Und jeder Mensch hat das Recht (oder sollte es haben) auf medizinische Versorgung. Es wird aber niemand medizinisch versorgt, der dieser Versorgung nicht bedarf. Ich fördere dort individuell wo es notwendig ist. Planst du deine Stunden für jedes Kind individuell? Herzlichen Glückwunsch! Du bist ein sehr guter Lehrer! Vermutlich hast du aber auch kein Privatleben.
Seiteneinstieg Grundschule - Erste Erfahrungen
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Ich finde es auch in Ordnung, wenn du das so machst. So haben wir beide halt unterschiedliche Ansichten und Methoden. Was letztendlich besser ist, weiß keiner von uns, das wird die Entwicklung der Kinder zeigen, oder auch nicht.
Du hast mich falsch verstanden. Ich habe nicht geschildert wie *ich* es mache, sondern wie unser System funktioniert, von dem ich nur ein kleiner Teil bin. Es ist das System eines der reichsten und wirtschaftsstärksten Länder der Welt, womit Deine These, Drill und Disziplin sei unverzichtbar fürs Berufsleben nicht ganz haltbar wäre. Ich behaupte überhaupt nicht, dass bei uns alles feinifein ist, aber vieles läuft sehr gut, die Resultate sind ja ganz offensichtlich.
Ich musste mich auch gewöhnen, dass die Dinge hier anders funktionieren als in Deutschland und ja, ich hatte an einigen Punkten zunächst durchaus Mühe. Ich hab mich z. B. lange gewundert, dass viele meiner SuS im 10. Schuljahr nicht problemlos in der Lage sind, eine Gleichung mit 3 Variablen umzuformen. Solche Schwächen im Fachwissen fallen mir immer wieder auf und ich bin mir sehr sicher, dass wir anno dazumals zumindest mehr in die Richtung gelernt haben, wenngleich ich eben nicht behaupten kann, dass am Ende das alle verstanden haben und anwenden konnten. Irgendwann ist mir aber genau das klar geworden: ich weiss zwar, dass wir mehr Fachinhalte in der Schule hatten, ich weiss, dass ich z. B. in Mathe mehr konnte als meine SuS heute, aber ich habe keine Ahnung ob unser Unterricht damals wirklich effizienter war.
Ich habe schon im Berufseignungspraktikum gelernt, dass einige Methoden, die ich aus meiner eigenen Zeit als Schülerin an einem deutschen Gymnasium kannte, hier nicht angewandt werden oder gar als ausgesprochen pfui gelten. Die Arbeitshaltung eines Gymnasiasten darf z. B. nicht bewertet werden, was dazu führt, dass wir faktisch keine echten Mitarbeitsnoten geben. Unangekündigte Kurztests gelten als "Psychoterror" und werden meist nur als Strafmassnahme gemacht wenn eine Klasse überhaupt nicht will. Einzelabfrage an der Tafel gibt es wenn überhaupt nur auf Ankündigung, ganz sicher wird niemals ein Schüler spontan nach vorne zitiert und blossgestellt. Es gibt bei der Benotung keinen pädagogischen Spielraum, wir werten Einzelnoten auf Zehntel und bilden das arithmetische Mittel. Alles andere wird als Willkür betrachtet, völlig unabhängig davon ob das mit den Zehnteln jetzt tatsächlich "gerechter" ist oder nicht. Das sind nur ein paar konkrete Beispiele, die ich einfach so akzeptieren muss, wie sie sind, weil das System eben so funktioniert.
Nachdem ich den 4-Jahres-Zyklus am Gymnasium jetzt einmal durch habe, kann ich auch ganz sicher sagen, dass meine Maturanden das Schulhaus erheblich selbständiger verlassen haben, als wir damals. Die haben während Projektarbeit, Selbstlernsemester, Maturarbeit und diversen Praktika unheimliche viele Fertigkeiten erworben, die ich mir samt und sonders erst an der Uni aneignen musste. Selbständige Planung der Arbeit und so. Klingt banal, ist aber unglaublich wichtig und muss den Jugendlichen eben beigebracht werden. Viel mehr als was es mit diesem dämlichen Jahn-Teller-Effekt jetzt auf sich hat (ich weiss es auch nicht mehr).
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Durch Förderunterricht.
Dann beneide ich dich. Bei uns gab es da im letzten Schuljahr überhaupt keine Stunden mehr dafür. Da seid ihr wohl zum Glück personell besser aufgestellt.
