Seiteneinstieg - wenn´s dann doch nicht klappt

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    Das andere Problem ist, daß ich noch in einer anderen Klasse unterrichten muß, da eine Kollegin länger ausfällt. Diese Klasse ist meines Erachtens eine Katastrophe, unverschämt bis zum Abwinken. Ich sehe mich selbst eher als einen strengeren Lehrer, aber meine Masche zieht in dieser Klasse absolut nicht, die Kinder haben Null Respekt vor mir. Anfangs bemühte ich mich noch für Ordnung zu sorgen, mittlerweile habe ich aufgegeben. Wenn man auf die Frage, wo der Lappen für die Tafel sei zu hören bekommt, "Du bist der Lappen", dann ist da meiner Meinung nach Hopfen und Malz verloren. Ich bekomme dann von einer Kollegin gesagt, ich solle mich durchsetzen, wie das geschehen soll, darüber verliert man aber kein Wort, bzw. die Tatsache, daß die Kinder Anweisungen einfach ignorieren, völlig unabhöngig davon was ich mache oder sage, wird ignoriert. Gestern bin ich mit einem Schüler ins Sekretariat gegangen und habe seine Eltern angerufen; dieser sitzt dann grinsend da und meint, "Na und, dann bekomm ich halt ein paar Tage mehr Hausarrest." Man hat da einfach keinen Zugriff. Laut der o.g. Kollegin bin ich, bzw. meine Art jedoch Schuld an dieser Situation. Ich bin durchaus gewillt, Dinge zu korrigieren, aber wenn ich nicht weiß, was ich korrigieren soll, wird es schwierig.


    Zu guter Letzt kam dann noch die Aussage der Direktorin, daß große Zweifel bestehen, ob ich die Probezeit überstehe.


    Es ist sehr schwierig zu sagen, wie du damit am besten umgehst. Wer mich stresst im Unterricht, den stresse ich zurück, und zwar sehr massiv. Es kann aber auch sein, dass ich gewisse Provokationen (scheinbar) an mir abprallen lasse. Die Schüler müssen mich nicht mögen. Das ist ok. Wenn doch, um so schöner. Bis jetzt hat es sich immer nach einer gewissen Gewöhnungszeit doch bei den meisten eingestellt. Für einen Stinkefinger habe ich einmal einen Tadel gegeben, aber nicht, weil ich darüber so sauer war (mein Gott, bin ich ein Arschloch, nur weil jemand sagt, ich sei ein Arschloch? Dann hieße das ja, ich gestatte anderen zu entscheiden, wie ich bin. Nö. Tu ich aber nicht.), sondern damit die anderen sehen, wer so frech ist, kriegt 'ne Konsequenz verpasst, sonst machen sie's irgendwann alle. :)


    Allerdings kann ich sagen, dass ich dabei Rückhalt bei meiner Schulleitung habe. Wenn man den nicht hat, hilft wohl nur ein Schulwechsel, also noch lange nicht die Aufgabe des Lehrerberufs.


    Einfach nur streng sein, ist allerdings auch keine Lösung. Ich finde, wer langweiligen Unterricht macht, ist selber schuld, wenn er Unruhe hat. Viele Probleme lassen sich wegorganisieren durch eine entsprechende Unterrichtsplanung. Es tritt trotzdem noch genug auf, was man nicht vorhersehen konnte. Um dir zu helfen, müsste ich / müssen wir also alles wissen: dein Auftreten im Unterricht; der Unterricht; die Schüler der jeweiligen Klasse.

    Es gibt für alles ein Publikum und für jede Meinung das passende Argument.

    3 Mal editiert, zuletzt von Das Pangolin ()

  • "Wir strenge Lehrer" haben meist eine kleinere Toleranz und wenn wir die nicht durchgesetzt bekommen, leiden wir mehr als jene Lehrer, die das womöglich gar nicht stört, wenn keiner zuhört und alle wild durcheinanderrufen. Solche gibt's ja auch. Die nennen das "produktive Unruhe" - oder die haben einfach aufgegeben.

