Als Familie ins Ausland

  • Angefixt von den Bildern aus Namibia (anderer Thread) bekomme ich wieder mal Fernweh und frage mich, auf welche Weise sich ein Auslandseinsatz realisieren lässt. Wer hat das schon mal gemacht und hat Lust, etwas zu erzählen? Über welches System habt ihr das gemacht? Wie haben eure PartnerInnen Jobs gefunden, wie die Kinder das Wegsein von zu Hause erlebt? ... Danke schon mal :geschenk:

    • Offizieller Beitrag

    Ich kann es aus Kindersicht erzählen (auch wenn das damit schon sehr veraltet ist): Meine Eltern haben ´91 oder ´92 (da war ich 11 und meine Schwester 8 Jahre) alle Brücken abgebrochen: Waren selbständig gewesen, haben den Betrieb und Haus verkauft, Möbel eingelagert und sind mit uns Kindern und dem Hund auf unser Schiff gezogen. Damit sind wir ein knappes Jahr im Mittelmeer rumgeschippert. Meine Schwester und ich wurden von einem Institut in Hamburg mit Schulmaterial versorgt: Am Anfang des Schuljahres gab es eine riesige Kiste mit Heften, Büchern, Kassetten. Ich war da in der sechsten Klasse, habe mir meine täglichen Schuleinheiten selbst erlesen und erarbeiten müssen, am Ende der Einheiten gab es eine Arbeit, die wurde per Post nach Hamburg geschickt, korrigiert und dann postlagernd zu einem Hafen geschickt, an dem wir ein paar Wochen später vorbei kommen würden. Bei meiner Schwester (noch GS) musste meine Mutter den Vorlesepart übernehmen, sonst war es ähnlich.
    Als wir ein Jahr später wieder in Deutschland eingeschult wurden, waren wir unseren Klassen voraus (haben uns aber schnell wieder angeglichen :D ).
    Heutzutage wird das wahrscheinlich übers Internet mit direkter Beschulung per Facetime oder so laufen, für uns war es aber genau richtig, da wir dann nicht zu bestimmten Uhrzeiten arbeiten mussten, sondern es "frei" einteilen konnten. "Frei" deshalb, weil meiner Schwester während des Segelns übel wurde beim Lesen und ich deswegen (Gleichbehandlung unter Geschwistern und so) auch nichts machen wollte. Wenn wir dann vor Anker gingen, mussten wir allerdings an den Zöpfen festgehalten werden, damit wir nicht direkt über Bord sprangen sondern erstmal "Schule machen" mussten.


    Ursprünglich war geplant, nach dem Jahr Segeln uns auf Mallorca niederzulassen (dort hatte da gerade die Deutsche Schule in Palma eröffnet), aber mein Vater kam mit dem Klima (und dem "mañana, mañana") nicht so gut klar, also sind wir nach Norddeutschland gezogen. Da gibt es auch Wasser ^^


    Es war nur ein Jahr und ist schon mehr als 25 Jahre her, aber sowohl meine Schwester als auch ich würden es nicht missen wollen. Es hat uns viel gebracht, entwicklungstechnisch und horizontmäßig und so...

    Bolzbold #5

    Gutmensch und Spaß dabei (= das GG und der Diensteid sind schon 'ne gute Sache 😉)

    "Und hast du die Ausrufezeichen bemerkt? Es sind fünf. Ein sicheres Zeichen dafür, dass jemand die Unterhose auf dem Kopf trägt." (T. Pratchett)

  • wow, danke für den kurzen Einblick in diesen besonderen Lebensabschnitt! Was für toughe Eltern :love:


    Vielleicht könnte man sagen (wie eigentlich immer...) wenn die Eltern zufrieden sind, sind's die Kinder auch?

  • Ich bin mit meiner Familie nach Österreich ausgewandert und habe mich normal beworben und wurde direkt eingestellt. Die Anerkennung habe ich während der ersten Berufjahre hier berufsbegleitend gemacht. Hat sich wegen der Kinder etwas in die Länge gezogen.
    Da ich direkt begann zu arbeiten, hat sich der Alltag auch hier sehr schnell eingestellt. Aber in unserer Freizeit fühlen wir uns schon oft wie im Urlaub (nur ohne Anreise). Einer meiner Kinder wird aus gesundheitlichen Gründen zu Hause unterrichtet (Homescooling).


    Was würdest du gerne wissen? In anderen Ländern habe ich auch schon gearbeitet, da allerdings noch ohne Familie.

  • Hallo Frechdachs, danke dir für deine Antwort. Mich würde interessieren, wie das mit diesen Programmen läuft, bei denen man sich ggf. anmelden muss. OLK, ADLK, BPLK...Und eben, wie man das mit Kindern macht, die ja mehr oder weniger unfreiwillig alles aufgeben müssten, zögen wir für 2 Jahre nach Hongkong oder Chile.


    Hat dein*e Partner*in auch eine Stelle gefunden?

