Schüler mit Aufmerksamkeitsproblem

  • Hallo!


    Es ging um einen emotional sensiblen Schüler in einer 7. Klasse, der ständig wegen irgendwelcher Kleinigkeiten auffällt. Z.B. Tasche einpacken 5 Minuten vor Unterrichtsende, Fragen stellen (Lehrer hat vorher alles erklärt, man kann seinen Sitznachbarn fragen(?)), Gespräche mit Sitznachbarn, wenn andere Schüler Ergebnisse vorlesen ... das ganze Programm eben. Ständig wird die Aufmerksamkeit der Lehrkraft eingefordert, selbstständiges Arbeiten oder Arbeiten mit Mitschülern sind für dieses Kind sehr schwierig. Wenn man auf das Verhalten sachlich hinweist, z.B. Lass Deine Sachen bitte auf dem Tisch/ Wir sind noch nicht am Ende der Stunde, Ich habe die Aufgabe gerade schon erklärt, wird geschmollt, bisweilen sogar geweint. - Was ich sehr ungewöhnlich finde in einer 7. Klasse.


    Kurzum, das ist ein Kind, was sehr unsicher agiert und sich total nach Aufmerksamkeit sehnt (Familiengeschichte bestätigt das), und damit seine Mitschüler und auch mich sehr beschäftigt.


    Wie geht ihr mit solchen Schülern um?

  • "Familiengeschichte bestätigte das" - inwiefern? Ist der Junge ein klassisches "Schlüsselkind", Essen steht in der Mikrowelle, und zuhause wird das Kind so gar nicht beachtet, egal was es macht? Eltern beide berufstätig und dementsprechend keine Zeit/Energie fürs Kind?


    Wenn das in etwa zutrifft, sind die Eltern der Ansatzpunkt, damit sich etwas ändern kann. Die "Sehnsucht nach Aufmerksamkeit" - egal welcher Art - ist ursächlich, oft waren solche Kinder sogar zunächst (sehr) gute Schüler, da die leistungen aber nicht honoriert, sondern ignoriert werden, probieren sie eben andere Wege aus, um Aufmerksamkeit zu erlangen.
    Sprich - solange sich am Verhalten seines Umfelds, insbesondere der Familie dann nichts ändert, wird sich auch dieses Verhalten nicht ändern.

    Der Zyniker ist ein Schuft, dessen mangelhafte Wahrnehmung ihn Dinge sehen lässt wie sie sind, nicht wie sie sein sollten. (Ambrose Bierce)
    Die Grundlage des Glücks ist die Freiheit, die Grundlage der Freiheit aber ist der Mut. (Perikles)
    Wer mit beiden Füßen immer felsenfest auf dem Boden der Tatsachen steht, kommt keinen Schritt weiter. (Miss Jones)
    Wenn der Klügere immer nachgibt, haben die Dummen das Sagen - das Schlamassel nennt sich dann Politik (auch Miss Jones)

  • Ruhig bleiben, sich nicht nervös machen lassen, immer wieder das Einhalten der Regeln einfordern. Nein, der Schüler packt wirklich nicht 5 min vor Ende schon zusammen. Nein, er quatscht wirklich nicht mit seinem Nachbarn, während ein anderer spricht. Natürlich ist das mühsam, aber Du hast in einer Klasse am Gymnasium vielleicht mal einen von der Sorte und dann müssen alle Beteiligten das eben aushalten. Wir haben auch immer mal wieder diagnostizierte ADHSler mit dabei, oder SuS, die ohne Diagnose (ist schlussendlich auch egal ...) keine 2 min ruhig sitzen können.


    Ob das langfristig erfolgreich ist, hängt schwer davon ab, wie empathisch der Schüler ist. Angenommen er hätte jetzt wirklich ADHS, könnte ein Symptom tatsächlich ausgesprochene Empathielosigkeit sein. Da helfen Medikamente. Ich nehme aber an, dass es diesbezüglich keine Abklärung gibt, denn so wie Du schreibst, kümmern sich die Eltern nicht allzu sehr? Angenommen der Schüler ist aufgrund seiner familiären Situation so anstrengend, es hat also nichts mit ADHS oder so zu tun, kann man versuchen ihm bewusst zu machen, dass er seine Mitschüler in der Klasse nervt. Ich meine nicht, man soll ihm einfach sagen "Du nervst", sondern z. B. wenn er Fragen stellt, die eigentlich schon beantwortet wurden, die Antwort von seinen Mitschülern noch mal geben lassen. Und das noch mal und noch mal und noch mal. In der Regel geht das Spiel irgendwann allen auf den Senkel und der betreffende Schüler merkt selbst, dass er anstrengend ist.


