Ist mein Anspruch an mich zu hoch?

  • Nun sitze ich hier mit dem 2. Burnout mittlerweile und verstehe so langsam, woran es liegen könnte.


    Wie bereitet ihr Unterricht vor? Versteht ihr das Thema immer 100%ig? Ich unterrichte viele Inhalte und da sind auch rechtliche Dinge dabei, die ich nicht immer komplett verstehe.
    Mich hat das total fertig gemacht, obwohl die SuS gar nicht nachgefragt haben und die Themen auch nicht klausurrelevant waren.
    Wie viel Zeit steckt ihr in die Unterrichtsvorbereitung? Wie plant ihr Unterricht effizient? In fitten Klassen kann man ja wunderbar mit Texten arbeiten, aber was macht ihr mit den weniger fitten? Die sind immer laut, wenn man die mal mit Texten arbeiten lässt, weil sie so schnell überfordert sind.
    Ich habe wirklich schöne Stunden, die ich auch wunderbar nachbearbeitet habe, aber auf dem Level kann ich nicht bleiben.
    Wie sehen eure Stunden aus? Wie sehen vor allem die Stunden aus, die aus Zeitnot einfach nicht gründlich vorbereitet werden konnten? Ich konnte das früher alles mal, mit voller Stelle noch. Aber dann kam der Schulwechsel, ich bin jedes Jahr mit den Stunden runtergegangen (2 kids zuhause, und irgendwie permanenter Schulstress) und damit eine extrem perfektionistische Kollegin, mit der ich eng zusammenarbeiten sollte. Die hat mir nicht gutgetan - sie hat mich ständig überprüft und mir ein extremes Anspruchsdenken eingeimpft - ich habe es nie geschafft zu sagen, dass ich das so gut mache wie ich es kann, ich habe mich leider von ihr verrückt machen lassen. Dazu noch ständig Referendare und eine extrem anspruchsvolle Fachleiterin, und nun werd ich diesen Anspruch nicht mehr los und er ist im Alltag einfach nur furchtbar, ich habe immer wieder Phasen, in denen ich an mir selbst zweifele, obwohl ich merke, dass andere Kollegen wesentlich weniger Arbeit in ihre Stunden stecken als ich. Aber der Lehrplan ist extrem voll und ohne Handlungsorientierung kriegen die schwachen SuS gar keinen Durchblick in den Themen. Lebt ihr dann einfach damit - so a la - die haben nen Text dazu und wenn sie (die meisten) es nicht verstanden haben, ist das halt so, ich habe es immerhin durchgenommen?
    Wie komme ich runter von dem Trip?

  • Sitzt du wirklich mit einem ausgewachsenen Burnout da?
    Dann möchte ich deine Fragen zur Unterrichtsvorbereitung nicht beantworten.
    Ich möchte deine Hand fest drücken und dass du erstmal ärztliche Hilfe bekommst!
    Sei lieb gegrüßt!

  • Alles gut, ich bin ärztlich in sehr guten Händen, mir geht es schon besser und ich werde nach den Ferien zurück in die Schule gehen und da mal für mich selbst mit der Faust auf den Tisch hauen. Leider geht in der Schule alles den Bach runter, seitdem wir eine neue SL haben - wann ich einen Versetzungsantrag stelle, steht noch nicht fest, aber ich werde da in absehbarer Zeit weg sein. Das löst aber nicht das Problem mit der Vorbereitung, das werde ich überall haben.

  • Das tut mir sehr leid zu lesen :(


    Ich habe kein Patentrezept für Dich, vor allem nicht in Deinen Fächern, aber mir hat es geholfen, weiterhin Vollzeit zu arbeiten. Denn so KONNTE man gar nicht die Stunden akribisch vorbereiten. Man musste sich ein Stück weit mit Improvisation behelfen und heute bereite ich wenig/kaum vor. Ich schaue mir das an, was ich gemacht habe, feile noch etwas daran herum und habe dann direkt eine Reihe, die ich locker 3-4 Wochen mache. Oft dauern sie sogar länger (aktuell ein Projekt über 10 Wochen).


    Das hilft Dir jetzt nicht, aber habt ihr denn kein gutes Buch, das im Grunde schon eine Lernstruktur vorgibt? Das würde ich dann konsequent nutzen. Und auch mal Mut zur Lücke beweisen: Wenn Du was nicht weiß, dann sagen: weiß ich jetzt nicht. Ich schaue es nach und sage Euch dann Bescheid.


