Hallo Krabappel,
du hast Recht, wenn du sagst, dass meine libanesischen Schüler und andere Flüchtlinge und Migranten mit den Problemen nichts zu tun haben.
Man soll eigentlich nicht den Einzelfall beschreiben, um daraus abstrakte Schlüsse zu ziehen, ich versuche es trotzdem:
Die Mutter eines Jugendfreundes hat sich vor zwei Jahren mit starken Kopfschmerzen an ihren Hausarzt gewandt. Der verschrieb Migränetabletten. Sie kam regelmäßig wieder, die Tabletten halfen nicht. Der Arzt stufte sie schließlich als hysterische Frau in den späten Wechseljahren ein. Erst als ihr Mann sie nach mehreren Monaten begleitete, weil sie den Alltag kaum noch bewältigte, leitete der Arzt Untersuchungen ein. 4 Monate später ist sie an ihrem Hirntumor verstorben.
Meinen Freund, gut verdienend und gut gestellt, hat das sehr verbittert. Als Berichte darüber kamen, dass osteuropäische Flüchtlinge das Asylrecht in Deutschland dazu nutzten, sich hier kostenlos ärztlich behandeln zu lassen, hat ihn das dazu veranlasst, die AFD zu wählen. Er hält unser "System" für marode und ungerecht, die etablierten Parteien für nicht regierungsfähig und selbstgerecht. Er ist kein Nazi und arbeitete stes mit Ausländern zusammen, unter denen er auch viele Freunde hat. Er wollte mit seiner Wahl seinen Protest zeigen, weil er der Meinung ist, dass sich in unserem Staat viel ändern müsse. Die Flüchtlingspolitik interessiert ihn dabei nur ganz am Rand.
Ich will das jetzt nicht beurteilen. Ich will damit nur zeigen, dass es m.E. nach eine ganze Menge AFD-Wähler gibt, die die AFD aus Protest gewählt haben. Nichtwählen hat ja bei uns keine Auswirkungen (außer, dass ich in GK die Politikverdrossenheit behandle) und für die Gruppe der Unzufriedenen hat sich nun eine Chance ergeben, ihren Unmut so zu zeigen, dass es wahrgenommen wird und auch weh tut. Und das tut es ja. Dem Jugendfreund ist übrigens völlig klar, dass von der AFD keine Lösungen zu erwarten sind, das Personal der Partei findet er nicht gut.
Im Übrigen denke ich, dass diese öffentliche Sicherheit (siehe Hobbes) ein Thema ist, das wirklich mit den Urängsten der Menschen spielt. Die Bedrohung ist eben nicht mehr nur diffus nach Fällen wie in Kandel oder Freiburg. Und es trifft Frauen und Kinder besonders häufig, die Wehrlosen also. Da verstehen die Leute keinen Spaß.