ZDF-zoom: Was in Schule schiefläuft

  • Leute ... ich habe was sehr Cooles gefunden:


    Der Lehrerberuf in den 50ern


    Es fällt auf: Der Lehrer an sich scheint ein viel höheres Ansehen genossen zu haben, er erfährt ehrliches Bedauern für seine schlechten Arbeitsbedingungen. Es fällt weiterhin auf: Die Forderungen, die gestellt werden, unterscheiden sich früher wie heute nicht wesentlich. Kleinere Klassen, weniger Unterrichtsverpflichtung, mehr Zeit sich um einzelne Schüler zu kümmern. Eigentlich sind wir Lehrer doch recht einfach gestrickt, nicht? Jetzt müsste nur mal jemand zuhören. ;)


    Mein persönlicher favorite: gegen Minute 38 das Chemielabor ... in solchen Räumlichkeiten stand ich original während des Praktikums im 2. Semester. Nicht anno 1959, sondern anno 2000. 8)

  • Der Lehrerberuf in den 50ern

    In diesem Zusammenhang auch immer wieder beachtenswert:

    Zitat

    In den ersten Jahren der Bundesrepublik galt dann zunächst in der privaten Wirtschaft wie im öffentlichen Dienst wieder die 48-Stunden-Woche, die bis zum Beginn der 1970er Jahre auf 40 Stunden verkürzt wurde. Gegenüber der 72-Stunden-Woche von 1870 sind das 44 Prozent weniger. Und die Lehrer?
    An ihnen ging diese Entwicklung auch jetzt nahezu spurlos vorbei. Zumeist wurde nur die in Inflation und Weltwirtschaftskrise vorgenommene Erhöhung der Stundenzahl rückgängig gemacht[20]. So müssen Grund- und Hauptschullehrer auch heute in der Regel noch 28 Stunden unterrichten, also fast soviel wie zu Kaisers Zeiten, und für die Gymnasiallehrer mit 23 bzw. 24 Pflichtstunden hat sich auch kaum etwas geändert. Als Begründung für den Ausschluss der Lehrer von der allgemeinen Arbeitszeitverkürzung musste bis vor einiger Zeit der Lehrermangel herhalten.

    http://www.rboelling.de/l-arbzeit.htm


    Die Ausschnitt stammt laut Link aus "Erziehung und Wissenschaft, Heft 8/79, S. 16 f."


    Also von 1979! Die Zeiten scheinen sich für Lehrkräfte nie zu ändern... Man beachte insbesondere den letzten Satz aus dem Zitat.


    Gruß !

  • Ich habe den Bericht nun ganz gesehen.


    Der Grundtenor ist m.E., dass hier länderübergreifendes politisches Versagen vorliegt, und das ist auch meine Meinung.


    Ich habe es nicht so verstanden, dass den gezeigten Lehrern hier die Schuld gegeben wird, das haben nur Einzelne hier aus dem Forum getan.


    Auch beim Exkurs nach Australien wurde deutlich, dass viel Geld investiert wurde. Es liegt ja nicht nur am "starken, konstruktiven Lehrer nach Hattie", sondern auch am Teamteaching, dass es funktioniert. Ferner haben die Lehrer dort ausreichend Zeit, im Team zu planen, das mach man hier schnell in der großen "Pause".


    Letztlich wurden politisch, in schöne Worthülsen verpackt, hier in den letzten Jahren nur Sparmaßnahmen angestoßen bzw. umgesetzt:


    - Inklusion -> Förderschulen schließen -> Sparmaßnahme (es gibt hier Schulklassen mit 8 I-Kindern, das wäre früher eine ganze Förderschulklasse mit 2 Förderschullehrern gewesen, da ist jetzt ein F-Lerher und ein anderer Lehrer drin, nur dass ja auch noch ein paar andere Kinder in der Klasse sind!)
    - mehr Gesamtschulen -> Real- und Hauptschulen zumachen -> real + Hauptschulen haben kleinere Klassenteiler als Gesamtschulen -> Sparmaßnahme
    - Profiloberstufe -> Unterricht in Klassen statt Kursen möglich -> Sparmaßnahme
    - Digitalisierung -> Eltern bezahlen Endgeräte -> Computerräume braucht man nicht mehr -> Sparmaßnahme
    -> Rückkehr zu G9 -> Stundenzahl bleibt aber gleich -> keine neuen Lehrer nötig -> kostenneutral


    Es fehlt an allen Ecken und Enden an Geld (ich könnte hier noch mehr ins Detail gehen, das wird mir dann aber zu persönlich), und wenn Geld da ist, wird es nur mit bürokratischen Hürden bereitgestellt.


