Freut euch, kecks, denn hier läuft es leider anders, nicht nur an unserer GS, sondern auch bei den Kindern von Kollegen.
Schulpolitik in NRW
-
-
Ich habe derzeit ein Kind in Klasse 4. Seit der Einschulung wurde ich von allen möglichen Leuten kirre gemacht, wie schlimm und stressig das 4. Schuljahr wird. Nur, die Unkenrufe sind nicht eingetreten. Er hat eine super Lehrerin. Die Frau ist 62 und weiß einfach, was sie macht. Daneben Klasse Bedingungen (17 Kinder in der Klasse). Alles, was er braucht, bekommt er in der Schule mit. Von wegen Elternnachhilfe, ich bin entspannt.
-
Mag daran liegen, dass hier die Übertrittsquoten halt auch in einem vernünftigen Bereich liegen. In meiner Gegend "muss" man nicht aufs GY.
-
Das mit dem "üben, üben, üben" kann ich nicht nachvollziehen...in dem Fall müssten sie nach Klasse 4 doch fehlerfrei lesen, schreiben und rechnen können. Oder was wird da geübt?
-
Mag daran liegen, dass hier die Übertrittsquoten halt auch in einem vernünftigen Bereich liegen. In meiner Gegend "muss" man nicht aufs GY.
Das ist interessant, woran liegt das deiner Meinung nach?
-
Das ist interessant, woran liegt das deiner Meinung nach?
darf ich mal mutmaßen?
"Ländliche Gegend", und dann heißt es eben "Dann goat da buar ebn uffn Hof und wiad a Stallknecht".Davon haben wir "hier" weit weniger.
Dafür aber viel mehr Leute. -
Aber in einer Gesamtschule sind doch in den unteren Klassen spätere Hauptschülerabgänger und Abiturienten zusammen, oder nicht?
Ja, und? nochmal: Schule ist kein Fußballplatz. Und blau-weiße Thekenargumente sollten deswegen auch im Vereinsheim bleiben
-
@Miss Jones: Ländliche Gegend ja, aber dafür die Gegend mit der zweithöchsten Industriedichte Europas. Und da wird man nach der Mittleren Reife oder dem Hauptschulabschluss dann nicht Stallknecht, sondern macht eine technische Ausbildung bei einem der vielen mittelständischen Weltmarktführer oder bei Deutschlands größtem Autoversicherer.
-
@Miss Jones: Ländliche Gegend ja, aber dafür die Gegend mit der zweithöchsten Industriedichte Europas. Und da wird man nach der Mittleren Reife oder dem Hauptschulabschluss dann nicht Stallknecht, sondern macht eine technische Ausbildung bei einem der vielen mittelständischen Weltmarktführer oder bei Deutschlands größtem Autoversicherer.
freut mich, wenn die dort auch Haupt- und realschulabsolventen einstellen.
Hier hast du wirklich massig Betriebe die (zumindest gefühlt) nur noch Abiturienten wollen (ob das sinnvoll ist ist eine andere Frage). Es mmag auch durchaus an der Qualität (oder deren Nichtvorhandensein) der HS/RS in der jeweiligen Region liegen. -
Ja, und? nochmal: Schule ist kein Fußballplatz. Und blau-weiße Thekenargumente sollten deswegen auch im Vereinsheim bleiben
Dass Schule ein Fußballplatz sei, hat niemand behauptet.
Behauptet wurde, dass es nicht gut ist, wenn Klassen extrem heterogen sind, sondern schlecht. Dieser Behauptung muss man sich nicht anschließen, aber zu sagen, dass es ein "blau-weißes Thekenargument" sei, ist keine Kritik.
-
freut mich, wenn die dort auch Haupt- und realschulabsolventen einstellen.Hier hast du wirklich massig Betriebe die (zumindest gefühlt) nur noch Abiturienten wollen (ob das sinnvoll ist ist eine andere Frage). Es mmag auch durchaus an der Qualität (oder deren Nichtvorhandensein) der HS/RS in der jeweiligen Region liegen.
Moin,
ich schicke meine akutell auch mit dem HS und dem FOR auf die Suche. Fast alle haben bereits Ausbildungsverträge. Die meisten Schüler sind in der Industrie untergekommen, zwei im Handwerk. Das war gar kein Problem. Teilweise hatten sie fünf Stellenangebote. Die einzigen Schüler, die bei mir Probleme haben, sind die mit ner furchtbaren Ausstrahlung: Laufen mit hängenden Schultern, können kaum in die Augen gucken, reden monoton und gelangweilt. Die würde ich auch nicht einstellen...
