Zwei Klassen gleichzeitig unterrrichten - bezahlen lassen?

  • Hallo,


    ich mache halbe Stelle, d.h., ich bekomme Vertretung ab der 1. Stunde bezahlt. Heute habe ich 4 Stunden in einer KLasse, und da eine Lehrerin auf Klassenfahrt ist, habe ich parallel eine andere Klasse. DIe Lehrerin hat dort einen AA gegeben, ich muss also eigentlich nur ab und zu gucken, ob alles läuft und die Anwesenheit eintragen, bin aber verantwortlich für die Klasse.
    Weiß jemand, wie das geregelt ist? Ist das Vertretung, die bezahlt wird?
    Falls nicht, wäre es bezahlte Vertretung, wenn die Kollegin keinen AA gegeben hätte? Oder ist es nie Vertretung, wenn man zwei Klassen gleichzeitig hat?

  • Gegenfrage:
    Bekommt ein Busfahrer doppeltes Gehalt, wenn er zwei Busse gleichzeitig fährt?


    Dumme Gegenfrage, weil das nicht geht? Richtig, genau so wenig, wie man als Lehrer zwei Klassen gleichzeitig unterrichten kann.
    Faktisch ist bereits die Vertretungsplanung eine Aufsichtspflichtverletzug.


    Grüße,
    Moebius

  • Bei uns ist das, was du beschreibst, Gang und Gäbe. Man unterrichtet selbst und bekommt eine andere Klasse zum "Betreuen" dazu. Eine Aufsichtspflichtverletzung kann ich hier nicht erkennen. Man muss ja nicht 100% physisch anwesend sein um korrekt Aufsicht zu führen.


    In der Praxis läuft das bei uns in der Regel so: Ich gehe in meine eigene Klasse, überprüfe die Anwesenheit, gebe ihnen eine Aufgabe, entschuldige mich dann kurz, gehe zur anderen Klasse rüber, überprüfe da die Anwesenheit, gebe ihnen die Aufgaben, sage ihnen, wo sie nich finden, wenn etwas sein sollte, und dann gehe ich wieder in meine eigene Klasse und mache meinen ganze normalen Unterricht. Ab und an schaue ich rüber in die andere Klasse wenn meine Schüler gerade beschäftigt sind.


    Dass du so eine "Betreuung" bezahlt bekommst, wage ich eher zu bezweifeln.

    • Offizieller Beitrag

    Faktisch ist bereits die Vertretungsplanung eine Aufsichtspflichtverletzug.

    Ich kenne die Regeln in NRW und NDS nicht, aber in Hessen ist das möglich, da hier Aufsicht immer alters- und reifeentsprechend stattfinden muss.

  • Das ist ein klassischer Fall von sog. Überlastungsanzeige. Regelmäßiges Betreuen von 2 Klassen ist zu gefährlich. Auch wenn Aufsicht nicht bedeutet, dass man alle an die Hand nehmen muss möchte ich wissen, was passiert, wenn in so einer Situation einer aus dem Fenster fällt und der Lehrer sagt: "mache ich immer so".


    Bezahlt gibt's das natürlich nicht extra.

  • Ich kenne die Regeln in NRW und NDS nicht, aber in Hessen ist das möglich, da hier Aufsicht immer alters- und reifeentsprechend stattfinden muss.


    Das ist durch den Bundesgerichtshof ausgeteilt und keine Frage von Landesrecht. Beispielhaft sei verwiesen auf:
    https://www.lehrernrw.de/press…sicht/recht-ausleger.html


    Auszug:

    Zitat

    Ordnet der Schulleiter also an, dass eine Lehrkraft neben ihrer eigenen noch eine andere Klasse mit beaufsichtigen muss, begeht er bereits mit der Anordnung eine Amtspflichtverletzung, entschied der Bundesgerichtshof schon mit Urteil vom 19. Juni 1972 zu Az. III ZR 80/70.


    "Üblich" ist an Schulen vieles, was mit der rechtlichen Realität nichts zu tun hat.

  • Erstmal zum eigentlich Off-Topic-Teil:


    Das Thema hatten wir schonmal, und ich hatte mich damals schon über die Absolutheit der "Geht nicht"-Fraktion gewundert.