    Das ist eine interessante Theorie. Also es gibt zwei Gruppen, euch strenge Lehrer und die anderen, die im Zweifelsfalle für alles verantwortlich sind, was nicht läuft. Ihr strengen Lehrer leidet unter Lautstärke und wenn keiner zuhört, alle anderen finden das gut oder geben auf. Der TE, den du zu euch Strengen zählst, hat schon nach 4 Wochen im Dienst aufgegeben, weil er die Unruhe (hier natürlich unproduktiv) nicht sofort in den Griff bekommt. Wie denn nun?

  • @Mashkin,


    im Referendariat, ja, da musst du den Studienleitern (und ihren Kriterien) gefallen. Lehrjahre sind keine Herrenjahre.


    Später kannst du dir die Lehrer zum Vorbild nehmen, deren Unterricht und Umgang mit den Schülern dir gefallen hat. Das ist ja nicht unbedingt das Gleiche.

    Es gibt für alles ein Publikum und für jede Meinung das passende Argument.

  • @Krabappel
    das ist die übliche Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis, oder in dem Fall wohl altklug heruntergebetetes Blabla aus dem Sessel vergangener Generationen, und harter Realität (Neudeutsch Warzone).

    Der Zyniker ist ein Schuft, dessen mangelhafte Wahrnehmung ihn Dinge sehen lässt wie sie sind, nicht wie sie sein sollten. (Ambrose Bierce)
    Die Grundlage des Glücks ist die Freiheit, die Grundlage der Freiheit aber ist der Mut. (Perikles)
    Wer mit beiden Füßen immer felsenfest auf dem Boden der Tatsachen steht, kommt keinen Schritt weiter. (Miss Jones)
    Wenn der Klügere immer nachgibt, haben die Dummen das Sagen - das Schlamassel nennt sich dann Politik (auch Miss Jones)

  • ...Einfach nur streng sein, ist allerdings auch keine Lösung. Ich finde, wer langweiligen Unterricht macht, ist selber schuld, wenn er Unruhe hat. Viele Probleme lassen sich wegorganisieren durch eine entsprechende Unterrichtsplanung. Es tritt trotzdem noch genug auf, was man nicht vorhersehen konnte. Um dir zu helfen, müsste ich / müssen wir also alles wissen: dein Auftreten im Unterricht; der Unterricht; die Schüler der jeweiligen Klasse.


    Das habe ich eigentlich nicht so ganz richtig ausgedrückt. Unruhe entsteht nicht einfach bei langweiligem Unterricht und bei "super-spaßigem" Unterricht nicht. Unruhe kann auch gerade bei "spaßigem Unterricht" entstehen; Unruhe kann auch bei langweiligem Unterricht unterbleiben. Auf alle Fälle kann es, so ist es wohl besser ausgedrückt, auch an der Unterrichtsorganisation liegen (als ein Faktor von mehreren), ob zu viel Unruhe, sprich Chaos entsteht. Das können kleinste Kleinigkeiten sein, die wir hier von ferne nicht beurteilen können, weil wir sie ja schlichtweg nicht kennen.

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  • ... Gestern bin ich mit einem Schüler ins Sekretariat gegangen und habe seine Eltern angerufen; dieser sitzt dann grinsend da und meint, "Na und, dann bekomm ich halt ein paar Tage mehr Hausarrest." Man hat da einfach keinen Zugriff. Laut der o.g. Kollegin bin ich, bzw. meine Art jedoch Schuld an dieser Situation....