    Natürlich läuft auch von Lehrerseite her nicht immer alles optimal, aber das ist bei anderen Berufen auch nicht anders. Die Politik ist am Zug.

  • Ergänzung:
    - Verkürzung des Referendariats und Einführung eines unbezahlten Praxissemesters - spart ein halbes Jahr Anwärterbezüge.

  • Ich habe den Bericht nun ganz gesehen.


    Der Grundtenor ist m.E., dass hier länderübergreifendes politisches Versagen vorliegt, und das ist auch meine Meinung.


    Die Bezeichnung "politisches Versagen" finde ich etwas euphemistisch, als ob das alles gar keine Absicht der Politik sei, sondern irgendwie mehr ein Betriebsunfall, der sich irgendwie so ergeben hat, den so ja gar niemand gewollt hätte.

  • My thoughts exactly!
    (Im Ref. habe ich mich mal etwas näher mit "der Hattie Studie" beschäftigt und mein persönliches Fazit war, dass sie wohl deshalb so populär ist, weil sie ein so großes Buffet an Worthülsen bietet, dass sich jedes Gusto seinen Teller zusammenstellen kann.)


    Hallo Morse,


    die "Hattie-Studie" selbst bietet ja vor allem erstmal eine immense Zusammenstellung von Studien an und zwar in einer bis dahin im Bereich der (empirischen) Erziehungswissenschaft nicht dagewesenen Weise; in aller Kürze: Nur das zählt als effektiv, was überdurchschnittlich wirkt. Die schiere Anzahl an (Meta)Studien ist schon beeindruckend, auch wenn nicht jede einzelne davon überzeugt, was aber auf Grund der großen Zahl wiederum relativiert wird.


    Die Interpretation der "Hattie-Studie" geht mit zahlreichen Worten einher, aber klassische "Worthülsen" (also Worte ohne erkennbaren Inhalt) sind mir dabei bisher nicht begegnet.


    Wenn Hattie von Interaktionen zwischen Schülern und Lehrern spricht, die man "sehen" könne (er spricht überhaupt sehr oft von Sichtbarkeit des Lernens, denn das ist ja schließlich die Kernbotschaft der "Hattie-Studie" bzw. von "Visible Learning"), dann ist das keine "Worthülse" oder hohle Phrase, sondern er meint damit, dass ein Lernprozess stattfindet, der den Lernenden (die Kinder) als Feedback-Geber in den Vordergrund stellt. So wird Lernen sichtbar gemacht: Der Lehrende reflektiert so gut als möglich auf seine konkreten Interaktionen und deren Wirkung bei den Lernenden. Das kann z.B. durch Feedback-Bögen erfolgen (formative Evaluation), aber in der Regel sollte das permanent stattfinden: Eben keine Lehrermonologe, kein Abspulen von Lerneinheiten ohne Adaption an die Lernenden; allerdings auch kein blinder Aktionismus - denn im Falle von unkontrollierter z.B. Freiarbeit ist keine Interaktion mehr sichtbar, die ein gelingendes Lernen bzw. eine evidenzbasierte Reflexion auf den Lernprozess gewährleisten könnte.


    Am Seminar und Päd. Hochschule (jedenfalls bei uns) wird Hattie nur als lästiges Beiwerk erwähnt, weil man sich lächerlich machen würde, wenn man es nicht täte. Die wenigsten Dozenten haben verstanden oder wollen verstehen, was sich hinter Begriffen wie "Visible Learning" verbirgt. Stattdessen wird u.a. darauf verwiesen, dass man das Lernen gar nicht sehen könne, weil es in den Köpfen stattfinde. Das ist eine Binsenweisheit und das wird von Hattie und anderen empirisch ausgerichteten Bildungsforschern gar nicht bestritten; vielmehr geht es denen darum, trotz der evidenten Schwierigkeit, den enorm komplexen Lernprozess zu erfassen, möglichst viele verbindliche Kriterien zu gewinnen/sammeln, um wenigstens nicht völlig im Dunkeln zu tappen und zumindest etwas Licht beizusteuern.


