Wie kann Religion ein Schulfach sein, wieso sind so viele Schulen konfessionell ausgerichtet?

  • Ich habe sie mit *Dir* geführt. ;)

    Echt? Darüber, ob in der Schweiz Religion ein Pflichtfach ist? Ich erinnere mich kein bisschen! Ich werde gleich mal die Suche bemühen. Das tut mir leid! Ich werde wohl auch nicht jünger!



    Edit: über die Suche finde ich nicht, wo wir mal darüber diskutiert haben sollen. :weissnicht: Link?

  • Ich finde die Frage, wozu ein separates Unterrichtsfach wie "Ethik" gut ist, gar nicht so abwegig. Aber auch beantwortbar.


    Natürlich ist die Vermittlung von Werten Aufgabe aller Lehrkräfte. Ich hoffe stark, dass jeder Lehrer in seinem Unterricht Werte wie Gerechtigkeit, Gewaltlosigkeit, oder Toleranz vorlebt und bestärkt, wo sie eine Rolle spielen, z.B. indem sie versuchen Noten möglichst gerecht zu erteilen, Schüler dabei unterstützen Konflikte gewaltfrei zu klären, oder Mobbing von Schülern, die "irgendwie anders" sind unterbinden und dessen Recht, zu sein wie er ist, betonen.
    Durch eine entsprechende Vorbildfunktion des gesamten Lehrkörpers (und der Familien natürlich auch) werden Schüler solche Werte durch das Lernen am Modell durchaus vermittelt bekommen.


    Ich denke aber, dass ein separates Fach (ob wir es nun "Ethik", "Gesellschaftskunde" oder wie auch immer nennen wollen) durchaus nochmal einen ganz anderen Fokus auf das Thema Werte und Umgang miteinander legen kann. In solch einem Fach würden/werden Werte, Verhaltensweisen und Verhaltensorientierungen nicht nur implizit oder mal situationsgebunden explizit, sondern durchgängig explizit thematisiert. Gerade dann, wenn Modelle widersprüchlich sind (z.B. Familie vs. Lehrkörper) erlaubt das meiner Meinung nach eine wesentlich reflektiertere Verhaltensorientierung. Es kann nur positiv sein, verschiedene religiöse und nicht-religiöse Positionen nebeneinander gestellt und ihre jeweiligen Hintergründe von einem neutralen Standpunkt aus erläutert werden.

    Warum Trübsal blasen, wenn man auch Seifenblasen kann?

  • Wenn dir der Bezug zu den Tierkreiszeichen des Zodiak nicht klar war, tut's mir leid...

    Nö, muss nicht. So richtig firm bin ich dieser Form des Unfugs nicht, da fehlt mir aber auch nichts.


    Ich weiß auch nicht, warum so etwas hier relevant sein sollte.


    Da es sich bei den "Tierkreiszeichen" aber um Zuordnungen handelt, weiß ich nicht, ob man davon sprechen kann, dieser oder jener "ist" ein Stier oder eine Banane (oder wie auch immer die Bezeichnungen da sind). Sowieso habe das Tierkreiszeichen Pfau, wäre eine klarere Formulierung gewesen.

    „Fakten haben keine Lobby.“


    (Sarah Bosetti)

  • Naja, macht nichts. Einen link willst Du haben ... Oha. Soweit ich mich erinnere, ging es erst speziell um Kopftücher & Co. und dann um Religion im Allgemeinen bzw. um die generelle Frage, wie viel ein Land, das Kirche und Staat nicht trennt, einem religiösen Migranten so "verbieten" kann. Ich schrieb dazu, dass wir uns da in der Schweiz erheblich mehr erlauben können, da Religion zumindest nur eine sehr kleine Rolle im staatlichen Bildungswesen spielt. Nachdem was Frau Zipp verlinkt hat und ich weiter recherchiert habe, scheint das Gewicht der Themen "Religion und Ethik" im Rahmen des NMG-Unterrichts in der Primarstufe tatsächlich kantonal unterschiedlich zu sein (wie ich auch erwartet hätte, spielt das Thema Richtung Zentralschweiz eine grössere Rolle ...). Die Übersicht zum Lehrplan Volksschule Baselland ist einigermassen irreführend, weil sie suggeriert, dass es das Thema in der Sek I immer noch gäbe. In den Zeugnissen ist im NMG-Bereich aber nur noch Biologie/Chemie und Geschichte/Geographie ausgewiesen (und so wird es laut Aussagen meiner SuS auch unterrichtet). Da der Kanon der Grundlagen- und Schwerpunktfächer am Gymnasium aber tatsächlich bundesweit einheitlich festgelegt ist (man mag es kaum glauben ...) kann es in der Sek II Religion demnach nur als Frei- oder Ergänzungsfach geben. Ich hab sogar mal an einem Gymnasium gearbeitet, an dem es einen Religionslehrer gab und das EF Religion auch regelmässig gewählt wurde.