    Das muss man nicht unbedingt ernstnehmen. Schüler bluffen auch und tun so, als ob sie etwas nicht stören würde. Du könntest dir dann aber mal was überlegen (schulischerseits), was wirklich trifft (weh tut). Wie oft hört man Kinder, denen man androht, dass man sie rausschmeißt, dass sie sich angeblich darüber noch freuen würden. Nein, das ist nicht so. Niemand mag ausgeschlossen werden! Sie freuen sich nicht darüber. Es ist ein riesengroßer Unterschied, ob sie von alleine gehen oder gar nicht erst kommen oder gehen müssen bzw. nicht kommen dürfen.


    Aber ja, es gibt auch Schüler, an denen wir uns alle die Zähne ausbeißen.

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  • Das ist eine interessante Theorie. Also es gibt zwei Gruppen, euch strenge Lehrer und die anderen, die im Zweifelsfalle für alles verantwortlich sind, was nicht läuft. Ihr strengen Lehrer leidet unter Lautstärke und wenn keiner zuhört, alle anderen finden das gut oder geben auf. Der TE, den du zu euch Strengen zählst, hat schon nach 4 Wochen im Dienst aufgegeben, weil er die Unruhe (hier natürlich unproduktiv) nicht sofort in den Griff bekommt. Wie denn nun?


    @Krabappel, hat Recht :-), das muss ich auch ein bisschen präzisieren. Strenge Lehrer haben gegenüber Unterrichtsstörungen eine geringere Toleranz und schreiten deshalb entsprechend dagegen ein. "Die anderen Lehrer" zerfallen in 2 Gruppen: jene, die eine gewisse Unruhe nicht stört (zumindest bis die Situation bzgl. einzelner oder gar aller Schüler aus dem Ruder läuft) und jene, die nicht wissen, wie sie dagegen vorgehen sollen bzw. resigniert haben. (Könnte man auch als zwei weitere Gruppen auffassen.)


    Dass die Möglichkeiten, gegen Unterrichtsstörungen vorzugehen, uns teilweise sehr schwer gemacht werden, habe ich bereits einige Male moniert, als andere hier noch behaupteten, diese Probleme gebe es kaum oder gar nicht wirkllich. Ich bin aber auch der Meinung, ein Lehrer muss immer zuerst sich selbst fragen, was er an sich ändern kann (Auftreten + Unterricht), um diese Störungen zu vermeiden, bevor er anfängt, Schüler "zu bestrafen". Das ist nämlich meist schon die halbe Miete.

    Auch hierbei ist nämlich vorbeugen besser als heilen !

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  • @Mashkin,


    im Referendariat, ja, da musst du den Studienleitern (und ihren Kriterien) gefallen. Lehrjahre sind keine Herrenjahre.


    Später kannst du dir die Lehrer zum Vorbild nehmen, deren Unterricht und Umgang mit den Schülern dir gefallen hat. Das ist ja nicht unbedingt das Gleiche.

    Das ist richtig. Wichtig ist aber meines Erachtens, ob man hinter der Idee steht. In Rußland konnte ich das, hier nicht.

  • Danke für diese Antwort. Dieses "Schlendrian" Vorurteil kannte ich gar nicht, aber es gibt außerhalb Deutschlands auch das Vorurteil der übergenauen Kleinlichkeit der Deutschen. Das Prinzip "Deutsche Eiche" mußte ich googlen. ;)

    • Offizieller Beitrag

    für mich kommst du, Mashkin, (und das ist nur mein Eindruck, nicht wertend oder gar abwertend gemeint) so rüber, als vertrittst du die Meinung:
    Ich kann "es" (unterrichten)
    Ich komme aus einem Schulsystem, das dem hiesigen deutlich überlegen ist
    Ich will mich nicht anpassen an hiesige Vorgaben --sei es Pädagogik, sei es Orthographie.


    Auf deine Ausbilder wirkt so eine Haltung mit Sicherheit mindestens arrogant, schlimmstenfalls beratungsresistent.


    Was ist so schlimm daran, wenn der Junge im Sekretariat zu dir sagt, "na und, dann bekomme ich wieder schulfrei"?
    Was erwartest du denn von einem Halbwüchsigen in seiner Situation? dass er zu Kreuze kriecht? Vor dir strammsteht? Weint?