  • Das hängt natürlich alles sehr stark vom Land ab. Der Alltag im Auslandsschuldienst an der DS London, wo die Kultur unserer sehr ähnlich ist und wo sich auch die Kinder ab einem gewissen Alter recht problemlos verständigen können, sieht natürlich anders aus als an der DS Chiang Mai.
    Pauschal kann man sagen, dass es an den meisten exotischeren Orten sog. compounds gibt, auch "Diplomatenghettos" genannt. Das sind dann Bereiche, in denen vor allem Expats leben und die einen entsprechenden westlichen Lebensstandard bieten - oftmals sogar bis hin zu westlichen Ketten wie Tesco's etc. Starbucks und McDonalds sowieso. Dort kann man dann unter Menschen mit gleicher oder ähnlicher Herkunft leben, die Kinder gehen auf die deutsche oder amerikanische Schule und knüpfen entsprechend auch Kontakte innerhalb dieser peer groups. Das ist recht problemlos, aber natürlich auch wenig abenteuerlich. Erfahrungen macht man dort auch, vor allem, weil das Klientel sehr international ist.


    Man muss da aber natürlich auch nicht leben. Die Integration kann soweit gehen, dass man irgendwo in der Stadt lebt, die Kinder auf eine einheimische Schule schickt etc. Entsprechend bewegt man sich dann auch eher in einem einheimischen Umfeld. Ob das gelingt, hängt vom Integrationswillen, von der interkulturellen Kompetenz und natürlich von den Fremdsprachenkenntnissen ab. Und natürlich von der Bereitschaft, diese Mühe auf sich zu nehmen. Denn natürlich kostet der ständige Kulturschock sehr viel Kraft. Es ist auch mühsamer, hier Kontakte zu knüpfen, weil natürlich die Einheimischen in der Regel nicht aktiv auf der Suche nach neuen Bekanntschaften sind - im Gegensatz zu den Expats, die aufgrund der ständigen Fluktuation hier offener sind.
    Es ist also viel anstrengender, wird aber, wenn man es durchsteht, mit einzigartigeren Erfahrungen belohnt.

  • Ich hatte früher mal geguckt und für mich wäre nur in Frage gekommen an einer deutschen Schule im Ausland zu arbeiten (wäre aber dann sehr schwierig geworden, dass mein Mann dann auch arbeiten kann).


    Eine Freundin lebt aktuell in Malaysia. Klassische Rollenverteilung in deren Expat Wohnblock: er hat einen Job, sie die Kinder und eine Haushaltshilfe.


    Eine andere Freundin ist halb-Finnin und hat mit ihrer Familie dort ein paar Jahre gelebt, damit die Kinder die Kultur und Sprache lernen. Ihr Mann hat allerdings nur in einer internationalen Firma einen Job bekommen, weil seine Sprachkenntnisse nicht ausreichend waren.

    Only Robinson Crusoe had everything done by Friday.

  • Hallo Frechdachs, danke dir für deine Antwort. Mich würde interessieren, wie das mit diesen Programmen läuft, bei denen man sich ggf. anmelden muss. OLK, ADLK, BPLK...Und eben, wie man das mit Kindern macht, die ja mehr oder weniger unfreiwillig alles aufgeben müssten, zögen wir für 2 Jahre nach Hongkong oder Chile.


    Hat dein*e Partner*in auch eine Stelle gefunden?

    Hi, mit den Programmen kenne ich mich leider nicht aus. Ich habe mich direkt beim Bundesland Wien beworben und eine Stelle bekommen.


    Kinder reagieren darauf sehr unterschiedlich. Es kommt wahrscheinlich auch auf das Alter an. Unsere kannten Österreich schon vom Urlaub und das Auswandern war (ist) ein riesiges Abenteuer. Zu Freunden in Deutschland besteht noch Kontakt. Materielles mussten wir viel aufgeben, zum einen aus Kostengründen und zum anderen, weil wir hier viel weniger Wohnfläche haben. Beim Auswandern auf Zeit kannst du vielleicht einiges einlagern. Verwandtschaft sieht man etwas seltener. Aber heutzutage ist technisch ja einiges möglich, dass man Kontakt halten kann. Eines der Probleme ist das Einkaufen. Man muss sich im Ausland daran gewöhnen, dass es viele gewohnte Produkte nicht gibt oder nur sehr schwer (und teuer) zu bekommen sind und auch die Menschen etwas anders ticken.


    Mein Mann ist zur Zeit für unseren Kleinen zu Hause, weil er schwer erkrankt ist. Er könnte aber jederzeit in sein Unternehmen zurück.

  • Willst Du nur temporär oder dauerhaft weg? Ich hab temporär auch schon im "richtigen" Ausland gearbeitet und fand die Vorstellung dauerhaft nie so wirklich dazu zu gehören eher bedrückend. Immer nur mit Expats abzuhängen wäre nicht meins. Es ist ja hier in der Schweiz schon so, dass eigentlich erst die Secondos wirklich eine Chance haben, Schweizer zu sein. Wenn Du zu uns kommen wolltest würdest Du wohl relativ problemlos eine Stelle finden und könntest einfach bei der EDK die Anerkennung Deiner Ausbildung beantragen.