    @Midnatsol Deine Ausführungen finde ich schlüssig. So gesehen mag die Thematik in der Primarstufe tatsächlich ihren Platz haben. Meiner Erfahrung nach können wir aber wenigstens in der Sek II sehr gut ohne leben bzw. auf gymnasialem Niveau finde ich dann ein Wahlfach Philosophie eben wirklich sinnvoller.

    2 Mal editiert, zuletzt von Wollsocken80 ()

  • Naja, macht nichts. Einen link willst Du haben ... Oha. Soweit ich mich erinnere, ging es erst speziell um Kopftücher & Co. und dann um Religion im Allgemeinen bzw. um die generelle Frage, wie viel ein Land, das Kirche und Staat nicht trennt, einem religiösen Migranten so "verbieten" kann. Ich schrieb dazu, dass wir uns da in der Schweiz erheblich mehr erlauben können, da Religion zumindest nur eine sehr kleine Rolle im staatlichen Bildungswesen spielt.

    Ok, ich glaube ich hab's gefunden. Das hatte ich schon ganz vergessen, sorry!
    Lehrerinnen mit islamischen Kopftuch - Skandal oder Meinungsfreiheit?


    Wäre wirklich spannend mal Zahlen für die Schweiz zu haben, wenn in Deiner Erfahrung der Religionsunterricht so dermaßen wenig gewählt wird. Und für Deutschland natürlich genau so.


    Ich komme jetzt mal wieder zu meiner Einlassung über den Zweck dieses Unterrichts zurück:
    An den Diskussionen um Islam-Unterricht unter staatlicher Aufsicht merkt man meines Erachtens ganz deutlich, was das Ziel von so einem - ich sag mal polemisch - Gesinnungsunterricht ist.

  • An den Diskussionen um Islam-Unterricht unter staatlicher Aufsicht merkt man meines Erachtens ganz deutlich, was das Ziel von so einem - ich sag mal polemisch - Gesinnungsunterricht ist.

    Ich verstehe nicht ganz, worauf Du hinaus willst. Die Religionsunterrichts-Befürworter hier argumentieren ja, dass es um Aufklärung gehen soll.

  • Ich verstehe nicht ganz, worauf Du hinaus willst. Die Religionsunterrichts-Befürworter hier argumentieren ja, dass es um Aufklärung gehen soll.

    Ich befürworte weder das eine, noch das andere, sondern versuche zu beschreiben, welches Interesse meines Erachtens die Länder bzw. der Staat mit solchem Unterricht verfolgen.


    Um "Aufklärung" soll es in diesem Unterricht schon gehen - aber eben nur gerade die Art von "Aufklärung", die sich der Auftraggeber wünscht, bzw. konkret in Auftrag gibt.


    Um auf das Beispiel vom Islam-Unterricht zurück zu kommen: dafür braucht es eben Personal, dass die heilige Schrift so interpretiert, dass sie mit dem gewünschten Auftrag in Einklang gebracht wird. Aber genau dafür gibt es ja die professionellen Interpreten dieser Schriften. Der Staat will diesen Unterricht unter seine Kontrolle bringen, um seine Herrschaft durchzusetzen, gegen "Parallel-Gesellschaften" und deren Herrschaft, die seiner Konkurrenz macht. Den christlichen Reli-Unterricht machen ja auch nicht irgendwelche Apostelbrüder, die ihre Schüler zu Widerstand gegen die Staatsgewalt aufrufen.