    Wünsche Dir schnelle gute Besserung

  • Sehr beruhigend, Micky, danke. Beste Wünsche für den Neustart!


    Die besseren Tipps bekommst du sicher von den anderen Sek II-lern, zumindest möchte ich es aber versuchen:


    - Lege dir ganz platt Sätze zurecht, die du der anspruchsvollen Kollegin bei Gelegenheit sagen kannst, damit sie dich nicht mehr so leicht mit ihren Ansprüchen, die sie vermutlich wie Selbstverständlichkeiten klingen lässt, überrollen kann. Sowas wie: "Das klingt ja wirklich toll, aber dazu lassen mir meine anderen Aufgaben gar nicht genug Zeit. Soundso werde ich es machen. Danke für deine Idee, die behalte ich im Hinterkopf."


    - Es ist völlig in Ordnung Schülern zu sagen, dass man die Antwort auf eine Frage gerade nicht parat hat. Dann sagt man: "Puh, da gibt es so viele Einzelheiten zu beachten, das möchte ich lieber nochmal nachlesen, bevor ich dir jetzt nur die Hälfte erzähle. Schreib mir die Frage doch bitte kurz auf, dann denke ich zum nächsten Mal daran, es nachzuschlagen."


    - Bei der Unterrichtsvorbereitung bist du vielleicht wirklich zu anspruchsvoll, das passiert leicht. Bei mir gibt es null bis fünf super vorbereitete Stunden in der Woche, mit tollen Methoden, hübsch selbstgemachten Materialien etc. Ansonsten gibt es Brot-und-Butter-Stunden mit Tafelarbeit, Buchaufgaben, Gesprächsrunden und stinknormalen Arbeitsblättern.
    Versuche dich doch einfach ganz mutig mal wieder an Türschwellendidaktik. Lass die Schüler einen Text in Dreiergruppen erarbeiten, gib nur kurz die Schritte vor. Anschließend schreibst du Textfragen an die Tafel, die abzuschreiben und zu beantworten sind. Mal wieder schön platt bleiben, dann machen auch Vorbereitungen für Highlights wieder mehr Spaß.


    - Mir hat es sehr geholfen, ein kleines Repertoire an einfachen, ritualisierten Methoden abrufbar zu haben, die für mich funktionieren (für mich! nicht für Kollegen, nicht für Klippert oder Meyer, für mich) und die mich zwischendurch entlasten. Überlege mal, was für dich oft gut funktioniert hat.


    - Wenn der Lehrplan einmal allzu großen Druck macht, die Klasse eher schwach ist und der Text schwierig, dann scheu dich nicht auch hin und wieder mal ganz unspektakulär einen Text gemeinsam zu erarbeiten. Gemeinsam lesen, nacherzählen lassen, gemeinsam Schlüsselwörter finden, gemeinsam markieren, Hausaufgabe ist kurz zusammenfassen. Fertig. Nächste Stunde ist eine Wiederholung des Inhalts. Gern ein bisschen handlungsorientiert, aber nicht aufwändig. Vielleicht auch eine gemeinsame Verarbeitung der Infos an der Tafel, Schüler schreiben mit. Nächste Stunde, neuer Text. Diesmal wird nur der erste Abschnitt gemeinsam bearbeitet, dann in Partnerarbeit weiter oder so.


    Ach, ohne konkretes Beispiel ist das schwierig. Erstmal sehen, was die Sek II-ler sagen

