Körperliche Nähe zu SchülerInnen in der Grundschule

  • Für die Kollegen aus der Grundschule: Eine Frage, die vielen wohl nicht relevant erscheint, die mich trotzdem schon eine Weile beschäftigt, so kurz vor den Ferien, traue ich mich jetzt mal zu fragen: Seit September 2017 unterrichte ich nach längeren Jahren in Klasse 3 und 4 ausschließlich Klasse 1 und 2. Von den Kleinen werde ich ganz oft umarmt, was wohl eher umbaucht ist, z.B. morgens, wenn ich sie im Schulhaus treffe, sitze ich irgendwo, kommen gerne welche und kuscheln sich an....Dabei war ich vor 3 Minuten noch total streng zu denen....Normalerweise nehme ich sie dann auch mal kurz in den Arm, lasse auch die klebrigen Hände in meiner, wenn wir irgendwo hinlaufen. Das ist bei meinen Zweitklässlern so (fast nur die Mädchen). Wenn ich in der 1. Klasse Mathe hatte und dann gehe, kommt auch immer so eine kleine Mädchengruppe und umarmt mich nochmal schnell.


    Wie reagiert ihr? Darf man das? Muss ich sie wegschicken?

  • Du bist ein Mann,richtig?


    Ich als Frau umarme viel und gerne. Von der 1. bis zur 4. Klasse und wenn meine großen Ehemaligen zu Besuch kommen (gestern eine 6-Klässlerin) umarmen wir uns auch.


    Als Mann sicher schwer. Grundsätzlich finde ich, dass keiner unter Generalverdacht sein sollte. Meine Kinder hatte männliche Erzieher und die sagten immer, sie gehen nicht mit zur Toilette, sie schlafen bei der Gruppenfahrt nicht mit im Raum etc. Das finde ich alles unmöglich und unnötig. Eltern, die sich über sowas aufregen, stellen alle Männer unter Generalverdacht.

  • Das kenne ich auch so, besonders von den Kleineren aus Klasse 1 und 2. Viele kennen dieses enge Verhältnis wohl aus der KiTa. Im gewissen Rahmen lasse ich es auch zu. Die Kinder umarmen mich bei der Verabschiedung. Hier versuche ich die Situation in ein „high-five“ umzuwandeln. Auf den Schoß setzen wehre ich konsequent ab, weil es mir zu nah ist. Gegen Ende der ersten Klasse hat sich oft das kuschelige Verhalten ausgeschlichen.

  • (Anmerkung: Nö, lamaison ist eine Frau).


    Und - nein, du musst sie nicht wegschicken. Oder nerven sie dich dadurch?
    Selbst bei meinen Mädels,und die sind ja deutlich älter, kommt sowas vor. Gut, sicherlich nicht so oft. Aber die Kinder mögen dich einfach. Vielleicht verbringen sie mehr Zeit mit dir als mit den Eltern, du bist also Bezugsperson, und sie sind gerne bei dir. Gibt da sicher auch Unterschiede des "warum" - wenn sie dich einfach liebhaben, prima. Wenn ein Kind wirklich mal Nähe "braucht", ist das zwar weniger prima, aber auch dann kannst du so einem Kind "gut tun". Darf nur nicht dazu führen, nachher eine Klette zu haben, die gar nicht mehr loslassen will. Das wäre der Punkt, wo du das mMn unterbrechen solltest. Aber sonst? Nimm es als Kompliment. Tu ich auch.

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  • Also, lamaison, die Frage finde ich durchaus relevant - auch als Frau. Ein gesundes Verständnis von Nähe und Distanz und den Grenzen anderer Menschen zu entwickeln, gehört für mich zum Großwerden dazu.


    Je jünger die Kinder sind, desto selbstverständlicher finden sie noch den Körperkontakt, aber die Grenze bestimmst du als Erwachsene/r.


    Ich handhabe das so: Von mir aus umarme ich kein Kind. Umarmungen der Kinder erwidere ich natürlich, lege dabei aber höchstens meinen Arm um sie oder lasse ihn locker über den Rücken der Kinder fallen. Das "Zudrücken" geht nur vom Kind aus, ich tue das allerhöchstens sehr kurz.
    Wichtig finde ich dabei, das Kind dabei immer freundlich anzusprechen, eine freundliche Nachfrage zu stellen oder so. Das Kind sucht Kontakt und braucht Nähe, das würde ich nie verwehren, versuche so aber, den Kontakt dezent vom Körperlichen zum Verbalen zu verschieben.
    Sitze ich irgendwo und die Kinder stehen um mich herum, lasse ich "Ankuscheln" in Maßen zu, lege auch da mal den Arm locker um ein Kind, aber mehr nicht. Schiebt sich dabei so ein kleiner Floh auf meinen Schoß, wird er freundlich heruntergebeten und bekommt angemesseneren Körperkontakt und freundliche Ansprache.