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Und jeder Mensch hat das Recht (oder sollte es haben) auf medizinische Versorgung. Es wird aber niemand medizinisch versorgt, der dieser Versorgung nicht bedarf. Ich fördere dort individuell wo es notwendig ist. Planst du deine Stunden für jedes Kind individuell? Herzlichen Glückwunsch! Du bist ein sehr guter Lehrer! Vermutlich hast du aber auch kein Privatleben.
Tut mir furchtbar Leid. Ich arbeite an einer so offenen Schule, dass eine Unterrichtsplanung im herkömmlichen Sinn nur selten notwendig ist. Geht in die von Wollsocken beschriebene Richtung.
Individuelle Förderung bedeutet eben nicht nur, an Defiziten zu arbeiten, sondern auch an den Stärken. Und darauf haben alle Schüler ein Anrecht. Das lässt sich m.E. in einem ausschließlich frontal angelegtem Unterricht wohl kaum verwirklichen.
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Ich hatte im letzten Schuljahr tatsächlich 2 Schüler, die schon bei Schuleintritt gut lesen konnten. Die konnte ich doch nicht 1 Jahr lang langweilen....Man darf die sehr guten SuS auch nicht vernachlässigen. Das vergisst man schnell.
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Dann beneide ich dich. Bei uns gab es da im letzten Schuljahr überhaupt keine Stunden mehr dafür. Da seid ihr wohl zum Glück personell besser aufgestellt.
Mag sein. Ich habe einige Förderstunden.
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Einige Förderstunden in deiner Klasse? Wahnsinn. Wenn, gab es bei uns 1 pro Klasse pro Schulahr.
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Ich kann Kollegen nicht verstehen, bei denen der Lautstärkepegel während des Unterrichts dem eines Flughafens gleicht, weil "offener" Unterricht bevorzugt wird. Für mich ist dieser offene Unterricht nichts anderes als komplette Anarchie.
Ich möchte nochmals auf den offenen Unterricht eingehen. Offener Unterricht hat viele Gesichter. Gemeinsam ist ihm, dass den Schülern mehr Eigenverantwortlichkeit zugestanden wird.
Zum- Wiki fasst das ganz gut zusammen.
http://vielfalt-lernen.zum.de/wiki/Offener_UnterrichtBei dem Kapitel "Formen des offenen Unterrichts" kann man ganz gut die Bezugspunkte sehen. Z.B. gehören Formen des kooperativen Lernens wie die Think- pair- share Methode auch zum offenen Unterricht, weil sie mehr eigenständige Schüleraktivität fordert.
Das muss keineswegs im Chaos enden, sondern kann sehr geordnet zugehen. Ich verwende in meinem Unterricht viele Methoden des kooperativen Lernens (ist bei uns auch immer wieder gefordert).
Der konstruktivistische Ansatz ist in der Lehrerausbildung und bei uns in Fortbildungen im Gespräch.Ebenso kann man im offenen Unterricht den Wochenplan vorgeben mit vielleicht einer individuellen Aufgabe; da haben die Schüler nur die Wahl der Reihenfolge. Ebenso in Werkstätten. Bei Lerntheken wählt der Schüler Aufgaben auf seinem Niveau. Mit solchen Aufgaben trainiert man die Eigenverantwortung, zumal dazu auch die Selbstkontrolle gehört. Die Aufgabe des Lehrers in der Grundschule ist hier aus erzieherischen Gründen nachzukontrollieren, ob die Aufgaben sowohl inhaltlich als auch von der Eigenkontrolle her adäquat bearbeitet wurden.
Die Lautstärke muss von den Aufgaben her angepasst sein. Natürlich geht es lauter zu, wenn im Wochenplan Dinge dabei sind, wo man reden muss. Das liegt in der Natur der Sache. Wichtig ist, dass die Schüler arbeiten und nur so weit laut sind, wie sie müssen. Geflüsterte Partner- und Gruppenarbeiten finde ich persönlich unkreativ. Selbst in Erwachsenenfortbildungen ist man bei solchen Dingen normal laut.
Einige führen eher die Form des offenen Unterrichts durch, wo jeder auf seinem Niveau arbeitet, sodass jeder unterschiedlich weit ist. Da muss man seinen Unterricht wiederum ganz umstellen. Da sind aber auch Frontalphasen drin. Ich habe das jetzt noch nicht ausprobiert, ich arbeite lieber anders offen. Es gibt Aufgaben, die schon allein durch das, was man für unterschiedliche Ergebnisse herausbekommen kann, differenzieren und somit das eigene Denken des Schülers angeregt wird ohne dass der Lehrer vom Ergebnis her erklärt.
