Lehrer macht "schlechten" Unterricht. Beschwerden


  • pro Woche deutlich mehr als 40 Stunden zu arbeiten

    Da hast du bei deiner Rechnung sehr großzügig die ganzen Ferien vergessen, in denen du, wenn du während der Unterrichtszeit 40 Stunden arbeiten möchtest, auch immer 40 Stunden leisten müsstest.
    Ich schreibe mir meine Arbeitszeit so ungefähr immer auf und habe natürlich während der Unterrichtszeit Überstunden, die ich aber in den letzten Jahren durch die Ferien immer abbummle. In den Ferien komme ich nie auch nur annähernd an meine Soll-Arbeitszeit. In den Anfangsjahren ist das sicher nicht immer so - war es bei mir auch nicht - aber mit den Jahren, mit mehr Erfahrung und mit einem immer größeren Materialfundus ändert sich das.

  • Hallo @watweisich,
    Ich versuche dir mal den Mehrwert von Tafelanschrieben in den verschiedenen Unterrichtsphasen zu erläutern.


    Die Idee Schüler in der Erarbeitungsphase eigenständig arbeiten zu lassen, halte ich grundsätzlich für gut. Doch dafür benötigen sie Hintergrundwissen/Fakten... Das weißt du selber.

    Die Fakten stehen aber schon im Lehrbuch. Und natürlich werden diese gelehrt, nur nicht unbedingt ständig an der Tafel gesichert. Eine Diskussion ohne Hintergrundwissen würde der betreffende Lehrer auch als Zeitverschwendung erachten.

    Ein Ziel der Einführungs- oder Hinführungsphase sollte aus diesem Grund die Aktivierung der bereits gele(h)rnten Inhalte sein, die in der aktuellen Stunde wichtig sind. Schüler schauen da häufig, ohne das man es ihnen sagen musst, in ihren Heftern nach ... und schwupps geht der Finger nach oben. Das geht natürlich nur, wenn man übersichtliche und gut strukturierte Mitschriften hat. Eine Schulbuchseite zu überfliegen dauert in diesen Situationen wesentlich länger und ist aufgrund ihrer Aufmachung oft auch weniger motivierend.
    Dasselbe gilt natürlich auch für die Erarbeitungsphase.


    Nun zu der Reflexionsphase/Ergebnissicherung:

    Eine von SuS selbstständig im Heft erarbeitete Aufgabe ist nicht als "Sicherung" zu verstehen?

    Nein, in der Regel nicht. Weißt du denn, ob die Schüler alles vollstädig und richtig haben? Bist du dir sicher, dass die Inhalte auf dem Papier und im Kopf richtig und sinnvoll strukturiert wurden.

    Es gibt selten Tafelbilder zum Abschreiben und Auswendiglernen, sondern eher Aufgaben zum Nachdenken und eigenständigem Arbeiten. Der Lehrer versteht sich eher als Moderator als dass er alleinunterhält.

    Als Moderator strukturierst du die Erkenntnisse und Gesprächsbeiträge der Lernenden sowie visualisierst und hältst sie auf sinnvolle und übersichtliche Weise fest. Dadurch ermöglichst du deinen Schülern die Zusammenhänge zuerkennen. Mir scheint es so, als ob du diese Phase und deine Rolle in dieser Phase unterschätzt bzw. die Fähigkeiten deiner Schüler überschätzt.

    Ich sehe die Vorteile der Tafelsicherung ein. Es gibt aber auch erhebliche Nachteile. So dauert das Abschreiben ewig und ständig wird man gefragt, wie dieses und jene Wort heißt.

    Ich halte das Abschreiben nicht für verschwendete Zeit. Es gibt den Lernenden die Möglichkeit, sich das Geschriebene einzuprägen und darüber nachzudenken. Das erkennt man auch daran, dass sie nachfragen. Es ist doch super, wenn dies Anlass bietet nochmal Unklarheiten zu beseitigen.


    Und als letzten Punkt dienen Tafelanschriebe und Mitschriften natürlich auch der Vorbereitung auf Klausuren und Arbeiten!

