Rund 50 Prozent LRS - da stimmt doch was nicht!

  • Erst einmal ist nur wichtig, dass die Lehrerschaft dies anerkennt und sich nicht den Kopf zerbricht über eventuelle eigene Unzulänglichkeiten oder die der Schullandschaft im Allgemeinen. Noch nie hat sich Pädagogik und Schule so sehr um das goldene Kalb "Kind" gedreht wie heutzutage.

    Klasse! Wir Lehrer sind großartig und machen alles was wir können und das womöglich sogar richtig- reicht an Reflexionsfähigkeit, Ref beendet. Wo ist meine Ernennungsurkunde für die Planstelle?

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Ich bekräftige / ergänze mal:
    Arme Familien, ghettoartige Wohngegenden mit eigenen Sprachen [...] Völlige Egal-Einstellung gegenüber Arbeit, Leistung, Lernen, Gessellschaft. Ich hatte mal ein Kind mit einer Farbsehschwäche, das hatten die Eltern in 6 Jahren nicht bemerkt.
    Mangelnde Leistungsmotivation. Eltern leben das den Kindern vor.

    Darf ich mal ergänzen:
    Und die Landesregierung lebt allen genau diese Einstellung vor.


    Wenn ich an Berlin denke, kommt mir immer nur folgende Gedanken:

    • Die wollen gar nicht aus ihrer Hängematte (= Länderfinanzausgleich) raus. Stolz a la "außer den Sonderkosten fürs Regierungsviertel bekommen wir unseren Laden alleine in den Griff" ist nicht vorhanden.
    • Die Landesregierung ist generell unfähig (egal welche Partei) und ergießt sich in Platitüden wie "arm aber doof ...äh sexy", "Ich bin schwul und das ist gut so", "Gendertoiletten Divers", "Welt-Frauen-Feiertag", ... als ob es in dem Laden nichts Wichtigeres zu entscheiden gäbe.
    • Die Landesregierung erkennt nicht einmal die eigene Unfähigkeit und überschätzt sich selber maßlos. Bestes Beispiel dafür ist der Flughafen BER. Das Desaster ist doch nur entstanden, weil die Landesregierung meinte so gut zu sein, daß sie selber die Bauleitung übernehmen und die Kosten eines Generalunternehmers einsparen könne.
    • Die Bevölkerung in der Stadt scheint genauso gepolt zu sein. Da wird im Radio diskutiert, ob der ÖPNV jetzt co2 neutral fährt oder nicht.

    Wie gesagt, ich wäre ganz dringend für "Concentrate on core competence."


    Im Falle Berlin wäre das:

    • Seht zu, daß der Straßenbau, der ÖPNV und die Schulen laufen.
    • Kindergartenpflicht auch und gerade für bildungsferne Haushalte, ggf. Kinderlandverschickung, um sie aus dem ganzen Ghetto rauszubekommen. Die Kinder wurden 1948/49 während der Blockade auch ausgeflogen.
    • Haushaltssamierung, notfalls auch mit dem ganz groben Rotstift (= Schließung aller Schwimmbäder, Abbau von Spielplätzen, Die Eintrittspreise der Museen etc. haben die Kosten zu decken, sonst werden die auch geschlossen ...)
    • Für den ÖPNV werden S-Bahn Züge angeschafft, die in anderen Städten schon fahren und gezeigt haben, daß sie auch im Winter funktionieren; keine Neukonstruktionen, weil die "chic" aussehen.

    Und ja, die Bevölkerung soll und muß merken, daß das Sparen auch Folgen für sie selber hat.


    Oder, wie es einer meiner Kollegen mal formulierte: Es wird so langsam dringend Zeit, daß wir als ganzes Land mal wieder gehörig einen aufs Dach bekommen, wie eben Berlin bei der Blockade, auf das wir uns den ganzen Firlefanz, der in der Politik so verzapft wird, nicht mehr leisten können und es vor allem für alle ersichtlich wird, daß wir uns das nicht mehr leisten können.
    Berlin war mal die Stadt, die stolz darauf war während der Blockade 1948/49 den Russen zu trotzen. Heute ist es ein verweichlichter Haufen.