Wer offen arbeitet, hat immer wieder Frontalphasen drin, weil man Ergebnisse bespricht, interpretiert und sichert. Außerdem ist nicht gesagt, dass man die ganze Zeit offene Unterrichtsformen verwendet.
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Einige Förderstunden in deiner Klasse? Wahnsinn. Wenn, gab es bei uns 1 pro Klasse pro Schulahr.
In meiner Klasse habe ich pro Woche eine Förderstunde Deutsch mit der ganzen Klasse und eine mit einigen ausgewählten Schülern (DaZ). Darüber hinaus gibt eine Kollegin noch eine Stunde Mathe Förderunterricht pro Woche in meiner Klasse.
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Einige Förderstunden in deiner Klasse? Wahnsinn. Wenn, gab es bei uns 1 pro Klasse pro Schulahr.
Ja, gibt es bei uns auch. EINIGE. Abhängig von der Zahl entsprechender Kinder mit entsprechendem Status.Wieso versuchst du damit, Mashkins Äußerungen infrage zu stellen?
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Ja, gibt es bei uns auch. EINIGE. Abhängig von der Zahl entsprechender Kinder mit entsprechendem Status.
Wieso versuchst du damit, Mashkins Äußerungen infrage zu stellen?
Stunden die aber abhängig sind vom Status der Kinder haben nichts mit Förderstunden zu tun und all das ist mir eindeutig zu viel in eine Richtung gedacht, nämlich nur nach unten. Das was hier eindeutig immer zu kurz kommt ist die Begabtenförderung und evtl. auch die der "normalen" Kinder, die ja auch die ein oder andere Sache besser können und und und. Deshalb liebe ich Flex-Klassen so, da kann sich niemand verstecken und sagen, ich mag keine individuelle Förderung, wir machen alles gemeinsam und zusammen (und am besten noch Frontal), das kann da einfach nicht funktionieren und um so mehr Stufen da zusammen sind, um so mehr wird auch der letzte dazu gezwungen endlich auf die Bedürfnisse jeden einzelnen Kindes einzugehen.
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Stunden die aber abhängig sind vom Status der Kinder haben nichts mit Förderstunden zu tun und all das ist mir eindeutig zu viel in eine Richtung gedacht, nämlich nur nach unten. Das was hier eindeutig immer zu kurz kommt ist die Begabtenförderung und evtl. auch die der "normalen" Kinder, die ja auch die ein oder andere Sache besser können und und und. Deshalb liebe ich Flex-Klassen so, da kann sich niemand verstecken und sagen, ich mag keine individuelle Förderung, wir machen alles gemeinsam und zusammen (und am besten noch Frontal), das kann da einfach nicht funktionieren und um so mehr Stufen da zusammen sind, um so mehr wird auch der letzte dazu gezwungen endlich auf die Bedürfnisse jeden einzelnen Kindes einzugehen.
Was du sagen willst ist, daß jeder, der klassischen Frontalunterricht bevorzugt, ein schlechter Lehrer sei?
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Was du sagen willst ist, daß jeder, der klassischen Frontalunterricht bevorzugt, ein schlechter Lehrer sei?
Jeder der ausschließlich Frontalunterricht durchführt, hat den Job verfehlt, ja.
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Frontalunterricht ist eine von mehreren Methoden. Es ist für SuS sicher sehr anstrengend, 4, 5 oder 6 Stunden immer frontal oder immer nach der gleichen Methode unterrichtet zu werden. Ich war unlängst auf einer 3-tägigen Fortbildung, das fand ich unheimlich ermüdend und mir wurde wieder bewusst, wie es für SuS sein mag, daher ist Abwechslung für alle geschickter, auch für den Lehrer.
Ich hatte auch einige Jahre jahrgangsübergreifende Klassen und nie wie da konnte ich sehr umfassend über die einzelnen SuS sagen, wo sie gerade stehen. Jeder eigentlich woanders. Auch da gab es täglich mehrere gemeinsame Phasen, sozusagen Frontalunterricht: Für Einführungen, Zwischenberichte, Präsentationen, gemeinsame mündliche Übungen. Für schriftliche oder andere Arbeiten werden die SuS sozusagen in die Einzelarbeit entlassen, jeder da, wo er steht und man kann einzelnen oder kleinen Gruppen helfen, auch den "Guten."