    Falls ja: das sind lauter Dinge, die ein Halbwüchsiger niemals tun wird, wenn er auch nur vor sich selbst das Gesicht wahren will.


    So eine Aussage kann man als Lehrer nur ignorieren und die Maßnahme ruhig und bestimmt durchziehen.


    Warum tangiert dich die Aussage so persönlich?

  • aber es gibt außerhalb Deutschlands auch das Vorurteil der übergenauen Kleinlichkeit der Deutschen

    Natürlich gibt es ausserhalb Deutschlands Vorurteile über Deutsche, das gibt es in jedem Land über jede andere Nation und meist im im Kern auch was Wahres dran. In der Schweiz gelten Deutsche gerne mal als "vorlaute Klugscheisser" und je länger man als Deutscher hier ist, desto häufiger fallen einem die eigenen Landsleute in der Tat auch als solche auf. ;) Einige Mentälitätsunterschiede sind real existent und man muss sich damit abfinden. In einem Beruf wie dem unseren, in dem man ständig mit Menschen zu tun hat, muss man sich entsprechend anpassen um nicht zu scheitern. Ich habe z. B. lernen müssen, dass Diskussionen und Abstimmungen jeglicher Art hier gefühlt 10 x so viel Zeit in Anspruch nehmen wie in Deutschland, weil wirklich alle Beteiligten mind. einmal gehört werden müssen, man muss alle Eventualitäten durchdiskutieren und dann gibt es eine demokratische Abstimmung. Manchmal macht mich das immer noch nervös wenn es um - aus meiner Perspektive - Kleinigkeiten geht, die man jetzt einfach mal *machen* könnte und nicht zuvor erst noch 3 Stunden im Kreis diskutieren. Was ich aber auch gelernt habe: "Es chunnt scho guet." Oder anders ausgedrückt: "Chill, Alta." Oder noch mal anders ausgedrückt: Es gibt keinen Grund hektisch zu werden, am Ende findet sich für alles eine Lösung, egal wie lange es dauert. :)


    Du kannst jetzt einfach nicht erwarten, dass man Dir in Sachen Mentalität und Gewohnheit beliebig entgegenkommt. Du bist derjenige, der aus dem fremden System nach Deutschland gekommen bist und Du musst jetzt zeigen, dass Du bereit bist Dich anzupassen. Du bist - etwas polemisch ausgedrückt - der Gast auf der Party, der aber gar nicht eingeladen worden ist. Vielleicht schaffst Du es mit der Zeit kleine Akzente zu setzen und ein paar Gepflogenheiten aus dem Dir bekannten russischen System zu etablieren. Ich bin und bleibe ja auch immer ein bisschen deutsch, bei mir (und auch bei allen anderen deutschen Kollegen) wird immer alles ein bisschen zackiger gehen, als bei den schweizer Kollegen. Sowohl meine Schüler als auch meine Kollegen merken das natürlich und im Laufe der Zeit gewöhnt man sich aneinander und empfindet das vielleicht sogar als Bereicherung.


    Bezüglich des Siezens ... auch das ist halt so in Deutschland. Hier ist man ganz schnell beim "Du", wir duzen uns in einem Kollegium mit über 100 Lehrpersonen ausnahmslos alle untereinander, inklusive Schulleitung und nichtunterrichtendes Personal. Schweizer finden es extrem befremdlich, dass Deutsche sogar Bier miteinander trinken und sich immer noch siezen. Für den Deutschen ist das Du vs. Sie aber ganz klar mit Hierarchie verbunden, für einen Schweizer ist es das nicht. Da muss man als Deutscher wiederum verdammt aufpassen, nicht in die Falle zu treten und zu denken, nur weil man seinen Vorgesetzten duzt würde man auf Augenhöhe mit ihm diskutieren. Nein, das tut man nicht zwangsläufig, das funktioniert hier um einiges subtiler. Insofern kannst Du fast froh um diese Gepfolgenheit sein, weil es das Leben an der Stelle für Dich vereinfacht: Wenn Du eine Person mit "Sie" ansprichst, stehst Du entweder in der Hackleiter eindeutig ein paar Stufen drunter oder Du hast mit der Person wenig bis gar nichts zu tun und die gegenseitige Erwartungshaltung ist dementsprechend gering.



