Wer sind eigentlich DUDEN?

  • Also guckt die Redaktion vom Grammatikduden wohl einfach hin und wieder dem Volk aufs Maul, oder wie?

    Richtig. Die Standardsprache definiert sich seit jeher durch den weitgehenden Konsens der gebildeten Muttersprachler. Zum Beispiel darüber, dass auch akademisch gebildete Sprecher mehr oder weniger unbewusst den Genitivus Possesivus zunehmend durch die Präposition "vom" plus Dativ ersetzen.


    Grammatikveränderungen geschehen nicht durch gesetzte Reformen sondern unbemerkt schleichend über einen größeren Zeitraum.

  • Bei der Rechtschreibung ist es ja eher so, dass eine neue Schreibweise von einer Kommission (jetzt: Rat für Rechtschreibung) beschlossen wird und die Leute ihr dann folgen (müssen).

    Technisch müssen "die Leute" dem Rat für Rechtschreibung überhaupt nicht folgen, und sie tun das in vielen Bereichen ja auch nicht. Der öffentliche Dienst muss folgen, weil das der Arbeitgeber so für den dienstlichen Gebrauch verlangt.

    Seit 2004 unter dem gleichen Namen im Forum, weitgehend ohne ad hominem.

  • Technisch müssen "die Leute" dem Rat für Rechtschreibung überhaupt nicht folgen, und sie tun das in vielen Bereichen ja auch nicht. Der öffentliche Dienst muss folgen, weil das der Arbeitgeber so für den dienstlichen Gebrauch verlangt.


    Der Hinweis, dass niemand der amtlichen Rechtschreibung folgen MUSS, wird meistens von denen vorgebracht, die die neue Rechtschreibung nach wie vor vehement ablehnen. Ich finde das albern. Natürlich kann privat jeder schreiben, wie er will und nicht jeder, der die Rechtschreibung (ob alte oder neue) privat beherzigen will, versteht sich auch darauf. Sonst hätte es ja übrigens auch keine Reform gegeben.


    Dennoch gibt es nur eine gültige Rechtschreibung und wer richtig schreiben will, muss sich an die(se) Vorgaben halten. Sonst schreibt er halt nicht richtig. Fertig.


    PS: Nein, ich bin auch nicht mit allen Neuerungen glücklich und ja, ich mache auch Fehler.

    Es gibt für alles ein Publikum und für jede Meinung das passende Argument.

  • Dennoch gibt es nur eine gültige Rechtschreibung

    Nö, das ist falsch. Da bei uns an der Schule z. B. auch deutsche Lehrmittel gebraucht werden, laufen zwei Varianten der Rechtschreibung komplett parallel. Das gleiche gilt für die Grammatik. Ich kann schreiben "es gibt 10 Tassen im Schrank" (hochdeutsch) oder "es hat 10 Tassen im Schrank" (schweizer Schriftdeutsch), beides ist bei uns korrekt. Ist im Französischen übrigens genauso. "Septante" ist ebenso zulässig wie "soixante-dix" ;)

  • Ja, Onkel Google konnte mir gerade auch kein Grammatik-Pendant zum Rechtschreibrat nennen. Also guckt die Redaktion vom Grammatikduden wohl einfach hin und wieder dem Volk aufs Maul, oder wie?



    PS: Ihr habt doch gar nicht gestritten, nur aneinander vorbei geredet, aber drei Sekunden nach mir hast du das ja auch schon klargestellt. So fix kann's gegen.


    Im Bereich der Grammatik scheint es mir auch keine zentrale "Entscheidungsstelle" zu geben (bräuchten wir sie?), sondern einfach nur Grammatiken (Lehrwerke), deren Verfasser mit unterschiedlicher Reputation die Sprache beschreiben und je nach eigener Lesart Neuerungen aufnehmen oder (noch) ablehnen.

    Es gibt für alles ein Publikum und für jede Meinung das passende Argument.

  • Nö, das ist falsch. Da bei uns an der Schule z. B. auch deutsche Lehrmittel gebraucht werden, laufen zwei Varianten der Rechtschreibung komplett parallel. Das gleiche gilt für die Grammatik. Ich kann schreiben "es gibt 10 Tassen im Schrank" (hochdeutsch) oder "es hat 10 Tassen im Schrank" (schweizer Schriftdeutsch), beides ist bei uns korrekt. Ist im Französischen übrigens genauso. "Septante" ist ebenso zulässig wie "soixante-dix" ;)


    Komisch, warum habe ich diesen Einwand erwartet? :)


    Wenn ich sagte, dass es nur eine gültige Rechtschreibung gibt, meinte ich nicht, dass es immer nur eine gültige Scheibweise gibt. Wir müssen doch jetzt hier keine Doktorarbeit daraus machen, oder? Es gibt eine gültige Rechtschreibung (als Ganzes betrachtet bzw. als Rahmen, so klingt es vielleicht passender), die durchaus Varianten enthält, z.B. auch Wörter oder Schreibvarianten, die nur im "österreichischen Deutsch" gelten usw.-usf.


    Das gilt, wie du richtig sagst, auch für die Grammatik.

