Wer ein Argument gegen das Lehrerbashing angesichts der "Dauerferien" braucht

  • Ich persönlich traue mir weder zu ohne Ausbildung als Arzt, als Chirurg, als Bäcker, als Metzger, als Friseuer, als Maschinenbauer, als Quantenphysiker, als Bauarbeiter, als Klempner etc. zu arbeiten.

    Das ist eine ganz, ganz spannende Frage! Vom Gefühl denken wir nämlich insgeheim doch, dass theoretisch jeder als Lehrer arbeiten kann. Was sollen da erst andere denken?

  • Das ist eine ganz, ganz spannende Frage! Vom Gefühl denken wir nämlich insgeheim doch, dass theoretisch jeder als Lehrer arbeiten kann. Was sollen da erst andere denken?

    Das Problem ist, dass man die Folgen von schlechtem Unterricht in der Regel erst Jahre später sieht. Jemand kann im Klassenraum jahrelang vor sich hinmurksen, ohne dass es groß auffällt. Dann werden halt nur Einsen und Zweien vergeben und niemand beschwert sich. Zumindest haben Quereinsteiger aber ein Referendariat durchlaufen, was eine gewisse Qualitätssicherung beinhalten sollte. Leute einfach ohne jede Ausbildung ("Seiteneinsteiger") vor die Klasse zu stellen, halt ich aber für unverantwortlich.


    Gruß !

  • Der geht vielleicht mal für ein, zwei Jahre ins Ausland und hat hin und wieder Dienstreisen, aber das Meiste läuft heute digital.

    Woher nimmst du diese Zahlen? Der Consultant arbeitet beim Kunden, dafür zahlt der Kunde zwischen 1000-2000€ am Tag. Das ist zumindest der Satz, der für meine Bekannten veranschlagt wird. Montags morgens um 5:00 steht das Taxi zum Flughafen vor der Tür, um 7:00 geht der Flieger und um 9:00 ist das erste Meeting. Dann wird quasi bis Donnerstag nachmittags durchgearbeitet, danach zurückgeflogen und Freitags noch ein Bürotag.


    Und das sind keine Manager und die haben auch keine Managergehälter.

    Warum bist du denn nicht in der Wirtschaft geblieben? Zu anstrengend?

    Weil der Lehrerjob im Vergleich dazu deutlich lauer ist, ja. Auch wenn du das nicht gerne hörst.

    Lieber lauer Lehrerjob und fette Pension einstreichen?

    Ganz so platt würde ich das zwar nicht sagen, aber im Großen und Ganzen trifft es das dann doch ganz gut. Achja, unterrichten liegt mir allerdings auch und ich mag den Job. Aber die Rahmenbedingungen stimmen, zumindest was das angeht. Über die Ausstattung mit notwendigen Arbeitsmaterialien müssen wir natürlich nicht reden, da gibt es eindeutig massiven Nachholbedarf

    Genau wegen solchen Sprüchen wie deinen sind Quereinsteiger so unbeliebt.

    Wegen welchen Sprüchen genau? Ich habe niemals gesagt, dass der Lehrerjob lau sei. Ich habe lediglich gesagt, dass ich zufrieden bin. Und das darf man schon nicht mehr äußern? Wenn ich mich unbeliebt mache, nur weil ich sage, dass ich in meinem Job zufrieden bin ist das halt so. Das sagt allerdings einiges über dich aus.

    Ich glaube, jedes Berufsfeld ist einfach so vielfältig, da lassen sich Beispiele für alles finden. Hochbelastete Angestellte im öffentlichen Dienst, Hochstapler, gemütliches Leben in der freien Wirtschaft, ... Wir sollten das lassen.

    Sehe ich auch so, dann sollte man aber auch nicht wie in diesem Thread mit Studien um sich werfen, die nämlich genau das bezwecken sollen: Uns geht es allen einfach soooo schlecht.

    So dramatisch nehme ich das gar nicht wahr.

    Dramatisch würde ich das auch nicht nennen, aber ich räume halt gerne die Fehlvorstellungen einiger KuK aus dem Raum, da einem da zum Teil echt die Haare zu Berge stehen.


    Ich bleibe dabei: Die Work-Life-Cash Balance passt für mich! Wenn das für andere nicht der Fall ist, so tut mir das Leid. Wie gesagt, jeder hat die Chance sich fortzubilden und selbst in der freien Wirtschaft den großen Reibach zu machen ;)

  • Jemand kann im Klassenraum jahrelang vor sich hinmurksen, ohne dass es groß auffällt. Dann werden halt nur Einsen und Zweien vergeben und niemand beschwert sich.

