Prüfungsangst

  • Liebe Leute, ich bräuchte mal euren Rat ...


    Ich hab ein Mädchen in einer 1. Klasse im Schwerpunktfach (10. Schuljahr) mit extremer Prüfungsangst. Die kommt am Tag der Prüfung schon ganz rotfleckig ins Zimmer rein und ist kurz vor den Tränen. Die Prüfungsfragen beantwortet sie dergestalt, dass sie so schnell wie möglich alles aufs Blatt kotzt was ihr zu einem bestimmten Stichwort einfällt, aber leider komplett ohne Zusammenhang. Die Noten fallen entsprechend aus, wobei es nicht so schlimm ist, dass sie versetzungsgefährdet wäre. Ich habe am nächsten Mittwoch ein Gespräch mit ihr vereinbart und sie schon ganz kurz in der Pause gefragt, woher eigentlich das Problem kommt. Sie sagt, das sei erst seit diesem Schuljahr so und es sei auch nur in den beiden Schwerpunktfächern (Biologie und Chemie) so. Sie habe keine negativen Erfahrungen gemacht, die zu dieser Situation geführt haben.


    Ein paar Infos zum Mädchen selbst und zur Klasse: Sie ist eine ruhige aber sehr aufmerksame Schülerin. Ihre Unterlagen sind sehr ordentlich, sie schreibt viel selbständig mit. Aus dem, was sie sich selbst notiert kann ich schliessen, dass sie die Zusammenhänge sehr gut versteht. Leider traut sie sich nie freiwillig aufzustrecken, ich muss sie immer auffordern. Das macht sie meist auch nervös und dann kommen falsche oder schwammige Antworten, die ihr sichtlich peinlich sind. Der Teil der Klasse, der bei mir im Schwerpunktfach ist (17 SuS, es gibt 5 weitere SuS die aber ein anderes Schwerpunktfach haben) besteht aus 9 Mädchen und 8 Jungs. Die Jungs sind noch ein bisschen spätpubertäre Spinner, die gerne dumme Sprüche klopfen aber ansonsten sehr umgänglich sind. Ich hab's bisher noch nicht erlebt, dass einer das Gesicht verzieht oder gar lacht, wenn jemand eine falsche Antwort gibt. Leider sind sie (im Moment noch?) ziemlich auf dem Dampfer, dass sie sich gegenseitig mit schlechten Noten unterbieten (das allerdings *nicht* im Schwerpunktfach, dort sind sie ungefähr mittelmässig) und das irgendwie lustig finden. Ich hab ihnen bei der Rückgabe der letzten Prüfung schon recht deutlich gesagt, dass ich es schade finde, dass sie offenbar nichts anderes haben, mit dem sie sich profilieren könnten.


    Meine Frage an euch ist jetzt: Habt ihr Tipps, wie ich in das Gespräch am Mittwoch reingehen kann? Ich hab mir natürlich selbst schon Gedanken gemacht, dazu will ich aber erst mal nichts schreiben sondern würde gerne ein paar objektive Meinungen lesen von Leuten, die mit der ganzen Sache überhaupt nichts zu tun haben.

  • ...würde ich nicht selbst angehen als lehrer, klingt nach schulpsychologin und dann weitervermittlung an passende stellen (psychologe, psychiater) durch diese. elterninformation (nach rücksprache mit kind in dem alter), kind stützen, aber einzelgespräche weiterer art würde ich da nicht führen. das liegt jenseits unserer beratungskompetenz, wenn es wirklich so krasse prüfungsangst ist, wie du das hier beschreibst. leistungsangst ist was für profis. das kann generalisieren, das kann physische symptome machen...

  • Danke. Der Vater arbeitet beim schulpsychologischen Dienst, sie sitzt also direkt an der Quelle und hat mir gesagt, dass sie diese auch nutzen wird. Ich würde ihr gerne "technische" Tipps geben, nicht über das psychologische Problem sprechen.

  • Hm, obwohl sie die Leistung bringt und offenbar auch Zusammenhänge versteht traut sie sich nicht auf die "Bühne", und versemmelt es dann vor lauter Nervosität.
    Ich vermute mal einen deutlichen Knacks im Selbstvertrauen, die Frage wäre, wo der herkommt.
    Ich schreib dir mal ne PN, wenn du magst...

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  • Was genau meinst du mit "technischen Tipps"?
    Ich sehe es ähnlich wie kecks, sie scheint ja im Unterricht durchaus mit zu denken und die Zusammenhänge zu verstehen, weshalb es weder am Fach noch an dir liegen sollte. Ich hatte allerdings einmal eine Schülerin, die war bei mir auch immer nervös und fahrig und hat nichts hinbekommen, nach einiger Zeit habe ich über andere erfahren, dass sie in mich verliebt war und sich deshalb nicht konzentrieren konnte.


    Gerade auch wegen dieser Erfahrung, würde ich ihr zu eine psychologischen Beratung raten.

  • An das verliebt sein dachte ich auch kurz, das kann es aber nicht sein, da sie in Biologie das gleiche Problem hat.

