Arbeit an Förderschule oder im GL

  • Angenommen, ihr hättet die Wahl zwischen einer Stelle an einer Förderschule und einer Stelle im GL. Welche würdet ihr nehmen und warum? (Bitte nur Antworten von Sonderpädagogen und natürlich ist mir klar, dass bei einer Entscheidung noch andere Faktoren wichtig sind. Mich interessiert hier jetzt nur das Für und Wider der jeweiligen Arbeitsbedingungen und wie zufrieden ihr seid.)

  • Eindeutig Förderschule!
    Ich bin seit gut 10Jahren im GL an einer Grundschule und ich kriege jeden Tag aufs Neue die Krise, weil das hier keine Förderung sondern höchstens Mangelverwaltung ist und man als Sonderpädagoge eigentlich immer nur ne untergeordnete Rolle einehmen kann. Echte Teamarbeit ist kaum möglich, ich bin dafür in viel zu vielen Klassen unterwegs.

  • Ich bin vier Tage an der Förderschule mit Klassenleitung und einen Tag in der Beratung von schwerhörigen SuS in der Inklusion bzw. an einer kmE-Schule (das nimmt ein Drittel meines Deputats ein). Zeitlich weniger belastend ist für mich eindeutig die Beratung. Ein Teil meiner Zeit wird einfach nicht abgerufen. Man steht nicht so direkt in der Verantwortung, weil man nicht permanent da ist, aber dafür finde ich das Arbeiten dort zum Teil echt unbefriedigend. Die ständige Rumfahrerei nervt, oft rennt man irgendetwas hinterher und man fühlt sich manchmal wie ein Eindringling. Gelegentlich gelangt man dort in Konfliktfelder innerhalb der dortigen Schule, womit man eigentlich überhaupt nichts zu tun hat, aber es betrifft dann indirekt den Schüler. Man wird dann unfreiwillig der Katalysator des Ganzen. Entschädigend für das ganze Durcheinander ist oft der nette Kontakt zu den Eltern, die dankbar für die Expertise sind. Ganz oft werden sie nicht verstanden oder wissen auch nicht, was sie machen sollen.
    Deutlich angenehmer finde ich das Arbeiten an der Förderschule. Ich habe meine Klasse, wo ich selbst großen Einfluss auf die Entwicklung nehmen kann, und meinen restllichen Unterricht - alles geht so seinen Gang und man hat Austausch mit Kollegen. Das macht zufrieden, aber dafür trägt man die Verantwortung und hat auch mal etwas anstrengendere Phasen. Da bin ich auch manchmal froh, wenn ich an meinem Beratungstag mal etwas anderes sehe, als weiter im eigenen Saft zu schmoren oder mich mit irgendeinem Problemchen in der Klasse rumzuplagen. ;)

  • GL bedeutet immer auch: Absprachen, noch mehr Konflikte, keine eigene Klasse, kein Kollegium in dem man richtig angebunden ist. Eigene Klasse an der Förderschule bedeutet immer auch: Verwaltung, Elternarbeit, Disziplinkonflikte.


    Hätte ich im GL ein eigenes Büro, die Aufgaben wären geklärt, jemand wäre wirklich interessiert an meiner Arbeit... dann könnte ich mir das vorstellen. Aber da sind selbst die Schulsozialarbeiter besser gestellt.
    Im Moment hab ich lieber meine Klasse und meine Ruhe, als mich von sich angegriffen fühlenden Grundschullehrern ob ungeklärter Kompetenzbereiche behandeln zu lassen wie den letzten Bittsteller oder von Oberschulkollegen belächeln zu lassen, weil ich aus dem Bällchenbaduniversum gerade an ihrer Schule hart auf dem Boden der Realität aufschlage und mit staunend offenstehendem Mund endlich mal sehe, was der große Bruder an der großen Schule mit der natürlich schwierigsten Klientel der Stadt so alles leistet. Solange sich Lehrer (im Gegensatz zur sozial veranlagten Krähe) immer noch gegenseitig Augen aushacken: never ever freiwillig GL.


    Schade ist's trotzdem, dass Deutschland das nicht gebacken bekommt.

  • Danke euch für die Antworten! Das bestätigt mich in dem, was ich mir die letzten Tage überlegt habe. Ich war wohl etwas zu idealistisch und wollte eigentlich bewusst in der Inklusion arbeiten. Ich steh auch nach wie vor voll hinter dem Konzept an sich, das Problem ist aber halt, wie es umgesetzt wird. Und ja, ich habe auch gerne meine eigene Klasse und möchte nicht nur anderen Kollegen hinterherrennen. Insofern wird es wohl doch die Förderschule.

  • Ich steh auch nach wie vor voll hinter dem Konzept an sich, das Problem ist aber halt, wie es umgesetzt wird.

    Welches Konzept meinst du damit? Dass wirklich ALLE SuS mit Förderbedarf an einer Regelschule gut gefördert werden könnten? Das kann derzeit in keinem Land der Welt umgesetzt werden - wirklich jedes noch so inklusionsfreudige Land hat Sonderklassen oder Förderschulen. Auch im Hinblick auf mein Klientel kann ich es mir nicht vorstellen, dass wirklich alle an einer Regelschule klarkämen oder ihr volles Potential entwickeln könnten. Die Regelschule wäre/war das reinste Gift für sie.

Werbung