  • Wir können uns ja mal konkret die Inhalte des Curriculums (natürlich stark reduziert, da das Curriculum 23 Seiten hat) für ev. Religion im Primarbereich meines Bundeslandes anschauen, anstatt stets sehr allgemein über die Sinnhaftigkeit von Religionsunterricht zu schreiben:


    Mensch und Welt: Mensch als Geschöpf Gottes, Möglichkeiten und Grenzen, Vielfältigkeit der Mitmenschen, Sinn des Lebens und eigene Identität
    Gott: eigene Vorstellungen von Gott, Beziehung Mensch-Gott, Erfahrungen von Gottesbegegnungen in der Bibel
    Jesus Christus: Zugang zu Gott; Leben, Tod und Auferstehung; Beispiel für eigenes Leben und Handeln
    Kirche: christliche Gemeinschaft, Kirche als sakraler Raum
    Religion: unterschiedliche Perspektiven der Weltdeutung, persönliches Leben und Kultur
    Bibel: Altes und Neues Testament, Elemente der Entstehungsgeschichte und ausgewählte Bibelinhalte, Übertragung biblischer Erzählungen auf die heutige Zeit


    Neben rein christlichen finde ich darin auch ethische, historische und gesellschaftliche Themen. Welche Inhalte sind jetzt derart problematisch, dass sie eine Grundgesetzänderung notwendig erscheinen lassen?

  • Zu der Frage "Warum braucht man überhaupt einen Ethikunterricht?":


    Das Fach mag zwar "Ethik" heißen, aber als Fachgebiet gehört die Ethik vor allem zur Philosophie; es werden also - vor allem in der Oberstufe - philosophische Texte gelesen. Platon, Aristoteles, Kant, Bentham und Mill sind nur ein paar wichtige Namen. Diese Autoren gehören zur Allgemeinbildung und sollten jedem Abiturienten zumindest mal begegnet sein. Moralbegründungen mit Bezug zu deontologischen oder utilitaristischen Modellen werden in den anderen Fächern (Deutsch, Geschichte, Politik...) vielleicht mal angeschnitten, aber das reicht meines Erachtens nicht aus und wird der Komplexität der Thematik nicht gerecht. Wenn ich meine SuS in die Ethik Kants einführe, dann brauche ich dafür etwa 6 Doppelstunden. Dafür wäre in meinem Literaturunterricht gar keine Zeit.


    Darüber hinaus versteifen sich einige hier auf den Begriff "Ethik". Die Lehrpläne gehen aber weit über philosophische Moralbegründung hinaus. Im Ethikunterricht werden de facto auch anthropologische, religionsphilosophische und metaphysische Fragen behandelt. Diese Inhalte tauchen in der Form in keinem anderen Schulfach auf, zumindest nicht im gleichen Umfang (außer eben in Religion, wenn man Glück hat).


    Das Ziel des Ethikunterrichts ist im Übrigen nicht die Erziehung zu moralischem Handeln, sondern es geht darum, SuS dazu zu befähigen, über Moral zu reflektieren. Ethik ist nachdenken über Moral und zwar philosophisch fundiert, auch in Verbindung mit anderen philosophischen Fragen (Was kann ich wissen? Was darf ich hoffen? Was ist der Mensch?). Ich wüsste gar nicht, wie man das ohne ein separates Schulfach bewerkstelligen sollte. Dafür braucht man dann auch ausgebildete Philosophie/Ethik-Lehrer. Das Studium der Philosophie ist nämlich kein Selbstläufer und die Inhalte des Ethikunterrichts sind anspruchsvoller als hier im Thread von einigen dargestellt. ;)

    2 Mal editiert, zuletzt von Pyro ()

  • Problematisch sind (mindestens): Mensch als Geschöpf Gottes, eigens Vorstellung von Gott, Beziehung Mensch-Gott, Zugang zu Gott, Leben/Tod/Auferstehung.


    Diese Inhalte gehören in die Märchenstunde aber nicht in die Schule. Die anderen Inhalte gehören umfassen betrachtet und in die Hände eines nicht religiös indoktrinierten Lehrers, also in einen Ethikunterricht (in dem dann entsprechend reflektiert auch über Märche wie die Auferstehung und ähmliches gesprochen werden kann).

  • @Pyro Hab ich doch geschrieben, es sollte eigentlich "Philosophie" heissen. Ich finde allerdings immer noch nicht, dass das ein Pflichtfach sein muss. Zumal Kant z. B. gewisse intellektuelle Fähigkeiten auf Seite der SuS voraussetzt (ich hatte in 12/13 selbst Ethikunterricht bzw. eben eigentlich Philosophie) die Du nicht an jeder Schulform findest.


