Disziplin im Unterricht

  • Das Bundesinstitut für Berufsbildung: "Von den Absolventen des Schuljahres 2007 / 2008 erwarben 15.700 Jugendliche im BVJ einen Hauptschulabschluss, einige wenige (124) einen mittleren Bildungsabschluss. Das sind knapp 40 % der Schülerinnen und Schüler des Vorjahres, die vor ihrem Eintritt in das BVJ noch über keinen allgemeinen Schulabschluss verfügten."


    Das klingt doch schon mal okay. Klar fallen auch welche durchs Raster, aber @Openmind kann ja nun nicht die Welt retten, sondern nur nehmen, wer da kommt und die 40% raussieben, die Englisch lernen wollen. Dafür muss man sich aber notgedrungen zuerst durchsetzen 8_o_)

  • @Miss Jones: Du hast mit deinen Ausführungen durchaus recht und das System ist in vielen Punkten suboptimal. Nur was ist denn die Alternative zu einem bestmöglichen Unterricht? Sofern mancher aus der Gruppe den Hauptschulabschluss schafft, kann dies doch immerhin der erste Schritt in eine bessere Richtung sein. Der Realschulabschluss ist dann, sofern man Blut geleckt hat, auch möglich und mit diesem muss man dann nicht zwingend zum Mindestlohn arbeiten. Ich denke, man sollten den Leuten die Hand reichen und die Möglichkeit geben, etwas zu ändern. Manch einer schafft es auch nicht von selbst sich aus dem negativen Umfeld und den schlechten Vorerfahrungen zu lösen.

  • Nun, ich würde versuchen, da radikaler zu "trennen". Die, die wirklich wollen (und damit meineich die, die dann doch den Realschulabschluss schaffen, denn, seien wir ehrlich, je nachdem wo wirst du selbst mit Hauptschulabschluss derzeit einfach "aussortiert") sollen auch gefördert werden, und nicht durch die, die eben nicht wollen, können, wie auch immer, noch im Lernen behindert werden, nur damit die Statistik stimmt.


    Wo die anderen "hin sollen"... am besten sollten diese gar nicht erst entstehen. Dazu muss aber viel früher angesetzt werden. Den Grundstein legen spätestens unsere Primarstufenlehrkräfte, unter Umständen schon die Erzieher, wenn - wie so oft - die "Eltern" dazu nicht in der Lage sind.

    Der Zyniker ist ein Schuft, dessen mangelhafte Wahrnehmung ihn Dinge sehen lässt wie sie sind, nicht wie sie sein sollten. (Ambrose Bierce)
    Die Grundlage des Glücks ist die Freiheit, die Grundlage der Freiheit aber ist der Mut. (Perikles)
    Wer mit beiden Füßen immer felsenfest auf dem Boden der Tatsachen steht, kommt keinen Schritt weiter. (Miss Jones)
    Wenn der Klügere immer nachgibt, haben die Dummen das Sagen - das Schlamassel nennt sich dann Politik (auch Miss Jones)

  • ...
    Wo die anderen "hin sollen"... am besten sollten diese gar nicht erst entstehen. ...

    also bei allem Frust den ich bei der Arbeit habe, es gibt auch Erfolgsmomente. Und auf die Ebene von „Wertigkeit des Lebens“ sollten wir uns doch besser nicht begeben.

  • Jetzt hast du mich eine Station zu extrem verstanden, @Krabappel.
    Natürlich - wenn "Eltern" Kinder zeugen, obwohl sie von ihrer Unfähigkeit, diese zu erziehen, wissen, ist das suboptimal.
    Aber "nicht entstehen" meint auch "nicht so werden", indem Kindern - frühzeitig - eine entsprechende Erziehung zuteil wird. Wenn nicht von den Erzeugern, dann eben von amtlicher/staatlicher Seite. Denn von alleine wird keiner gesellschaftsunfäig.