  • und genau deswegen kann man 5 Mal sagen in Finnland läuft alles besser, warum denn? Wie mein Dozent schon damals (2007) sagte: die haben unsere Probleme nicht. Wenn man da Fernsehen gucken will muss man Englisch können oder lesen. Klar, dass die eine andere Lesekompetenz haben, wenn alle Filme auf Englisch mit finnischen Umtertiteln laufen. Und die Leite bleiben im langen kalten Winter auch mehr drinnen und beschäftigen sich dort.


    Schlimm, wenn sich eine Freundin, die an der Grundschule arbeitet, freut, wenn mein Dreijähriger den Genitiv korrekt anwendet.

    Only Robinson Crusoe had everything done by Friday.

    • Offizieller Beitrag

    Was ich vorhin vergaß: Es wird ja nun Abhilfe geschaffen (siehe verlinkter Artikel):
    - zusätzlich zu VERA gibt es nun jährliche Tests,
    - mehr Fortbildungen für Lehrer, damit diese endlich ausgelastet sind,
    - mehr Fortbildungen für Quereinsteiger, denn man hat festgestellt, dass diese mehr didaktische und pädagogische Grundlagen benötigen,
    - Respekt-Teams aus Sozialarbeitern an Problemschulen, (Es gibt dort schon Sozialarbeiter und auch Gewaltpräventionsbeauftragte sowie Tridems, die hießen nur bisher nicht Respekt-Teams.)
    - eine zusätzliche Deutschstunde in den unteren Klassenstufen. Die dafür nötigen 200 Stellen werden aus dem Pool qualifizierter und erfahrener Grundschullehrer, die derzeit keine Arbeit haben und nur darauf warten, in Berlin angestellt zu werden, besetzt. Wir nehmen hier nur die Besten der Besten!

  • Und ich hätte jetzt gedacht, daß sie mal an den ganz grundsätzlichen Stellschrauben drehen: Klassenteiler von 30 auf 20 Schüler setzen oder noch weiter runter. ;)
    Das hat natürlich extreme Folgen, was die Anzahl der benötigten Klassenräume etc. angeht. Aber bevor sie die Mrd. in Schönefeld (aka BER) im märkischen Sand verbuddeln, können sie das auch direkt in der Stadt tun.

  • Sind das jetzt Forderungen der OECD, der Bertelsmann-Stiftung oder ist das Satire?


    Gruß 1

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Wie ich gerade lese, erfüllen rund 50 Prozent der Schüler der dritten Klassen in Berlin die Mindestanforderungen im Bereich Rechtschreiben nicht. Das bedeutet doch, die haben alle LRS! Wie kann das sein? Was läuft da falsch?

    Moin,


    nein, das bedeutet es nicht. LRS ist eine Teilleistungsschwäche. Wenn die Probleme auch in anderen Bereichen bestehen, geht es eher in die Richtung Förderbedarf Lernen oder sogar Geistige Entwicklung. Manchmal steckt hinter diesen schlechten Noten auch ein Förderbedarf Emotionale-Soziale Entwicklung. Noch gar nicht in Betracht gezogen wurden auch andere Probleme, wie z.B. ADHS, ADS, Autismus...


    Nun mal davon ab. Du beziehst dich doch hier auf die Vera Ergebnisse aus 2018. Dort wurde im Bereich Deutsch "Lesen" und "Zuhören" überprüft. Woher kommen die Rechtschreibwerte?


  • Berlin war mal die Stadt, die stolz darauf war während der Blockade 1948/49 den Russen zu trotzen. Heute ist es ein verweichlichter Haufen.