    @Lehramtsstudent Die Bibel ist keine historische Schrift im Sinne davon, dass sie historisch einwandfrei belegbare Fakten enthält. Sie ist auch keine Grundlage für ein modernes Werte- und Moralverständnis. Wie Du den Ausführungen pyros oben entnehmen kannst, sind die Fragestellungen der Philosophie hingegen zeitlos. Wer sich dafür interessiert, der soll das als Wahlfach belegen. Achja... Der Mensch ist kein Geschöpf Gottes. Das beisst sich leider mit dem Biologieunterricht und der hat wiederum ein wissenschaftlich belegbares Fundament.

  • ...
    Um "Aufklärung" soll es in diesem Unterricht schon gehen - aber eben nur gerade die Art von "Aufklärung", die sich der Auftraggeber wünscht, bzw. konkret in Auftrag gibt.


    ...

    m.a.W.: besser, die Kinder singen bloß Liedchen vom barmherzigen Samariter, als krude Evangelikale missionieren nachmittags in Hinterzimmern? Mag sein.

  • Nun - gebe ich auch meinen Senf dazu.


    Vorbemerkung: Ich bin für Religions- und Ehikunterricht an Schulen


    Begründung:
    1. Das Christentum hat über 2000 Jahre hinweg unsere Kultur, Geschichte, Sprache und Einstellungen geprägt. Da ist es schon sinnvoll, zu wissen, worum es dabei eigentlich geht. Denn nur so sind verschiedene Entwicklungen der Geschichte verstehbar.
    2. Für die Vermittlung ethischer Grundhaltungen und Glaubensfragen sind die anderen Schulfächer nicht in dem Maß geeignet
    3. Findet Religionsunterricht nur noch im außerschulischen Bereich statt, sind kruden Theorien und Beeinflussungen Tür und Tor geöffnet. Da muss man sich nur die ganzen Sekten anschauen.
    4. Religionsunterricht ist "Lernen am Modell". Die Geschichten, Gleichnisse und Erzählungen hatten seit Jahrhunderten ein moralisch-erzieherisches Ziel.


    Ich bin dafür, dass Dogmatikern keine Lehrbefugnis erteilt wird. Aus diesem Grund muss dieser Unterricht unter der Aufsicht des Staates stehen.

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

  • Die Disukssion, die wir hier gerade nicht führen, ist ja im Forum nicht neu. Sonst habe ich mich auch mehr beteiligt.
    Dies ist aber das erste Mal, dass du, @alias, tatäschlich mal ein paar Argumente auf den Punkt bringst, statt nur die polemische Frage aufzuwerfen, wer denn nun der größere Fanatiker ist. Ich kann deinen Punkten gut zustimmen, sehe aber ausschließlich im Punkt 3 ein überzeugendes Argument für den konfessionellen Religionsunterricht. Ich bin mir nicht sicher, ob dieses eine Argument für mich persönlich ausreicht, denn Manipulation kann trotzdem noch zur Genüge stattfinden. Ein inhaltlich klar ausgerichteter Ethikunterricht kann die Schüler meiner Meinung nach auch ausreichend stärken, um sich gegen solche Manipulationen zu wappnen, ohne konfessionell eingefärbt zu sein.


    @Wollsocken80
    Den Ethikunterricht würde ich - gerade an der SekII - nicht in Frage stellen. Die philosophischen Inhalte wurden ja schon genannt. Alias hat eben noch die - ich finde auf die schnelle dein Zitat nicht mehr, deshalb nur paraphrasiert - kruden Märchen und obskuren Aberglauben als wichtige Grundlage unserer Kultur angegeben. In diesem Sinne würde ich das unterstützen: Nicht als Sachtexte, auch nicht als Heilsbringer, aber doch als Grundlage, um vieles in unserer Kultur zu verstehen. Gerade schon im Bereich der deutschsprachigen Literatur ist man ohne gewisse Bibelkenntnisse verloren. Also: Bibel als Unterrichtsinhalt im Sinne eines wichtigen kulturellen Bezugstext, ohne weitere esoterische Bedeutung. Nun könnte man sagen, dass das doch der Deutschunterricht leisten soll, aber da bin ich bei Krabappel: Der ist schon voll. Außerdem ist das auch wichtig für Kunst, Geschichte etc. Da passt das in ein Fach, das sich ohnehin mit Philophie und anderen geistesgeschichtlichen Hintergründen beschäftigt, doch viel besser rein.