    Der Zyniker ist ein Schuft, dessen mangelhafte Wahrnehmung ihn Dinge sehen lässt wie sie sind, nicht wie sie sein sollten. (Ambrose Bierce)
    Die Grundlage des Glücks ist die Freiheit, die Grundlage der Freiheit aber ist der Mut. (Perikles)
    Wer mit beiden Füßen immer felsenfest auf dem Boden der Tatsachen steht, kommt keinen Schritt weiter. (Miss Jones)
    Wenn der Klügere immer nachgibt, haben die Dummen das Sagen - das Schlamassel nennt sich dann Politik (auch Miss Jones)

  • Ich unterrichte lieber die Langsamchecker im BVJ als die Oberstufe, wo man das Abitur machen möchte, weil man weiß, wie man einen Stift hält.

    Sehe ich auch so. Ich habe das BVJ gerne unterrichtet, auch wenn ich da häufig mit Disziplinproblemen zu kämpfen hatte. Allerdings waren in diesen Klassen auch immer wieder welche dabei, die es tatsächlich doch noch auf einen grünen Zweig geschafft haben. Ist mir wesentlich lieber als pseudointelligenz gepaart mit Arroganz, die ich häufig in Oberstufen wahrgenommen habe.

  • wenn es solche "pseudointelligenten" an einem Gymnasium bis zur Oberstufe schaffen, wird da offenbar nicht ordentlich ausgesiebt.
    Wer völlig falsch ist, sollte spätestens nach der 6 auf eine angemessenere Schulform gewechselt haben; die, die zwar das Abi nicht packen, aber zumindest nicht voll daneben hängen, können ja auch auf dem Gymnasium ihre mittlere Reife machen...


    das soll übrigens keine Kritik an deinem Job sein, Susi - nur denke ich, es sollte sich da doch einiges ändern.

    Der Zyniker ist ein Schuft, dessen mangelhafte Wahrnehmung ihn Dinge sehen lässt wie sie sind, nicht wie sie sein sollten. (Ambrose Bierce)
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    Wer mit beiden Füßen immer felsenfest auf dem Boden der Tatsachen steht, kommt keinen Schritt weiter. (Miss Jones)
    Wenn der Klügere immer nachgibt, haben die Dummen das Sagen - das Schlamassel nennt sich dann Politik (auch Miss Jones)

  • wenn es solche "pseudointelligenten" an einem Gymnasium bis zur Oberstufe schaffen, wird da offenbar nicht ordentlich ausgesiebt.
    Wer völlig falsch ist, sollte spätestens nach der 6 auf eine angemessenere Schulform gewechselt haben; die, die zwar das Abi nicht packen, aber zumindest nicht voll daneben hängen, können ja auch auf dem Gymnasium ihre mittlere Reife machen...


    das soll übrigens keine Kritik an deinem Job sein, Susi - nur denke ich, es sollte sich da doch einiges ändern.

    Ich weiß nicht wie es in anderen Bundesländern ist, aber ich spreche für Kollegs nrw. Nur dort gibt es neben BVJ die gym. Oberstufe. Oder ist das in anderen Bundesländern anders? Am Kolleg hat man jedenfalls keine Möglichkeit, frühzeitig auszusieben. Wer formal die entsprechenden ZugangsVoraussetzungen erfüllt, landet in der Oberstufe. Und einmal dort angekommen, fühlen bzw. Verhalten sich einige so, als wären sie der König der Welt. :autsch:

  • Sprichst du dabei von Fachabiturienten oder Vollabiturienten, Hannelotti? Ich hab nämlich in beiden Bereichen solche Könige :) und dann noch ein paar Mäuse, die trotz Quali in Fachabi-Klassen sind, weil sie Angst haben kein Abi zu schaffen.
    Wir versuchen aber immer auch nach oben und unten zu beraten.

    Only Robinson Crusoe had everything done by Friday.

  • Mich hat eher deine doch etwas plakativ-negative Beschreibung der BVJ-Schülerklientel gestört, Miss Jones.


    Wir haben im BVJ spezielle Probleme - keine Frage! Aber auch viele liebe, willige, herzige, gutmütige, brave Schüler, die halt nur einfach länger brauchen, bis sie den niedrigsten Schulabschluss schaffen.
    Ich halte das BVJ für eine sinnvolle Sache. Manche Schüler sitzen bei uns ihre Zeit ab - ja, stimmt. Aber viele Schüler lernen bei uns dennoch (kennen): Pünktlichkeit, Umgangsformen, Ordnung, Struktur. Manche lernen bei uns sogar Mathe und Deutsch.


