancen des Kindes an beiden Schultypen einschätzen? Was würdet ihr zu welchem Zeitpunkt empfehlen?
    Wenn es jetzt in das Förderschulzentrum ginge, dort die Grundschule fertig machen würde, hätte es dann eine bessere Voraussetzung zum Besuch der Mittelschule, da man sich mehr um das Kind kümmern könnte? (Das stand auch mit als Überlegung im Raum.) Wie sicher ist so etwas bei diesem nicht komfortablen IQ?

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  • ...wenn es mithalten kann ohne im endergebnis versetzungsgefährdende noten zu schreiben und gut integriert ist - was spricht gegen die mittelschule? zumal sich das kind ja noch entwickeln kann. es ist doch gerade mal in klasse drei.

  • @keckks
    Danke für deine Meinung.
    In Bezug auf Entwicklungsmöglichkeiten: Meine Erfahrung zeigt eher, dass im 4. Schuljahr solche Kinder wegen des allgemeinen Übertrittsdrucks - d.h., das Tempo und die Anforderungen sind erhöht - sich eher im Schnitt um eine Note verschlechtern, was vielleicht kein Beinbruch ist, aber schon eine bestimmte Einstellung zu Noten - ich lasse mich nicht frustrieren - voraussetzt.
    Meine Einschätzung ist dennoch, dass das Kind die Versetzungen erreicht (auch in die Mittelschule), da es wahrscheinlich nicht auf einen Schnitt von 5,33 in den Hauptfächern kommt, der zu Nichtversetzung führt.

  • Ich weiß nicht, wie es in Bayern ist, aber ich sehe aufgrund deiner Schilderung nicht, dass das Kind an einer Förderschule besser aufgehoben wäre. Erstmal müsste doch überhaupt ein sonderpädagogischer Förderbedarf festgestellt werden, oder wie ist das in Bayern (habe keine Ahnung). Hat das Kind schonmal eine Klasse bei euch wiederholt? Würde das evtl. etwas bringen?
    Wenn es 4er schreibt ist doch erstmal alles ok. Mal ne 5 ist auch kein Beinbruch.
    Bei uns ist es tatsächlich so, wie du auch schon schreibst, dass leider an den Förderschulen mittlerweile sehr sehr viele Kinder mit emotional-sozialem Förderbedarf unterrichtet werden und da geht es ziemlich hoch her. Kinder, die "nur" lernbehindert sind und vom Wesen her ruhig und angepasst, gehen da in der Regel - so leid es den Kollegen tut - unter.
    Von daher würde ich in deinem geschilderten Fall das Kind auf der Regelschule (und später Mittelschule) lassen - zumal es gut integriert ist - und erstmal die weitere Entwicklung abwarten.

  • Vielen Dank für deine Antwort.
    Das Kind hat sonderpäd. Förderbedarf seit dem 1. Schuljahr, hat man so im Kindergarten beobachtet. (Da wurde Förderschule empfohlen.) Es ist deswegen in der Kooperationsklasse, die allerdings nur 2 Stunden in der Woche doppelbesetzt ist (wenn ich Glück habe). Es brauchte schon immer viel Unterstüzung, was die Eltern bisher hauptsächlich gestemmt haben. Allerdings existierte nie ein Test. Deshalb wurde der jetzt auf meine Anregung - da die Merkfähigkeit schon auffällig ist- vom MSD gemacht. Derjenige, der für den MSD (mobiler sonderpädagogischer Dienst) bei uns an der Schule ist, hat die früheren Unterlagen mit dem Testergebnis zusammen gesehen und kam zum Schluss, Förderschule wäre geeigneter. Ich selbst bin eben auch nicht so überzeugt, deswegen meine Fragen.
    Eine Wiederholung würde in meinen Augen nichts bringen, da man schon merkt, dass das Kind an seine Grenzen stößt. Außerdem hat es mit der Klasse, in der es jetzt ist, eine sozial angenehme, kleinere Klasse erwischt und davon haben wir an unserer Schule nicht allzu viele. In den unteren Jahrgangsstufen haben wir keine Kooperationsklassen mehr, da findet nur sporadisch eine Förderung durch eine 2. Lehrkraft statt.