    In heftigen Fällen versuchten Gruppenkuschelns oder bei Ankuscheleien im Sitzkreis oder so hilft auch mal ein humorvolles "Hey, ich bin doch kein Sofa!" oder "Uff, ihr schafft mich, jetzt mal alle einen Schritt Abstand, ich hab euch auch von Ferne gern!"


    All das gilt übrigens nicht für Kinder in emotionalen Krisen, da ist mein Handeln echt situations- und kindabhängig.

  • Oh okay, dann doch eine Frau. Da finde ich die Frage dann schon ungewöhnlich. Natürlich hat da jeder andere Ansichten und Grenzen, aber problematisch finde ich das nicht. Wie gesagt bei männlichen Lehrern wird das ja eher problematisiert.


    Letztlich muss das jeder für sich entscheiden. Ich habe zu den Kindern in meiner Klasse immer ein sehr enges Verhältnis und bin eher kuschelig. Meine Kollegin, die Deutsch unterrichtet ist es nicht. So lernen Kinder schon, dass Menschen das unterschiedlich handhaben. Ich würde mich da jetzt nicht zurücknehmen, weil "Kinder Grenzen lernen müssen".


    Ich nehme übrigens sogar Kinder manchmal gezielt auf den Schoß, wenn es mal wieder durchknallt und anders nicht kontrollierbar ist und es dem Kind so Ruhe gibt. Quasi eine Stufe über der aufgelegten Hand.

  • Wenn man das als Mann nicht "entspannt" sieht, darf man nicht in Grundschule oder KiTa arbeiten...

    In unserem Fall waren die Männer zunächst entspannt und bekamen es dann mit unentspannten Müttern zu tun. Über die Jahre wird man dann unentspannt.

  • Über die Jahre... Dann habe ich wohl Glück gehabt, ich bin seit 1990 im Dienst.
    Ein Umdenken muss dringend stattfinden, auch unter Kolleg*innen:

    Zitat von Anja83

    ...dann doch eine Frau. Da finde ich die Frage dann schon ungewöhnlich.

    Wieso eigentlich? Und wie ist es dann mit schwulen Lehrern/Erziehern? Muss man die kleinen Jungs vor ihnen schützen? Und Transgender? Da wird's kompliziert.

  • Als Frau würde ich mir keinen Stress machen, aber als Mann ist das eine andere Geschichte.


    Arbeite neben dem Studium als Mann im Kindergarten und lasse eigentlich nur Umarmungen (vom Kind ausgehend und kurz zu). Ich verweigere es Mädchen zu wechseln und wechsel selbst Jungs nur wenn es sein muss und so das es jeder sehen kann mit möglichst wenig Körperkontakt.


    Ich habe schon solche unentspannten Mütter bei anderen männlichen Kollegen gesehen und das ist wirklich als Mann nicht witzig. Wenn ich könnte würde ich gerne wieder in den Hort wechseln. Krippe habe ich von vornherein abgelehnt, was auch sofort akzeptiert wurde.

  • Die Sexualität der Männer hat mit den Vorurteilen wenig zu tun, Kinderschänder gibt es ja für beide Geschlechter.



    Sexueller Mißbrauch passiert deutlich seltener durch weibliche Täter. So entstehen dann Vorurteile.


    "Wer sind die Täter und Täterinnen?
    Sexueller Missbrauch findet in etwa 80 bis 90 Prozent der Fälle durch Männer und männliche Jugendliche statt, zu etwa 10 bis 20 Prozent durch Frauen und weibliche Jugendliche. Dies bestätigen auch internationale Studien.
    Missbrauchende Männer stammen aus allen sozialen Schichten, leben hetero- oder homosexuell und unterscheiden sich durch kein äußeres Merkmal von nicht missbrauchenden Männern. Über missbrauchende Frauen wurde in Deutschland bislang wenig geforscht. Es ist jedoch davon auszugehen, dass sexueller Missbrauch durch Frauen seltener entdeckt wird, weil solche Taten Frauen kaum zugetraut werden."





    Interessanter Link dazu: http://www.fk12.tu-dortmund.de…emers_generalverdacht.pdf

  • Über die Jahre... Dann habe ich wohl Glück gehabt, ich bin seit 1990 im Dienst.
    Ein Umdenken muss dringend stattfinden, auch unter Kolleg*innen:

    Wieso eigentlich? Und wie ist es dann mit schwulen Lehrern/Erziehern? Muss man die kleinen Jungs vor ihnen schützen? Und Transgender? Da wird's kompliziert.

    ich bin so ein schwuler Erzieher und sehe das als Vorteil. Mir vertraut man eher bzw mir wurde nie was vorgeworfen und ich komm sehr schnell in Kontakt mit den Müttern aber der eine Kollege war hetero und fast in Teufelsküche. Lehne natürlich trotzdem das oben beschriebene ab.