    Am Ende des BVJ entlassen wir einige in Hartz 4, manche in einen Job / in eine Ausbildung und wenige in eine weiterführende Schule.


    Die Oberstufen, die ich bisher unterrichtet habe, machen mir mehr Sorge: 70% (oder mehr) Schüler, die von ihren geistigen Kapazitäten her vor zwanzig Jahren nicht mal die mittlere Reife geschafft hätten.


    Und da sind wir uns einig, Miss Jones: an unserem System ist irgendetwas faul.


    Da ich aber weiß, dass ich daran nichts ändern kann, versuche ich mit Humor durchs Schulgebäude zu spazieren und möglichst viel Sinnvolles zu erreichen bei dem "Material", das ich nun mal zur Verfügung hab. (An dieser Stelle liebe Grüße an Krabappel.)

  • Sprichst du dabei von Fachabiturienten oder Vollabiturienten, Hannelotti? Ich hab nämlich in beiden Bereichen solche Könige :) und dann noch ein paar Mäuse, die trotz Quali in Fachabi-Klassen sind, weil sie Angst haben kein Abi zu schaffen.
    Wir versuchen aber immer auch nach oben und unten zu beraten.

    Ich meine die normalen Abiturienten vom beruflichen Gymnasium. Im Vergleich finde ich die Fachabiturienten wesentlich angenehmer und größtenteils fleißiger und auch reifer in ihrem Werdegang. Da wusste der Großteil immer schon, wo es mal beruflich hingehen soll oder wofür der Abschluss benötigt wird. Und wenn man dann mal eine 5 kassiert hat, dann war das schlimm und ein Grund sich auf den Hosenboden zu setzen. Beim beruflichen Gymnasium dagegen kann an einer 5 ja nur der lehrer schuld sein und man zieht am besten noch Eltern und externe Unterstützung hinzu um den Lehrer zu überzeugen, dass eine 5 ja nicht sein kann. Man ist ja schließlich Abiturient und soo klug und will später mal irgendwas mit Medien oder Asiatische Gerontologie studieren :P

  • Mich hat eher deine doch etwas plakativ-negative Beschreibung der BVJ-Schülerklientel gestört, Miss Jones.

    Ja, stört mich auch. Ist das dann aber eine Rechtfertigung dafür:



    Man ist ja schließlich Abiturient und soo klug und will später mal irgendwas mit Medien oder Asiatische Gerontologie studieren

    Wenn sich schon Lehrer in einem öffentlichen Forum mit abfälligen Kommentaren über verschiedene Schülergruppen zu übertreffen versuchen, braucht man sich eigentlich nicht über disziplinarische Schwierigkeiten mit diesen Jugendlichen zu wundern. Wie man in den Wald hineinruft ... usw.


    Ich kann eigentlich jedes mal, wenn ich solche Triaden lese, nur mit den Augen rollen. Das schlimmste, was ich meine Jugendlichen nenne, ist "faul". Bei mir und bei uns im ganzen Schulhaus gibt es kein "dumm" und kein "pseudointelligent". Unsere Schüler nennen sich zumindest im Beisein von uns Lehrern auch untereinander nicht so, auch nicht schulformübergreifend (Gymnasium <---> Fachmittelschule). Wer von seinen Schülern Respekt und Anstand erwartet, muss mit gutem Beispiel voran gehen.



    Aber viele Schüler lernen bei uns dennoch (kennen): Pünktlichkeit, Umgangsformen, Ordnung, Struktur. Manche lernen bei uns sogar Mathe und Deutsch.

    Und was ist die 9 Jahre davor passiert? Das frage ich mich ja schon. Mangelndes intellektuelles Leistungsvermögen hat ja erst mal nichts mit schlechten Umgangsformen zu tun.