  • Also ich merke momentan, dass mich die Unterrichtsplanung gemäß "handlungsorientiert und kompetenzorientiert" unendlich viel mehr Zeit und Kraft kostet, als "normale" Vorbereitung. Bedeutet: wenn ich mir eine tolle lernsituation aus den Fingern sauge, die für die ganze Reihe von Bedeutung ist und überhaupt sinnvoll, kostet mich das so viel zeit, dass ich dafür 5 andere Stunden komplett sausen lassen muss. Das bedeutet für mich an einem Beispiel ausgedrückt: Beispielthema ist duale Berufsausbildung. Meine Lernsituation beschränkt sich dann darauf, dass Person xy eine Ausbildung anfangen will, aber keine Ahnung hat. Dann arbeite ich einfach die wichtigsten Inhalte ab und schreibe am Ende eine Klassenarbeit. Fertig. Kein "wir leiten uns eine Fragestellung ab" oder "wir entwickeln gemeinsam einen ablaufplan"... Ich stelle immer wieder fest, dass es für die SuS absolut keinen Mehrwert hat, wenn sie aus einer handlungssituation selbst eine Fragestellung ableiten. Die allermeisten können das ohnehin kaum bis nicht. Im ref bekommt man ja eingeimpft, dass die SuS dann ach so motiviert wären und sich ernstgenommen fühlen. Was Pustekuchen ist, da a) die wenigsten Themen für die SuS tatsächlich interessant und motivierend sind und b) das Thema und der Ablauf eh im vorhinein feststehen und es kein demokratisches Verfahren ist die sus so lange raten zu lassen, bis man alle Reihenbausteine an der tafel gesammelt hat. Deshalb sieht mein unterricht so aus: Es gibt eine kleine handlungssituation zu einem Thema, das ich nenne. Bestenfalls frage ich die sus nach möglichen relevanten Inhalten, oder ich gebe sie vor. Dann arbeiten wir die Inhalte Stück für Stück ab. Erfolgreich war das Prozedere, wenn die sus am Ende mehr Ahnung von der Thematik haben als vorher. Was beim Beispiel duale Ausbildung zB bedeutet, dass sie ihre Rechte und Pflichten kennen und eine Idee haben, wie man überhaupt zu einem ausbildungsplatz kommt.
    Für die Vorbereitung bedeutet das, dass ich alle wichtigen Inhalte in sinnvoller Reihenfolge aufliste und zu jedem Thema Texte und Materialien heraussuche, die wir gemeindam bearbeiten. Dies geschieht auf Basis des Niveaus, was dem Bildungsgang entspricht. Wer das nicht hinkriegt, bekommt Hilfestellungen. Wer es dann immernoch nicht hinkriegt, der hat dann leider das Nachsehen. An einen Bildungsgang sind nunmal gewisse Anforderungen geknüpft. Ich unterstütze soweit es mir möglich ist, aber man kann nicht alle retten. Leider. Auch wenn man im ref erzählt bekommt, dass man unterricht so gestalten kann und soll, dass jeder auf seinem stand gefördert wird, jeder alles versteht und hinterhet beherrscht und sowieso total motiviert mitmacht, weil man den unterrichtsgegenstand so spannend aufbereitet :autsch: Es gibt Themen die sind langweilig, es gibt sus die haben einfach keinen Bock und der Tag hat nur 24 Stunden. Deshalb arbeite ich nach der Methode "für alle Beteiligten so schmerzlos wie möglich". Und wenn man auf einer funktionierende Beziehungsebene mit den SuS arbeitet, dann verzeihen sie das und lernen auch was dabei. Die Schüler überleben es, wenn man mal schnöde nach Buch arbeitet. Sie wissen nicht, wie der Unterricht nach Ref Maßstäben auszusehen hat, das sollte man sich vor Augen halten. Es wird kein sus bemängeln, wenn es keinen vernünftigen einstieg gab oder das Blatt nicht schön gestaltet hat. Kollegen oder Ausbilder mögen dies tun. Den SuS ist das wurscht. Klar ist ein vernünftig geplanter Unterricht lerneffektiver und vllt auch abwechslungsreicher für die SuS. Aber die Welt geht nicht unter, wenn man ein paar Schritte kürzer tritt, da sollte man sich als Lehrer nicht zu wichtig nehmen. Was die sus nämlich WIRKLICH unterm Strich am Ende gelernt haben und beibehalten, das zeigt sich erst viel viel viel später. Wenn ich mich an meine eigene Schulzeit erinnere, kann ich mich durchaus an perfektionistische Lehrer und Referendare erinnern. Was ich da gelernt habe? Keine Ahnung, erinnere ich mich nicht mehr. Es war doof, weil Pflichtveranstaltung. So wie Schule für die meisten sus eine Pflichtveranstaltung ist. Was positiv hängen geblieben ist, sind ganz andere Dinge, die sich durchaus auch in total grauenhaft langweiligem Unterricht ereignet haben ;) Das soll kein Plädoyer für mies geplanten Unterricht sein. Aber sehr wohl ein Plädoyer für realistische Vorstellungen von Schule und dem Leistungsvermögen von Lehrern, die neben einer hohen Unterrichtsverpflichtung, tausend Nebenkriegsschauplätzen und herausfordernden Schülern auch noch ein Leben neben der Arbeit haben sollten. Man lebt schließlich nicht für den Beruf.

  • Wenn es mir selber gut geht, tut es dem Unterricht besser, als stundenlange Vorbereitungen, die mich selber ans Limit bringen. Was davon bekommen SuS mit? Sie sehen eher, wie du drauf bist, als dass du stundenlang getüftelt hast.
    Ich weiß nicht genau, wie ich das erklären soll.....auch die tollsten Methoden erreichen nicht alle Schüler.