    Eltern fragen den Lehrer, wie die SuS mit ihrem Heft lernen sollen. Der Lehrer entgegnet, dass die SuS nicht ihr Heft auswendig lernen, sondern im Unterricht mitarbeiten sollen.

    Mitarbeit alleine reicht bei vielen Schülern nicht aus. Selbstverständlich müssen Inhalte wiederholt werden und natürlich müssen bestimmte Fakten gelernt werden.



    PS:

    Also doch Frontalunterricht?

    Verstehe ich dich richtig - du setzt Fachperson mit Frontalunterricht gleich?
    Wenn ich die Diskussion richtig verfolgt habe, dann besteht dein Problem in der Ergebnissicherung. Diese hat nichts mit Frontalunterricht zu tun. Erbebnissicherung ist eine Unterrichtsphase keine Sozialform. Sie sollte Bestandteil jedes guten Unterrichts sein.

  • Das was ihr über gute Unterrichtsgestaltung schreibt, erfordert stets einen erheblichen Aufwand an Vorarbeit/Planung, die ich so bisher noch nicht für jede Stunde zu leisten bereit war. Es geht wohl grundsätzlich darum, eine Work-Life-Balance zu finden, die neben den 26-28 Unterrichtsstunden und Klausurkorrekturen noch Raum für die Vorbereitung des Unterrichts zulässt, ohne dass man nur noch für den Job lebt.

    In einem anderen Thread hast du ja schon über deine Korrekturbelastung geschrieben.


    Ohne dich zu kennen, würde ich dir dringend raten an deinem Zeitmanagement zu feilen.


    Du bist Quereinsteiger? Hast du da Unterstützung? Bist du da nebenbei noch am ZfsL (PE oder OBAs), wo man dich beraten oder unterstützen kann?

    Freundlichkeit ist kostenlos, aber niemals umsonst.

  • Ich sehe die Vorteile der Tafelsicherung ein. Es gibt aber auch erhebliche Nachteile. So dauert das Abschreiben ewig und ständig wird man gefragt, wie dieses und jene Wort heißt.

    Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass man an der Tafel schreiben, auch üben muss. Ich selber habe keine gute Handschrift und ich muss mir an der Tafel wirklich Mühe geben, ordentlich zu schreiben. Das habe ich tatsächlich nachmittags nach Schulschluss an der Tafel geübt.
    Dieses ordentliche Schreiben funktioniert nicht gut während des Unterrichtsgeschehens, bspw. während einer Diskussion. Daher nimm dir die Zeit am Ende. Wenn die Schüler es gut lesen können, kommen weniger Nachfragen und das Abschreiben geht auch schneller. Oder du nutzt andere Medien, z.B. per Beamer, wo du das vorbereitete Tafelbild nach und nach aufbaust, bspw. in Form von Folien.

  • In einem anderen Thread hast du ja schon über deine Korrekturbelastung geschrieben.

    Dazu fällt mir noch Folgendes ein:
    Arbeiten im guten oder sehr guten Bereich, in denen die Zusammenhänge übersichtlich strukturiert dargestellt werden, lassen sich meist schneller korrigieren, als weniger gute Arbeiten bei denen man nach jedem Punkt suchen und noch begründen muss, warum bestimmte Punkte nicht gegeben werden können.
    Schon aus diesem eigennützigen Grund ist es sinnvoll die Lernenden möglichst gut auf die Arbeiten vorzubereiten. Dabei helfen strukturierende und übersichtliche Tafelanschriebe und Ergebnissicherungen.

  • Dann schreibe den Tafelanschrieb mit dem PC, druck aus und leg unter die Dokumentenkamera. Man kann das sogar noch handschriftlich ergänzen, um flexibel auf Äußerungen der Schüler reagieren zu können.


    ABER: nicht jeder hat eine gut lesbare Handschrift - stimmt. Aber JEDER kann sich als Lehrer so viel Mühe mit der Schrift geben, dass man das an der Tafel lesen kann (Druckbuchstaben?).