  • Also ich unterrichte am Gymnasium (ab Klasse 5) und finde es ziemlich befremdlich, dass viele der Kinder (es werden gefühlt immer mehr) so wenig Distanz wahren!


    Sie wollen mich (glaube ich) auch umarmen, kommen bei Fragen wie selbstverständlich ganz nah ans Pult . d.h. direkt neben mich in Körperkontaktnähe, was mir persönlich einfach zu viel und zu nah ist, was ich auch kommuniziere, aber was eher nicht verstanden wird. Insofern plädiere ich stark dafür, dass diesem Verhalten bitte auch in der Grundschule schon "entgegen" gekommen wird.


    Andererseits tun sie mir auch irgendwo leid, denn wer sich Nähe und Zuwendung über die Lehrer abholt, der kriegt vielleicht zu Hause nicht genug davon? Schwieriges Thema, aber für mich persönlich könnte die Distanz ab Gymnasium schon größer sein.


    Viele Kinder brauchen beispielsweise auch fast das ganze 5. Schuljahr, bis sie verstehen, dass Lehrer am Gym gesiezt werden.


    Also Kuschelpädagogik, Zuwendung und Unterstützung - okay!
    Aber doch nicht auf "familiärer" Basis.

  • Nö wieso sollte ich das "in der GS" machen? Ich kriege die Kleinen wenn sie tlw. gerade erst 6 sind. Ich bin für sie die zweite Mama und werde nicht die Beziehung runterfahren. Ich erwarte auch nicht gesiezt zu werden. Manche machen das von alleine. Und der Schnitt zu Klasse 5 ist sowieso da, da kann man das schnell lernen, dass es an der neuen Schule nun anders läuft.


    Und du sagst es ja selbst. Kinder brauchen das heute anscheinend mehr. Warum könnte man diskutieren... aber wenn z.B. in meiner aktuellen Klasse das 7-jährige Mädel mal wieder zusammenbricht weil gerade Weihnachten ist und ihre Alkoholikermutter sie mit 3 von heute auf morgen verlassen hat, dann umarme ich sie und fertig... Aber natürlich habe auch ich meine Grenzen und die mache ich auch deutlich.

  • Danke für die Antworten. Ich bin froh, dass ihr das ernst nehmt. Eigentlich verhalte ich mich genauso wie rote Ameise. Nachdem es heute im Stuhlkreis heftigste Tränen gab, weil ein besonders anhängliches Mädchen, die gerade die Trennung der Eltern mitmacht, nicht neben mir sitzen durfte, wurde ich doch ziemlich nachdenklich. Die Klassenlehrerin der Erstklässler wirft mir auch fragende Blicke zu, weil die nicht umarmt wird und das hat mich auch noch verunsichert.
    Bei den älteren Schülern war es so, dass wir uns am Ende von Klasse 4 beim Abschied einmal gedrückt haben und wenn ich sie irgendwo dann wieder getroffen habe auch, dann waren es ja nicht mehr meine Schüler. Ich selber finde es auch eigentlich schön, wenn die Kleinen sich so freuen, aber man weiß ja nie, wie das Eltern, Kollegen oder sonstwer sieht oder ob es vllt. sogar verboten ist....


    Das was rote Ameise schreibt, kann ich alles so unterschreiben.

  • Ich finde ja auch, dass die Kinder mehr Nähe suchen. Früher, also vor 10 Jahren und mehr hatte ich auch schon Erst - und Zweitklässler, da kam mir das nicht so vor.

  • Ich merke dass es diejenigen die die Umarmung suchen sehr gut tut und lasse das auch zu. Viele Kinder machen das auch bei der Begrüßung und freuen sich mich zu sehen was mich auch positiv einstimmt. Zudem haben wir leider viele Kinder die von 7-17 Uhr bei uns sind und diese Nähe brauchen. Besonders überrascht war ich am Anfang meiner Tätigkeit im Kindergarten, ich war davor im Hort, das besonders die älteren 5-6 jährigen Jungs die Zuwendung zu mir und anderen männlichen Kollegen suchen und sich freuen. Ich finde es eigentlich schade das ich da als Mann schon öfters (früher) diese Zuwendung abgelehnt habe aus Angst vor Vorwürfen.

  • Das ist auch so. 80% unserer Kinder, ca. 320, sind im Ganztag. 50 Kinder kommen hierbei schon zwischen 6 und 8 Uhr. 100 bleiben bis 17 Uhr. Viel Zeit hat man nicht mit seinen Eltern und dann müssen wir noch über die Qualität der Zeit reden.

  • Gibt es denn irgendwo eine Regelung, was man darf und was nicht? Dürfen Kindergartenkinder auf dem Schoß sitzen? Bis zu welchem Alter?

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