    Es gibt für alles ein Publikum und für jede Meinung das passende Argument.

  • meinte ich nicht, dass es immer nur eine gültige Scheibweise gibt

    Das ist eben falsch. Ich könnte auch z. B. "ausserdem" mit einem scharfen s schreiben wenn ich es auf meiner Tastatur hätte und es wäre immer noch richtig. Es gibt offenbar in Deutschland einen einheitlichen Konsens, der betrifft aber nicht den deutschsprachigen Raum als Ganzes.



    Komisch, warum habe ich diesen Einwand erwartet?

    Keine Ahnung. Wahrscheinlich, weil es ein zulässiger Einwand ist? Oder weil Du sehr klug bist oder hellsehen kannst?

  • "Die Redaktion vom Grammatikduden..." :autsch:
    Es ist so weit. Führt mich ins Feld und erschießt mich gnädig!

    Warum?


    Dein Sprachgebrauch ist doch nur Folge eines allgemeinen Sprachwandels; was ich geschrieben habe, ist völlig unsarkastisch gemeint. In der deutschen Sprache verschwinden Flexionen zunehmend - z.B. sind die Dativendungen (der Türe, dem Brote) fast nicht mehr im Gebrauch. Genitivobjekte gibt es nur noch mit ganz vereinzelten Verben (gedenken, beschuldigen...) Die Kombination von Präposition und direktem bzw. indirektem Objekt ist, in linguistischer Terminologie, deutlich produktiver. Oder, im Fall von "beschuldigen", die Kombination von direktem Objekt und Infinitiv, den man praktischerweise nicht flektieren kann.


    Das ist eine Entwicklung, die die englische Sprache schon vor Jahrhunderten durchlaufen hat - ist Englisch jetzt irgendwie "schlechter"?


    Die Frage ob Genitiv oder Präpositonalphrase ist im jetzigen Stand der Sprachentwicklung übrigens ein sehr schönes Werkzeug zur Registergestaltung. :)

  • Der Hinweis, dass niemand der amtlichen Rechtschreibung folgen MUSS, wird meistens von denen vorgebracht, die die neue Rechtschreibung nach wie vor vehement ablehnen. Ich finde das albern. [...]
    Dennoch gibt es nur eine gültige Rechtschreibung und wer richtig schreiben will, muss sich an die(se) Vorgaben halten. Sonst schreibt er halt nicht richtig.

    1. Das implizierte ad hominem ist wie fast immer ohnehin irrelevant. Außerdem: Ich unterstütze die neue Rechtschreibung fast voll und ganz. Aber ich bin halt Germanist und kenne das Spannungsfeld von deskriptiv und präskriptiv, unter Vermeidung des vereinfachenden "richtig". Es heißt außerdem "amtliche Schreibung", nicht "gültige".
    2. Ein Großteil aller Abiturtexte ist noch in alter Schreibung, übrigens. Das stört mich, ich mache auch bei Goethe aus "Faß" ein "Fass".
    3. Ich glaube, beim Zitieren sind die Unterstreichungen - die Großbuchstaben-Schreibung des kleinen Mannes - nicht mitgenommen worden, Entschuldigung.

    Seit 2004 unter dem gleichen Namen im Forum, weitgehend ohne ad hominem.

    Einmal editiert, zuletzt von Herr Rau () aus folgendem Grund: Typo

  • Nö, das ist falsch. Da bei uns an der Schule z. B. auch deutsche Lehrmittel gebraucht werden, laufen zwei Varianten der Rechtschreibung komplett parallel. Das gleiche gilt für die Grammatik. ...

    Die Schweizer sind auch in dem Rat vertreten und diskutieren die Schreibvarianten für die Schweiz. Scheint also genau dasselbe Verfahren zu sein.


    Spannend finde ich, dass einem die Schreibweise, die man in der Grundschule/bis Klasse 6 eingeimpft bekommen hat so wichtig richtig erscheint, dass jede Änderung schmerzt. Es gibt ja tatsächlich Leute, die sich stante pede (musste erst mal nachsehen, ob zusammen oder getrennt ;) ) weigern, die Änderungen zu übernehmen.


    @Meerschwein Nele, kommt denn auch was Interessantes dazu oder fällt immer nur weg? Konjunktiv kann ja auch kaum noch einer und Präteritum klingt auch schon albern.

  • Die Schweizer sind auch in dem Rat vertreten und diskutieren die Schreibvarianten für die Schweiz. Scheint also genau dasselbe Verfahren zu sein.

    Ja, das ist natürlich so. Ich widersprach ja nur dem "es gibt nur *eine* gültige Variante der Rechtschreibung" ;)

  • Ohnehin gibt es, seit der Duden nicht mehr amtlich bindend ist, nur die amtlichen Richtlinien und Beispiele, die aber - anders eben als der Duden früher - keinesfalls vollständig sind oder sein wollen. Mein Stand ist nicht aktuell, aber vor fünfzehn Jahren haben die Redaktionen von Duden und Wahrig manches unterschiedlich interpretiert, eben weil Interpretationsspielraum da ist. Ich glaube nicht, dass sich das geändert hat. Die meisten Zeitungen verwenden ihre Hausorthographien. Ich habe überhaupt kein Problem mit diesem Spielraum und begrüße ihn. (Kaum Spielraum dagegen bei ss/ß, auch das begrüße ich.)