  • Welche Inhalte sind jetzt derart problematisch, dass sie eine Grundgesetzänderung notwendig erscheinen lassen?

    Andersherum wird's ein Schuh. Was hat der Releigionsunterricht zu bieten, das rechtfertigt, ihn zu halten? "Nicht (außergewöhnlich) problematisch" finde ich als Kriterium für unterrichtliche Inhalte dann doch etwas schwach. Und bevor man sich die Themenauflistung im Detail anschaut, wäre da die Frage, was denn dieser Unterricht _prinzipiell_ zu bieten hat.


    Dazu muss man zunächst mal wissen, dass religiöse Erklärungsansätze aus vorwissenschaftlicher Zeit stammen. Man wusste vieles nicht, also hat man nach Erklärungen gesucht. Da die wissenschaftlichen Methoden fehlten, lief das im Wesentlichen darauf hinaus, dass man sich etwas ausdachte. Welche unterrichtlichen Inhalte möchte daraus ableiten, die neben wissenschaftlich fundierten Erklärungsansätzen eine Bedeutung hätten.


    Was die moralischen Maßstäbe anbetrifft, so entsprechen die alten, in den Religionen dokumentierten Ideen nicht mehr der heutigen Sicht. Ich halte es für eine kultur-historische Errungenschaft, dass sich auch die Ethik weiter entwickelt. Wir habe da einiges überwunden. Ein Klassiker unter den Beispielen dürfte da die Sklaverei sein. Aber auch die Todesstrafe ist heutzutage zumindest umstritten. Die Leichtigkeit, mit der sie nach bronzezeitlichen Geboten ausgesprochen wurde, fehlt uns doch ein wenig. Und dann wären da noch die Geschlechterrollen, die sich unter dem Schirm eines Gerichtigkeitsanspruches zumindest etwas gewandelt haben.


    Zur Ethik wurde schon einiges gesagt. Ethisches Handeln an den sich im Alltag ergeben Beispielen aufzuzeigen, ist ein Teil des Erzeihungsauftrages, den die Schule hat. Dazu sollte jeder Lehrer befähigt sein. Das sollte also in jedem Unterricht stattfinden und auch außerhalb des Unterrichts. Ethik als wissenschaftliche Disziplin gehört zur Philosophie. Ob man nun das Schulfach "Ethik" oder "Philosopie" nennt ist dabei nicht wichtig. Ein Fach in dem "auch ethische Fragen" vorkommen stinkt dagegen auf jeden Fall ab.


    Aber noch vor den Inhalten würde ich eine andere Frage stellen, nämlich die, ob eine Gesellschaft mittleriweile doch kognitiv soweit entwickelt ist, dass sie bereit für einen säkularen Staat wäre. In einem solchen kann man übrigens Glaubensfreiheit garantieren. In einem mit der Hegemonie einer (oder weniger) Religion(en) stößt man da zwangsläufig an Grenzen.


    That said, können wir uns gerne das eine oder andere inhaltliche Beispiel ansehen. Wobei mir nicht klar ist, was denn die jungen Mensche da tatsächlich lernen sollen. Das liegt vielleicht an der nur stichpunktartigen Aufzählung, vielleicht aber auch daran, dass ich die Ergüsse aus den religiösen Phrasomaten nicht immer verstehe.

    Mensch und Welt: Mensch als Geschöpf Gottes

    So als Ergänzung zum Biologie-Unterricht? Weil die Evolutionstheorie zu kompliziert für Grundschüler ist, zeigt man ihnen eine andere Idee? Hier und in allen anderen Punkten wird mir nicht klar, was denn "Gott" nun sein soll. Ein zentraler Begriff in der Religion, aber eine Definition gibt's nicht. Und wo kommt denn das Verhältnis von Mensch und Welt in der Idee vor, jemand haben einem Lehmklumpen das Leben eingeblasen?

