Seiteneinstieg - wie geht streng?!?

  • Schüler in den Griff zu bekommen, ist nicht nur ein Problem für Seiteneinsteiger, aber es ist wohl eines ihrer größten und das symptomatischste für einen gescheiterten Seiteneinstieg. Auch bei Lehrerforen.de kann man viele Diskussionen und Ratschläge zu Unterrichtsstörungen lesen. Immer wieder.


    Diesen Artikel fand ich lesenswert. Er ist Teil einer Serie:


    In der Hofpause bekomme ich einen Tipp von Tom aus der 4g: "Sie sind zu nett. Sie müssen strenger sein. Das sagt mein Papa und der ist Kinderpsychologe." Ich lache, leicht gequält. Denn auch in meiner Quereinsteigerausbildung höre ich: Sei strenger! Aber wie geht strenger?
    Die Frage zeigt wohl, dass ich an diesem Thema wirklich arbeiten muss. Bei der Supervision kam schon raus, dass ich mit Unterrichtsstörern sympathisiere. Stimmt. Ich frage etwa: "Wer kann mir eine Klassenregel nennen?" Sogleich haut es zehn Schüler von den Stühlen, aus ihren Mündern schießen Klassenregeln und Parodien dieser Klassenregeln. Sie brüllen ekstatisch "Wir melden uns!" durch den Raum. Ungeschickterweise lache ich dann oft.


    https://www.zeit.de/gesellscha…erziehung/komplettansicht

    Es gibt für alles ein Publikum und für jede Meinung das passende Argument.

  • Von Belohnungssystemen habe ich hier auch oft gelesen. Ich bin da skeptisch. Nur weil sich jemand benimmt, wie man sich benehmen sollte, bekommt er/sie eine Belohnung? Ich hätte Sorge, dass Kinder damit dazu erzogen werden, nur noch etwas zu tun, wenn sie dafür etwas bekommen.


    Es gibt für alles ein Publikum und für jede Meinung das passende Argument.

  • Die anderen Teile dieser Serie sind auch lesenswert. Nicht nur zum Kopfschütteln, manchmal auch zum Schmunzeln. :)


    Ich stehe nicht eigentlich vor der Klasse, sondern mittendrin. Denn Kind Nr. 1, 2 und 3 hüpfen hinter mir, Nr. 4 kritzelt an etwas an die Tafel, Nr. 5 und Nr. 6. bemalen sich gegenseitig. Zum Glück bin ich für diese Situation gewappnet. Das Wichtigste im Leben einer Grundschullehrerin sei eine Klangschale, hat man mir gesagt. Und die gonge ich jetzt, Schülerin Nr. 7 und ich lauschen dem verhallenden Ton nach, alle anderen gehen weiter ihren außerunterrichtlichen Tätigkeiten nach. Ich gonge ein zweites Mal. Schülerin Nr. 7 tauscht jetzt Sticker mit Nr. 8 aus.
    Gerade will ich ein drittes Mal gongen, da reißt mir der kleinste Schüler (Nr. 9) den Klöppel auf der Hand, sagt: "Sie müssen viel stärker draufhauen, nämlich so ...", holt aus und ... die Klangschale fliegt – glücklicherweise keinem Schüler an den Kopf. Immerhin habe ich jetzt die Aufmerksamkeit. "Ach so", sage ich, "bei euch schmeißt man die Klangschale durch die Gegend. Wie gut, dass ich das nun weiß."


    https://www.zeit.de/gesellscha…forderung/komplettansicht

    Jemand fragt: "Eignet sich die Methode eher für unruhige Klassen mit Bewegungsdrang oder für müde zur Aktivierung?" Wir schauen gespannt. "Hat jemand eine Idee dazu?", fragt die Seminarleiterin. Ja, irgend jemand hat immer eine Idee. Meistens haben sogar mehrere mehrere Ideen, die sich gegenseitig widersprechen. Ich hätte gerne die richtige Antwort gehört. "Ihr könnt eine Frage aus der Klasse immer an die Klasse zurückzugeben, so wie ich es eben getan habe", sagt die Seminarleiterin stattdessen.
    So etwas mache ich nie, erst gestern ist es wieder (nicht) passiert: Lea aus der 3b fragt, ob Schaukel mit "ck" geschrieben werde. "Nur mit k", sage ich und erkläre die Regel. Gespenstische Stille – als habe ich gerade etwas Ungeheuerliches getan. Und genau so ist es auch. Ich habe die Lernchancen etlicher anderer Schülerinnen und Schüler in der Klasse zertrampelt, die gerne versucht hätten, Lea zu helfen. Janis und Leo hätten nicht ganz zutreffende Vermutungen formuliert, Maya hätte es fast richtig gesagt, Piet hätte die Regel perfekt gewusst, aber zu leise gesprochen, als dass Lea es gehört hätte. Was aber egal gewesen wäre, denn sie hätte ihre Frage inzwischen wieder vergessen.



    https://www.zeit.de/gesellscha…forderung/komplettansicht

    Es gibt für alles ein Publikum und für jede Meinung das passende Argument.

