Wie Rechtschreibung sinnvoll in meine Deutscheinheit einbauen?

  • Hallo liebes Lehrerforum,



    danke für die Aufnahme. Ich bin frisch von der Uni und für dieses Halbjahr als Vertretungslehrerin für Deutsch an einer IGS in Niedersachsen tätig. Dort unterrichte ich im 9. Jahrgang einen G-Kurs (=Grundkurs) in Deutsch. Das Thema sind Kurzgeschichten, Mitte Dezember müssen alle Schüler des 9. Jahrgangs zu dieser Einheit eine Klausur schreiben (Inhaltsangabe einer Kurzgeschichte und daran anknüpfend eine kreative Aufgabe, z.B. eine Fortsetzung schreiben - meine Kollegen haben mir diese Klausur noch nicht gezeigt). Nun, nachdem ich den Kurs 2 Wochen habe, stelle ich aber fest, dass die Rechtschreibung bei vielen Schülern zu wünschen übrig lässt. In meiner Klasse sind einige Flüchtlinge und zwei Schüler mit diagnostizierter Lese-Rechtschreib-Schwäche. Auch beim Sprechtag wünschten sich jetzt einige Eltern, insbesondere von eben erwähnten Schülern, von mir, dass ich dahingehend ansetze. Meine Frage ist jetzt nur, wie ich das am besten angehen kann, da ich die Schüler ja auch inhaltlich auf ihre Klausur vorbereiten muss? Soll ich immer mal wieder stumpf zwischen den Themen Rechtschreibung und Kurzgeschichten springen oder diese versuchen, sinnvoll zu verknüpfen, wie z.B. im Fremdsprachunterricht? Beispielsweise, indem ich eine Inhaltsangabe vorlege, bei welcher die SuS Rechtschreibfehler erkennen und korrigieren müssen? Oder sollte ich die Themen am besten komplett trennen, um die SuS nicht mit verschiedenen Themen zu überfluten? Oder bin ich eine überambitionierte Anfängerin und sollte einfach den Lehrplan der IGS "runterrattern"?


    Wie gehen die Deutschlehrer unter euch diese Problematik an? Meine Kollegen aus den E-Kursen haben dieses Problem nicht und die mit einem parallelen G-Kurs hat laut eigenen Angaben noch kein adäquates Mittel gefunden. Und mein Lehramtsstudium war mir in Bezug auf die Realität im Schulalltag leider keine allzu große Hilfe... ;)


    Danke im Voraus!


    Stullenbrot

  • Hallo und willkommen :)


    Mir fallen spontan folgende Möglichkeiten ein:


    1. Zu Stundenbeginn 5 min. (in einem Extra A5-Heft) ein Rechtschreibthema wiederholen: Z.B. Auslautverhärtung durch Mehrzahlbildung erklären, 10 Wörter mit d/t an die Tafel, Einsetzen des fehlenden Buchstaben. Einsammeln und bewerten oder Lösung an Tafel, mit Nachbar tauschen und korrigieren.
    2. oder "Satz des Tages" (googel das mal...)
    3. Selbstgeschriebene Texte z.B. Kurzgeschichten am nächsten Tag mit Wörterbuch selbst überarbeiten lassen.
    4. Zu Hause üben z.B. mit Selbstlernheften der Art: https://jandorfverlag.de/schulbuecher/rechtschreiben/

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  • Oder bin ich eine überambitionierte Anfängerin und sollte einfach den Lehrplan der IGS "runterrattern"?

    Nö, ist schon richtig so. Rechtschreibung läuft immer mit, nur Wunder solltest du nicht erwarten. Kleine Schritte, nur kurz, aber oft.
    Was sagt denn das Schulcurriculum? Habt ihr Materialien in der Schule? Vielleicht so etwas:


    https://www.auer-verlag.de/067…eden-tag-klasse-9-10.html


    Für LRS muss es eine abgesprochene Vorgehensweise geben. Schau dir mal die Fachkonferenzbeschlüsse daraufhin an. Außerdem musst du vielleicht Förderpläne schreiben, Genaueres steht in den Verordnungen zu eurer Schulordnung. Eure Fachkonferenzleitung soll dich bitte schön mal ins Bild setzen.


    und die mit einem parallelen G-Kurs hat laut eigenen Angaben noch kein adäquates Mittel gefunden

    Soso. Ist ja eine tolle Kollegin. Such dir eine nettere!

  • Übernimm dich zu Anfang nicht & schau erst mal, dass du den Unterricht "so" hinbekommst. Ich vermute mal, dass es ein eingeführtes Lehrwerk gibt, vielleicht auch das dazugehöroge Arbeitsheft. Nutze diese Materialien - das gibt dir Struktur, den Schülern auch.


    Von einfach nur "irgendwelchen" Fehlertexten würde ich abraten. Entweder sind's die eigenen (oder die des Nachbarn) und man übt mal das Fehlersuchen (von hinten nach vorne lesen, 5 Wörter anstreichen, bei denen man sich unsicher ist & diese mal nachschlagen, eigene Fehlerschwerpunkte kennen (aus der letzten Klassenarbeit, der letzten Überprüfung der Rechtschreibkompetenz & gezielt nach diesen Fehlern suchen, ...)


    Rechtschreibunterricht kann auch "Einsetzübungen" heißen. So ist das die Konzentration nur auf ein Phänomen (also keine altmodischen Diktate). Wenn du dir dann doch mehr Arbeit machen möchtest, nimmst du eine Kurzgeschichte oder eine Inhaltsangabe (Ausschnitte daraus...) und arbeitest diese entsprechend auf.


    Wie lange sind die Flüchtlingsschüler schon im deutschen Schulsystem? Haben sie noch spezielle DaZ-Förderung? Da würde ich den Schwerpunkt bei den meisten noch gar nicht auf perfekte Rechtschreibung legen, da sie viele Aufsatzarten das erste Mal schreiben & sich auf den Inhalt konzentrieren...