    Darum gibt es bei uns im Kollegium ja auch die Weisheit, daß nur ein guter Lehrer das Notenspektrum von 1 bis 6 wirklich ausnutzen kann. Bei einem schlechten Lehrer haben am Ende alle Schüler die Note 2 oder 3, eben weil er nirgendwo anecken will mit seiner Notengebung, die er dann im Zweifelsfall ja auch begründen muß.

  • Das wird der Grund sein, warum Du Lehrer bist und sie nur Hausfrau.

    Na ja, die "Hausfrau" ist halt zur Zeit "nur" Hausfrau und Mutter, weil sie die Kinder großzieht. Vorher war sie Architektin, hat also auch ein Studium hinter sich und in dem Beruf gearbeitet. Ich nehme an, dass sie auch in ihren Beruf zurückkehren möchte, wenn die Kinder groß genug sind.

    Vom Gefühl denken wir nämlich insgeheim doch, dass theoretisch jeder als Lehrer arbeiten kann.

    Nein, das würde ich nicht unterschreiben. Ich bin der festen Überzeugung, dass die fachliche Kompetenz, die in JEDEM Lehramt notwendig ist, nur durch ein akademisches Studium erlangt werden kann. Allerdings, und das ist eventuell das, was du gemeinst hast, braucht man für den pädagogisch-didaktischen Teil, also für den "Lehr-Teil" nicht unbedingt ein Studium. Zumindest nicht, wenn es heute noch so abläuft, wie zu meiner Zeit. Da reicht eine Art Intensivkurs, aka Referendariat, durchaus auch, evtl. sogar noch etwas gekürzt.
    In diesem Sinne habe ich also gar nichts gegen Quer- oder Seiteneinsteiger. Da es solche bei uns gar nicht so häufig gibt, kenne ich mich mit dem System nicht gut aus. Deshalb ist meine nächste Bemerkung evtl. völlig überflüssig, weil es sowieso schon so gehandhabt wird: Ich fände es wichtig, dass Quer- und Seiteneinsteiger in jedem Fall das Referendariat durchlaufen müssen, um hier eben nochmal entsprechende Grundlagen zu vermitteln und auch um eine Instanz zu haben, die ihre Qualität überprüft. Damit man eben nicht auf den Glücksfall angewiesen ist, dass jemand zufällig gerade ein Händchen fürs Unterrichten hat.
    Dann würde ich aber konsequenterweise das erste Staatsexamen abschaffen: Alle studieren auf Magister oder Diplom und wer dann Lehrer werden will, macht halt das Ref. Würde für mich gut funktionieren.

  • Dann würde ich aber konsequenterweise das erste Staatsexamen abschaffen: Alle studieren auf Magister oder Diplom und wer dann Lehrer werden will, macht halt das Ref. Würde für mich gut funktionieren.

    Dann hätten wir das Schweizer Modell. Und das macht der Staat aus gutem Grund nicht: Dann würde er nämlich auch im Lehramtsbereich bei den Studienabsolventen mit der "freien" Wirtschaft konkurrieren müssen. Klar, es gäbe immer noch genug Bewerber, die Deutsch- oder Geschichtslehrer werden wollen, aber sonst?


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Hätte den sehr angenehmen Nebeneffekt, dass der Staat dann eben auch konkurrenzfähige Arbeitbedingungen bieten müsste.

    Hätte auch den angenehmen Nebeneffekt, daß Quereinsteiger nicht mehr bessergestellt sind als originäre Referendare. Dann würden alle vor dem Ref. schon die feste Stellenzusage bekommen, wenn sie das Ref. mit der Note 4,0 nur irgendwie überleben und müßten sich nicht nachher noch einmal notenscharf bewerben.

  • Es gibt da ja unterschiedliche Modelle. Bin auch Seiteneinsteiger aber muss das Ref machen und habe keine feste Stellenzusage. Sehr facettenreich da eben Ländersache.

  • Na ja, die "Hausfrau" ist halt zur Zeit "nur" Hausfrau und Mutter, weil sie die Kinder großzieht. Vorher war sie Architektin, hat also auch ein Studium hinter sich und in dem Beruf gearbeitet. Ich nehme an, dass sie auch in ihren Beruf zurückkehren möchte, wenn die Kinder groß genug sind.