Um die Förderstunden beneide ich dich. Wir bekommen dafür im Moment keine oder zu wenig Lehrerstunden.
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Jeder Lehrer hat seinen eigenen Stil, aber ich glaube, daß wir zwei Vertreter ganz unterschiedlicher Unterrichtsstile sind.
Da würde ich widersprechen, denn mir geht es nicht um einen Unterrichtsstil oder eine -methode sondern um eine Unterrichtsphilosophie - die grundlegende Vorstellung, wozu Unterricht da ist und zu welchen Fähigkeiten er führen soll.
ZitatWenn du sagst, du kannst nicht erkennen, daß das russische System funktioniert, meinst du dann, daß es in deinem Unterricht nicht funktioniert, oder hast du mal in Rußland gearbeitet? Du solltest einem System nicht die Funktionalität absprechen, nur weil du es nicht magst.
Ich habe über mehrere Jahre junge Erwachsene unterrichtet, die das Schulsystem in verschiedensten Gegenden der ehemaligen Sowjetunion und den daraus erwachsenen Staaten durchlaufen haben. Ich konnte dabei kohärente Phänomene beobachten und mit Befunden bei Lerngruppen aus anderen Kulturkreisen vergleichen. Ich habe diese Erfahrungen nicht als Lehreranfänger gemacht sondern durchaus als erfahrener Profi.
Ich denke, ich kann mir da schon ein fachliches Urteil erlauben.
ZitatIch persönlich finde, daß die russische Art und Weise zu unterrichten (antagonistisch, wie du es nennst), Kinder wesentlich besser auf das erwachsene Leben vorbereitet.
Und da liegt meiner Meinung nach der Hase im Pfeffer. Ich habe Erwachsene unterrichtet. Und die waren durch ihr Schulsystem ganz offensichtlich nicht darauf vorbereitet, jenseits der Schule in Eigenverantwortung neue Bildungsherausforderungen anzunehmen. Sie konnten sich einfach nicht von der alten Schulvorstellung lösen und nicht die Gelegenheiten wahrnehmen, die ihnen ein westdeutsches Weiterbildungskolleg mit seiner völlig anderen Unterrichtsphilosophie bieten konnte.
Ich finde das schade.
ZitatEin Lehrer sollte meiner Meinung nach nicht ein Freund der Schüler sein, sondern eher ein Lehrmeister und Mentor.
Das stimme ich dir absolut zu. Ich halte so einen Ansatz für eine fahrlässige Verwischung von professioneller Ebene und persönlicher Ebene.
ZitatUnd zu deinen Lerngruppen für Rußlanddeutsche:
Die Schüler wurden vermutlich noch in der Sowjetunion sozialisiert, denke ich mal? In der Sowjetunion und in der unmittelbaren postsowjetischen Zeit glich diese Art des Unterrichts einem Rollenspiel. Der Lehrer spielte den allmächtigen Staat und der Schüler mußte einen Weg finden zu überleben. Das hatte und hat sehr viel mit der Lebensrealität dieser Menschen zu tun, und ich finde das noch nicht einmal schlecht. In Deutschland wird man viel eher (nur auf anderem Wege) zur Obrigkeitshörigkeit erzogen. Einem Russen würde es im Traum nicht einfallen nachts auf einer leeren Straße vor einer roten Ampel stehenzubleiben, nur mal so als Beispiel. Wenn ein Deutscher mir sagt, Russen seien autoritär und obrigkeitshörig konditioniert, lächle ich meistens sanft und denke mir meinen Teil.Das deckt sich mit meiner Beobachtung. Aber es bestätigt auch sehr klar meine Einschätzung. Wenn ich Lerner habe, die als wichtigste und entscheidende Lektion der Schule mitgenommen haben, dass ein Rollenspiel zwischen Macht und Unterwerfung gezeigt werden muss, dann sehe ich den ganz wesentlichen Ansatz zum Bildungserwerb verpasst. Unser Bildungsideal, die Vorstellung des Miteinanders vom Mentor, wie du es genannt hast, und dem Adepten, das das Bild des intellektuellen Strebens und Lernens in der westlichen Geschichte des kritischen Rationalismus abbildet, ist eben ein ganz anderes als das militärisch nach Drill und Gehorsam strukturierte Repetieren des "Stoffes". Über viele lange Jahre muss die Kompetenz entwickelt werden, dass der Lerner dem Lehrer zunehmend auf Augenhöhe begegnet, die vermittelten Inhalte immer mehr einer kritischen Prüfung unterwirft und schließlich seinen eigenen Weg geht. Als Lehrer ist meine Aufgabe, mich für meine Schüler selbst unnötig zu machen.