    Denjenigen erziehungswissenschaftlichen Instanzen in Deutschland, die die wahren "Worthülsen" in Fülle produzieren, schmeckt so viel Verbindlichkeit und Transparenz natürlich ganz und gar nicht. Ideologie und Empirie waren sich schon immer spinnefeind.


    der Buntflieger


  • Hey Buntflieger,
    ich bin kein Erziehungswissenschaftler, aber ich empfinde auch das von Dir beschriebene (von mir hervorgehobene) als Worthülsen oder schlicht "Humbug".
    Z.B. "Lernen sichtbar zu machen" durch Feedback-Bögen mit Schülern - ausgerechnet!


    Wie gesagt, ich bin kein Erziehungswissenschaftler, aber jedes Mal, wenn ich mit Hattie zu tun habe, und das war während des Refs. schon intensiv, hatte ich den Eindruck, dass er ein Blender ist. Die Art und Weise, wie er alle Studien verwurstet und daraus eine "Effektstärke" bastelt und so präsentiert, als ob das, was er macht, objektiv sei.


    Warum ist Hattie eigentlich vor allem in Deutschland so ein Thema? Das würde mich mal interessieren.

  • Warum ist Hattie eigentlich vor allem in Deutschland so ein Thema? Das würde mich mal interessieren.

    Hattie: "Auf den Lehrer kommt es an!" -> Deutsche Mainstream-Medien: "Wenn's nicht läuft, ist der Lehrer schuld!" -> Bingo!


    Hattie: "Auf den Lehrer kommt es an!" -> Deutsche Bildungspolitiker: "Super, brauchen wir ja keine Schulen zu renovieren oder Lerngruppe zu verkleinern. Hat ja alles keine Effektstärke" -> Bingo!


    Hattie: "Auf den Lehrer kommt es an!" -> Deutsche Helikopteltern: "Hab' ich ja schon immer gesagt, dass dieser Volltrottel von Lehrer mein hochbegabtes Kind nicht als solches erkennt!" -> Bingo!


    Hattie: "Auf den Lehrer kommt es an!" -> Deutsche Bildungswissenschaftler: "Wissen wir doch längst. Die sind halt zu blöd, unserer neuesten Elfenbeinturm-Theorien über den maximalen Lernerfolg umzusetzen!" -> Bingo!


    Kurz: Hatte hat mit seiner Meta-"Studie" "herausgefunden", was speziell in Deutschland alle schon immer hören wollten!


    Gruß !

    • Offizieller Beitrag

    Hattie ist für mich kein Thema und auch für keinen Kollegen, den ich kenne. Die haben zu viel zu tun, sich mit echten Themen und echten Schülern inmitten des Mangels an Zeit/Raum und Geld auseinander zu setzen.

  • Hey Buntflieger,
    ich bin kein Erziehungswissenschaftler, aber ich empfinde auch das von Dir beschriebene (von mir hervorgehobene) als Worthülsen oder schlicht "Humbug".
    Z.B. "Lernen sichtbar zu machen" durch Feedback-Bögen mit Schülern - ausgerechnet!


    Wie gesagt, ich bin kein Erziehungswissenschaftler, aber jedes Mal, wenn ich mit Hattie zu tun habe, und das war während des Refs. schon intensiv, hatte ich den Eindruck, dass er ein Blender ist. Die Art und Weise, wie er alle Studien verwurstet und daraus eine "Effektstärke" bastelt und so präsentiert, als ob das, was er macht, objektiv sei.


    Warum ist Hattie eigentlich vor allem in Deutschland so ein Thema? Das würde mich mal interessieren.


    Hallo Morse,


    kann es sein, dass vielleicht deine Erwartungen an die Bildungswissenschaftler etwas zu hoch ansetzen und du alles, was nicht eindeutig ist bzw. sofortigen Erfolg/Umsetzbarkeit verspricht, ablehnst?