    1. Das Urteil von 1972 hab ich nicht komplett gelesen, aber es bezieht sich auf 14-15-jährige. In der Berufsschule gibt es eine ganze Menge Klassen mit ausschließlich oder überwiegend volljährigen Schülern.


    2. Ebenfalls scheint es sich auf das VÖLLIGE fehlen von Aufsicht zu beziehen (ist aus Moebius' Artikel erkennbar). Das ist ein gewaltiger Unterschied zu "ich schau in wechselnden Zeitabständen rein, hab dazu noch die Tür offen, der Saal ist gegenüber oder direkt nebenan, und die Jungs haben die klare Weisung, wenn irgendetwas sein sollte, sofort zu mir zu kommen oder notfalls zu rufen."


    3. im von Moebius verlinkten Artikel steht unter anderem:
    "Die höchstrichterliche Rechtsprechung erfordert, dass eine Mitaufsicht von zwei Klassen in zwei Räumen nur dann erfolgen darf, wenn die Lehrkraft darauf vertrauen kann und darf, dass die Klasse ohne Lehrkraft den Anweisungen der Vertretung folgen wird – eigentlich also nie."
    Ich gehe davon aus, dass der letzte Teilsatz eine Meinung des Autoren ist. Die darf er gerne haben, und für jüngere SuS mag das stimmen. Aber wenn meine Jungs einen klaren Arbeitsauftrag haben, kann ich durchaus davon ausgehen, dass sie diesen auch erledigen und sich dabei wie halbwegs zivilisierte Menschen benehmen. Sie werden sich nicht zerreißen, um schnell und effektiv zu arbeiten, aber gschafft wird da schon was.


    Alles in allem halte ich dieses Urteil für schlicht nicht anwendbar auf BK-Klassen höheren Alters. Auch bei der Pausenaufsicht gilt ja sinngemäß "die Schüler müssen sich beaufsichtigt fühlen". DAS kann ich auch bei zwei oder notfalls noch mehr Klassen erreichen.


    Natürlich gibt es Ausnahmen. Wenn ich Vorbereitungsklassen mitführen soll mit vielen U18ern oder Klassen, die ich gar nicht kenne, oder die mir als schwierig bekannt sind, sag ich auch zu Cheffe, dass das so nicht geht.



    @Micky Dann zur eigentlichen Frage (deutlich kürzer als der Off-Topic-Teil :D )
    Wir (beziehungsweise unser ÖPR) haben das mal im Zuge unseres inzwischen eingestellten Vertretungssystems mal nachgefragt: Nicht anrechenbar. Das Pflichtdeputat bezieht sich auf ZEIT-Schulstunden. Sind BEIDE Klassen Vertretungen, kannst Du aber eine ganz normal als Vertretung abrechnen. Gilt allerdings so erstmal für Rheinland-Pfalz.

  • Gut, ü18 mag was anderes sein. Aber wenn meinem Kind in so einer Situation was passieren würde und ich bekäme heraus, dass die Klasse öfter allein gelassen wird, wäre der Lehrer dran.

  • Aber wenn meinem Kind in so einer Situation was passieren würde und ich bekäme heraus, dass die Klasse öfter allein gelassen wird, wäre der Lehrer dran.

    Aufhängen?
    Teeren und federn?
    `n Schlag vor den Hals?


    Zum Glück entscheiden dann im Zweifelsfalle die Gerichte und ich hoffe, dass dann eher die Schulleitung, die dauerhaft Doppelaufsicht anordnet, juristisch belangt würde.

  • Aufhängen?Teeren und federn?
    `n Schlag vor den Hals?


    Zum Glück entscheiden dann im Zweifelsfalle die Gerichte und ich hoffe, dass dann eher die Schulleitung, die dauerhaft Doppelaufsicht anordnet, juristisch belangt würde.

    Ich denke auch nicht, dass der Kollege dann „dran“ wäre. Es war ja nicht seine freie Entscheidung, die Betreuung so zu organisieren sondern einen Anweisung der Schulleitung der er Folge leistet. Denke auch die Schulleitung wäre dann „dran“.