  • Wenn sie zu nervös ist, um direkt auf deine Frage zu antworten, würde ich für eine Weile diese spontane Situation vermeiden und z.B. ab und zu im Unterricht eine Frage stellen und alle Schüler auffordern, sich kurz Notizen hierzu zu machen. Um ihr hiermit nicht gleich wieder Stress zu machen, würde ich zunächst ein paar Mal diese dann einfach einsammeln und am nächsten Tag kontrolliert zurück geben. Wenn sie damit zurecht kommt, und richtige Antworten liefert, würde ich die Zettel dann nicht mehr einsammeln sondetn einige Schüler bitten, zu sagen oder vorzulesen, was sie sich notiert haben und dabei dann auch diese Schülerin ab und zu rannehmen. Wenn das auch funktioniert, könntest du ihr für eine Weile die Möglichkeit geben, sich mit Hilfe von Notizen auf ihren mündlichen Beitrag kurz vorzubereiten, so dass sie sich daran orientieren kann, falls sie dann doch wieder zu nervös wird.

    • Offizieller Beitrag

    Das hier hilft oft und ziemlich schnell. Mit der Technik werden auch Spitzenmusiker und -sportler gecoached. Wichtig ist, dass die Anwender nicht nur die Klopftechniken einsetzen, sondern auch an den Glaubenssätzen arbeiten. Es gibt eine Anwenderliste, wobei nicht alle Anwender wirklich gut sind. Auf der Seite gibt es eine Anwenderliste, auch für die Schweiz, du kannst mit erster Ziffer der Postleitzahl suchen.

  • Danke @Nordseekrabbe. Im Prinzip machen wir das eh genau so. Wenn die SuS neu zu uns kommen, ziehe ich die ersten 4 - 5 Wochen Hausaufgabenblätter ein, die ich korrigiere. So bekommen die SuS Feedback wo sie in etwa stehen und sollten dann auch wissen, was ich in der ersten schriftlichen Prüfung in etwa von ihnen erwarte. Im Unterricht gibt es immer wieder Übungsphasen in denen die SuS alleine oder zu mehreren (wie es ihnen passt) Aufgaben schriftlich bearbeiten und dann ihre Lösungen mündlich präsentieren. Die Hausaufgabenblätter, die das fragliche Mädchen abgegeben hat, waren alle sehr ordentlich und inhaltlich auch sehr gut. Die erste Prüfung war noch OK aber schon deutlich schlechter als ich gedacht hätte, die zweite war jetzt ungenügend.


    Aber ihr habt natürlich recht ... was das Mädchen für sich selbst tun kann, das muss sie mit einem Psychologen zusammen rausfinden. Das hat sie selbst zum Glück ja auch selbst schon bemerkt und ist dran. Die Frage sollte daher eher lauten: Was kann *ich* tun um ihr zu helfen? Immerhin bin ich ja irgendwie schon Teil des Problems und kann (vielleicht?) auch zur Lösung beitragen.

  • ...Immerhin bin ich ja irgendwie schon Teil des Problems und kann (vielleicht?) auch zur Lösung beitragen.

    Ich sehe nicht, wo dein Anteil an ihrem Problem wäre.


    Ich weiß nicht was Schwerpunktfach heißt, vermute mal sowas wie Leistungskurs, also mehr Stunden und höhere Gewichtung? Dann macht ihr vermutlich das Stress und nicht du oder das Fach.


    Was dem Zugrunde liegt, kann sie tatsächlich nur mit professioneller Hilfe rausfinden, bzw. damit umgehen zu lernen.


    Ich hatte das Problem auch in mündlichen Prüfungen bis zum Blackout, am Schlimmsten im 2. Stex. völlig egal, wer prüft, den nimmst du vor Panik gar nicht mehr richtig wahr. Aber ich hab's überlebt, inzwischen interessiert mich die Bewertung durch andere nicht mehr, man erlebt ja so allerlei was dramatischer ist, als Prüfungen, da entwickelt man sich auch weiter...


    Ach und ich erwähne es gern beim Thema Ängste: Meditieren lernen und praktizieren :top:

  • Könntest du auch mal die Mitschriften benoten, wenn die gut sind? Oder vielleicht hilft ihr auch die Rückmeldung: ich sehe, dass du das kannst. Deine Mitschriften zeigen, dass du die Sachverhalte verstehst. Du bist gut und du darfst hier heulen, im Dreieck springen oder was auch immer, das ist okay, es stresst mich nicht. Ich hab Zeit... :)

  • Öhm, ich war so ähnlich wie das Mädchen. Mit den mündlichen Noten habe ich mir das 1. Staatsexamen versaut. Was sind das denn für Prüfungen? Bist du mit ihr allein oder sind da andere Prüfer oder Schüler dabei? Entschuldige die dumme Frage....


    Warum spielst du am Mittwoch nicht eine Prüfung mit ihr durch? Gibst ihr irgendein "Gerüst" an die Hand, mit dem man alle möglichen Fragen angehen kann. Wenn sie keine fachlichen Probleme hat, dann geht vllt. alles kreuz und quer durch den Kopf und sie weiß in der Stresssituation nicht, wie sie das ordnen oder gewichten soll. Ging mir jedenfalls so.

  • Update: Wir haben am letzten Mittwoch mal über das Problem gesprochen. Ich glaube, es hat schon geholfen, dass die Schülerin merkt, dass ich überhaupt registriere, dass etwas nicht gut ist und dass ich denke, dass sie es eigentlich kann. Sie wirkte jedenfalls in den darauffolgenden Unterrichtsstunden deutlich entspannter. Ich konnte ihr ein paar Tipps bezüglich ihres Lernverhaltens geben und sie wird auch zur Schulpsychologin gehen. Wir werden sehen, wie es weitergeht.

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