Kunst fachfremd unterrichten - Ideen/Tipps für die erste(n) Stunde(n) in Klasse 1

  • Hallo an alle,


    ich habe als Grundschul-Seiteneinsteigerin (komme eigentlich vom Gymnasium und habe dort nichts Künstlerisches unterrichtet) die Freude, und ja, ich freue mich wirklich, zwei 1. und zwei 2. Klassen in Kunst zu unterrichten. Leider gibt es an meiner GS derzeit keine ausgebildetete Kunstlehrerin, sodass ich ein bisschen auf mich gestellt bin. Und die Fortbildung beginnt erst in einer ganzen Weile... Natürlich habe ich bereits Lehrplan und eine Handreichung vom Ministerium studiert, wirklich handfeste Tipps fehlen da aber leider... Ich fühle mich nun ein bisschen aufgeschmissen. Und der Einstieg ins Schuljahr ist doch so wichtig.


    Ich wäre deshalb echt froh, wenn mir vielleicht jemand ein paar Tipps für den Start geben könnte. Sowohl, wie man Stunden aufbaut, als auch, worauf in Klasse 1 zu achten ist und mit welchen "Werken" man starten könnte. Websites wären auch toll.


    Lieben Dank und allen einen guten Start bzw. noch schöne Ferien!

  • Ich weiß nicht inwiefern sich in Sachsen die Grundschulen an den örtlichen Laternenumzügen im Herbst beteiligen - aber als zweites oder drittes "Projekt" (je nach Wochenstunden) wäre eine entsprechende Bastelarbeit sicherlich nicht verkehrt (also Arbeiten mit schwarzem Karton und Transparentpapier).
    Wie sind eure SuS denn "ausgestattet" - ich nehme mal an, einfacher Deckfarbkasten? (Meine SuS sind halt schon was älter...).
    Wenn ich an meine eigene Grundschulzeit zurückdenke - habt ihr nen Brennofen? Dann könntet ihr auch was töpfern, ist kreativ und "mal was anderes".

    Der Zyniker ist ein Schuft, dessen mangelhafte Wahrnehmung ihn Dinge sehen lässt wie sie sind, nicht wie sie sein sollten. (Ambrose Bierce)
    Die Grundlage des Glücks ist die Freiheit, die Grundlage der Freiheit aber ist der Mut. (Perikles)
    Wer mit beiden Füßen immer felsenfest auf dem Boden der Tatsachen steht, kommt keinen Schritt weiter. (Miss Jones)
    Wenn der Klügere immer nachgibt, haben die Dummen das Sagen - das Schlamassel nennt sich dann Politik (auch Miss Jones)

  • In der 1. Kl. könntet ihr ein Plakat für die Zimmertür machen "hier lernt die 1b" mit z.B. Handabdrücken.


    Wenn ich zu Kunst genötigt werde suche ich bei Google Bilder nach Projekten und schau mir dann an, was machbar erscheint. Kindergarten geht bei der Suche auch noch.


    Ansonsten ist immer irgendeine Jahreszeit, ein (Kirchen)-fest oder ein Projekt des Sachunterrichtslehrers, wo du dich einklinken kannst.


    Achten muss man auf Struktur! nicht jeder kann richtig schneiden, schnippelt bei mini Schablonen mitten ins DIN-A4 Blatt, mancher schmiert die Unterlage voll Klebstoff statt des zu klebenden Objekts. 3 haben gar keinen Klebestift mit, 2 nur Flüssigkleber... guck, das alles in der Schule bleibt, hab Ersatz mit.


    Probiere ALLES vorher aus, auch wenn's noch so simpel erscheint. Erst dann siehst du, was man der Reihe nach anleiten muss.


    Symbole an die Tafel:
    1. "blaues Quadrat auf der Spitze" deine Worte: "lege das blaue Papier genau so vor dich."
    2. ...


    Nummerierte Anleitungen helfen auch dir bei der Struktur.


    Alles was du sagst braucht Zeit. "...wenn ich JETZT sage, steht die Fensterreihe leise wie die Mäuschen auf und holt den Farbkasten... warte noch Thomas, prima. So JETZT"


    ...Niemals: "holt mal alle eure Farbkästen".


    Setz dich durch. Auch in ersten Klassen können schon kackfreche Bratzen sitzen, die dir den Unterricht schmeißen. Sag alles knapp, deutlich und bestehe auf die Umsetzung.


    So in etwa das Wichtigste ;)


    Edit: nicht mit Farbkästen in der ersten Stunde! fang mit was an, was euch nicht überfordert. Kreativ und originell brauchen die Kinder anfangs nicht, sie brauchen Halt. Und du auch.

