Körperliche Nähe zu SchülerInnen in der Grundschule

  • Wir haben bei uns auch einige Mütter, die gar nicht arbeiten, aber ihr Kind auch von 08 bis ca. 16:30-17:00 in die Kita bringen. Leider können diese Mütter ihre Kinder wegen sonstigen Beschäftigungen (zB shoppen mit Freundinnen) nicht früher abholen. :autsch:

    woher weißt du das?

  • Hier schreibt meiner Meinung nach ein Gymnasiallehrer, der einfach keine Ahnung davon hat, was die Bedürfnisse kleinerer Kinder und den Alltag in einer Grundschule betrifft.
    Sicher sind die Kinder in der Oberstufe NICHT deshalb unselbstständig, weil man sie in der Grundschule hin und wieder über den Rücken gestreichelt oder ihre Tränchen getrocknet hat. Da liegen ja noch viiieeele Jahre am Gymnasium dazwischen, wo ihr Gymnasiallehrer ja pädagogisch auf sie einwirken und sie zur Selbstständigkeit erziehen könntet ;-).
    Schon das Sprichwort "Wenn Kinder klein sind, gib ihnen Wurzeln, wenn sie groß sind, gib ihnen Flügel" gehört? Erst einmal ist es wichtig, dass sie sich in der Grundschule angenommen und gut aufgehoben fühlen, und dann kann man sukzessive beginnen, ihnen Abstand "beizubringen" - in Anführungszeichen deshalb, weil sie das eigentlich nicht beigebracht bekommen müssen, sondern Viertklässler einfach von sich aus weniger Körperkontakt suchen als Erstklässler.

  • @Kathie


    Ich fürchte, mit deiner Aussage reduzierst Du den Strang auf Grundschule versus Gymnasium. Das bringt uns nicht weiter, zumal wir ja alle an der guten Entwicklung der Kinder interessiert sind.


    Daher noch mal: Mir geht es nicht um Schuldzuweisungen, sondern um Verantwortung und Bewusstmachung. In erster Linie, wie geschrieben, sind meiner Meinung nach die Eltern in der Pflicht. Leider kommen viele dieser Aufgabe nicht mehr angemessen nach, weswegen viel Beziehungsarbeit bei den Grundschul- und anderen Lehrern verbleibt.


    Idealfall ist ja, dass Kinder stabiles Elternhaus haben, angemessen gefördert und unterstützt werden und auf dieser Basis aufnahmefähig und neugierig auf die Welt und das Wissen in der Welt sind, egal in welcher Schule.


    Ich beobachte, dass diese Neugier zugunsten von emotionalen Blockaden und Befindlichkeiten (die unbedingt ernst zu nehmen und zu klären sind(!)) abnimmt. Und ich bezweifele stark, dass Schule der Raum ist, der so etwas angemessen auffangen kann.


    Wenigstens wächst ja stetig die Zahl an Sozialpädagogen und sonstigem pädagogischen Fachpersonal ... warum aber ist das so? Was ist da los mit der Gesellschaft?

  • ... Dass immer mehr "Erziehungs-" und "Beziehungsarbeit" in Schule passiert, beobachte ich mit Sorge und Interesse: Warum ist das so? ...

    Von welchem Zeitraum sprichst du und was genau meinst du mit "Beziehungsarbeit"? Und ist die was Schlechtes?


    Disziplinkonflikte gab es schon immer und wird's auch immer geben. Aber die Zeit wünsche ich mir jetzt auch nicht zurück, als Kinder Angst haben mussten, mit dem Stock auf die Finger geschlagen zu bekommen und das saubere Taschentuch zu präsentieren. Jedenfalls mehr ist die Erziehungsarbeit nicht geworden, verändert hat sie sich halt. Schon allein, weil Kinder zu Hause noch mal eins drauf gekriegt haben, wenn's in der Schule Ärger gab...


    Insofern: zu viel kann man Kinder nicht lieb haben, da würde ich mir keine Sorgen in Hinblick auf die Selbständigkeit machen. Selbständigkeit hat was mit Zutrauen und machen-lassen zu tun. Aber die eigenen Grenzen darf man guten Gewissens setzen finde ich.