    Einmal editiert, zuletzt von Wollsocken80 ()

  • Finanziell ist das Auslandsschulwesen deutlich unattraktiver geworden als früher, "dank" Joschka Fischer. Wurden AuslandsKuK früher als "BausparlehrerInnen" verspottet, so stimmt das nicht mehr wirklich. Zudem ist die Arbeitsbelastung im Auslandsschuldienst in den letzten Jahren deutlich gestiegen.
    Bundesprogrammlehrkräfte (BPLKs) sind nicht verbeamtet, haben keinen Arbeitsvertrag mit der deutschen Behörde und erhalten keinerlei Sozialleistungen. Ein etwas fragwürdiges Konstrukt und in Zeiten der Lehrerknappheit nicht schlau.
    Auslandsdienstlehrkräfte (ADLKs) und Landesprogrammlehrkräfte (LPLKs) verdienen etwa genauso viel wie Beamten hier. Lohnt nicht wirklich.
    Lukrativ wird es erst mit Führungsverantwortung. Aber da muss man erst mal hinkomnen.
    Wirklich mehr Geld geht ansonsten nur über Risikozulage. Deutsche Schule Kabul oder Bagdad... es gibt sogar Leute, die sich dafür finden...

  • @Aniki, du hast dich offenbar damit auseinandergesetzt? Also mir ging es nicht darum, in diesem Jahr reich zu werden. Ein Jahr in z.B. Namibia zu leben ist ja schon Geschenk :)
    Allerdings muss man sich natürlich das Leben vor Ort leisten können und ich hätte ganz gerne noch (m)eine Stelle, wenn ich zurückkomme.
    Welches der Programme ist denn d.M.n. am sichersten?

  • Ich war vor 15 Jahren für 5 Jahre als BPLK in Osteuropa. Beste Zeit meines Lebens - tolle Schule, viel Freiheit. Als Single viel Geld. Über die fragwürdige Arbeitskonstellation guckt man da schon hinweg. Aber mit Familie ist die Nummer halt gaaanz anders.

  • Auslandsdienstlehrkräfte (ADLKs) und Landesprogrammlehrkräfte (LPLKs) verdienen etwa genauso viel wie Beamten hier. Lohnt nicht wirklich.

    Das stimmt so nicht. Für LPLKs kann ich nicht sprechen, aber ADLKs bekommen ihre normalen Bezüge weiterhin bezahlt, zuzüglich Auslandsdienstzulage, Mietzuschuss und Kaufkraftausgleich. Diese Zulagen sind zwar in den letzten Jahren deutlich weniger geworden, aber immerhin bekommt man am Ende mehr als das, was man in Deutschland verdient. An dem meisten Standorten lässt es sich so ganz gut leben. Reich wird man nicht mehr, aber das ist ja auch nicht das Ziel.


    Krabappel: Als ADLK behältst du auf jeden Fall deinen Beamtenstatus und hast dadurch Anspruch auf eine Stelle in deinem Bundesland.Ob dasan deiner jetzigen Schule sein kann, ist eine Frage der Absprache mit deinem Schulleiter - und dessen Zuverlässigkeit.
    Allerdings musst du als ADLK mindestens drei Jahre gehen. Wenn du früher abbrichst, musst du entsprechend Gelder zurückzahlen (z.B. Umzugskostene etc.)


    EDIT: Formal läuft ADLK als eine Sonderform der Beurlaubung, während der man anderweitig beschäftigt sein darf. Es ist keine Abordnung.

  • Hallo :)
    Ich befinde mich zur Zeit mitten im Prozess: Anfang Februar findet mein auslandsschulfachliches Kolloquium in Köln statt.
    Gleichzeitig bin ich schon in Kontakt mit einigen Schulen, welche wirklich gute Arbeitsbedingungen anbieten. Darauf freue ich mich schon riesig!
    Dennoch: Man bindet sich schließlich drei Jahre- das muss gut durchdacht sein.
    Für mich ist es sehr wichtig gewesen, meinen Beamtenstatus zu bewahren. Ich habe keinen Anspruch auf meine "noch" Stelle,
    was aber nicht schlimm ist. Für mich persönlich war es wichtig, die klassische Lehrerbiographie zu durchbrechen.
    Ich finde es toll, dass Lehrpersonen solche Möglichkeiten haben:) Kolleginnen, mit Auslandserfahrung kommen mit Eindrücken und Erfahrungen
    zurück, die sehr wertvoll sind.


    LG

  • Eure Beiträge sind sehr interessant. Wir spielen auch mit dem Gedanken ins Ausland zu gehen. Ich bin verbeamteter Lehrer aus Rheinland-Pfalz. Wisst ihr, wie lange man im Schuldienst gewesen sein muss, um als ADLK ins Ausland zu gehen? Das ist ja von Bundesland zu Bundesland verschieden...

Werbung