    Nun, aus ihrem Verhalten hätte ich das jetzt nicht geschlossen. Aber was solls, man muss nicht kein Abitur haben, um doof zu sein.

    „Think of how stupid the average person is, and realize half of them are stupider than this.“ - George Carlin

  • Daher auch meine Verwunderung, dass gerade sie, die sicherlich selbst mit stupiden Vorurteilen bezüglich ihrer Tätigkeit zu kämpfen hat, nicht reflektieren kann, dass die Vorurteile gegenüber anderen Berufsgruppen vielleicht ähnlich wenig aussagekräftig sind.

  • Nein, das würde ich nicht unterschreiben. Ich bin der festen Überzeugung, dass die fachliche Kompetenz, die in JEDEM Lehramt notwendig ist, nur durch ein akademisches Studium erlangt werden kann. Allerdings, und das ist eventuell das, was du gemeinst hast, braucht man für den pädagogisch-didaktischen Teil, also für den "Lehr-Teil" nicht unbedingt ein Studium.

    Naja, ich bezog mich auf deine Beispiele. Und es erscheint einem doch tatsächlich unmöglich, dass jemand ohne Ausbildung Elektriker oder Kinderarzt wird, dass aber jeder (ggf. mit irgendeinem Studienabschluss) als Grundschullehrer oder Deutschlehrer arbeiten könnte, das erscheint nicht sooo absurd, oder? So vom Gefühl her... frag mal die Mathelehrer hier im Forum ;)


    (Was dann aber wirklich passiert, sehen wir ja spätestens jetzt in Berlin...)

  • dass aber jeder (ggf. mit irgendeinem Studienabschluss) als Grundschullehrer oder Deutschlehrer arbeiten könnte, das erscheint nicht sooo absurd, oder?

    Na ja, der Punkt ist, dass eben nicht nur IRGENDEIN Studienabschluss sein darf. Ein Deutschlehrer muss schon Germanistik studiert haben. Ein Grundschullehrer muss sich im Studium mit Schriftspracherwerb etc. beschäftigt haben und so weiter. So gesehen bin ich gar nicht so weit entfernt von dem fiktiven Mathelehrer, auf den du anspielst.
    Aber das reine Handwerk des Unterrichtens, das kann dann jeder lernen, das ist richtig. Aber auch da finde ich halt, dass man es schon lernen muss, daher: Ref für alle.

  • Klar, es gäbe immer noch genug Bewerber, die Deutsch- oder Geschichtslehrer werden wollen, aber sonst?

    Naja, so Trötnasen wie mich, die eben finden, Schule ist viel geiler als sich bei der Novartis den Arsch aufzureissen. ;)

  • Du vergißt, daß man mehrere Dinge davon parallel machen kann, wie uns unsere Schüler täglich demonstrieren.
    Also "Checking social media", "Discussing out of work activities with colleagues" und "Eating snacks" haben meine im Informatik-Unterricht schon geschafft, wenn auch nur für 1,5 Sekunden.

    Mag sein - aber diese Zusammenstellung ist ein Beispiel für "Extrem-Multitasking für Superhelden der Parallel-Prokrastination" ;)



    Zitat

    Zwei Stunden und 53 Minuten – so lange arbeitet ein Mitarbeiter im UK durchschnittlich an einem Achtstundenarbeitstag. Eine Studie aus Großbritannien erlangte dieses Ergebnis, indem sie knapp 2.000 Angestellte, die im Büro tätig sind, befragten. Wie aber beschäftigen sich die befragten Mitarbeiter die anderen fünf Stunden und sieben Minuten?

    Die Summe der genannten Tätigkeiten ergibt 308% ;)

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

  • Kommt doch drauf an, wie man unterrichtet. (Ich finde aber auch nicht, dass man das vergleichen kann...)

    Ich las mal irgendwo, dass ein Lehrer pro Minute so viele Entscheidungen treffen muss, wie ein Fluglotse oder so ähnlich.


    Natürlich hängen von unserer Tätigkeit keine Leben ab. Dass sie aber weniger Konzentration bedarf würde ich zumindest mal bezweifeln, wenn ich mir so die Bandscheiben-und-Burnoutrate unter Lehrern ansehe.

  • wenn ich mir so die ... Burnoutrate unter Lehrern ansehe.

    Ohne jemandem zu nahe treten zu wollen, frage ich mich wie hoch diese wäre ohne die Option der Dienstunfähigkeit, also ein Vergleich Angestellte vs. Beamte.
    Gibt es da große Unterschiede? Interessiert mich wirklich.

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