  • Wenn ich sowas lese wie zB hier von @Hannelotti, frage ich mich, ob vielleicht die BKs zu "durchlässig" sind - immerhin sind wir im selben Bundesland, nur ich eben an einem allgemeinbildenden Gymnasium, und das sogar in einer Ecke, die schon "kurz vor Brennpunkt" ist.
    Solche Wundertüten bekommen bei uns kein Abi, weil sie keine Zulassung bekommen, je nachdem wie drastisch die Defizite sind, kommen die nicht mal in die Oberstufe. Die "ganz drastischen Fälle", wo du dich nur fragen kannst, wie betriebsblind manche "Eltern" sind, solche Kinder überhaupt am Gymnasium anzumelden, werden dann nicht mal in die 7 versetzt - und empfohlen, ihnen mal sozialverträgliche Umgangsformen beizubringen.
    Übrigens, kein "Migrantenprobem", hier ist eh alles "gemischt". Eventuell ein leichtes Genderproblem, die verhaltensoriginellen sind meist Jungs.


    Wenn wir bei uns aussieben, verfolgen wir natürlich nicht weiter, wo die dann landen - etwa bei euch? Direkt weiterreichen...

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  • Wenn ich sowas lese wie zB hier von @Hannelotti, frage ich mich, ob vielleicht die BKs zu "durchlässig" sind

    Wieso die BKs? Meine gymnasialen SuS kommen allesamt von einer allgemeinbindenden Schule (Haupt/Real/Gesamtschule, einer vom Gymnasium, Klasse 9). Dort haben sie den Realschulabschluss mit Quali zur gymnasialen Oberstufe erlangt. Die Hälfte kann aber nicht mal eine Formel mit 3 Variablen nach einer Größe umstellen, von Bruchrechnung ganz zu schweigen. Wie die an den Q-Vermerk gekommen sind, frage ich mich sehr oft.

  • ...das würde ich mich dann auch fragen.
    von "uns" jedenfalls nicht.

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  • Die Hälfte kann aber nicht mal eine Formel mit 3 Variablen nach einer Größe umstellen, von Bruchrechnung ganz zu schweigen.

    Tja nun, selbst bei uns landen eine Menge SuS, die das nicht können oder nicht können wollen. Ich habe aufgehört mich zu fragen, warum das so ist. Ich nehme es zur Kenntnis und biete entsprechende Gelegenheiten zum Üben an. Entweder die SuS nehmen diese an oder eben nicht. Meine Mathe-Kollegen machen alldieweil halt einfach mit Mathe weiter. Gymnasiale Oberstufe bedeutet Eigenverantwortung. Wer bereit ist, diese zu übernehmen, gewinnt, der Rest bekommt dann halt kein Abi bzw. keine Matura. Das sollte man ganz nüchtern sehen.

  • Wenn aber von Seiten unseres Schulsystems Druck auf Lehrkräfte ausgeübt wird, nicht so viele Schüler durchfallen zu lassen, dann fällt es einem durchaus gelegentlich schwer, nüchtern und gelassen zu bleiben.


    Aber wir kommen vom Thema ab.

  • Letzteres stimmt zwar, aber diesen "Druck" musst du einfach ignorieren.
    Sonst kannst du dich auch irgendwann hinstellen und fragen, wer gerne ein Abitur hätte, bitte Namen eintragen und abstempeln lassen...

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  • Ich bin ein großer Befürworter der Durchlässigkeit am BK und finde es gut, dass auch leistungstechnisch "mittelmäßige" sus sich an höheren Abschlüssen versuchen können. Wäre das nicht so, dann wäre ich heute auch nicht als Lehrerin tätig. Kein Gymnasium hat bzw. hätte mich genommen. Trotzdem habe ich das Abi geschafft, an einem Berufskolleg übrigens. Was mich stört ist nicht die Durchlässigkeit, sondern die Anspruchshaltung vieler sus. Viele sitzen dort tatsächlich mit der Anspruchshaltung, dass sie gefälligst das Abi bekommen müssen. Dass dazu auch viel Fleiß und Anstrengung gehört, wollen viele nicht einsehen. Und an dieser Stelle sollte dann das Ende der Durchlässigkeit erreicht sein. Wer die Leistung nicht bringt, sollte auch das Abitur nicht geschenkt bekommen. Aber die Chance es zu versuchen sollte jeder bekommen. Deshalb bin ich froh, dass es so viele "Wundertüten" am Bk gibt. Auch auf die Gefahr hin, dass es einige nicht schaffen werden.

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