    Gott: eigene Vorstellungen von Gott, Beziehung Mensch-Gott, Erfahrungen von Gottesbegegnungen in der Bibel

    S.o. Wo ist die Definition? Die Grundlage der Beschäftigung mit "Gott" scheinen die "eigenen Vorstellungen " zu sein. Ja, so könnte es sein. Jeder weiß, was er meint, wenn er von Gott spricht. Ob er auch auch formulieren kann ist eine andere Frage. Und das alle vom Gleichen sprechen, dürfte unwahrscheinlich sein.



    Eine derartige Auseinandersetzung bringt dem jungen Menschen in etwa was?


    Jesus Christus: Zugang zu Gott;

    S.o. Zugang zu <hier leeren Begriff einfügen>


    Tod und Auferstehung; Beispiel für eigenes Leben und Handeln

    Inwiefern ist denn die Idee, dass erst jemand zu Tode gefoltert werden muss, damit Sünden, die man nicht begangen hat, vergeben werden, ein Beispiel für das Handeln eines Menschen? Sollte man ihm nicht lieber beibringen, wie man seine Fehler tatsächlich wieder gut machen kann? Dass Reue dazu gehört und das Eingeständnis? Und dass die Opfer die Vergebung ausprechen können. Warum soll dass jemand anderes als Gegenleistung dafür tun, dass man ihn als Herrn und Erlöser anerkennt, ganz ohne Reue?


    Themen. Welche Inhalte sind jetzt derart problematisch, dass sie eine Grundgesetzänderung notwendig erscheinen lassen?

    Ja, genau.

    „Fakten haben keine Lobby.“


    (Sarah Bosetti)

  • Huhu alias

    1. Das Christentum hat über 2000 Jahre hinweg unsere Kultur, Geschichte, Sprache und Einstellungen geprägt. Da ist es schon sinnvoll, zu wissen, worum es dabei eigentlich geht. Denn nur so sind verschiedene Entwicklungen der Geschichte verstehbar.


    Schlicht Unsinn. Es ist gerade mal gut 2000 Jahre alt, und davon war es die ersten ca. 800 "woanders" zugange, bevor es auch hier invadierte und meinte, was zu melden zu haben.
    Zu der Herkunft diverser Traditionen - s.o. - und ich wüsste gerne, was du mit "unsere" Kultur meinst.



    Zitat

    2. Für die Vermittlung ethischer Grundhaltungen und Glaubensfragen sind die anderen Schulfächer nicht in dem Maß geeignet


    Jein. Philosophie durchaus, und - wer sll denn entscheiden, was "korrekt" ist? Da gibt es durchaus sehr unterschiedliche Auffassungen.



    Zitat

    3. Findet Religionsunterricht nur noch im außerschulischen Bereich statt, sind kruden Theorien und Beeinflussungen Tür und Tor geöffnet. Da muss man sich nur die ganzen Sekten anschauen.


    Richtig - gerade die weltgrößte Sekte (katholische Kirche) sollte ihr ewigvorgestriges Moralkonstrukt, das der realität nun mal nicht mehr angepasst werden kann, endlich mal kippen und zugeben, wie oft sie selber im eigenen Sinne "sündigt"...



    Zitat

    4. Religionsunterricht ist "Lernen am Modell". Die Geschichten, Gleichnisse und Erzählungen hatten seit Jahrhunderten ein moralisch-erzieherisches Ziel.


    Fabeln gibts auch wahlweise in Deutsch, sogar Latein... also nein, zumal auch da vieles nicht mehr zeitgemäß ist.



    Zitat

    Ich bin dafür, dass Dogmatikern keine Lehrbefugnis erteilt wird. Aus diesem Grund muss dieser Unterricht unter der Aufsicht des Staates stehen.

    Da hast du schon recht. Also sollte schon mal kein Pfarrer usw mehr unterrichten, Koranschulen in Deutschland verboten werden, usw... das wäre sicher nicht falsch...


    :teufel:


    @O. Meier
    was du weiter oben gefragt hattest - nun, sagen wir mal, diesen Völkern fühle ich mich jedenfalls eher verbunden als weltfremden Monotheisten usw. Insofern... die waren wohl die ersten, die die Länder hier an Rhein und seinen Nebenflüssen besiedelt haben. Und eine ganze Menge von deren Kultur mag ich...