  • Und worin besteht der sonderpäd. Förderbedarf, den es seit dem 1. Schuljahr hat, genau?
    Nennt sich das in Bayern auch Förderschwerpunkt "Lernen"? Es wird aber zielgleich mit den anderen unterrichtet?
    Und es schafft trotzdem 4er, mal ne 5, aber auch mal ne 3?
    Dann hat es meiner Ansicht nach aktuell keinen Förderbedarf im Bereich Lernen.
    Sind die 5er nur in bestimmten Fächern oder quer durch die Bank?
    Sehe da keinen Grund, warum es auf eine Förderschule wechseln sollte.

  • ...
    Wenn es jetzt in das Förderschulzentrum ginge, dort die Grundschule fertig machen würde, hätte es dann eine bessere Voraussetzung zum Besuch der Mittelschule, da man sich mehr um das Kind kümmern könnte?

    Nein, halte ich für unwahrscheinlich. Niemand kann in einem Jahr bei grenzwertigem IQ eine "Mittelschulfähigkeit" herbeizaubern. Ich würde es lassen, wo es ist, wenn es ihm bei euch gut geht. Wenn, dann nach der 4. Klasse neu überlegen, wo es ihm zukünftig besser ginge. Ein Schulwechsel ist immer eine Belastung.


    Bei uns würde auch ein Antrag bei den Noten eh abgelehnt werden, weiß nicht, wie es in Bayern läuft.

  • Der sonderpäd. Förderbedarf im Lernen besteht darin, dass man - theoretisch - Unterstützung für das Kind durch den MSD und /oder eine 2. Lehrkraft bekommt. Welche Entwicklungsrückstände das Kind hatte, damit habe ich mich nicht genau beschäftigt bzw. ist es auch nicht genau ausgeführt. Es tat sich einfach in allen Sachen schwerer und hat zudem mittlere Konzentrationsprobleme.
    Wenn das Kind einen überdurchschnittlichen, mehrstündigen Lernaufwand in Lernfächern (HSU z.B.) betreibt, schafft es noch eine 4. Es war aber auch schon so, dass bei einem etwas schwierigen Thema trotz hohem Lernaufwand eine 6 herausgekommen ist. Das 1x1 kann es sich nicht merken und die Herleitung klappt aufgrund des nicht Durchdringens nicht. Das sind die negativsten Punkte. Im Lesen ist es bei ungeübten Texten eines der schwächsten der Klasse, bei geübten Texten gehört es zum Mittelfeld.


    Die Kinder werden zielgleich unterrichtet. Zieldifferent unterrichtet zu werden heißt das Klassenziel nicht erreichen. Das muss man sich in Bayern schon überlegen. Leichtere Proben darf man den Kindern nicht geben. Entweder ohne Noten oder mit Noten wie die anderen auch.


    Der Hintergrund meiner Eingangsfrage war eher, welche Chance hat ein Kind mit diesem IQ auf einer Mittelschule? Hier habe ich wenig Erfahrung. Ich hatte eher Schüler mit einem IQ im Normalbereich, die auf eine andere Weise blockiert waren.

  • @Krabappel
    Der Vorschlag war, dass man es im Förderzentrum in die 2. Klasse zurücksetzt. Anscheinend wäre da aktuell noch Platz und es würde gehen. Der MSD sah den Test als ausschlaggebend an, nicht die Noten.


    Würde das in deiner Meinung etwas ändern bzw. sähst du da eher Chancen für einen besseren Start in der Mittelschule?


    Bayern hat schon auch einen Ausweg für schwächere Schüler in der Mittelschule. Sie können, wenn sie keinen Hauptschulabschluss erreichen können, freiwillig auf Antrag im 8./9. Schulbesuchsjahr eine sg. Praxisklasse besuchen, die in einen Beruf führen soll.