    Was ist so schlimm daran, wenn der Junge im Sekretariat zu dir sagt, "na und, dann bekomme ich wieder schulfrei"?
    Was erwartest du denn von einem Halbwüchsigen in seiner Situation?

    Das frage ich mich auch. Wahrscheinlich würde man in Russland erwarten, dass der Junge den Mund hält und sich seinem Schicksal ergibt. Ich getraue mich zu behaupten, dass er das aber nur vordergründig tun würde und sich im Stillen dann auf die Rebellion vorbereitet, sich das Problem also (mit etwas Zeitverzögerung vielleicht) nur noch vergrössert. So ist es eine offene "Kriegserklärung", man weiss woran man ist und kann sich überlegen, wie man weiter vorgeht. Du unterrichtest an einer Grundschule, Du hast an der Stelle ganz klar einen Erziehungsauftrag. Den kannst Du nicht komplett auf die Eltern abschieben und so tun, als seist Du nur Fachlehrer. Das bist Du an einer Grundschule ganz klar *nicht*. Ich bin ja nicht mal in der gymnasialen Oberstufe ausschliesslich Fachlehrer, selbst da muss ich immer noch erziehen. Teetassen in die Spülmaschine räumen, Kuchenkrümel vom Tisch wischen, rechtzeitig Bescheid geben, wenn man einen Arzttermin hat und nicht im Unterricht erscheinen kann, Zuhöhren und Mitdenken, wenn im Unterricht ein Mitschüler eine Frage stellt, nicht schon 5 min vor Unterrichtsende die Tasche packen, im Treppenhaus keinen Müll auf den Boden schmeissen, etc. etc. Ich bin absolut jeden Tag mit solchen kleinen erzieherischen Massnahmen beschäftigt, da könnte ich mir ja auch denken ... was soll das, das müssen die doch von zu Hause kennen, ich unterrichte hier nur Chemie. Na, so läuft das aber nicht. Vieles davon können die Jugendlichen zu Hause gar nicht wirklich lernen, weil das Setting an der Schule in der Gruppe und mit der hierarchischen Schüler-Lehrer-Beziehung ja ein ganz anderes ist. Wenn ich will, dass wir alle nett miteinander umgehen, muss ich wohl auch was dafür tun. An einer Grundschule musst Du noch 100 x mehr dafür tun, als ich.


    Versuch Dich mal ein bisschen zu entspannen und versuch vor allem, vorläufig mal wirklich guten Willen zu zeigen und Dich den Gegebenheiten anzupassen. Du musst ganz klar zuerst und dann kannst Du drauf hoffen, dass man Dir irgendwann entgegenkommt.

  • Sorry, aber mit Menschen, die eine derartige Arbeitsauffassung haben und einen derartigen Umgang mit ihren Arbeitskollegen pflegen, kann ich einfach nicht arbeiten. Mag sein, daß ich dann nicht nach Deutschland passe, aber dann ist das halt so, und dann habe ich meine Lektion jetzt gelernt. Ich fand´s schon komisch daß sie alle siezt, aber das war dann zuviel für mich.

    Hallo Mashkin,


    wenn ich das richtig deute, hast du wahrscheinlich ein Problem mit der "Augenhöhe". Du denkst, dass du im Grunde eine richtige Lehrerin und vollwertige Kollegin bist, dazu ein erwachsener Mensch, der respektvoll behandelt werden möchte.