LG -
@Morse, mein Kind hasst Schulschwimmen, weil es gut schwimmen kann und es jedes Mal die Belehrungen anhören und Schwimmnudelübungen mitmachen muss. Was soll ich ihm sagen? Komm wir suchen eine Elitesportschule? Gibts ja in Sachsen einige. Außerdem liest es um Klassen besser, als der Durchschnitt und langweilt sich meist. Was soll ich ihm sagen? Bald fängt das Gymnasium an, da sind dann nicht mehr so viele dumme Kinder? Oder soll ich der Lehrerin sagen, dass sie auch mal Freiarbeitsmaterial auslegen soll, ich bastle ihr auch gern was? Ein anderes Kind ist hochbegabt, langweilt sich in Mathe. Wieder andere sind lernbehindert, lernen nicht lesen, andere können kaum Deutsch, sind in Leichtathlethik spitze...
Es wird nie für jeden die ideale Schule geben, Schule deckt so viele Fachbereiche ab. Noten spiegeln wider, wer sich am besten ans System anpassen kann. Nicht wer am schlauesten ist oder gar am besten durchs Leben kommt. Die einzigen Schulen, die klarkommen und den Kindern gerecht werden sind die, die Kinder individuell begleiten, Lernangebote machen. Ich sehe nicht ein, warum gute Grundschulen mit Heterogenität klarkommen, Gymnasien aber plötzlich nicht mehr. Gäbe es ausschließlich Gesamtschulen, wären sie gezwungen, mit Heterogenität umzugehen.
Schule mit Spitzensport zu vergleichen ist deswegen Quatsch, weil sie keine Eliteförderung für einen einzelnen Bereich darstellt. Ziel von Schule ist breite Allgemeinbildung und Sozialisation. Deswegen können einzelne an Matheolympiaden teilnehmen, nachmittags Turnen oder chinesisch lernen. Eine Schule mit ausschließlich Chinesisch oder Leichtathletik wird es trotzdem nie geben. Und Frontalunterricht im 45 min.-Takt ist einfach veraltet und überholt, da muss Deutschland sich umstellen, Geld in die Hand nehmen und über den Tellerrand gucken, wenn es irgendwie mithalten will.
Und ja, ich empfehle in der Diagnostik nach wie vor, bestimmte Kinder auf die Förderschule zu versetzen, weil sie im bestehenden System untergehen. Schön ist es für sie aber weder in der Grundschule, wo sie täglich sehen, nicht mithalten zu können, noch in der Förderschule, wo sie genauso wissen, nicht mitzuhalten in dieser Welt. Wer einen IQ von 65 hat wird nie, niemals richtig rechnen und lesen lernen. Man kann die Menschen nicht hinbiegen, wie sie am effizientesten sein sollten, in keiner Schulform.
Edit: Hochbegabtenschulen zeichnen sich übrigens auch dadurch aus, dass sie mit der Heterogenität und den Spezialbegabungen ihrer Schülerschaft individuell umgehen und die Jugendlichen auf ihrem Spezialgebiet forschen lassen. Nicht durch Frontalunterricht von hochbegabten Lehrern, die auf altgriechisch Astronomie für alle unterrichten
-
@Krabappel: ich bin mir nicht sicher, ob ich Dich richtig verstehe. Bist Du gegen eine Aufteilung der Schülerschaft à la Dreigliedriges System und für eine Gesamtschule, in der Schüler, die in bestimmten Fächern besser sind als andere, (nur) in diesen Fächern individuell gefördert werden?
-
Beispielsweise, ich bin kein Bildungsforscher. Und da gibt's bestimmt nicht nur eine Möglichkeit und schon gar keine einfache Lösung. Aber es braucht halt eine.
Finnland beispielsweise, immer wieder Finnland...
-
Finnland hat aber auch gerade mal grob so viel Einwohner wie Berlin auf wieviel Fläche?
Ja, da läuft vieles sehr gut. ist mir ein durchaus sympathisches Land. Norwegen übrigens auch.
-
Ok.
Ich teile die Ansicht (die ich aus Valerianus' Beispiel interpretiert habe), dass sehr heterogene Klassen für alle Beteiligten kein Vorteil, sondern Nachteil sind. -
Ok.
Ich teile die Ansicht (die ich aus Valerianus' Beispiel interpretiert habe), dass sehr heterogene Klassen für alle Beteiligten kein Vorteil, sondern Nachteil sind.Jetzt haben wir nur das Problem, dass Bildungsforscher das anders sehen.
-
Jetzt haben wir nur das Problem, dass Bildungsforscher das anders sehen.
Ich (und alle Kollegen, die ich bisher hatte) sind wohl unfähig, das zu bemerken, wenn es tatsächlich so ist. -
Moin,
dieses Thema hatten wir ja auch schon mehrfach, leider wird die Situation nicht besser. Ich bin bereits froh, dass unser Berufskolleg im Ort reagiert hat und nun einen extra Aufbaujahrgang anbietet für Schüler, die gar keinen Abschluss nach Jg 10 haben, also auch keinen HS9. Das betrifft somit in der Regel die Flüchtlinge und ggf. Schüler, die vorher einen zieldifferenten Förderbedarf hatten, der im letzten Schuljahr aufgehoben wurde (wer macht so was eigentlich?).