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  • Der sonderpäd. Förderbedarf im Lernen besteht darin, dass man - theoretisch - Unterstützung für das Kind durch den MSD und /oder eine 2. Lehrkraft bekommt. Welche Entwicklungsrückstände das Kind hatte, damit habe ich mich nicht genau beschäftigt bzw. ist es auch nicht genau ausgeführt. Es tat sich einfach in allen Sachen schwerer und hat zudem mittlere Konzentrationsprobleme.
    Wenn das Kind einen überdurchschnittlichen, mehrstündigen Lernaufwand in Lernfächern (HSU z.B.) betreibt, schafft es noch eine 4. Es war aber auch schon so, dass bei einem etwas schwierigen Thema trotz hohem Lernaufwand eine 6 herausgekommen ist. Das 1x1 kann es sich nicht merken und die Herleitung klappt aufgrund des nicht Durchdringens nicht. Das sind die negativsten Punkte. Im Lesen ist es bei ungeübten Texten eines der schwächsten der Klasse, bei geübten Texten gehört es zum Mittelfeld.


    Die Kinder werden zielgleich unterrichtet. Zieldifferent unterrichtet zu werden heißt das Klassenziel nicht erreichen. Das muss man sich in Bayern schon überlegen. Leichtere Proben darf man den Kindern nicht geben. Entweder ohne Noten oder mit Noten wie die anderen auch.


    Der Hintergrund meiner Eingangsfrage eher darum, welche Chance hat ein Kind mit diesem IQ auf einer Mittelschule? Hier habe ich wenig Erfahrung. Ich hatte eher Schüler mit einem IQ im Normalbereich, die auf eine andere Weise blockiert waren.

    Okay, das wird in Bayern also schon etwas anders gehandhabt. Danke für die Erklärung!
    Die Idee, ihn zurückzusetzen finde ich ja prinzipiell gut. Das wird in NRW sowieso erstmal gemacht. Dann hat er ein Jahr mehr Zeit - trotz begrenztem IQ - einige Inhalte zu wiederholen und zu üben. Aber dazu müsste er ja ins Förderzentrum wechseln mit schwierigem Klientel.
    Hm, keine einfache Entscheidung.
    Vielleicht solltest du auf dein Bauchgefühl hören und ihn dort belassen, wo er gerade ist, sofern die Eltern auch dafür sind. Welche Chance ein Kind mit diesem IQ auf der Mittelschule hat, kann ich leider auch nicht sagen, habe da keine Erfahrung.
    Vielleicht kann jemand aus Bayern das besser einschätzen.

  • ideensammlung:


    naja, kann es am förderzentrum besser gefördert werden als bei euch? falls nein - wozu wechseln? falls ja - worauf wartet ihr noch?


    konkret: wie schlimm/gut ist das lernklima am betreffenden förderzentrum?


    wie wahrscheinlich ist es, dass das kind dort eine fähige, ausgebildete lehrkraft statt einem angelernten gymnasialkollegen abbekommt? also jemanden, der wirklich weiß, wie man das auffangen kann?


    leidet das kind unter den schlechten noten?


    ist die klassengröße am förderzentrum spürbar besser, oder wird der vorteil durch das verhalten der vorhandenen sus/fehlende lehrkräfte zunichte gemacht?


    ...und kann das kind nicht mal quasi für eine art probeschulung eine weile ans förderzentrum? ich meine, mich zu erinnern, dass ich von solchen arrangements in bayern schonmal gehört habe.


    hat es arges defizitbewusstein? das würde ja vermutlich in richtung pubertät sehr viel größer.