    ...ich sehe vor meinem inneren Auge einen Herrn mit Monokel im Dreiteiler vorm Weltempfänger sitzen und über die vergangene Zeit trauern, als noch Zucht und Ordnung unterm Kaiser herrschten.


    ...
    Nun mal davon ab. Du beziehst dich doch hier auf die Vera Ergebnisse aus 2018. Dort wurde im Bereich Deutsch "Lesen" und "Zuhören" überprüft. Woher kommen die Rechtschreibwerte?

    Das ist allerdings wirklich die allererste Frage, die hätte gestellt werden müssen :rotwerd:

  • Das IQB erstellt immer einen Satz mit Aufgaben den alle Länder einsetzen, der dann von den einzelnen Ländern (die Aufgaben erstellt das IQB) noch angereichert werden kann (das ist ähnlich wie PISA (international) und PISA-E (nationale Erweiterung)) und da sie die Daten ja offensichtlich erhoben und nun veröffentlicht haben, muss sich irgendwer in der Berliner Schulverwaltung wohl für die Rechtschreibung interessiert haben. War ja sowieso mal geplant, dass RS verpflichtend rein sollte, dagegen haben sich nur ein "paar" Kultusminister gesperrt...

    If you look for the light, you can often find it.
    But if you look for the dark that is all you will ever see.

  • Das IQB erstellt immer einen Satz mit Aufgaben den alle Länder einsetzen, der dann von den einzelnen Ländern (die Aufgaben erstellt das IQB) noch angereichert werden kann (das ist ähnlich wie PISA (international) und PISA-E (nationale Erweiterung)) und da sie die Daten ja offensichtlich erhoben und nun veröffentlicht haben, muss sich irgendwer in der Berliner Schulverwaltung wohl für die Rechtschreibung interessiert haben. War ja sowieso mal geplant, dass RS verpflichtend rein sollte, dagegen haben sich nur ein "paar" Kultusminister gesperrt...

    Daran erinnere ich mich ehrlich gesagt nicht. Meine letzte Vera Prüfung ist jedoch auch gute 7 Jahre her. Die fand ich übrigens ganz furchtbar. Beim Leseverständnis ging es um einen Text über Elefanten. Doch einige Antworten standen nicht im Text und beriefen sich auf ein Vorwissen der Schüler. Das war nicht da, somit hatten sie ein schlechteres Ergebnis. Auch finde ich das Aufgabenformat schlecht, dass es bei einer falschen Multiple Choice Antwort sofort für diese Aufgabe 0 Punkte gibt. Ist ja bei den Vergleichsarbeiten in 8 ebenfalls so.
    Im normalen Schulbetrieb müssen wir differenzieren, Tippkarten erstellen, unterschiedliche LZK entwerfen und dürfen keinerlei Punkte für das Nutzen dieser Karten abziehen. Bei dem Lernstand gibt es plötzlich keine Hilfen mehr, alle machen den selben Veratest und wir wundern uns, warum das so mies ausfällt. Ich kann diesen Erhebungen nichts abgewinnen. Dem Prinzip alles mit Tippkarten zu erleichtern und bis zur 9 nicht sitzenzubleiben allerdings auch nicht.

  • Auch finde ich das Aufgabenformat schlecht, dass es bei einer falschen Multiple Choice Antwort sofort für diese Aufgabe 0 Punkte gibt.

    Ja, eigentlich müßte man die falschen Antworten noch von den richtigen Abziehen, wei sonst die Schüler ja ein Strickmuster ankreuzen könnten, um zu bestehen.
    Aber damit würde man dann wohl auf ganzer Linie Schiffbruch erleiden bei den Ergebnissen?

  • Diskussionsgrundlage - Da die Daten auf parlamentarische Anfrage hin veröffentlicht wurden, gehe ich davon aus, dass sie ansonsten nicht öffentlich zur Verfügung stehen.

    If you look for the light, you can often find it.
    But if you look for the dark that is all you will ever see.