    Was soll falsch daran sein, mit Feedback-Bögen zu arbeiten? Das mache (sogar) ich als Referendar und das kommt bei den SuS sehr gut an. Ich konnte dadurch in Erfahrung bringen, was sie an meinem Unterricht stört und was schon recht ordentlich klappt. Leider wurstel ich aber alleine vor mich hin - weder Seminar noch Schule würdigen meine "privaten" Datenerhebungen; eher im Gegenteil: Es wird eher vermutet, dass ich mich dadurch ggf. taktisch rechtfertigen oder profilieren will. Aber das ist ein anderes Thema.


    Hattie möchte, dass Lehrer untereinander kooperieren und als Teams agieren, die das Lernen als solches thematisieren und reflektieren. An vielen Schulen sind Lehrer nach wie vor Einzelkämpfer und die Scham und Hemmung ist groß, anderen davon zu erzählen, wenn es mit manchen Schülern/Klassen nicht so recht klappt.


    Das nennt er "Haltungen". Man muss seine Haltung ändern, wenn man die eigene Effektivität als Lehrender wirkungsvoll verbessern möchte: Schluss mit Einzelkämpfertum und keine Angst mehr vor (eigenen) Fehlern. Eigentlich sind das alles alte Weisheiten, insofern hat Hattie hier gar nichts großartig neu erfunden, sondern lediglich mit Hilfe wissenschaftlicher Methoden starke Evidenz dafür geliefert, weshalb und wie diese noblen Vorsätze erreicht werden könn(t)en und soll(t)en.


    Und mit Verlaub: Du wirst diese Evidenz nicht mit einigen flott hergesprochenen Sätzen vom Tisch wischen können; wer die "Hattie-Studie" kritisieren möchte, kann das jederzeit sehr detailliert tun, denn hier liegt nicht irgend ein unzugängliches und schwerverständliches geisteswissenschaftliches Werk vor, sondern eine klare und transparente Methodik. Die wenigsten Kritiker setzen sich damit tiefergehend auseinander. Nicht umsonst wird landläufig vom "Fast-Food-Hattie" gesprochen.


    Aber ich stimme dem schon zu: Es ist leicht, Hattie misszuverstehen, wenn man nur die übliche Oberflächendiskussion der deutschen Pädagogik-Tradition als Grundlage hernimmt, die nach wie vor mit völlig ausgefransten Begriffen und Denkschemen wie "Frontalunterricht" vs. "kooperatives Lernen" etc. selbstgenügsam arbeitet und von einer "Bildungsreform" zur nächsten hetzt.


    der Buntflieger


  • Man kann in einige Belangen SuS nach ihrer Meinung fragen, aber in vielem bringt es nichts. Wir haben Pädagogik und Didaktik studiert, weswegen wir unsere Wahl für Unterricht nicht unüberlegt treffen. Mögliche Knackpunkte sind uns hoffentlich schon vorher bewusst und wir steuern nach oder verändern etwas für die Zukunft, wenn es nötig ist.



    Zur Kooperation: Das ist ja auch immer schön und nett geschrieben, aber trifft den Kern oft gar nicht. Kooperation braucht vor allem Zeit, die man häufig nicht hat. Es bleibt ja nicht bei 5 Minuten, sondern es wird deutlich mehr. "Multiprofessionelle Teams" hören sich nach wahnsinnig viel Kompetenz an, aber das alles zu koordinieren, kann ein irrsinniger Zeitfresser sein. Wenn dann auch noch welche in dem Team völlig gegensätzliche Auffassungen haben, wird einem sehr schnell klar, dass viele Köche den Brei verderben.
    Ich bin in der Beratung und spreche da aus Erfahrung. Die Einzelkämpfer sehe ich einfach nicht. Es ist mir erst einmal passiert, dass mich eine Lehrkraft nicht in ihren Unterricht gelassen hat. Es gibt kaum jemanden, der sich nicht das anhören will, was ich ihm zu sagen habe oder welche Ratschläge ich geben möchte. Es hängt an der Umsetzbarkeit und der Erreichbarkeit der Personen.
    Bestes Beispiel von heute: 2. Klasse, mein schwerhöriges Kind ist recht unauffällig im Unterricht und das meiste wird zu Hause aufgefangen (habe ich der Mutter auch direkt gesagt, dass das in dieser Klasse nicht anders gehen wird!), ein Kind mit dem FS Lernen sowie ein Kind FS emsoz mit Unterrichtsassistenz sind auch drin; der Rest der Klasse ist auch nicht so ohne. Da sind noch zwei Sonderpädagoginnen plus eben ich in der ganzen Schose drin. Dann werden auch immer mal wieder Praktikanten durchgeschleust, die Unruhe in die Klasse reinbringen. Da ist nichts mit Einzelkämpfertum, sondern die arme Frau weiß einfach auch gar nicht mehr, wo ihr der Kopf stehen soll. Wenn sie sagt, dass sie priorisieren muss (und ich da ganz recht hinten komme), um der Lage Herr zu werden, habe ich dafür Verständnis.