    Wie ist denn sein Status in der Klasse? Hat er Freunde oder gibt es Stress mit den Mitschülern? Wie viel man erreichen kann, hängt natürlich auch vom Goodwill der Mitschüler ab. Schlussendlich muss Dir aber klar sein, dass Du kein Psychologe bist und eine wirkliche Verhaltensauffälligkeit gar nicht in Deinen Kompetenzbereich fällt. Da müssen andere ran.

  • Wie geht ihr mit solchen Schülern um?

    Was genau heißt "solcher" Schüler? Ich hab noch kein klares Bild von der Person. Das Kind ist nicht trotzig oder frech?


    Ich würde ihn (ich vermute ein er?) ohne Klasse drumrum mal fragen, was los ist. "Was hat dich vorhin so traurig gemacht, als ich gesagt habe, es hat noch nicht geklingelt?" Auch wenn du keine Antwort bekommst, stößt das vermutlich etwas an.


    Du kannst nur das machen, was du schon machst: Regeln verbalisieren, strukturieren, klar sein. Pack dein Zeug wieder aus, es hat noch nicht geklingelt. Ich erkläre es noch mal kurz, XY, hör jetzt zu: .../Fang jetzt an zu arbeiten/Umsetzen, wenn permanent mit Nebenmann gesprochen wird etc.


    Ansonsten kann sich nur wirklich etwas ändern, wenn sich in der Familie etwas ändert. Oder ist es ein Heimkind?

  • Ansonsten kann sich nur wirklich etwas ändern, wenn sich in der Familie etwas ändert.

    So pessimistisch bin ich da nicht. Älter werden hilft. Ein Kind in der 7. Klasse ist natürlich noch hochgradig abhängig vom Elternhaus, aber dessen Einfluss schwindet mit der Zeit. Wenn man dran bleibt, kann man solchen Kindern wirklich helfen, sich später, also gegen Oberstufe, in eine gute Richtung zu entwickeln.

  • Familientherapie. Es muss sich etwas ändern. Und zwar bei den Eltern.

    Der Zyniker ist ein Schuft, dessen mangelhafte Wahrnehmung ihn Dinge sehen lässt wie sie sind, nicht wie sie sein sollten. (Ambrose Bierce)
    Die Grundlage des Glücks ist die Freiheit, die Grundlage der Freiheit aber ist der Mut. (Perikles)
    Wer mit beiden Füßen immer felsenfest auf dem Boden der Tatsachen steht, kommt keinen Schritt weiter. (Miss Jones)
    Wenn der Klügere immer nachgibt, haben die Dummen das Sagen - das Schlamassel nennt sich dann Politik (auch Miss Jones)

    • Offizieller Beitrag

    ich finde das geschilderte Verhalten zwar anstrengend, aber nicht wirklich unterirdisch.
    Ruhig bleiben,


    Nicht die 528ste Erklärung geben, sondern ihm den Ball zurückgeben: Was kannst du tun, damit du es verstehst?
    kurze, knappe Antworten,
    ihm keine Bühne geben.

  • Danke für die Antworten!


    Ihr habt natürlich Recht, gerade Miss Jones, Elternhaus. Dazu kann ich leider hier nix weiter ausführen, aber die Chancen, was das anbelangt, sind eher bescheiden. Leider. (Wurde schon mehrmals angesprochen usw., keine Einsicht, Lehrer sind "die Bösen" ... schwierig.)


    Es ist kein Heimkind.


    Status in der Klasse ist kompliziert, da den Mitschülern das Verhalten schon lange negativ auffällt. Es gab schon häufiger die von euch angesprochene Reaktion der Mitschüler auf wiederholtes Fragen und/oder Störungen. Sehe mich eher in der Position, die Reaktionen einzudämmen, da mittlerweile teils recht offensiv.