Momentan begleite ich meine Klasse auf den letzten Metern zur ZAP. Sie hatten bei mir immer binnendifferenzierten Unterricht. Tatsächlich habe ich einen Schüler im Grundkurs (der jedoch einen FOR-Q machen wird), der unglaublich von der Binnendifferenzierung profitiert hat. Er steht trotz Migrationshintergrund und anfänglicher DAZ Förderung zwischen 1-2. Das Analysieren und Interpretieren von fiktionalen Texten gelingt ihm großartig, er hebt sich von den anderen Schülern total ab. Auch den Vergleich mit dem E-Kurs hält er stand. Nun kommt mein Problem: Er benutzt gerne Wörter, die es überhaupt nicht gibt. Ich verstehe, was er mir sagen möchte, doch die Wörter sind falsch. Der Satzbau ist ebenfalls häufig unvollständig oder verläuft im Nirvana. Deshalb ist er kein E-Kurs Kandidat, hätte allerdings bei äußerer Differenzierung viel weniger Wissen erhalten und bestimmt auch Probleme in seiner zukünftigen Schule, da er gerne auf ein Gymnasium gehen möchte.
Nun kann man ja auch mal was Positives über die Vielfalt der Schulwelt in NRW berichten: Ich finde es gut, dass die Schüler nun viele Möglichkeiten haben weiterzumachen. Für die Überflieger wäre das Gymnasium eine gute Möglichkeit. Der Übergang wird hier nicht gerade leicht gemacht, denn letztendlich werden die Schüler die 10. Klasse noch mal wiederholen. Die zweite Fremdsprache kann hier nicht immer nachgeholt werden. Dann wäre da noch die Gesamtschule. Hier würden die Kids in Klasse 11 diese Einführungsphase durchlaufen. So läuft es auch auf den Berufskollegs, doch hier gibt es noch die unterschiedliche Schwerpunktwahl. Mache ich ein allgemeines Vollabitur oder doch ein Fachabi? Interessiere ich mich für Fremdsprachen, Informatik, BWL, Soziales, Technik.... ? Natürlich kann hier auch der HS9, HS10, FOR oder FOR-Q nachgeholt werden.
Das sind doch erst mal wirklich viele tolle Möglichkeiten! Das Schulsystem ist durchlässig, wenn man es verstanden hat. Man muss als Schule natürlich mit den anderen Schulen zusammenarbeiten. Bei uns ist die zweite Fremdsprache z.B. mit einer weiterführenden Schule abgesprochen. Wir bieten außerdem Latein als AG an. Eine andere Fremdsprache kann ebenfalls als AG gewählt werden und entspricht einer Sprache, die an der anderen weiterführenden Schule ab 11 unterrichtet wird.
Außerdem bieten wir Schnupperwochen an. Dann gehen unsere Kids freiwillig in einem vorgegebenem Zeitraum an die weiterführenden Schulen und nehmen am Unterricht teil. Irgendwo hier im Thread war die Frage nach der Durchlässigkeit in Jg. 7/8. Auch da haben wir schon Kids für ein Quartal an die anderen Schulen geschickt. Sie haben dann vollständige Unterrichtsreihen erlebt und die LZK dort geschrieben. Einige sind dann an den Schulen geblieben, andere sind wiedergekommen.
Letztendlich benötigt man auch eine gute Berufsorientierung. Die Ansprechpartner der Arbeitsagentur müssen regelmäßig in der Schule sein und die Schüler müssen regelmäßig hingeschickt werden. Berufseinstiegsbegleiter müssen beantragt und eingesetzt werden. Die Rehaberatung muss eingebunden werden. Ein Langzeitpraktikum sollte für die schwächeren Schüler angeboten werden. So bekommt man auch viele Schwervermittelbare noch gut auf den Weg. Freiwillige Praktika in 10 müssen ermöglicht werden, damit die Betriebe sich einen Eindruck ihrer möglichen Azubis machen können. Auch die Schüler mit dem Förderschwerpunkt Lernen können so in eine unterstütze und verkürzte Ausbildung vermittelt werden.
Trotzdem bin ich für das dreigliedrige System aber mit mehr Aufklärung im Kollegium (wieso wissen so viele nicht, welche Möglichkeiten es gibt?), gegen Hauptschulbashing (das gehört einfach nur noch an den Stammtisch und entspricht nicht der Realität) und für mehr Durchlässigkeit (Kooperationen mit allen umliegenden Schulen).
So, das war mein Wort zum Samstag
Wünsche ein schönes Wochenende!
LG
Werbung