Das ist eine pädagogische Aufgabe, Pädagogik ist das sehr geduldige Bohren dicker Bretter und man muss damit absolut schon in der Grundschule anfangen! Bei allen Schwierigkeiten!
Den Grundsatz, dass ich als Lehrer etwas anderes bin als ein Unteroffizier, habe ich bei meinen Studierenden, die als Erwachsene das russische Schulsystem durchlaufen hatten, nicht gesehen. Und meiner Beobachtung nach lag das am autoritären Schulsystem.
P.S. Das Bild will ich jetzt aber auch nicht holzschnittartig verallgemeinern. Ich habe brilliante Lerner aus dem Gebiet der ehemaligen UdSSR gehabt, interessanterweise immer Frauen, die herausragende intellektuelle Leistungen geliefert haben und faszinierende Personen waren. Aber es geht mir nicht um die statistischen Ausreißer nach oben (oder nach unten). Schule muss sich immer dem statistischen Mittel anpassen - und dafür gelten meine Ausführungen.
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Frontalunterricht ist eine von mehreren Methoden. Es ist für SuS sicher sehr anstrengend, 4, 5 oder 6 Stunden immer frontal oder immer nach der gleichen Methode unterrichtet zu werden. Ich war unlängst auf einer 3-tägigen Fortbildung, das fand ich unheimlich ermüdend und mir wurde wieder bewusst, wie es für SuS sein mag, daher ist Abwechslung für alle geschickter, auch für den Lehrer.
Oder umgekehrt. Gut präsentierter Frontalunterricht kann ebenso eine entspannende Phase sein. Wenn ich nachtmittags bei einem langen Fortbildungstag nach dem Mittagessen schon wieder irgendwelchen Methoden-Chichi mit Gruppen und Kärtchen und so machen soll, sehne ich mich auch danach, dass mir der Dozent einfach in Ruhe sagt, was er zu sagen hat, dass ich mir meine Notizen machen, nachdenken und anschließend darüber diskutieren kann. Lasst mich doch alle in Ruhe, sage ich mir dann.
Frontalunterricht ist nicht besser oder schlechter sondern eine Möglichkeit unter anderen, die zur richtigen Zeit an den richtigen Ort gehört.
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P.S. Das Bild will ich jetzt aber auch nicht holzschnittartig verallgemeinern. Ich habe brilliante Lerner aus dem Gebiet der ehemaligen UdSSR gehabt, interessanterweise immer Frauen, die herausragende intellektuelle Leistungen geliefert haben und faszinierende Personen waren. Aber es geht mir nicht um die statistischen Ausreißer nach oben (oder nach unten). Schule muss sich immer dem statistischen Mittel anpassen - und dafür gelten meine Ausführungen.
Ich kann dir sagen, warum das so ist. Lehrer ist in Rußland kein typischer "Männerberuf". Als männlicher Grundschullehrer wird man von den Eltern mehr als kritisch beäugt, als männlicher Erzieher im Kindergarten (sofern es das bei uns überhaupt gibt) ist man sofort als potentieller Pädophiler verschrien. Hinzu kommt, daß Lehrer in Rußland erschreckend wenig verdienen, vor allem an öffentlichen Schulen. Und da in Rußland immer noch der Mann als "Familienunterhalter" die gesellschaftliche Norm ist, wird dieser Beruf meist von Frauen ausgeführt, die sich so etwas zum Familienhaushalt dazuverdienen, oft aber sehr gut ausgebildet sind. Die "guten alten" sowjetischen Lehrer sind aber immer noch in der Mehrzahl.
Ich selbst mache mir auch meine Gedanken. Ich finde es eigentlich nett hier, aber vieles stört mich in einem Maße, daß es mir fast den Spaß an meinem Beruf nimmt. Ich mache mir Gedanken, ob ich von meiner Mentalität her überhaupt noch in dieses Land passe, denn mir kommt es so vor, als wenn es das Land, welches ich vor 20 Jahren verlassen habe, nicht mehr gibt und ich mittlerweile zu sehr im russischen System aufgegangen bin.