    Gespräch mit Schüler habe ich schon mehrmals gesucht, da kommen relativ viele "Anschuldigungen", was die anderen und/oder ich alles falsch machen. (Elternhaus lässt grüßen.) Gespräche dauern sehr lange (ganze Pause), was wiederum Grund zu Annahme gibt, dass Kind zu Hause wenig Aufmerksamkeit erhält und kaum Freunde hat. "In der Regel" fliehen die Schüler ja eher in die Pause, als sich stundenlang mit dem Lehrer zu unterhalten. ;)


    Tja. "In der Regel" kenne ich das auch, dass sich so ein Verhalten irgendwann raus wächst, hier liegt aber mehr im Argen.


    Und, ganz richtig: Ich bin kein Therapeut und habe auch noch 26 andere SchülerInnen zu betreuen.


    ...

  • Hast du schon Mal versucht ihm zusätzliche Aufmerksamkeit zu schenken. Beispielsweise könnte er die Aufgabe bekommen, jeden Arbeitsauftrag zu wiederholen. Das könntest du auch ritualisieren. Anfangs könntest du es auch einleiten mit: "Achtung Mäxchen, gleich bist du dran die Aufgabe zu wiederholen."


    __________________________________________________________


    @Krabappel als Harry-Potter-Fan bin ich ehrlich enttäuscht über den Wechsel deines Profilbildes. :(

  • Wenn die Eltern da auf stur schalten, sind sie eben als solche unfähig.
    Zeit fürs Amt einzugreifen.
    Dem Kind muss geholfen werden, und das geht nur, indem die Eltern ihr Verhalten ändern. Tun sie das nicht, muss das Kind da raus - wenn da endlich mal eine amtliche Ansage kommt, werden manchmal auch beratungsresistente wach.


    Und ja, klingt hart, ist aber angebracht.

    Der Zyniker ist ein Schuft, dessen mangelhafte Wahrnehmung ihn Dinge sehen lässt wie sie sind, nicht wie sie sein sollten. (Ambrose Bierce)
    Die Grundlage des Glücks ist die Freiheit, die Grundlage der Freiheit aber ist der Mut. (Perikles)
    Wer mit beiden Füßen immer felsenfest auf dem Boden der Tatsachen steht, kommt keinen Schritt weiter. (Miss Jones)
    Wenn der Klügere immer nachgibt, haben die Dummen das Sagen - das Schlamassel nennt sich dann Politik (auch Miss Jones)

  • ich finde das geschilderte Verhalten zwar anstrengend, aber nicht wirklich unterirdisch.
    Ruhig bleiben,


    Nicht die 528ste Erklärung geben, sondern ihm den Ball zurückgeben: Was kannst du tun, damit du es verstehst?
    kurze, knappe Antworten,
    ihm keine Bühne geben.

    Das könnte ich vielleicht ausdauernder handhaben. Danke!


    Ergänzt mit "Was machst Du gerade?" bei Störungen (+ Wie ist es richtig?)


    Ja, das ist ein guter Tipp. Noch mehr auf die Selbstverantwortung zurück verweisen.

  • Hast du schon Mal versucht ihm zusätzliche Aufmerksamkeit zu schenken. Beispielsweise könnte er die Aufgabe bekommen, jeden Arbeitsauftrag zu wiederholen. Das könntest du auch ritualisieren. Anfangs könntest du es auch einleiten mit: "Achtung Mäxchen, gleich bist du dran die Aufgabe zu wiederholen."


    __________________________________________________________


    @Krabappel als Harry-Potter-Fan bin ich ehrlich enttäuscht über den Wechsel deines Profilbildes. :(

    Das ist auch ein guter Hinweis in dem Sinne, dass Schülerenergie in die "richtige" Richtung gelenkt wird. In der Grundschule kann das eventuell auch funktionieren (oder 5. Klasse) ... aber ja, doch, ich glaube, ich sehe da eine Möglichkeit, wenn auch etwas anders gelagert.

  • ...(Wurde schon mehrmals angesprochen usw., keine Einsicht, Lehrer sind "die Bösen" ... schwierig.)


    ...
    Gespräch mit Schüler habe ich schon mehrmals gesucht, da kommen relativ viele "Anschuldigungen", was die anderen und/oder ich alles falsch machen.
    ...