    Der Zyniker ist ein Schuft, dessen mangelhafte Wahrnehmung ihn Dinge sehen lässt wie sie sind, nicht wie sie sein sollten. (Ambrose Bierce)
    Die Grundlage des Glücks ist die Freiheit, die Grundlage der Freiheit aber ist der Mut. (Perikles)
    Wer mit beiden Füßen immer felsenfest auf dem Boden der Tatsachen steht, kommt keinen Schritt weiter. (Miss Jones)
    Wenn der Klügere immer nachgibt, haben die Dummen das Sagen - das Schlamassel nennt sich dann Politik (auch Miss Jones)

  • Bezüglich der Bibel sehe ich das so wie WillG. In meinem Ethikunterricht lesen meine SuS durchaus auch mal zentrale Bibelstellen, die wir dann gemeinsam erarbeiten und diskutieren. Diese Texte sind - völlig gleich ob man darin eine göttliche Offenbarung erkennt oder nicht - nämlich Weltliteratur. Im Übrigen nicht nur für das Verständnis von Kunst und Literatur essentiell, sondern auch bei modernen Kinofilmen, Serien und Popmusik erleichtern sie das Verständnis. Meine SuS waren begeistert, als wir uns dementsprechend mal Ausschnitte aus den Simpsons oder auch ein Lady Gaga Musikvideo angeguckt und besprochen haben.


    Und für die Religionskritiker (zu denen ich mich auch zählen würde): Man kann dasjenige am besten kritisieren, was man vorher auch verstanden hat. Bildung ist das beste Mittel gegen Fundamentalismus, aber dafür muss ich mich mit der Thematik auch auseinander gesetzt haben. Deswegen bin ich absolut für ein konfessionsloses Verbundfach "Religionskunde und Philosophie" für alle SuS.


    Außerdem möchte ich noch erwähnen, dass SuS sich durchaus fragen, ob es einen Gott oder ein Leben nach dem Tod gibt. (Verlust-)ängste und Selbstfindung spielen dabei eine große Rolle für sie. Nach meiner Erfahrung sind die "großen" existentiellen Themen des Lebens auch die, die in Lerngruppen zu den intensivsten Gesprächen führen. Ich verbinde dann das ganze mit didaktisch reduzierten Texten aus dem philosophischen (und auch theologischen) Kanon. Ich glaube nicht, dass die anderen Fächer das leisten können (und müssen). Deswegen bin ich sehr froh über den Ethikunterricht.

  • Der Faden ist ja schon elends lang, aber ich hab grad absolut gar nicht die Zeit, alles zu lesen, will aber zu dem super interessanten Thema sofort auch meinen Senf lassen, also hab ich mal direkt am Anfang ein Zitat rausgepickt.

    Zu den konfessionell gebundenen Schulen kann ich nichts sagen, aber zumindest die Tatsache, dass Religion unterrichtet wird, ist damit rechtlich begründet, dass es das einzige Fach ist, das gemäß Grundgesetz verpflichtend zu unterrichten ist (Artikel 7, Absatz 3). Da kann eine Schule nicht mal eben sagen: "Nö, machen wir nicht.". Interessant fände ich aber, zu wissen, warum Berlin mit dem Hintergrund mal so eben den Religionsunterricht aussetzen kann. Gibt es dazu eine offizielle Begründung?

    In Berlin steht meines Wissens im Schulgesetz nicht, wie z.B. in NRW, dass "die Ehfurcht vor Gott oberstes Ziel der Erziehung ist" oder so ähnlich, sondern was in Richtung Glaubensfreiheit/Pluralität. Ich denke, das ist die Begründung.


    Persönlich bin ich der Meinung, dass Religionsunterricht in der Schule gar nichts zu suchen hat. Trennung von Staat und Kirche und so. Das gehört in die Kirchen und wer das machen will, der solls als Privatvergnügen machen. Tatsächlich werden in Reli eher "Ethikthemen" behandelt, weil auch in diesen Fächern ist es längst nicht mehr ohne weiteres zulässig, Schülern eine religiöse Meinung aufzudrängen.
    Natürlich kann man sich auch ohne Religion zu ethischen Themen äußern, eine "Moral" haben etc. Nur halt dann eine differenzierte, begründete und für andere Moralvorstellungen offene...

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