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Mashkin:
Danke für deine offenen Worte.Meerschwein Nele:
Unter "Frontalunterricht" verstehen wir hoffentlich dasselbe.Zitat aus Wikipedia:
Klassenunterricht ist eine Unterrichtskonzeption, ein didaktisches Modell sowie eine Sozialform, die von der Prämisse ausgeht, dass es die Aufgabe des Lehrers ist, den Schülern etwas beizubringen, und daraus Regeln für die möglichst effektive Gestaltung von Klassenunterricht ableitet. Seit den 1960er Jahren wird der Begriff Klassenunterricht im Rahmen der Schulreformen durch den Begriff Frontalunterricht verdrängt.
Klassenunterricht kann in sehr unterschiedlichen Arbeitsformen stattfinden. Bei weitem am häufigsten werden Lehrervortrag, fragend - entwickelnder Unterricht, Unterrichtsgespräch eingesetzt, aber auch Demonstrationsexperimente, Kopfrechenübungen, Spiele und viele andere Unterrichtsmethoden sind Formen von Klassenunterricht.
Beim Klassenunterricht ist, anders als bei den anderen Sozialformen, die Lerngruppe nicht aufgeteilt; alle sind im Idealfall mit der gleichen Aufgabe beschäftigt; jeder Beitrag beansprucht die Aufmerksamkeit aller. Der Lehrer ist dabei und wirkt kontrollierend, steuernd, leitend oder dozierend mit.
Jeder macht Anteile vom Frontalunterricht. Ein lehrergeleitetes Spiel ist auch Frontalunterricht. An einer Grundschule kann man vielleicht nicht so viel fragend- entwickelnden Unterricht und Lehrervorträge machen. Da aktiviert man viel zu wenig Schüler. Das geht wahrscheinlich bei älteren Schülern oder gar bei Erwachsenen viel besser. Deswegen sehe ich das auch so, dass es an den richtigen Ort (ich sehe das auch altersabhängig) und zur richtigen Zeit (im Rahmen des didaktischen Aufbaus) gehört. Außerdem ist die Entscheidung, welche Methode man anwendet, inhaltsabhängig.
Mit Gewalt muss man Erwachsene wirklich keine Kärtchen schreiben lassen. Bei Grundschülern ist das in Sachkunde z.B. eine ganz nette Methode um Vorwissen von jedem zu aktivieren um es dann anschließend ordnen zu können. -
Stunden die aber abhängig sind vom Status der Kinder haben nichts mit Förderstunden zu tun und all das ist mir eindeutig zu viel in eine Richtung gedacht, nämlich nur nach unten. Das was hier eindeutig immer zu kurz kommt ist die Begabtenförderung und evtl. auch die der "normalen" Kinder, die ja auch die ein oder andere Sache besser können und und und. Deshalb liebe ich Flex-Klassen so, da kann sich niemand verstecken und sagen, ich mag keine individuelle Förderung, wir machen alles gemeinsam und zusammen (und am besten noch Frontal), das kann da einfach nicht funktionieren und um so mehr Stufen da zusammen sind, um so mehr wird auch der letzte dazu gezwungen endlich auf die Bedürfnisse jeden einzelnen Kindes einzugehen.
Danke für die Korrektur, @Susannea. Ich weiß nicht, ob das nicht ein Streit um des Kaisers Bart ist, bei uns nennen wir untereinander alle diese "zusätzlichen Stunden" für Kinder mit Nachteilsausgleich u.dgl. mehr, also alles, wofür sie aus der Klasse herausgenommen werden, "Förderstunden".Allerdings kenne ich Förderstunden für die Begabten auch bei uns nicht.
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... Ich mache mir Gedanken, ob ich von meiner Mentalität her überhaupt noch in dieses Land passe, denn mir kommt es so vor, als wenn es das Land, welches ich vor 20 Jahren verlassen habe, nicht mehr gibt und ich mittlerweile zu sehr im russischen System aufgegangen bin.
Dabei ist das Land, in dem du dich jetzt befindest dem russischen System weitaus näher, als das, was du vor 20 Jahren verließest.
Lass dir doch etwas Zeit. Du musst weder nach 4 Wochen ein Urteil Fällen, noch irgendwelche Entscheidungen treffen. Versuche es mal ein Jahr lang probehalber hinzunehmen, wie es ist?
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