    Soso, na dann wäre ich auch nicht allzu zimperlich. Ändert aber nichts daran, dass es anstrengend bleibt und ich umso klarer wäre in den Aussagen, was ich erwarte ;)



    @Luiselotte, ich hatte doch ein schlechtes Gewissen, mich mit Minervas Federn zu schmücken. So cool muss man erst mal sein :P

  • Soso, na dann wäre ich auch nicht allzu zimperlich. Ändert aber nichts daran, dass es anstrengend bleibt und ich umso klarer wäre in den Aussagen, was ich erwarte ;)


    @Luiselotte, ich hatte doch ein schlechtes Gewissen, mich mit Minervas Federn zu schmücken. So cool muss man erst mal sein :P

    Es ist wirklich total anstrengend. Lehrer nolens volens die Therapeuten der Gesellschaft ...

  • Bei mir in der Klasse, bzw an meiner Schule sind wohl 80 Prozent der Schüler genau so (bis auf das Weinen - dafür werden andere beleidigt o.ä.). Hauptschule halt.
    Immer wieder an Regeln erinnern, Rituale einüben, explizit die Schritte das Verhalten vorgeben, die/das erwartet werden/wird, bevor(!) der Schüler mit etwas anfängt usw. Zum Beispiel "Achtung, jetzt erkläre ich etwas" oder beim Aufräumen genau benennen was wohin soll etc.
    Ständige Gespräche mit Mitschüler : Einzeltisch und nur für Partnerarbeit zusammensetzen. Evt neben deinen Tisch platzieren, so dass du ihn gut im Blick hast, bremsen/unterstützen kannst?

    • Es ist bestimmt mühsam, aber sei froh, dass du nur einen davon hast ;)
  • Bei mir in der Klasse, bzw an meiner Schule sind wohl 80 Prozent der Schüler genau so (bis auf das Weinen - dafür werden andere beleidigt o.ä.). Hauptschule halt.
    Immer wieder an Regeln erinnern, Rituale einüben, explizit die Schritte das Verhalten vorgeben, die/das erwartet werden/wird, bevor(!) der Schüler mit etwas anfängt usw. Zum Beispiel "Achtung, jetzt erkläre ich etwas" oder beim Aufräumen genau benennen was wohin soll etc.
    Ständige Gespräche mit Mitschüler : Einzeltisch und nur für Partnerarbeit zusammensetzen. Evt neben deinen Tisch platzieren, so dass du ihn gut im Blick hast, bremsen/unterstützen kannst?

    • Es ist bestimmt mühsam, aber sei froh, dass du nur einen davon hast ;)

    Ja, ehrlich gesagt habe ich das auch schon vermutet. Eigentlich ist es kein klassisches Gymnasialkind. Es ist nicht "dumm", sondern hat einfach nur so viele (familienhaus bedingte) Defizite, dass es möglicherweise irgendwann nicht mehr an der Gym-Schulform bleiben wird.


    Das ist so schade! - Und Danke für Deine hilfreichen Tipps. Präventives Vorhersehen, so weit denke ich noch gar nicht, aber auch das kann sicherlich helfen.


    Wiederholung ist die Mutter der Didaktik. ;)

  • Oh, und es ist nicht nur einer, es sind ... *überleg * ca. 3. Zwei zählen so halb, würde ich sagen ... womit wir schon bei 4 wären.

  • Was ist denn bitte ein "klassisches Gymnasialkind" deiner Meinung nach?

    Der Zyniker ist ein Schuft, dessen mangelhafte Wahrnehmung ihn Dinge sehen lässt wie sie sind, nicht wie sie sein sollten. (Ambrose Bierce)
    Die Grundlage des Glücks ist die Freiheit, die Grundlage der Freiheit aber ist der Mut. (Perikles)
    Wer mit beiden Füßen immer felsenfest auf dem Boden der Tatsachen steht, kommt keinen Schritt weiter. (Miss Jones)
    Wenn der Klügere immer nachgibt, haben die Dummen das Sagen - das Schlamassel nennt sich dann Politik (auch Miss Jones)

  • Unsinnige Fragen, die den Unterricht nicht voranbringen gehen bei mir negativ in die Mitarbeitsnote ein. Sonst Einzeltisch vorne, Aufholen von "verlorenen" Unterrichtsminuten in der Pause, "Denkzettel" - schriftliche Auseinandersetzung mit dem Regelverstoß + Unterschrift der Eltern, ...

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