  • Ich unterrichte derzeit eine 5. Klasse L an einem SFZ in Bayern. was du da von dem Kind schreibst, könnte es schon "zu uns" passen.
    Generell ist es für ein Kind schon belastend, immer der Schlechteste oder bei den Schlechten zu sein. Viele Kind bei mir empfinden es als entlastend, nach Jahren des Versagens (im jeweiligen Rahmen) nun zu den Guten zu gehören. Gerade kam wieder ein Mädchen von der Mittelschule in meine Klasse.
    Ja, bei uns sind schon Auftreiber, aber die gibt es an der Mittelschule auch. Und ich habe derzeit nur 12 Schüler und bin 4 Stunden auch noch doppelt besetzt. Und ich hab eine Reihe "braver" Schüler (großteils die Mädchen), die einfach niemanden stören und in ihrem Möglichkeiten arbeiten. Bei mir in der Klasse geht kein Kind unter - würde ich jetzt mal so kühn behaupten.
    Und nach der Schule gehen alle meine Schüler erst mal in eine Maßnahme vom Arbeitsamt, Berufsbildungsjahr, Berufsbildungswerk.... keiner steht auf der Straße.
    Wie das alles an Mittelschulen ist, weiß ich nicht, da muss dir jemand anders antworten.
    Außerdem gibt es an allen oder vielen SFZs inzwischen die Möglichkeit, den (einfachen) Hauptschulabschluss zu machen.
    Und natürlich dann der zweite Bildungsweg, der ja eh alle Tore öffnet.
    Schnuppern wäre mal was. Einfach bis Fasching oder so...
    Ich hoffe, das war hilfreich :)
    Alles Gute dir mit deinem Schüler!

    Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, dass man sie ignoriert.

    Aldous Huxley

  • Wir Mittelschulkollegen wundern uns oft, warum Kinder wie das von dir beschriebene nicht schon in der Grundschulzeit Richtung Förderschule beraten werden. Wenn die Grundlage aus der Grundschule nicht sitzen, werden sie sich auch an der Mittelschule schwertun und immer größere Lücken aufbauen.


    Meiner Erfahrung nach ist es für die so extrem schwachen Schüler eine enorme psychische Belastung, wenn sie trotz so hohem Lernaufwand immer nur schlechte Noten haben. Oft sinkt deren Selbstbewusstsein enorm und nicht selten geben sie bzw. auch die Eltern irgendwann auf und dann haben sie gar keine Chance mehr, den schulischen Anforderungen gerecht zu werden.


    Die Klassen an den Mittelschulen sind deutlich größer als an den Förderschulen und die Mitschüler an der MS sind auch nicht nur Lämmer, und fallen gerne über benachteiligte, ihnen unterlegene Schüler her. Und die können richtig grausam sein.


    Abgesehen davon würde ein jetziger Wechsel an die Förderschule den Druck, der in der 4. Klasse ja nicht ohne ist, nehmen und evtl. dem Kind ermöglichen, dass das Lesen, Schreiben und die Grundrechenarten gesichert werden. Wenn sich herausstellen sollte, dass es "zu gut" für die Förderschule ist, kann es jederzeit zurück an die Mittelschule wechseln.


    Darüber hinaus werden Förderschüler vom Arbeitsamt noch mehr in den Berufseinstieg begleitet/unterstützt als Mittelschüler.


    Eine Lernzieldifferenzierung würde ich nicht anstreben, denn die schließt aus, dass das Kind den klassischen Mittelschulabschluss oder Quali machen kann, selbst wenn es an der Mittelschule bleibt.

  • In so einem Fall würde ich die Beratungslehrerin kontaktieren. Sie würde das Kind im Unterricht beobachten, mit mir und den Eltern reden, evtl. Tests machen, zu der aufnehmenden Förderschule Kontakt aufnehmen und sich dort die Gegebenheiten ansehen. Wenn das Kind in der GS gut integriert ist, würde ich es da lassen, wenn in der Förderschule eine schwierige Klasse die Alternative ist. Wir haben zu unserer Förderschule einen guten Draht und wissen, wohin so ein Kind kommt. Im Zweifelsfall bleibt es dann bei uns. In den meisten Fällen wechselt es aber und es tut den Kindern gut.

  • Danke für die bisherigen konstruktiven Antworten.