  • Du hast dich für einen Quereinstieg in einen akademischen Beruf entschieden. Also bist du auch in der Bringschuld, neben deiner Tätigkeit, das erforderliche Wissen und erforderliche Fähigkeiten anzueignen. Mit einer 40h-Woche ist das dann eventuell nicht getan. Die Schüler haben ein Recht darauf.
    Lies Grundlagenliteratur, besuche Fortbildungen, hospitiere bei Kollegen, ... viele Tipps hast du hier schon bekommen. Plane zu Beginn einfache Stunden (Einstieg, Erarbeitung, Sicherung) ohne schnickschnack, die aber das Erreichen des Lernziels ermöglichen. Denn darauf kommt es an. Wie weitere auch vor mir schrieben, gehört eine Sicherung an der Tafel dazu.

  • Das ist ernst gemeint. Nicht jeder hat eine lesbare Handschrift.


    Schon klar. Aber wenn man an die Tafel schreibt, kann das jeder so machen, dass es lesbar ist. Zumal die Schüler ja eh länger ("ewig") brauchen um abzuschreiben.


    Edit: wie viele andere scheinbare Banalitäten ist auch ein Tafelschrieb kein Selbstläufer. Ein bisschen Mühe muss man sich schon geben.

  • Das ist ernst gemeint. Nicht jeder hat eine lesbare Handschrift.

    Achso, ich dachte auch es ging darum, dass die Schüler die Begriffe nicht verstanden haben und du keine Lust hast, diese zu erklären.


    Also auch an die Tafel schreiben muss man lernen. Als Beispiel: Grund- und Förderschullehrer stellen sich nachmittags mit der Schulausgangsschrift in der Hand an die Tafel und üben auf und ab und Bögen, das g ist im Keller, das R im Dachgeschoss- wie ihre Erstklässler :D


    Außerdem wurde es schon geschrieben, du kannst Texte schon vorher tippen und austeilen. Oder während des Gesprächs ein Mindmap erstellen (das du schon zu Hause vorbereitet hast), bei dem sie gleichzeitig mitschreiben. z.B. in Druckschrift. Die Schüler gewöhnen sich aber auch an deine Schrift.


    Wäre es vielleicht eine Möglichkeit, auf Teilzeit runterzugehen, wenn dich die Situation gerade so stresst? Als Referendar legt man aus gutem Grund mit 12 oder 15 Stunden los.

  • Du hast dich für einen Quereinstieg in einen akademischen Beruf entschieden. Also bist du auch in der Bringschuld, neben deiner Tätigkeit, das erforderliche Wissen und erforderliche Fähigkeiten anzueignen. Mit einer 40h-Woche ist das dann eventuell nicht getan. Die Schüler haben ein Recht darauf.
    Lies Grundlagenliteratur, besuche Fortbildungen, hospitiere bei Kollegen, ... viele Tipps hast du hier schon bekommen. Plane zu Beginn einfache Stunden (Einstieg, Erarbeitung, Sicherung) ohne schnickschnack, die aber das Erreichen des Lernziels ermöglichen. Denn darauf kommt es an. Wie weitere auch vor mir schrieben, gehört eine Sicherung an der Tafel dazu.

    Ich sollte zunächst an meiner Einstellung arbeiten und erkennen, dass ich mich trotz mehrjähriger Unterrichtspraxis immer noch in der "Ausbildung" befinde und weiterhin noch viel Nachholbedarf habe. Das ist eine unangenehme Erkenntnis, aber da werde ich nicht drum herum kommen.

  • Wäre es vielleicht eine Möglichkeit, auf Teilzeit runterzugehen, wenn dich die Situation gerade so stresst? Als Referendar legt man aus gutem Grund mit 12 oder 15 Stunden los.

    Das würde sicherlich einiges entspannen. Bisher wollte ich mir noch nicht eingestehen, dass mich das Volldeputat evtl. überfordert. Aber ein Beruf, wo man nicht in der Lage ist in Vollzeit zu arbeiten? Irgendwie auch komisch. In anderen Berufen erhält man (während der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit!) Gelegenheit, sich in die Materie einzuarbeiten. So ganz einsehen will ich das nicht.