    Man darf sich nicht verrückt machen und mit vermeintlich "besseren" Kollegen vergleichen. Du bist du und du machst es eben anders.

  • Ich weiß nicht, ob ich die richtige bin, dir hier zu kommentieren, denn ich unterrichte zwar (größtenteils) Sek II, aber einerseits an einem allgemeinbildenden Gymnasium (und nicht berufsbezogen), und andererseits in völlig anderen Fächern, idR Wahlfächern, heißt, ich kann idR eine gewisse Begeisterung der SuS für meine Fächer erwarten, was du wohl eher nicht kannst, was auch immer man dir an der Uni oder im Ref gepredigt haben mag...
    Ich mache das hier schon was länger, und diverse Unterrichtsinhalte und -abläufe habe ich somit konzepttechnisch drauf. Viel muss ich nicht vorbereiten, solange ich vorher weiß, wo ich mit den SuS "hin" will. Allerdings habe ich mir angewöhnt, nur "Eckpunkte" zu planen. Was dazwischen wie verläuft, ob hier mal ein Umweg und woanders dann eine Abkürzung, liegt durchaus auch an der Beteiligung durch die SuS. Wenn die merken, du gehst auf sie ein, sind sie mehr bei der Sache, und auch du wirst mehr Spaß am Unterricht haben. Bisher habe ich zumindest immer das vermitteln können, was ich wollte, oft sogar noch mehr, wobei die Initiativen dazu durchaus von den SuS kommen.
    Richtig ist auch das was lamaison gerade geschrieben hat... SuS haben durchaus oft mehr Empathie als sie ahnen oder zugeben. Und wenn sie merken, du machst das gerne, färbt das auch auf sie ab.

    Der Zyniker ist ein Schuft, dessen mangelhafte Wahrnehmung ihn Dinge sehen lässt wie sie sind, nicht wie sie sein sollten. (Ambrose Bierce)
    Die Grundlage des Glücks ist die Freiheit, die Grundlage der Freiheit aber ist der Mut. (Perikles)
    Wer mit beiden Füßen immer felsenfest auf dem Boden der Tatsachen steht, kommt keinen Schritt weiter. (Miss Jones)
    Wenn der Klügere immer nachgibt, haben die Dummen das Sagen - das Schlamassel nennt sich dann Politik (auch Miss Jones)

    2 Mal editiert, zuletzt von Miss Jones ()

  • Ich kann mich noch an eine Art Faustregel erinnern, nach dem Motto eine "schöne" Stunde pro Tag. D.h. eine ordentlich planen, beim Rest nur grob.


    Wie sind eigentlich deine Kinder betreut, wenn du arbeitest? Holst du sie direkt nach der Schule ab? Das kann nämlich auch wahnsinnig anstrengend sein. (ich musste z. B. Mal ein Jahr um 7Uhr mit meinen Kids am Kindergarten stehen, um es halbwegs pünktlich zum Unterricht zu schaffen. Das macht echt kaputt. Jetzt muss ich zum Glück nicht mehr pendeln.)

  • Ich kann das, was Hannelotti und Miss Jones sagen, nur unterstreichen! Mein „Lieblingslehrer“ war mein Englischlehrer, der aber immer nur nach dem Buch arbeitete - also inhaltlich sehr langweilig war. Ich erinnere mich an die tausend Grammatikaufgaben und die sehr basalen und repetitiven Methoden der Texterarbeitung (gähn). Was ihn so besonders machte, war seine Art auf Schüler einzugehen, zuzuhören und auch was auszuprobieren. Wir haben mal so etwas wie eine Meditationsstunde gemacht.
    Insgesamt bereite ich so vor, wie ich Lust habe, für eine Klasse was Besonderes zu machen, ein Spiel, ein Thema, das sie interessiert, ein Witz/Spruch des Tages als Einstieg zur Abwechslung, auch abhängig davon, was ich irgendwo aufschnappe. Manchmal überkommt es mich und ich möchte mal eine neue Methode ausprobieren. Aber insgesamt sitze ich am Tag mit Vorbereitung von 0 bis 1,5 Stunden maximal, im Durchschnitt vielleicht 0,5 Stunden am Tag. Meistens plane ich schon am Ende der letzten Stunde, was methodisch als nächstes drankommen sollte. Sonntags sitze ich dann für ca. 2-3 Stunden und plane die Woche grob, d.h. welche Texte/Themen in welcher Stunde „drankommen“ und wie. In den Ferien (meistens) plane ich meine Reihe und meine Kompetenzschwerpunkte mit Methodenfokus.