    Leider sieht dich deine Schulleitung offenbar aber nicht als gleichberechtigte Kollegin an, sondern als eine Auszubildende, die sich bedingungslos (!) unterordnen muss. Stark autoritäre Menschen erwarten das und das Schulsystem unterstützt durch die streng hierarchische Gliederung solche Verhaltensweisen. Genauso kann aber eine demokratisch eingestellte Schulleitung ihre liberalere Mentalität auf eine ganze Schule übertragen: Das hängt also in erster Linie von der Schule ab und nicht von Nationalitäten etc.


    Was man aber sicherlich allgemein sagen kann: Du bist für die überwiegende Mehrheit deiner Kollegen keine vollwertige Lehrkraft und im ungünstigsten Fall wirst du wie ein Referendar "behandelt". Man muss sich nicht alles gefallen lassen (auch wenn das i.d.R. erwartet wird), aber für einen erwachsenen Menschen ist es nicht immer leicht, die eigene gereifte Persönlichkeit an solche Bedingungen anzupassen. Man kann das aber schaffen, wenn man die Erwartungen an die Ausbildung minimiert und sich auf die Zeit danach freut; positiver ausgedrückt: Die Zeit der Ausbildung ist kurz und danach hat man all jene Freiheiten, die man braucht, um sich im professionellen Sinne beruflich zu entfalten.


    Alles Gute! :gruss:


    der Buntflieger

  • Leider sieht dich deine Schulleitung offenbar aber nicht als gleichberechtigte Kollegin an, sondern als eine Auszubildende, die sich bedingungslos (!) unterordnen muss. Stark autoritäre Menschen erwarten das und das Schulsystem unterstützt durch die streng hierarchische Gliederung solche Verhaltensweisen.

    Erstens ist er kein gleichberechtigter Kollege, sondern Quereinsteiger. Ich hatte ja an anderer Stelle dazu geraten, die Anerkennung des ausländischen Abschlusses zu versuchen, das wollte der TE offenbar nicht und ist somit offiziell kein Lehrer.


    Zweitens ist er im Verhältnis zum Chef sowieso kein gleichberechtigter Kollege, sondern eben Kollege, die andere ist Vorgesetzte.


    Drittens ist es das Gegenteil von Augenhöhe, wenn man die Grundlagen (Planung vorher einreichen/Ziele definieren/ Disziplin) nicht einhält und dafür andere verantwortlich macht.


    Und viertens halte ich das Schulsystem gar nicht für besonders hierarchisch. Wir haben im Kollegium eine SL und die hat ihren Job auch bloß in Eigenregie erlernt. Sonst gibt’s keine Weisungsberechtigten. Aber irgendwer muss nunmal gucken, dass die Gesetze eingehalten werden. Wenn man gar keine Hierarchie will, muss man in einer Waldorfschule arbeiten. Was da in Konferenzen z.T. abgeht, kann man sich ausrechnen ;)


    Man wird allerdings manchmal wie ein Schüler behandelt, das stimmt. Liegt wahrscheinlich daran, dass im Kollegium lauter ehemalige Schüler sitzen, denn die Wenigsten sind zwischendurch mal rausgekommen...

  • Das mit dem Jungen tangiert mich nicht persönlich, es ist aber ein Beispiel wie diese Gesellschaft zu funktionieren scheint. Warum verhalten sich russische Kinder wohl nicht so?


    Und die ersten drei Punkte: Ja, das kann man so stehen lassen. Ich will hier niemanden angreifen, obwohl sich manche hier verhalten als sei meine Kritik am System eine Kritik an ihnen selbst. Ich habe Bewerbungen nach Hause verschickt, das ist für alle Beteiligten besser.


  • Das mit dem Jungen tangiert mich nicht persönlich, es ist aber ein Beispiel wie diese Gesellschaft zu funktionieren scheint. Warum verhalten sich russische Kinder wohl nicht so?