  • @Krabappel


    Schlagen und Gewalt jeder Art sind für mich keine Erziehung, sondern Schläge und Gewalt. Aber ich verstehe, was Du meinst, wenn Du sagst, dass sich "Erziehung" verändert hat. Trotzdem:
    Viele meiner Schüler haben leider (familiär bedingte) Gewalterfahrungen gemacht, auch heute noch. - Das zum Einen.


    Zum Anderen ... Du schreibst von "eigenen Grenzen".
    Vielleicht ist DAS das Problem. - Was sind denn bitte "eigene Grenzen"? Wo ist da der Konsens? Kann es überhaupt einen geben?
    Jeder Mensch hat ja andere Grenzen und viele Menschen, insbesondere in sozialen und helfenden Berufen, setzen zu wenig Grenzen. (Siehe hohe Zahl an Burnout und anderen Krankheiten, bei uns im Kollegium seit den 10 Jahren, die ich dort bin, immerhin 4 Fälle.) Wenn Du sagst, man kann nicht zu viel lieb haben ... ich sehe das anders, bzw. würde mich auf jeden Fall fragen: Was umfasst denn diese Aussage? (Dass ich mich selbst völlig aufopfere jawohl hoffentlich nicht. ;) )
    Auch hier verstehe ich, was Du meinst, aber ich fürchte, das ist etwas, wo bei vielen noch Unklarheit herrscht in punkto Bewusstmachung und Selbstverständnis. - Bei Schülern UND Lehrern. - Und wahrscheinlich auch vielen Eltern.

  • @Berufsschule93


    Und die VÄTER?


    :aufgepasst:

    arbeiten Vollzeit in gehoberen Positionen.


    woher weißt du das?

    Erzählen uns die Mütter und wir müssen bei der Aufnahme notieren welchen Beruf die Eltern ausüben.


    ZB schon passiert


    Kind erlebt starke allergische Reaktion um ca 12:30


    Mutter wird angerufen um 12:40


    Mutter meint das sie das Kind nicht abholen kann weil sie in einer anderen (nahen mit dem Auto höchstens 20min zu uns) Stadt shoppen ist.


    Vater wird in der Arbeit angerufen


    Vater holt das Kind ab

  • Zum Anderen ... Du schreibst von "eigenen Grenzen".


    Vielleicht ist DAS das Problem. - Was sind denn bitte "eigene Grenzen"? Wo ist da der Konsens? Kann es überhaupt einen geben?
    Jeder Mensch hat ja andere Grenzen und viele Menschen, insbesondere in sozialen und helfenden Berufen, setzen zu wenig Grenzen...

    Es ging hier zunächst mal um die Bandbreite von komplett verweigern von Körperkontakt über Überdenrückenstreicheln, bis hin zu Aufdenschoßnehmen von Kindern. Derlei physische Nähe hast du mitverantwortlich gemacht, für die von dir beobachtete Unselbständigkeit von Oberstufenschülern.


    Ich sehe da aber garkeinen Zusammenhang, wenn Kinder Nähe einfordern, brauchen sie sie auch. Aber was der einzelne Erwachsene zulässt, ist dessen eigene Entscheidung. Wenn die TE also fragt: ... die Mädels drücken mich zum Abschied, darf ich das? Würde ich ganz klar: "ja, wenn es dich nicht stört", antworten. Auf den Arm nehmen und herumwirbeln fände ich jetzt unangemessen, aber auf die Idee würde wohl niemand kommen. So'n sozialen Grundkonsens gibt's ja schon...


    Burnout ist noch etwas komplexer.

  • Die Lehrerrolle ist verändert und nicht mehr "nur" Wissensvermittlung. Wertevermittlung fand auch schon zu meiner Zeit als Schülerin statt und eine gewisse Vorbildfunktion hatten Lehrer auch schon immer, aber jetzt ist man noch mehr Bezugsperson, was einerseits schön ist, andererseits auch irgendwie belastet, weil man sich verantwortlicher fühlt.