  • Es gibt Themen die sind langweilig, es gibt sus die haben einfach keinen Bock und der Tag hat nur 24 Stunden. Deshalb arbeite ich nach der Methode "für alle Beteiligten so schmerzlos wie möglich". Und wenn man auf einer funktionierende Beziehungsebene mit den SuS arbeitet, dann verzeihen sie das und lernen auch was dabei. Die Schüler überleben es, wenn man mal schnöde nach Buch arbeitet. Sie wissen nicht, wie der Unterricht nach Ref Maßstäben auszusehen hat, das sollte man sich vor Augen halten. Es wird kein sus bemängeln, wenn es keinen vernünftigen einstieg gab oder das Blatt nicht schön gestaltet hat. Kollegen oder Ausbilder mögen dies tun. Den SuS ist das wurscht.[...] Wenn ich mich an meine eigene Schulzeit erinnere, kann ich mich durchaus an perfektionistische Lehrer und Referendare erinnern. Was ich da gelernt habe? Keine Ahnung, erinnere ich mich nicht mehr. Es war doof, weil Pflichtveranstaltung. So wie Schule für die meisten sus eine Pflichtveranstaltung ist. [...] Das soll kein Plädoyer für mies geplanten Unterricht sein. Aber sehr wohl ein Plädoyer für realistische Vorstellungen von Schule und dem Leistungsvermögen von Lehrern [...]

    Wunderbar gesagt!


    Nein, ich bin nicht immer zu 100% auf jede mögliche Frage vorbereitet und habe auch nicht jede Unterrichtsminute verplant.
    Manchmal gehe ich in den Unterricht und kann die Frage "Was machen wir heute?" nur mit einem verschmitzten Zwinkern und der Antwort: "Englisch!" beantworten. Dann gucke ich ins Klassenbuch und sehe, welche Aufgaben wir zuletzt besprochen haben, schlage das Buch auf, und weiß dann, was heute dran ist. Ein andermal gehe ich in den Unterricht und antworte auf die Frage "Was machen wir heute?" ebenfalls mit einem Zwinkern und "Englisch!", weiß aber, dass ich ein selbst erstelltes Arbeitsblatt oder gar ein Spiel in der Tasche habe, mit dem wir (evtl. ohne dass die Schüler es merken) eine neue Zeitform üben. Die Schüler merken nicht, dass die eine Stunde völlig unvorbereitet ist, die anderen beiden aber einiges an Zeit verschlungen haben. Am Ende von allen drei Stunden steht (hoffentlich) ein Lernzuwachs und jede hat das Potenzial total öde oder auch ganz nett zu sein, je nachdem welche Gelegenheiten zum Lachen und Sich-Ausprobieren sich so bieten. Auch liegen dem einen Schüler liegen klare Grammatik-/Anlalysestunden viel eher und er empfindet Spiele als kindische Zeitverschwendung, der andere blüht in der Spielestunde auf und schläft bei Grammatikübungen innerlich ein.
    Ich habe daher garnicht das Ziel, immer allen eine perfekte Stunde zu bieten, weil das bei so vielen beteiligten Menschen (Schülern) überhaupt nicht möglich ist. Ich gestalte den Unterricht methodisch so abwechslungsreich, dass er mir Spaß macht und methodisch so gleichförmig, dass er mich entlastet. Ich tue zuerst das was nötig ist, dann das was mir Spaß macht. Wenn ich dann noch Zeit übrig habe, ohne mich überarbeitet zu fühlen, mache ich auch noch etwas, das mir weniger Spaß macht und nicht zwingend nötig ist, aber vllt. ganz brauchbar wäre. Meist höre ich aber spätestens nach dem, was mir Spaß macht, auf und gehe in den Freizeitmodus über. Für mich als noch relativen Frischling im Job bedeutet das auch so genug Arbeit.

    Warum Trübsal blasen, wenn man auch Seifenblasen kann?

  • Wie komme ich runter von dem Trip?

    Bau die min. 2-3 freie (echte freie) Abende in der Woche ein, an denen du z.B. einen guten Wein geniest, Musik hörst, etwas liest etc... Nimm dir diese Zeit für dich, nur für dich. Lass dich nicht durch irgendwelche Nachrichten, E-Mails, "soziale" Netzwerke kirre machen, klemm den ganzen Kram mal ab.