    Wer hat denn wieder den Begriff "Fastfood-Hattie" geprägt? Die Erziehungswissenschaftler, die so viel Ahnung von der Materie haben, über die sie dozieren? Ich habe kaum einen weltfremderen Kram gehört als in EW-Veranstaltungen!

  • @Buntflieger, ich gebe zu, ich weiß über die Studie fast nichts. Und ich finde es absolut richtig, sich mit den Bedingungen guter Pädagogik auseinanderzusetzen. Es wird viel zu viel gemacht, weil es schon immer so gemacht wurde.


    Aber dass Rückmeldebögen von Kindern an Referendare zur Hattieerkenntnis dazugehören kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Was bei den Kindern „total gut ankommt“ hat erst mal überhaupt nichts mit guter Pädagogik zu tun. Freistunden bei Mc Donalds kommen bei Kindern auch total gut an. Du willst es zwar nicht hören, ich hab trotzdem das Bedürfnis dir sagen zu müssen, erstmal machbare Stunden mit guter Laune über die Bühne zu bringen und die Verbesserungsvorschläge für später aufzuheben.

  • sondern er meint damit, dass ein Lernprozess stattfindet, der den Lernenden (die Kinder) als Feedback-Geber in den Vordergrund stellt. So wird Lernen sichtbar gemacht: Der Lehrende reflektiert so gut als möglich auf seine konkreten Interaktionen und deren Wirkung bei den Lernenden. Das kann z.B. durch Feedback-Bögen erfolgen (formative Evaluation), aber in der Regel sollte das permanent stattfinden:

    Auch ich habe aus dem, was ich von Hatties Werk weiß, nicht auf Feedback-Bögen für Lehrkräfte schließen können. Diese Bögen mögen vielleicht trotzdem ihren Sinn haben, aber wir sollten uns nicht darauf einschießen, wenn wir von Hattie sprechen.

  • Man kann in einige Belangen SuS nach ihrer Meinung fragen, aber in vielem bringt es nichts. Wir haben Pädagogik und Didaktik studiert, weswegen wir unsere Wahl für Unterricht nicht unüberlegt treffen. Mögliche Knackpunkte sind uns hoffentlich schon vorher bewusst und wir steuern nach oder verändern etwas für die Zukunft, wenn es nötig ist.


    Hallo Frapper,


    ich habe den Eindruck, dass wir in weiten Teilen andeinander vorbei reden. Ich habe weder Feedback-Bögen zum Allheilmittel erklärt, noch habe ich die Jetzt-Situation generell verteufelt. Hattie sagt ja selbst, dass 50% der Lehrpersonen bereits alle von ihm geforderten Punkte erfüllen. Das ist immerhin jeder 2. und das, obwohl die wenigsten davon die "Hattie-Studie" inhaltlich verwertbar kennen dürften.


    Es mag sicherlich gute Ausbildungsseminare und gute Fachleiter etc. geben, aber leider ist das ein Zufallsprodukt. Ich vermisse einfach verbindliche Ausbildungsstandards, regelmäßige Evaluationen und eine offene Kommunikationskultur. Bei uns läuft so viel im Verdeckten ab, das geht auf keine Kuhhaut. Und viel mehr ist auch unter "Kooperation" gar nicht gemeint. Da geht es - wie schon gesagt - um die entsprechende "Haltung", die geprägt ist von Transparenz und einer echten Fehlerkultur.