  • Gut, ü18 mag was anderes sein. Aber wenn meinem Kind in so einer Situation was passieren würde und ich bekäme heraus, dass die Klasse öfter allein gelassen wird, wäre der Lehrer dran.

    Einmal nachdenken. Wie wäre es, wenn die SL dran wäre? Die kassiert nämlich A16 und trägt die Verantwortung für so hanebüchene Anweisungen.

  • Bei volljährigen Berufsschülern gibt es überhaupt keine Aufsichtspflicht, da braucht der Schulleiter / Vertretungsplaner auch keinen Kollegen aus dem Nachbarraum beauftragen mal mit rüber zu gucken. Wenn er jemanden damit beauftragt, dann ist eine Aufsicht eben offensichtlich notwenig- und die wird durch die gewählte Konstellation eben nicht angemessen gewährleistet.


    Das ist aber das Problem desjenigen, der dies anordnet. Nur wenn es regelmäßig vorkommt, sollte man remonstrieren, um sich selber abzusichern.
    Die Frage mit dem doppelten Gehalt ist aber so oder so zu verneinen. Der Busfahrer, der es schafft zwei Busse gleichzeitig zu fahren, wird eben auch nicht doppelt bezahlt.

  • Bei volljährigen Berufsschülern gibt es überhaupt keine Aufsichtspflicht, [...]

    DAZU würde mich mal eine Quellenangabe interessieren, denn davon finde ich zumindest in der Schulordnung für Berufsbildende Schulen in Rheinland-Pfalz nichts. Die unterscheidet nicht zwischen volljährig und minderjährig.

  • Aufhängen?Teeren und federn?
    `n Schlag vor den Hals?

    Genau deswegen. Weil ein Lehrer, der wiederholt 2 Klassen beaufsichtigt, wohl wissend, dass er sich nicht angemessen kümmern kann, um die Verantwortung dann abzugeben, mit gesundem Menschenverstand handelt und somit fahrlässig.



    Ich denke auch nicht, dass der Kollege dann „dran“ wäre. Es war ja nicht seine freie Entscheidung, die Betreuung so zu organisieren sondern einen Anweisung der Schulleitung der er Folge leistet. Denke auch die Schulleitung wäre dann „dran“.

    Der auch aber jeder einzelne hat die Pflicht zur Remonstration (als Beamter). Gehorsamspflicht hat ihre Grenzen.

  • DAZU würde mich mal eine Quellenangabe interessieren, denn davon finde ich zumindest in der Schulordnung für Berufsbildende Schulen in Rheinland-Pfalz nichts. Die unterscheidet nicht zwischen volljährig und minderjährig.

    Also in Bayern haben wir auf jeden Fall auch gegenüber volljährigen Schülern Aufsichtspflicht.

    Sei konsequent, dabei kein Arsch und bleib authentisch. (DpB):aufgepasst:

  • Hat gut geklappt, SuS haben das gut hinbekommen, aber stressig fand ichs schon, da hieß es auf einmal, der AA wäre ein anderer gewesen, dann fehlte ein Text, Kollegin war per Mail nicht zu erreichen, ich musste schon etliche Male hin und her rennen ....
    Bei uns ist das auch usus, ich habe das schon etliche Male gemacht, es hätte mich nur mal interessiert, ob man das irgendwie vergütet bekommt.

  • Der auch aber jeder einzelne hat die Pflicht zur Remonstration (als Beamter). Gehorsamspflicht hat ihre Grenzen.

    Trotzdem liegt der ursprüngliche Fehler bei der Schulleitung. Remonstrationspflicht schön und gut, aber wenn man das Vorgehen selbst als unproblematisch einschätzt, wird einem das kaum einer vorwerfen, dass man sich an die Vorgaben der SL gehalten hat.