    • Offizieller Beitrag

    Bevor Du Dir metaphorisch den Strick nimmst, sei noch einmal ganz ausdrücklich folgendes angemerkt:


    JEDER Junglehrer, der frisch aus dem Referendariat kommt, arbeitet mit voller Stelle, mehreren Korrekturgruppen und dem ganzen Tamtam, das Schule so mit sich bringt, in den ersten Jahren mehr als eigentlich vorgehsehen und als eigentlich gesund ist.
    Auf die Lebensarbeitszeit gerechnet gleicht sich das aber nach ein paar Jahren auf jeden Fall aus, weil Du Routine bekommst, effizienter arbeitest, nicht mehr so oft nachfragen oder nachschlagen musst, Du in Deinen Entscheidungen selbstbewusster und zügiger wirst und auch natürlich nicht mehr so viel vorbereiten musst. Die ersten Jahre sind hart, aber ES WIRD BESSER! Ganz bestimmt.

    • Offizieller Beitrag

    Das würde sicherlich einiges entspannen. Bisher wollte ich mir noch nicht eingestehen, dass mich das Volldeputat evtl. überfordert. Aber ein Beruf, wo man nicht in der Lage ist in Vollzeit zu arbeiten? Irgendwie auch komisch. In anderen Berufen erhält man (während der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit!) Gelegenheit, sich in die Materie einzuarbeiten. So ganz einsehen will ich das nicht.

    Letztlich würdest Du trotzdem auf das Zeitvolumen einer vollen Stelle kommen, weil Du ja jetzt die Zeit hast, die Dinge entsprechend Deinem gegenwärtigen Tempo zu erledigen. Das ist ein ganz dickes Minusgeschäft!

  • In anderen Berufen erhält man (während der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit!) Gelegenheit, sich in die Materie einzuarbeiten.

    Diese Gelegenheit bekommt man als Lehrer auch. Das nennt sich Ausbildung (Studium und Vorbereitungsdienst).
    Du hast dich für einen anderen Weg entschieden und machst nun die Erfahrungen, die Quereinsteiger in vielen Berufen machen.

  • Letzte Woche flatterte ein Fortbildungsangebot auf meinen Schreibtisch: "Unterrichtest du noch oder berätst du schon?"


    Ich glaube, dieses provokative Titel zeigt schon auf, dass die Ansichten, was guter Unterricht sei, unendlich auseinandergehen.


    Bei mir haben sich auch einmal Eltern gemeldet, die sich über eine Unterrichtsreihe beschwert haben, die ich 1:1 begeistert von einer Fortbildung übernommen hatte.
    Diese war auch in Richtung Beratung und weg vom klassischen Unterricht. Und gerade Eltern vergleichen glaube ich immer mit ihrer eigenen Schulzeit (meist frontal)
    oder wollen helikoptermäßig die Kinder mitbetreuen und dazu bräuchten sie einen Tafelanschrieb, da sie ja nicht mit im Unterricht sitzen.
    Aber das ist ja nicht unser Problem

  • ...
    oder wollen helikoptermäßig die Kinder mitbetreuen und dazu bräuchten sie einen Tafelanschrieb, da sie ja nicht mit im Unterricht sitzen.
    Aber das ist ja nicht unser Problem

    ich glaub jetzt geht's los. Die Kinder werden den lieben langen Tag benotet und müssen auf den Punkt genau aufs Blatt kotzen, wie man so schön sagt, was der Lehrplan vorgibt und der Lehrer abfragt. Und so lange das so ist, haben Lehrer die Pflicht den Stoff strukturiert anzubieten und vorher anzukündigen, was in der nächsten Klassenarbeit drankommt. Von deinem Unterricht hängt ab, welchen Schulabschluss und welche Perspektive die Kinder haben.


    Und wer sich dieser Verantwortung entzieht, der möge bitte seinen Arbeitsplatz aufgeben.

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