  • Es ging hier zunächst mal um die Bandbreite von komplett verweigern von Körperkontakt über Überdenrückenstreicheln, bis hin zu Aufdenschoßnehmen von Kindern. Derlei physische Nähe hast du mitverantwortlich gemacht, für die von dir beobachtete Unselbständigkeit von Oberstufenschülern.
    Ich sehe da aber garkeinen Zusammenhang, wenn Kinder Nähe einfordern, brauchen sie sie auch. Aber was der einzelne Erwachsene zulässt, ist dessen eigene Entscheidung. Wenn die TE also fragt: ... die Mädels drücken mich zum Abschied, darf ich das? Würde ich ganz klar: "ja, wenn es dich nicht stört", antworten. Auf den Arm nehmen und herumwirbeln fände ich jetzt unangemessen, aber auf die Idee würde wohl niemand kommen. So'n sozialen Grundkonsens gibt's ja schon...


    Burnout ist noch etwas komplexer.

    Ich habe auch klare Grenzen, wie von anderen beschrieben. Küssen geht gar nicht, auf den Schoß nehmen mag ich auch nicht.

  • Es ging hier zunächst mal um die Bandbreite von komplett verweigern von Körperkontakt über Überdenrückenstreicheln, bis hin zu Aufdenschoßnehmen von Kindern. Derlei physische Nähe hast du mitverantwortlich gemacht, für die von dir beobachtete Unselbständigkeit von Oberstufenschülern.

    Nicht direkt, aber so insgesamt betrachtet: Ja. - Also wenn man davon ausgeht, dass das Einfordern von Zuwendung daher rührt, dass die Kinder zu Hause zu wenig Aufmerksamkeit, Liebe und Unterstützung bekommen (was ebenfalls ursächlich ist für mangelnde Selbstständigkeit).


    Mag aber auch sein, dass die Kinder sehr liebevoll aufwachsen? Zu wünschen wäre es.

  • Jedenfalls sind Lehrer (und sogar unser Pfarrer wie ich beobachtet habe) anscheinend nicht mehr so unnahbare Wesen wie früher. Woran es liegt??? Geschlagen wird ja schon lange nicht mehr, trotzdem hätte ich nie meinen Lehrer auch nur berühren wollen.

  • ...Nicht direkt, aber so insgesamt betrachtet: Ja. - Also wenn man davon ausgeht, dass das Einfordern von Zuwendung daher rührt, dass die Kinder zu Hause zu wenig Aufmerksamkeit, Liebe und Unterstützung bekommen (was ebenfalls ursächlich ist für mangelnde Selbstständigkeit).
    Mag aber auch sein, dass die Kinder sehr liebevoll aufwachsen? Zu wünschen wäre es.

    Hm, das sind mir zu viele Spekulationen. Selbständig wird man doch gerade, wenn man viel selber entscheiden und machen muss. Also gerade in diesem Punkt würde ich eher im Gegenteil eine Überbehütung, das Abnehmen von Unangenehmem verantwortlich machen, als die mangelnde Unterstützung.
    Jedenfalls eine Tendenz der mangelnden Liebe in Familien kann ich persönlich nicht erkennen.


    Aber wie gesagt, ist ein bisschen küchenpsychologisch, dieses Gespräch ;)

  • ..."Wenn Kinder klein sind, gib ihnen Wurzeln, wenn sie groß sind, gib ihnen Flügel" gehört? ...

    Schöner Spruch!


    Ich meine, das gilt auch für den Unterricht grundsätzlich. Erstmal Basiswissen und -Fertigkeiten vermitteln und dann sich Stück für Stück zurückziehen und selber machen lassen.

    Es gibt für alles ein Publikum und für jede Meinung das passende Argument.

  • Meine Grenze ist der "Intimbereich", also "unterhalb der Gürtellinie" und bei Mädchen eben auch der Brustbereich.


    Niemand darf mich dort berühren und ich berühre niemanden dort (auch ohne Hände nicht). Als sich mal ein Kind zu mir auf den Schoß setzte, habe ich es sehr rasch hinunterkomplimentiert. Es war zwar nicht so direkt ihr Intimbereich verletzt, aber meiner.


    Alles andere finde ich eher harmlos (oder übersehe ich da etwas)?