    Beispiel: Wenn ich mit Schülern nicht klar komme, gehe ich zu niemandem (mehr), denn ich weiß, dass das als Schwäche gewertet wird und für meinen Ausbildungsverlauf negativ wäre. Zum Glück komme ich in aller Regel immer besser mit den SuS zurecht, aber gerade in den schwierigeren Anfangszeiten war man völlig auf sich allein gestellt. Das ist jetzt auch noch so, aber ich habe mich darauf eingestellt.


    Nach außen hin wird hier auch modern getan, aber im Schulalltag ist davon überhaupt nichts zu spüren. Alles nur Show für die Außenwirkung der Schule. Aber ich schweife ab, wenn du auf einer guten Schule tätig bist, freut mich das für dich.


    P.S.: Die Erziehungswissenschaft ist eine ziemlich heterogene Angelegenheit. Vieles davon würde ich auch nicht als Wissenschaft bezeichnen und derjenige Anteil, der sich selbst empirischer Methodik verpflichtet hat, geht leider häufig im Brei der selbstgerechten akademischen EW-Einrichtungen unter.


    der Buntflieger

  • @Buntflieger, ich gebe zu, ich weiß über die Studie fast nichts. Und ich finde es absolut richtig, sich mit den Bedingungen guter Pädagogik auseinanderzusetzen. Es wird viel zu viel gemacht, weil es schon immer so gemacht wurde.


    Aber dass Rückmeldebögen von Kindern an Referendare zur Hattieerkenntnis dazugehören kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Was bei den Kindern „total gut ankommt“ hat erst mal überhaupt nichts mit guter Pädagogik zu tun. Freistunden bei Mc Donalds kommen bei Kindern auch total gut an. Du willst es zwar nicht hören, ich hab trotzdem das Bedürfnis dir sagen zu müssen, erstmal machbare Stunden mit guter Laune über die Bühne zu bringen und die Verbesserungsvorschläge für später aufzuheben.


    Hallo Krabappel,


    Feedback besteht ja nicht nur aus subjektiven Meinungsumfragen. Die Meinungen der SuS erfasse ich zwar auch, aber die Regel ist das nicht. Ich erfasse den Lernfortschritt bei Tests/Arbeiten in bestimmten Bereichen und hole mir gezielt Angaben über ganz bestimmte Unterrichtsfelder ein.


    Es handelt sich also nicht um eine personengebundene Rückmeldung ("Herr Buntflieger, Sie machen langweiligen Unterricht, bei Frau Holdinger ist es viel spannender!" und dann bricht der Herr Buntflieger daheim in Tränen aus etc.), sondern ist auf Interaktionen im Unterricht so gut als möglich ausgerichtet. Einzelmeinungen werden zudem durch die Breite der Ergebnisse recht problemlos relativiert. Trotzdem kann es gut sein, wenn SuS die Möglichkeit haben, anonymisiert ihre Bedenken kundzutun. Dadurch konnte ich schon so manches verdeckte Missverständnis zwischen mir und den SuS klären.


    der Buntflieger

  • visible-learning.org schrieb:
    Der Fokus für Schülerfeedback und Lehrerfeedback liegt nach Hattie jedoch immer auf dem Lernen der Kinder und Jugendlichen. Es geht in der Hattie-Studie nicht um Verhalten, sondern um Wissenszuwachs und Kompetenzerwerb im kognitiven Bereich. Feedback im hier besprochenen Sinne enthält lernrelevante Informationen, es bezieht sich auf den Weg bzw. die Lücke, die zu überwinden sind, um ein bestimmtes Lernziel zu erreichen. Lob, das sich auf das Selbst bzw. die Person des Lernenden bezieht, enthält keine lernrelevanten Informationen und sollte nicht mit Feedback vermischt werden. So können sowohl das Feedback als auch das personenbezogene Lob ihre volle positive Wirkung entfalten.

    Wenn du derartige Feedbackbögen mit konkret beobachtbaren Kriterien hast, ist es ja okay. M.E. ist damit trotzdem das Reflektieren der Schüler über ihren eigenen Lernprozess gemeint und nicht beispielsweise sowas wie "wie strukturiert hat der Lehrer das Tafelbild gestaltet, dass ich als Schüler den Sachverhalt verstehen kann", denn das müsstest du theoretisch selbst wissen. Du hast ja die Kriterien, zu denen du die Schüler befragst, schon vor deiner Planung.

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