    Bei LRS-Schülern liegt die Verantwortung auch nicht (nur) bei dir. Es gibt Zusatzausbildungen zum LRS-Coach o.ä.. Die kosten natürlich so einiges - deutlich mehr, als dass sich Schulen aus dem Fortbildungsetat das leisten könnten. Vom System her ist es also gewollt, dass wir in der Schule "herumstümpern" & die Schüler außerhalb der Schule zum Experten gehen (wenn das intensiv wahrgenommen wird, dann zeigen sich durchaus beachtliche Fortschritte). Ratatouille erwähnt oben Verordnungen und die "Schulordnung" - letzteres ist in Niedersachsen das Schulgesetz (schau also nicht in die Schul-/Hausordnung eurer Schule, da wirst du nichts finden). [Bei Elterngesprächen zu "Sie sind doch Deutschlehrerin & müssen mein LRS-Kind zum Erfolg führen" vergleiche ich das dann durchaus mal mit z.B. dem Arzt, zu dem ich mit Schnupfen gehe - und dem Arzt, den ich bei Herzproblemen aufsuche. Wir sind halt nur "Allgemeinmediziner".]


    Wenn ein entsprechender Nachteilsausgleich beschlossen wurde, dann ist das oftmals bei LRS und bei Schülern nichtdeutscher Herkunftssprache die zusätzliche Zeit, die diese Schüler nutzen können. (Für letztere SuS steht das schon im Erlass und muss eigentlich nicht extra beschlossen werden.) Solche Beschlüsse fasst die Klassenkonferenz (oftmals während Zeugniskonferenzen), abgelegt sollte das dann in der Schülerakte sein.
    Die SuS können die zusätzliche Zeit dann nutzen, um gezielt das eine oder andere Wort nachzuschlagen. Zudem benötigen beide Schülergruppen ja bereits mehr Zeit für das Textverständnis. Falls du den Text der Klassenarbeit digital hast, kann es bei LRS-Schülern hilfreich sein, den Text größer / mit mehr Zeilenabstand / mit geringfügig mehr Abstand zwischen den einzelnen Buchstaben zu formatieren. Für DaZ-SuS ist das zweisprachige Wörterbuch meiner Meinung nach unerlässlich.


    Erlasse findest du übrigens (nicht offiziell gesammelt) bei schure.de, z.B. hier (LRS): http://www.schure.de/22410/26,81631,05.htm und hier (DaZ): http://www.schure.de/22410/25,81625.htm (insbesondere 6.5 ist interessant).

  • Die Schüler werden ja in der UE selber viel schreiben. Diese Texte würde ich auf Fehlerschwerpunkte korrigieren, maximal zwei pro Text. An diesen sollen der jeweilige Schüler als Hausaufgabe arbeiten, z.B. hier:
    http://www.grammatikdeutsch.de/html/rechtschreibung.html
    oder:
    https://www.orthografietrainer.net/index.php
    Erst wenn der Schüler in seinen Texten zeigt, dass er diese Fehlerart nicht mehr macht, dann einen neuen Fehlerschwerpunkt festlegen.

  • Satz des Tages

    Glaub mir, das bewirkt Wunder. :) Naja, zumindest ist es durch die tägliche Routine effektiver als nur alle paar Wochen das Thema Rechtschreibung einzubauen.
    Besprich nochmal alle Rechtschreibstrategien und dann diktierst du jeden Tag einen Satz. Die Lernenden können dann schwierige Stellen, Wortarten oder Satzglieder unterstreichen - das ist variabel. Du scheibst an der Tafel mit und anschließend wird verglichen und begründet, warum das Wort geschrieben wird, wie es geschrieben wird, oder woran man das Verb erkennen konnte...
    Ich hatte anfangs Sorge, dass der Satz des Tages mir zuviel Unterrichtsszeit raubt. Doch sobald es zu einem täglichen Ritual am Anfang der Stunde geworden ist, geht es eigentlich ganz flott ... 5 min.


    Andere Möglichkeit ist das Üben der Rechtschreibstrategien mit Hilfe einer Tabelle:

    • In die linke Spalte der Tabelle kommen die zu übenden Wörter. Die sind entweder für alle gleich oder du trägst falsch geschriebene Wörter aus Schülertexten dort ein. Die erste Aufgabe der Schüler ist es, die schwierigen Stellen zu markieren.
    • Der Tabellenkopf sieht wie folgt aus: Übungswörter (Markiere die schwierigen Stellen) - Mitsprechwörter (Male die Silbenbögen.) - Nachdenkwörter. Diese Spalte ist nochmal unterteilt in Großschreibung (Schreibe das Substantiv/Nomen in Einzahl und Mehrzahl auf.), Weiterschwingen (Verlängere das Wort und male die Silbenbögen.) und Ableiten (Finde ein verwandtes Wort.) - Merkwörter (Schreibe das Wort hier auf.)
    • Nun müssen die Lernenden die Übungswörter zuordnen. Angenommen also als erstes Übungswort in der linken Spalte steht "Wort". Ich markiere als schwierige Stelle die Großschreibung und die Auslautverhärtung (Wort) und trage in der Spalte Großschreibung ein "ein Wort, viele Wörter" und in der Spalte Weiterschwingen "die Wörter".

    Ich hoffe ich konnte deutlich machen, was ich meine.
    Der Vorteil dabei ist, dass du hier Übungswörter aus den Kurzgeschichten verwenden kannst. Dadurch kann also jeder individuell an seinen Fehlern arbeiten uund du musst nicht

    stumpf zwischen den Themen Rechtschreibung und Kurzgeschichten springen

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