  • Ich find nüscht :weissnicht:


    ... Bei dem Lernstand gibt es plötzlich keine Hilfen mehr, alle machen den selben Veratest und wir wundern uns, warum das so mies ausfällt.

    naja, wenn das Tippkartensystem was bringen würde, müssten ja irgendwann irgendwelche Erfolge zu sehen sein.


    Das mit der fehlenden Validität finde ich eher problematisch. Allerdings hat das so mancher Lehrer meiner Kinder auch noch nicht begriffen. Was da alles bewertet wird, um eine Fachnote zu schmieden ist ... erstaunlich...

  • Schlecht in Rechtschreibung =/=LRS


    Soweit ich es noch aus der Grundschulzeit meiner Tochter weiß, wird auf LRS getest, wenn man die Mindestanforderungen (sprich Note 4) nicht erfüllt. Passt ja zu den 50%. In der Regel haben diese Kinder dann auch eine, wobei es nur um Rechtschreibschwierigkeiten geht und nicht um hirnorganische Beeinträchtigungen. Das stellen die üblichen Schul-Tests gar nicht fest. Da müsste man zum Facharzt gehen.

    Es gibt für alles ein Publikum und für jede Meinung das passende Argument.

  • Ich denke mal, daß ein gerüttelt Maß an "moderner Pädagogik aka Selbstlernen" für den Mist verantwortlich ist. Hinzu kommen die ganzen Zusatzaufgaben, die die Schule heute noch alle erfüllen soll. Aber niemand sagt, was dann im Gegenzug für diese neuen Anforderungen wegfallen soll.


    Merke: Die Lehrpläne in den 1970ern waren nicht so schlecht, jedenfalls wenn man sich die Ergebnisse, die sie produziert haben, ansieht. ;)


    Oder, im BWL-Sprech: "Concentrate on core competence!" :)


    Ich glaube auch, dass es sehr viel an den heutigen Unterrichtsformen liegt. Die sollen ja vor allem zu mehr Spaß am Lernen führen. Seltsamerweise freuen sich alle Kinder aber trotzdem am meisten über Ausfall und Ferien.


    Bei den heutigen Unterrichtsformen scheint mir einfach zu viel Zeit verplempert zu werden. Die Kinder sollen beispielsweise etwas selbst entdeckend lernen, statt dass es ihnen einfach gesagt, gezeigt, vorgemacht wird. Das kostet viel Zeit (die fürs Üben fehlt). Am Ende hat 1 Kind die richtige Lösung entdeckt, 7 eine falsche und der Rest gar nichts. Letzteren muss es dann also doch wieder gesagt, gezeigt, vorgemacht werden, aber 1 Stunde ist verplempert.


    Wie haben wir Fahrradfahren gelernt? Selbst entdeckend? Oder indem es uns jemand sagte, zeigte, vormachte? Und ist das nicht bei den meisten Spielen und sonstigen Tätigkeiten so?


    Was uns in den Schulen vor allem fehlt, ist Zeit ! Zum Üben, Üben, Üben!

    Es gibt für alles ein Publikum und für jede Meinung das passende Argument.

  • ......

    • Haushaltssamierung, notfalls auch mit dem ganz groben Rotstift (= Schließung aller Schwimmbäder, Abbau von Spielplätzen, Die Eintrittspreise der Museen etc. haben die Kosten zu decken, sonst werden die auch geschlossen ...) ...


    Geht mich zwar nichts an, allerdings bin ich da öfter mal. Deshalb: Wieso hat Berlin Millionen für kostenlose Kindergärten und A 13 für alle, aber (dann) kein Geld mehr für Schwimmbäder, Spielplätze, Museen, U-Bahnen, S-Bahnen, geschweige denn den BER ... ???


    Hier herrschte doch auch die Meinung, wenn die einen mehr bekommen, bekommen doch die anderen nicht weniger und sollen's ihnen deshalb nicht neiden.

    Es gibt für alles ein Publikum und für jede Meinung das passende Argument.

Werbung