  • Hallo,


    bei uns ist es mittlerweile wirklich "üblich", dass man regelmäßig doppelt führt, da man im Schulamtsbezirkt - zumindest im vergangenen Schuljahr - keine Vertretungslehrkräfte hatte. (Ob's dieses Jahr besser wird, weiß man noch nicht, ich glaube nicht dran.) Das heißt: Unterricht DARF keinesfalls ausfallen, aber es gibt keine Vertretung, das heißt, die Kinder müssen irgendwie "mitbetreut" werden. Das kann teilweise über Woche gehen, wenn eine Lehrkraft länger ausfällt, auch dann gibt es keine Vertretung. Klar könnte man sagen, der Schulleiter ist schuld, aber der kann auch nichts tun, weil er eben niemanden hat, aber vom Schulamt die Anweisung hat, dass der Unterricht - wie auch immer - stattfinden muss.
    Und dabei handelt es sich um eine Grundschule...


    Glücklich sind wir mit der Situation nicht, aber ich wüsste nicht, was man da tun kann.
    Offiziell heißt es ja, dass man die beiden Klassen ja auch in EINEM Klassenzimmer beaufsichtigen könnte, aber wir will man mit zwei Klassen gleichzeitig in einem Klassenzimmer sinnvoll arbeiten...

  • Ich hab grade did Paragraphen nicht zur Hand, aber in Schulrechtsveranstaltungen wurde uns BK'lern immer betont eingetrichtert, dass die Aufsichtspflicht erfüllt ist, wenn sich die sus beaufsichtigt FÜHLEN. Dh wenn ich sage "bleibt im Raum, macht eure Aufgaben, ich bin nebenan und schaue ab und an unangekündigt rein" reicht das aus.
    So die Theorie - praktisch finde ich diese Mitbetreuung von Klassen sehr nervig, insbesondere wenn man die Klasse nicht/kaum kennt. Anwesenheitslisten durchgehen, Arbeitsblätter verteilen und Anweisungen geben kostet schließlich auch eigene Unterrichtszeit.
    Was SL oft nicht bedenken: Es wird zwar bedacht, dass es sich bei der zu betreuenden Klasse um "vernünftige" sus handelt, die man auch mal alleine lassen kann. ABER es wird oft nicht bedacht, ob man die Klasse der unterrichtenden Lehrkraft alleine lassen kann, um der anderen den Arbeitsauftrag etc. zu geben. Das Problem hatte ich nämlich schon häufiger, insbesondere wenn man gerade die Ausbildungsvorbereitung "beschult" hat man da schonmal (zurecht) ein mulmiges Gefühl. V.a. wenn man weiß, dass in dieser Klasse gerne auch mal Gegenstände und Mobiliar als Waffe gegen Mitschüler genutzt wird, wenn keiner hinschaut :autsch:

  • ... V.a. wenn man weiß, dass in dieser Klasse gerne auch mal Gegenstände und Mobiliar als Waffe gegen Mitschüler genutzt wird, wenn keiner hinschaut :autsch:

    Genau dann ist die Aufsichtspflicht eben NICHT erfüllt. Sie müssen sich beaufsichtigt fühlen UND die Aufsicht muss ihrem Reifegrad entsprechen. Das hat nicht allein mit dem Alter zu tun: ich kann 17-Jährige Schüler mit Downsyndrom auch nicht alleine lassen mit dem Hinweis, dass ich gleich nebenan bin.


    Macht, was ihr für richtig haltet, ich kann aus Elternsicht aber sagen, dass ganz sicher von 99
    % aller Eltern der Rechtsweg beschritten würde, wenn ein Jugendlicher einen Tisch an den Kopf bekäme, während der Lehrer regelmäßig in einer anderen Klasse ist. Und das mit meinem vollsten Verständnis. Es ist fahrlässig.


    Es ist selbstredend auch für Lehrer eine Zumutung, deswegen- ich wiederhole mich- ist eine Überlastungsanzeige der erste Schritt in die richtige Richtung.


    Im Ernstfall (der sicher äußerst selten eintreten dürfte) interessiert nicht die Weisung, ob Unterricht ausfallen darf und auch nicht, ob dem Schulleiter klar ist, wie anstrengend der Zustand für alle ist.


    Ich finde es ehrlich gesagt erschreckend, wie selbstverständlich viele diesen Zinnober zu finden scheinen. Um privat gekaufte Klangschalen schlägt man sich online die Köpfe ein und beim Thema Aufsichtspflicht, dem einzigen Thema, bei dem es ernsthaft um unseren Job geht, herrscht so eine Larifarieinstellung :weissnicht:

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