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  • Das ist eben falsch. Ich könnte auch z. B. "ausserdem" mit einem scharfen s schreiben wenn ich es auf meiner Tastatur hätte und es wäre immer noch richtig. Es gibt offenbar in Deutschland einen einheitlichen Konsens, der betrifft aber nicht den deutschsprachigen Raum als Ganzes....


    Aber genau das habe ich doch gesagt, spätestens in meiner "Präzisierung"??? Ich meinte nicht, dass es immer nur eine gültige Schreibvariante gibt. So scheinst du mich verstanden zu haben. Ich sprach von der einen gültigen Rechtschreibung als "Gesamtwerk", das durchaus Varianten zulässt. Trotzdem sind die Varianten nicht beliebig und jeder kann das frei entscheiden. Was als Variante zulässig ist, womöglich auch nur in Österreich oder in der Schweiz, ist in dieser einen gültigen Rechtschreibung als Gesamtwerk vom Rat für Rechtschreibung festgelegt bzw. wird festgelegt (ändert sich ja von Zeit zu Zeit, womit wir wieder beim Ausgang dieser Diskussion wären). ;)


    Dass man -ss- benutzen kann, wo es kein -ß- gibt, galt auch früher in Deutschland schon, ähnlich "ae" oder "ä" usw.

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    2 Mal editiert, zuletzt von Das Pangolin ()

  • ...Spannend finde ich, dass einem die Schreibweise, die man in der Grundschule/bis Klasse 6 eingeimpft bekommen hat so wichtig richtig erscheint, dass jede Änderung schmerzt. Es gibt ja tatsächlich Leute, die sich stante pede (musste erst mal nachsehen, ob zusammen oder getrennt ;) ) weigern, die Änderungen zu übernehmen. ...


    Ja. So scheint es zu sein.

    Es gibt für alles ein Publikum und für jede Meinung das passende Argument.

  • ... Es heißt außerdem "amtliche Schreibung", nicht "gültige"....

    Darüber zu debattieren finde ich für diese Diskussion hier aber auch unnötig. Typisch Lehrer? Naja, sind wir ja alle. :)


    Ebenso das Herumreiten darauf, dass sich keiner privat daran halten muss. Musste man früher auch nicht und können ganz viele nicht, egal, ob alte oder eine der verschiedenen neuen Varianten.

    Es gibt für alles ein Publikum und für jede Meinung das passende Argument.

  • Einwurf zur Schweiz:


    Ich komme irgendwie nicht drüber hinweg, dass man den Spruch: "In Maßen statt in Massen" ohne das "ß" doch gar nicht schriftsprachlich uneindeutig ausdrücken kann :D

  • @state_of_Trance:
    Es gibt so Vieles, was man ohne Kontextinfo nicht eindeutig ausdrücken kann.


    Bsp.: Ich habe irgendwann im Sportverein mal erwähnt, daß der Job "Fluglehrer" prädestiniert für "leichte Mädchen" wäre, weil die Vögel nur 170kg Zuladung haben und wenn da schon ein 90kg Fluglehrer drin sitzt, darf der Flugschüler maximal noch 80kg auf die Waage bringen. Bringt die Fluglehrerin, weil klein und leicht, selber nur 60kg auf die Waage, darf der Flugschüler 110kg mitbringen.

    Was meinst Du, wie empört mich die Zuhörerinnen angeguckt haben, als ich den Begriff "leichtes Mädchen" habe fallen lassen. Nachdem sie den zweiten Teil der Aussage gehört hatten, war alles klar, aber zwischenzeitlich dachten die an das hier.


    --> https://synonyme.woxikon.de/sy…ichtes%20m%C3%A4dchen.php :stumm:

  • Einwurf zur Schweiz:


    Ich komme irgendwie nicht drüber hinweg, dass man den Spruch: "In Maßen statt in Massen" ohne das "ß" doch gar nicht schriftsprachlich uneindeutig ausdrücken kann :D

    Na und? Die Sprache ist voller Ambiguitäten, sowohl gesprochen wie geschrieben. Eindeutigkeit wird immer durch den Kontext hergestellt - sonst könnte man ja Texte mit Rechtschreibfehlern oder Wortverwechslern ohnehin niemals lesen. :)


  • Es gibt ja tatsächlich Leute, die sich stante pede (musste erst mal nachsehen, ob zusammen oder getrennt ;) ) weigern, die Änderungen zu übernehmen.

    Bei Privatleuten finde ich das ja ok, aber bei zwei Personengruppen verstehe ich es nicht: Lehrer (davon gibt es ja auch hier im Forum mehrere) und Journalisten. Leider gibt es immer noch genügend Zeitungen, die nach alter Rechtschreibung schreiben. Ich kann mir vorstellen, dass das mit zur immer schlechteren Rechtschreibleistung der Deutschen beiträgt.

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