  • Meine Eltern sind beide Lehrer und meine Mutter nutzt oft die Murmelmethode.
    Mittlerweile fragen die Kinder mich bei den Nachmittagskursen auch schon danach.
    Man setzt Glasmurmeln als Belohnungssystem ein. Wenn die Klasse gut mitarbeitet, gibt es eine Murmel. Benehmen sie sich daneben, wird aus dem Glas eine Murmel entfernt.
    Die Murmeln können wie ein Gutschein eingesetzt werden. Die Kids dürfen ein Ausflugsziel wählen oder einmal keine Hausaufgaben.


    Ich war erstaunt, wie selbst Siebtklässler total dafür zu begeistern sind. Ich kannte das sonst nur aus der Grundschule.

  • Meine 10er in Chemie haben sich über Smiley Stempel unter einem Versuchsprotokoll total gefreut. Ich dachte, dass fänden sie albern.

    Freundlichkeit ist kostenlos, aber niemals umsonst.

  • Als ich erwachsen war, hat mein Vater meine alten Stickeralben ausgeschlachtet und Aufkleber aus den 90er Jahren unter die Mathearbeiten seiner 12. Klasse geklebt. Ich war doch sehr erstaunt, wie sehr man sich mit 18 Jahren über Timon und Pumba oder Balu und Poccahontas freuen kann. :victory:

  • Ich habe neulich Hausaufgaben eingesammelt und eine Schülerin, dir sonst NIE etwas macht, hat die Ha sehr gut erledigt. Ich hab mich darüber gefreut und ihr smileys und son Zeugs unter die Ha gemalt 8) was hat die sich über ein paar bunte Bildchen gefreut... :sterne: :zahnluecke:

  • Meine Eltern oder auch ich haben die Erfahrung gemacht, dass manchmal auch in großen Kindern das kleine Kind durchkommt.


    Ich habe im Nachmittagsunterricht mal eine praxisnahe Übung gemacht, bei der es darum ging im Schulhaus die Treppenstufen zu zählen und sich durch Fitnessübungen in Verbindungen mit der Fremdsprache zu bewegen, damit die Kids nicht nur sitzen.


    Ich wollte die Übung eigentlich gar nicht machen, weil ich schon befürchtet habe, dass mich die Sekretärin, die unten drunter ihr Büro hat im Schulhaus ausrufen lässt oder mir hinterher Moralpredigten hält, weil sie denkt, über sich bricht die Decke zusammen oder die Schule stürzt ein, aber letztendlich haben die Kinder mich dann doch überredet.


    Was hatten die für einen Spaß, die Treppenstufen hoch und runter zu laufen und zu zählen, wie oft sie auf der Stelle springen können.
    Ich bin immer wieder verblüfft, mit was für einfachen Mitteln man doch Kinder glücklich bekommt.


    Ich arbeite zu Hause stundenlange Stationsbetriebe aus, dabei reicht es wenn man eine Stoppuhr mitbringt und die laufen lässt, damit sie zählen, wie oft sie das Alphabet auf Englisch in 3 Minuten aufsagen.


    Mein Vater lässt auf dem Schulhof einmal im Sommer immer Quadrate legen, um zu schauen wie viele kleine in ein großes Quadrat gehen.



    Ich habe vor Jahren mal ein Praktikum in der Grundschule absolviert. Dort gab es eine Schatzkiste, bei denen die Kinder, die sich gut benommen haben und 3 Sonnen gesammelt hatten einen Gutschein einlösen konnten. In der Schatzkiste war ausschließlich Zeug, das man maximal auf dem Flohmarkt bekommen hat, aber wenn die Kinder sich etwas davon aussuchen konnten, waren die glücklicher, als an Weihnachten. Ein kleiner Junge saß ungelogen 15 Minuten vor der Kiste, bis er sich entschlossen hatte, was er denn nun nehmen möchte.

  • Meine 10er in Chemie haben sich über Smiley Stempel unter einem Versuchsprotokoll total gefreut. Ich dachte, dass fänden sie albern.

    Das mache ich bei meinen auch, wenn sie in Exen und Schulaufgaben gut sind.


    Oh man hab ich schon Ärger bekommen, wenn ich das aus Versehen mal vergesse ^^

  • Oh man hab ich schon Ärger bekommen, wenn ich das aus Versehen mal vergesse

    Ich habe mal "Stress" bekommen, weil ich meiner Klasse am Nikolaustag mal keinen Schokoladennikolaus am Stiel mitgebracht habe. Die waren da in der 8.Klasse und ich dachte aus dem Alter waren sie raus. Dachte ich.

    Freundlichkeit ist kostenlos, aber niemals umsonst.

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