    @lamaison
    Die Beratungslehrerin wird in diesem Fall nicht kommen, da das Kind einmal in der Woche eine Stunde vom MSD betreut wird. Der MSD hat die Tests gemacht, die er für die Fragestellung für notwendig erachtete. Würde ich jetzt noch die Schulpsychologin (das ist die 3. Möglichkeit) einschalten, ohne dass LRS oder ein anderes Problem ansteht, das der MSD nicht überprüfen kann, würde ich dem MSD in den Rücken fallen, denn der MSD macht die anderen Tests, die die Schulberatung macht (außer LRS und Dyskalkulie) genauso.
    Ich habe noch mehr Kinder mit sonderpäd. Förderbedarf in der Klasse - wie auch bei diesem Kind haben sich die Eltern bei der Einschulung entschieden, das Kind in eine Kooperationsklasse der Grundschule zu tun statt ins Förderzentrum. Kooperationskklassen sind quasi auf dem Papier inklusive Klassen mit verstärktem Anteil an L- Kindern. Ursprünglich hat man solchen Klassen mehrere Stunden Doppelbesetzung versprochen, inzwischen sind wir bei max. 2 Stunden in der Woche.
    Nur jetzt kam eben neu bei diesem Kind das mit dem IQ- Wert auf. Der betreuende MSD sieht dieses spezielle Kind als Grenzfall an mit Tendenz Richtung Förderzentrum, meine Kollegin, die das Kind in Klasse 1/2 hatte, sieht den Verbleib in der Grundschule, meine Schulleitung trägt sich mit dem Inklusionsgedanken und beide Elternteile tendieren im Augenblick in unterschiedliche Richtungen und ich versuche einfach noch Punkte zu finden.

  • @Krabappel
    Der Vorschlag war, dass man es im Förderzentrum in die 2. Klasse zurücksetzt. Anscheinend wäre da aktuell noch Platz und es würde gehen. Der MSD sah den Test als ausschlaggebend an, nicht die Noten.


    Würde das in deiner Meinung etwas ändern bzw. sähst du da eher Chancen für einen besseren Start in der Mittelschule?


    Bayern hat schon auch einen Ausweg für schwächere Schüler in der Mittelschule. Sie können, wenn sie keinen Hauptschulabschluss erreichen können, freiwillig auf Antrag im 8./9. Schulbesuchsjahr eine sg. Praxisklasse besuchen, die in einen Beruf führen soll.

    okay das kenne ich nicht, in der Förderschule wird bei uns immer altersgerecht eingeschult, auch nach Sitzenbleiben.


    Naja, 2. Klasse Förderschule ist so wie Vorschule: wir klatschen Silben, wir hören Laute, 2 von 10 können neue Wörter selbständig erlesen. Vielleicht geht's dem Kind da besser, gefördert wird es wohl eher nicht. Zumindest nicht so, dass es aufholen wird (selbst wenn es könnte). Solange es den Kindern gut geht und sie halbwegs mitkommen würde ich den höheren Bildungsweg probieren. Mit dem Zweifel allerdings, dass es in der 5. Klasse heillos überfordert sein könnte.


    Nie leicht, bei "Grenzfällen". Allerdings finden sie so oder so einen Weg, nach Praxisklasse kommt BVJ, nach Förderschule auch. Und in der Förderschule können fitte Jugendliche auch den Hauptschulabschluss versuchen. Zumindest bei uns. Daher würde ich den infragekommenden Schulen auf den Zahn fühlen, wo es netter ist und das Interesse am einzelnen Schüler größer.


    Edit, überlesen. Ich würde es lassen, wo es ist und in einem Jahr neu überlegen.

  • Solange es den Kindern gut geht und sie halbwegs mitkommen würde ich den höheren Bildungsweg probieren. Mit dem Zweifel allerdings, dass es in der 5. Klasse heillos überfordert sein könnte.Edit, überlesen. Ich würde es lassen, wo es ist und in einem Jahr neu überlegen.

    Also dann Wechsel an die Förderschule erst mit 10/11 Jahren? Worin liegen für dich die Vorteile dieses späten Wechsels?
    Ist das nicht zu spät, wenn das Kind dann trotz enormen Fleißes und Übens immer noch nicht richtig lesen kann bzw. keine Grundrechenarten beherrscht, viele Motivationskiller in Form sehr schlechter Noten erhalten hat?
    Bei uns an der Mittelschule bekommen wir tagtäglich mit, wie belastend für die schwachen Kinder die 4 Jahre unter den begabteren waren und müssen ganz viel Aufbauarbeit leisten, um ihnen wieder zu Selbstbewusstsein zu verhelfen. Die deutlich Minderbegabten schaffen es jedoch in der Regel nicht, die Lücken aus dieser Zeit zu schließen.