    Also ich merke momentan, dass mich die Unterrichtsplanung gemäß "handlungsorientiert und kompetenzorientiert" unendlich viel mehr Zeit und Kraft kostet, als "normale" Vorbereitung. Bedeutet: wenn ich mir eine tolle lernsituation aus den Fingern sauge, die für die ganze Reihe von Bedeutung ist und überhaupt sinnvoll, kostet mich das so viel zeit, dass ich dafür 5 andere Stunden komplett sausen lassen muss.

    Nun, wenn du mit der Lernsituation dann 5 Stunden Unterrciht abdeckst ist doch alles ok.


    Im ref bekommt man ja eingeimpft, dass die SuS dann ach so motiviert wären und sich ernstgenommen fühlen. Was Pustekuchen ist,...

    Handlungsorientierung ist kein Dogma. Schüler brauchen auch mal etwas vom Lehrer erklärt, die können nicht z.B. in 80 Stunden Lernfeld 200 Jhre Entwicklung der Elektrotechnik selber nachvollziehen. Das ist m.E. absoluter Blödsinn.
    Ein ganz klassischer Frontalunterricht kann beispielsweise Teil der Informationsphase sein; dann gibts den Arbeitsauftrag halt erst nach dem ersten Teil der Info-Phase.

    Planung ersetzt Zufall durch Irrtum. :P

    8) Politische Korrektheit ist das scheindemokratische Deckmäntelchen um Selbstzensur und vorauseilenden Gehorsam. :whistling:

  • Hallo!
    Welche Schulformen unterrichtest du denn? Textarbeit ist meiner Auffassung nach nämlich wirklich abhängig von der Schulform... Im Beruflichen Gymnasium erwarte ich schon, dass man eine Doppelstunde reine Textarbeit bewältigen kann, im BVJ eher weniger.
    Liegen deine Probleme eher in der Vorbereitung von Deutschunterricht oder im beruflichen Bereich?


    Zu deiner Kollegin: Wer hat gesagt, dass du mit ihr "eng zusammen" arbeiten sollst? Und wenn es von der Sl angewiesen wurde, der Umfang ist sicher Auslegungssache. Wir haben z.B. eine Kollegin, die sich auf Neulehrer in ihrem Fach stürzt und dann einfordert, dass identischer Unterricht gehalten wird (Arbeitsblätter, Methoden, alles eben). Das kann sie sich zwar wünschen, länger als ein paar Wochen macht das aber niemand mit. Sie ist dann zutiefst beleidigt, aber so ist es eben.
    Dass Vergleichsklausuren geschrieben werden, ist klar und darüber kann man sich auch gut abstimmen. Aber ich würde mir nicht in meine Unterrichtsgestaltung etc. reinreden lassen.
    Manchmal muss man anderen vor den Kopf stoßen, leider. Ich mache sowas auch nicht gerne, aber aus Eigenschutz ist es tw nötig.

  • Andererseits ist doch eng zusammenarbeiten und identischen Unterricht halten super.


    Man muss nur die Hälfte aller Unterrichtsstunden vorbereiten! Eine Woche bereitet Kollege A vor, die andere Kollege B.


    In Spanisch machen wir eine Mischform. Wir besprechen am Anfang einer jeden Reihe, welches Material wir benutzen und wohin es bis zur Klausur gehen soll, die wir dann auch gemeinsam schreiben (wir müssen auch nur jede 2. selbst erstellen!). Wie wir aber nun jede einzelne Stunde damit gestalten und ob wir noch was zusätzlich einfügen oder etwas schneller oder langsamer machen etc. etc. etc. bleibt uns überlassen.


    Ich habe also gar keine Arbeit mit Absprachen etc., aber ich kann mich immer drauf verlassen, dass ich im Notfall zur Kollegin gehen kann und sagen "Hör mal, was machst du denn heute?" Dann bekomme ich einen Text, ein AB etc. und damit kann ich nach 13 Jahren an der Schule auch ohne Vorbereitung meine Stunde schmeißen. Sehr praktisch.

  • Zu Beginn erstmal: alles Gute für dich!


    Ich denke auch, dass es mittlerweile nicht mehr möglich ist jede Stunde auf Refniveau zu planen (dies liegt meiner Ansicht nach auch daran, dass ich wesentlich mehr Zeit in die Kommunikation mit Sozialarbeitern/Ordnungsamt/... stecken muss als ich mir das im Referendariat ausgemalt habe).
    Als Lösung versuche ich für mich in allen meinem Klassen abwechselnd mal mehr Zeit zu investieren: Woche A wird der Unterricht von Klasse 1 und 2 super didaktisch aufbereitet und Klasse 3/4/5/ bekommen die Arbeitsblätter die ich schon vor einiger Zeit für andere Klassen zu dem Thema gemacht habe; in Woche B ist dann der Unterricht von Klasse 3 und 4 top vorbereitet, etc... So spare ich mir Zeit und die Schüler haben trotzdem eine gute Mischung aus Kompetenzorientierung und Inhalt.