    Es gibt für alles ein Publikum und für jede Meinung das passende Argument.

  • Nicht direkt, aber so insgesamt betrachtet: Ja. - Also wenn man davon ausgeht, dass das Einfordern von Zuwendung daher rührt, dass die Kinder zu Hause zu wenig Aufmerksamkeit, Liebe und Unterstützung bekommen (was ebenfalls ursächlich ist für mangelnde Selbstständigkeit).
    Mag aber auch sein, dass die Kinder sehr liebevoll aufwachsen? Zu wünschen wäre es.

    Das rückt doch jetzt sehr von der eigentlichen Fragestellung ab, eigentlich ging es darum, ob und inwieweit man Nähe zulässt.
    Warum die Kinder Nähe suchen und brauchen, wie es daheim in den Elternhäusern aussieht, das sind Spekulationen und die bringen uns eigentlich nicht weiter, denn Fakt ist nun einmal, einige bis viele Kinder suchen den Kontakt, und wir können unterschiedlich darauf reagieren.


    Das ist kein Oberstufen-Gymnasium-"Problem", und vielleicht gehst du einfach aufgrund mangelnder Erfahrung mit derartigen Situationen sehr verkopft an die Sache und möchtest Gründe und Lösungen finden, wobei es doch eigentlich die normalste Sache der Welt ist, dass man Erstklässler (und Grundschüler an sich) tröstet und sie hin und wieder mal anfasst. Frag doch mal Erzieherinnen im Kindergarten, wie oft sie ein Kind streicheln, wenn sie es beruhigen wollen... Und dann soll damit - zack - nach Schulbeginn von jetzt auf gleich Schluss sein? (damit sie dann in der Oberstufe angenehm selbstständig sind???) Das geht doch gar nicht. Das sind Prozesse.

  • Hm, das sind mir zu viele Spekulationen. Selbständig wird man doch gerade, wenn man viel selber entscheiden und machen muss. Also gerade in diesem Punkt würde ich eher im Gegenteil eine Überbehütung, das Abnehmen von Unangenehmem verantwortlich machen, als die mangelnde Unterstützung.Jedenfalls eine Tendenz der mangelnden Liebe in Familien kann ich persönlich nicht erkennen.


    Aber wie gesagt, ist ein bisschen küchenpsychologisch, dieses Gespräch ;)

    Wie das halt so ist ... ;)

  • Das rückt doch jetzt sehr von der eigentlichen Fragestellung ab, eigentlich ging es darum, ob und inwieweit man Nähe zulässt.Warum die Kinder Nähe suchen und brauchen, wie es daheim in den Elternhäusern aussieht, das sind Spekulationen und die bringen uns eigentlich nicht weiter, denn Fakt ist nun einmal, einige bis viele Kinder suchen den Kontakt, und wir können unterschiedlich darauf reagieren.


    Das ist kein Oberstufen-Gymnasium-"Problem", und vielleicht gehst du einfach aufgrund mangelnder Erfahrung mit derartigen Situationen sehr verkopft an die Sache und möchtest Gründe und Lösungen finden, wobei es doch eigentlich die normalste Sache der Welt ist, dass man Erstklässler (und Grundschüler an sich) tröstet und sie hin und wieder mal anfasst. Frag doch mal Erzieherinnen im Kindergarten, wie oft sie ein Kind streicheln, wenn sie es beruhigen wollen... Und dann soll damit - zack - nach Schulbeginn von jetzt auf gleich Schluss sein? (damit sie dann in der Oberstufe angenehm selbstständig sind???) Das geht doch gar nicht. Das sind Prozesse.

    Na ja, ich störe mich halt an der Formulierung "mangelnde Erfahrung".
    Damit unterstellst Du mir indirekt, dass ich in konkreten Situationen nicht so reagieren würde (wie Du?) und sagst außerdem ganz direkt, dass ich annehmen würde, man müsse das den Grundschülern aberziehen. Das sage ich an keiner Stelle!


    Ich stimme Dir insofern zu, als dass konkrete Situationen konkretes und liebevolles Handeln erfordern. Ich gehe halt noch einen ... küchenpsychologischen ... Schritt weiter.

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