    Vielleicht weil er Zuhause Prügel erwartet. Ist das besser?
    Trotzdem gebe ich Dir recht. Manche Eltern haben zuhause einen Tonus a la: Die Scheiß-Schule, doofe Lehrerin etc. Da ist der Respekt in der Schule natürlich dahin, wenn zuhause so geredet wird. Das ist ein Problem, das ich in der Berufsschule auch mehr und mehr beobachte.


    Schade, dass Du so schnell aufgibst. So wie Du hier geschrieben hast, hatte ich eher erwartet, dass Du Dich auf das System einlässt und damit arrangieren kannst. Eigentlich war es doch klar, dass das System ein anderes als in Russland ist. Das war es auch in der 80er Jahren schon.


  • Und die ersten drei Punkte: Ja, das kann man so stehen lassen. Ich will hier niemanden angreifen, obwohl sich manche hier verhalten als sei meine Kritik am System eine Kritik an ihnen selbst. Ich habe Bewerbungen nach Hause verschickt, das ist für alle Beteiligten besser.

    Ich finde es schade, dass du so schnell aufgibst. Du hattest dich schließlich lange auf den Schritt vorbereiten. Und es muss ja auch Gründe gegeben haben, warum du überhaupt überlegt hast, wieder zurück nach Deutschland zu gehen.


    Ich habe auch schon einige Schulwechsel hinter mir und auch wenn ich nur innerhalb von Bayern gewechselt habe, habe ich doch mindestens bis zu den Herbstferien gebraucht um mich einigermaßen auf die konkrete Schule einzustellen. Ich kann mir vorstellen, dass es bei dir noch deutlich größere Differenzen gibt.
    Vielleicht solltest du dich in Ruhe hinsetzen, überlegen was du genau willst und ob du nicht doch in der Lage bist dich auf die neue Situation in Deutschland einzustellen. In 20 Jahren ändert sich viel, vielleicht brauchst du einfach noch mehr Zeit um dich einzugewöhnen.
    Vielleicht vermisst du auch vor allem deine Familie (ist die noch in Russland?), war geplant, dass die nachkommt oder was hattet ihr euch da überlegt?

  • Erstens ist er kein gleichberechtigter Kollege, sondern Quereinsteiger. Ich hatte ja an anderer Stelle dazu geraten, die Anerkennung des ausländischen Abschlusses zu versuchen, das wollte der TE offenbar nicht und ist somit offiziell kein Lehrer.
    Zweitens ist er im Verhältnis zum Chef sowieso kein gleichberechtigter Kollege, sondern eben Kollege, die andere ist Vorgesetzte.


    Hallo Krabappel,


    für mich wäre auch ein Quereinsteiger vom Grunde her ein "gleichberechtigter Kollege". Kommt ja immer drauf an, was man unter "gleichberechtigt" und "kollegial" versteht - das kann sehr verschieden ausfallen und das wollte ich damit auch sagen, mehr nicht.


    Dass jemand in der dienstlichen Hierarchie über einem steht, muss nicht bedeuten, dass dies mit Unfreundlichkeiten, überzogenen oder gar ungerechtfertigten Disziplinierungen oder der Zuweisung niederwertigerer Tätigkeiten einhergehen muss. Das kann so sein, muss es aber nicht - hängt immer vom Vorgesetzten und dessen Führungsstil ab.


    Gleichberechtigung meine ich hier nicht auf die dienstlichen Rechte bezogen, sondern mit Blick auf die Grundgesetze. Also keine Diskriminierung (z.B. weil nicht aus Deutschland kommend etc.), egal ob Mann oder Frau usw. usf.


    der Buntflieger

  • In Rußland konnte ich das, hier nicht.

    Gute Güte, du bist halt nicht in Russland. Lern das Spiel, wie es hierzulande gespielt wird, finde deinen Stil und mach dann. Wenn du das nicht mit deinen Ansprüchen vereinbaren kannst, dann werd halt nicht Lehrer. So schwierig ist das nun auch nicht.

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