    • Offizieller Beitrag

    erst mal auch von mir: alles Gute weiterhin, lass dich nicht verrückt machen!!


    vieles ist ja schon geschrieben worden:


    meiner Erfahrung nach lernen Schüler ganz gerne mit Inputs vom Lehrer.
    Bei Texterarbeitungen für schwächere Klassen ruhig kleinschrittiger vorgehen, mit gezielten Fragen das Textverständnis lenken.
    Viele Tafelanschriebe.
    Und nein, die musst du nicht 1:1 vorher in deiner Planung notiert haben ;)


    Für deine Planung: nur die groben Phasen notieren, die Überleitungen (!), das reicht meistens.


    Auch wenn ich mich fachlich sehr sicher fühle, gibt es dennoch Schülerfragen, die ich nicht so ad hoc beantworten kann. Ich sage meistens: "Das ist wirklich mal ne spannende Frage! da müsste ich selbst erst mal nachschauen. Machen wir nen deal:
    Ich schaue zu Hause nach, Sie schauen zu Hause nach. Und in der nächsten Stunde gleichen wir unsere Ergebnisse ab!"
    Dann notiere ich mir schnell die Frage und kann mich zu Hause in aller Ruhe schlauer machen ;)


    Wenn dir die Parallelkollegin zu perfektionistisch ist, istbes an dir, unbedingt einen Riegel vorzuschieben. Dann ist nämlich für beide kein befriedigendes Arbeiten möglich, und statt zur Ebtlastung wird die Zusammenarbeit zu einem weitereren Stressfaktor. Dann lieber Einzelkämpfertum ;)


    Ganz liebe Grüße!

  • Lebt ihr dann einfach damit - so a la - die haben nen Text dazu und wenn sie (die meisten) es nicht verstanden haben, ist das halt so, ich habe es immerhin durchgenommen?

    Ja, damit lebt man und man lebt gut damit. Du kannst nicht jeden retten, die müssen ja wohl mit Texten arbeiten können. Und sie müssen es üben, die meisten sind doch einfach nur zu faul mal wirklich konzentriert zu lesen, weil die Aufmerksamkeitsspanne bei gerundet 0 liegt.

    • Offizieller Beitrag

    Micky, du kannst deinen Schülern den Stoff nur aufbereitet anbieten.


    Den Rest müssen sie selbst machen, das gilt besonders für ältere Schüler. ;)


    du trichterst ihnen nichts ein, und ihren Schulabschluss müssen sie schon selbst machen. Machen, nicht in widerwillige Hände gelegt bekommen!

  • Liebe/r Micky,


    es tut mir leid, dass es dir nicht gut geht.


    Ich denke, ich kenne die Situation: 2 Kinder, die das ihre fordern, einen Haushalt und alles drumrum an der Backe.


    Ich bereite die Reihen in den Ferien vor, komplett mit Klassenarbeit. Damit hangele ich mich von Ferien zu Ferien, habe aber unter der Schulwoche nur die normale Orga und Korrekturen auf dem Schirm. Damit sind zwar die Ferien voll, aber ich stehe nicht so unter Druck, wenn an einem normalen Donnerstagnachmittag etwas Unvorhergesehenes passiert (Radpanne oder/und Verletzung des Kindes, Kind kränkelt) und ich noch nicht zum Vorbereiten gekommen bin.


    In diesem Jahr habe ich nur Klassen mit neuen Bildungsplänen. Das kostet mich definitiv mehr Zeit, ich sichte aber immer, ob von den alten Sachen noch gute Stunden dabei sind, die thematisch passen können. Zumindest vom Material her (Quellen, Texte etc) ist das immer wieder der Fall.


    Das Unterrichten mit Lernsituationen muss ich in den allgemeinbildenden Fächern nicht betreiben, insofern bist du in der schwierigeren Situation. Viele Fachkollegen wechseln aber ab: Mal eine passende Lernsituation, zwischendrin gemeinsame Erarbeitungen auch mit Frontalunterricht.