  • ... Die deutlich Minderbegabten schaffen es jedoch in der Regel nicht, die Lücken aus dieser Zeit zu schließen.

    Diese Lücke wird nie geschlossen, unsere Neuntklässler können das kleine 1x1 auch nicht. Und es wurde 5 Jahre lang gelegt, getanzt, geübt und gehofft.


    ...
    Bei uns an der Mittelschule bekommen wir tagtäglich mit, wie belastend für die schwachen Kinder die 4 Jahre unter den begabteren waren und müssen ganz viel Aufbauarbeit leisten, um ihnen wieder zu Selbstbewusstsein zu verhelfen...

    Ich weiß zwar nicht, warum die Mittelschule mehr Aufbauarbeit leistet, als die Grundschule, an der Förderschule zu sein ist jedenfalls schon per se nicht motivierend. So Minderbegabt ist niemand, dass er nicht mitbekäme, dass er nicht mithalten kann.


    Auch wenn es um die Berufswahl geht, muss man wieder und wieder Träume zerstören. Natürlich ist das furchtbar, die Vorstellung, an der Förderschule lösten sich alle Probleme in Luft auf, ist leider nicht realistisch.


    Aber klar, wenn der MSD die Förderschule empfiehlt, dann kann man sich der Empfehlung anschließen. Vorteile sehe ich aber in diesem Falle keine, weil das Kind nicht so "schwach" ist und weil es ihm soweit gut geht. Will eine Schule ein Kind mit Gewalt loswerden, würde ich auch sagen, es geht ihm überall besser als dort.

  • an der mittelschule in bayern sammeln sich in der fünften alle, die es "nicht geschafft" haben, bei denen die schnitte nicht für gym oder rs gelangt haben. da müssen natürlich erstmal egos wieder aufgebaut werden. an der gs geht das kaum, solange man eine größere zahl ehrgeiz-eltern im umfeld hat.
    das geht bis zu "mit anna spielst du nicht mehr, die geht auf die hauptschule."

  • @Krabappel
    Du zeichnest ein recht negatives Bild von der Förderschule, deutlich negativer als ich sie wahrnehme. Wir bekommen in der 5. Klasse immer wieder Schüler von der Förderschule, die dort einiges gelernt haben und so manchem Mitschüler voraus sind.



    Ich weiß zwar nicht, warum die Mittelschule mehr Aufbauarbeit leistet, als die Grundschule, an der Förderschule zu sein ist jedenfalls schon per se nicht motivierend. So Minderbegabt ist niemand, dass er nicht mitbekäme, dass er nicht mithalten kann.

    An der Grundschule sind pro Klasse ganz wenige Schwache, der Druck durch den Übertritt in der 4. Klasse enorm, das Niveau wird hochgehalten. Schwache als Minderheiten sind fast chancenlos. Man darf in Bayern keine differenzierten Lernzielkontrollen schreiben, sie müssen also das Pensum der angehenden Gymnasiasten mittragen. Was das bedeutet, müssen wir nicht näher diskutieren. Ein Kind, das schon in der 3. Klasse trotz hohen Lernaufwands in HSU Note 6 hat bzw. über 4 nicht hinauskommt - armes Kind, wenn es da nicht rausgenommen wird.


    In der Mittelschule kommen dann diese "Minderheiten" aus vielen Klassen in einer neuen Klasse zusammen, oft mit ganz negativem Selbstbild und noch negativerer Einstellung Schule gegenüber. Der "Rest", "ich bin dumm", "alle anderen haben es geschafft", ... diese Einstellung wurde jahrelang in den Kindern gefestigt. Vielleicht liege ich ja falsch, aber ich bilde mir ein, dass es diesen Kindern besser täte, nähme man sie frühzeitig raus und ließe sie in aller Ruhe und ohne Druck die Grundlagen lernen.


    Liebe Grundschullehrer, nehmt das bitte nicht als Kritik an euch! Die Gründe für diesen Druck an (bayerischen?) Grundschulen sind vielschichtig und ihr seid ebenso Leidtragende wie die Kinder!

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