    Viele profitieren von Fortbildungen, bei denen sie Material bekommen haben, das anwendbar ist. Gibt es solche Fobis bei dir?
    Wir teilen das Fobimaterial, so dass nicht jeder Kollege auf eine Fobi muss. Alles wird kopiert und in der Lehrerbib eingestellt, darauf hat jeder Kollege Zugriff.


    Bei den Lernsituationen gibt es eine interne Plattform, auf der Lernsituationen aller Kollegen geteilt werden. Nicht jeder muss das Rad neu erfinden.


    Bei den fitten Klassen mache ich viel selber, bei den schwächeren gibt es auch Lehrwerksammlungen, in Deutsch greife ich für die Berufsschule z.B. mal auf ein paar Stunden von Raabits (darf ich das schreiben) zurück, die passend sind. Das entlastet mich und die Schüler finden das Material kleinschrittig und gut verstehbar.


    Gibt es solche Sammlungen oder Loseblattwerke auch für deine Fächer? Bei uns hat sie die Fachschaft abonniert.


    Ich kann auch mal eine Doppelstunde nur mit einem Schaubild verbringen, da nehme ich ein aktuelles, wir suchen Werte heraus und besprechen die Hauptaussagen und dann wird die Schaubildanalyse schriftlich formuliert. Ich habe eine Methodenblattsammlung, die ich immer wieder verwenden kann (tw. auch aus Fobis oder von Kollegen), die erhalten die Klassen und damit wird gearbeitet. Ich kann so eine Doppelstunde mit einem DinA5-Blatt füllen und notiere mir nur, welche Erkenntnisschritte wir gehen werden. Um das Ganze aufzulockern, baue ich Darstellungen ein, Schüler sollen eine Karikatur nachstellen/zu Ende führen, um den Knackpunkt herauszubekommen. Danach wird natürlich geschrieben. Das ganze geht natürlich auch mit Standbildern, ich will gerne die Meinung meiner Schüler zu einem Thema wissen und bitte, sich entlang einer Meinungslinie aufzustellen und dann kommen wir ins Gespräch (im Stehen), wir machen Talkshows (da lege ich nur die Rollen fest) oder spielen Gerichtsurteile, oder singen ein Gedicht in eigener Vertonung oder zeichnen die Situation einer Dramenszene mit den passenden Farben, finden Fimmusik zu einer Romanszene oder oder. Ich brauche oft nur die Idee, die Umsetzung ist dann nicht arbeitsintensiv.


    Ich halte gerade diese Stunden des Übens oder Vertiefens für sehr wichtig, die Schüler schätzen sie und ich habe wenig Aufwand damit.


    Ganz liebe Grüße


    Stille Mitleserin

  • ... Ich konnte das früher alles mal, mit voller Stelle noch...

    Dann setze dort an. Was konntest du früher genau wie machen? Was du konntest, kannst du auch immer noch :top:


    ...ich habe es nie geschafft zu sagen, dass ich das so gut mache wie ich es kann, ...

    ähm, vielleicht hättest du sogar sagen sollen, dass du es vor allem so machst, wie du willst? Wer sagt denn, dass immer besser ist, was andere so machen. Oft ist es einfach nur ANDERS.


    Zu den Texten: es hängt auch viel von der Beziehungsebene ab, wie man arbeiten kann. In meiner Klasse kann ich 45 min. lang über Gott und die Welt reden oder im Buch Aufgaben durchexerzieren. Es funktioniert, weil wir uns kennen. In anderen Klassen, in denen ich selten bin, ist das viel schwieriger. Es soll interessant aufgearbeitet sein, möglichst irgendwas zum Rumfummeln bieten und am Ende ist die Gruppe trotzdem nur am Rummeckern, dass alles scheiße ist. Kenne ich die Klasse das 5. Jahr, funktioniert es wieder. Es hat nichts mit mir oder dem Stoff zu tun, sondern einzig und allein mit dem Umstand, dass sie mir zuhören können, weil sie es wollen.


    Analog zu dir: versuche, in möglichst wenig Gruppen eingesetzt zu werden. Mach dort viel mit Abschreiben, Fragen beantworten, irgendwas ausschneiden und zuordnen etc., also Dinge, die sie alleine können und in denen sie sich entspannen können. Es muss nicht spektakulär sei, sondern einen Sinn ergeben: am Ende wissen sie, was sie vorher nicht wussten. Wer so minderbegabt ist, dass er überhaupt nicht klar kommt, der muss wohl durchfallen. Falsche Schule, falscher Beruf, da bleibt nur ungelernt jobben oder geschützte Werkstatt.


    So und jetzt machst du was Schönes draußen in der Sonne. Wald ist sehr meditativ :)

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