  • 1. Klasse ganz einfach starten. Vordruck einer Schultüte ausmalen -> Klassenplakat.
    Dann irgendwas für einen Geburtstagskalender basteln, googel mal, da wirst du fündig! Auch hier: einfache Sachen.
    Bald ist Herbst, Drachen falten.
    Blätter pressen und dann Fottagetechnik anwenden.
    Malkasten "aufwecken", also jede Farbe einmal ausprobieren.


    Töpfern findet bei uns erst in 3/4 und dann nur im Werkunterricht statt.

  • Ach ja, zum Organisatorischen. Die Kunst-Kiste mit den Malkästen teile immer ICH aus. Wenn alles vorbereitet ist, gehe ich mit der Gießkanne rum und jeder bekommt etwas Wasser. Dann erst bekommt jeder ein Blatt Papier.
    Am Ende gehen nie mehr als drei Kinder gleichzeitig zum Waschbecken. Ich stehe daneben und überwache das Ausspülen der Pinsel. Da ist es wichtiger, dass es schnell geht, als dass es sehr gründlich ist.

  • Danke an alle!


    Da sind schon viele gute Ideen und hilfreiche Tipps dabei. Auch beruhigend, dass keine Mona-Lisa-Replikationen erwartet werden, sondern man sich offenbar relativ frei betun kann.


    Theorie a la "Was ist Kunst?" spielt offenbar auch noch keine Rolle? Ein bisschen Farbkreis usw. laut Lehrplan ja schon.


    Ausprobieren werde ich definitiv... Manchmal stellt man sich bestimmte Dinge als Erwachsener sicher auch einfacher vor, als sie sind. Und ja, gerade in Klasse wird das genaue, schrittweise Anleiten für mich sicherlich die schwerste Umstellung.

  • Da kann ich nur bestätigen: In den allerersten Kunststunden ist der Inhalt eher zweitrangig, es geht um einfachste Techniken und Struktur, Struktur, Struktur.


    Viele Kinder sind noch überzeugt, dass das Ausmalen doch besonders gut klappen muss, wenn man nur fest genug aufdrückt. Ordentlich Ausschneiden muss man anleiten.


    Wenn du den Farbkasten bald nutzen möchtest, dann geht es erstmal um den Aufbau des Arbeitsplatzes. Woher kommen Unterlagen und Malpapier? Nicht alle können gleichzeitig Wasser holen. Wie viel Wasser im Becher ist sinnvoll und wo steht der Wasserbecher? Besser nicht im Ellenbogenbereich!
    Beim ersten Mal, pinseln die Kinder vielleicht nur ein A4-Blatt grün als Hintergrund für ein ausgeschnittenes Wachsmalermotiv.


    Nimm dir erstmal nur ganz wenig vor und zeige jeden Schritt.
    Struktur, Struktur, Struktur.

  • ...Theorie a la "Was ist Kunst?" spielt offenbar auch noch keine Rolle? Ein bisschen Farbkreis usw. laut Lehrplan ja schon...

    stell dir doch mal einen Siebenjährigen vor, mit dem du über Farbkreise sinnierst. Und jetzt 25. Und dann: Farben mischen?? Never ever am Anfang.


    Wirklich, vergiss den Lehrplan und leite erst mal Kindergruppen an.

  • Was ganz einfach geht, aber super aussieht: Sammle Blätter von Bäumen und Sträuchern (allein oder mit den Kindern). Die Blätter dürfen ruhig noch leben, also eher grün sein als Herbstblätter.


    Dann gibt's du jedem einen schwarzen Tonkarton als Hintergrund. Jeder bekommt ein paar (eher frische) Blätter. Die werden umgedreht. Die Rückseite entweder nur mit Deckweiß anpinseln oder mit Herbstfarben oder eher mit kalten Farben und auf das Tonpapier drucken. Etwas auf die Farben achten, also entweder nur weiß oder warme Farben oder kalte Farben.


    Anschließend teilst du kleine Schwämme aus (ich zerschneide immer Topfreiniger). Mit der weichen Schwammseite werden die Zwischenräume der Blätter getupft, und zwar in Kontrastfarben, d.h. wenn die Blätter in warmen Farben sind, den Hintergrund in einer kalten Farbe tupfen, aber nur in einer, sonst wird es zu unruhig.


    Als Geburtstagskalender kannst du auch Portraits der Kinder gestalten. Ich habe bei meinen Erstis, das geht auch mit den Zweiern auf DIN A3 Hochformat die Umrisse eines Portraits vorgezeichnet, also ganz grob Kopf (nur ein Oval), Augen, Nase und Mund angedeutet. Sie mussten die Einzelheiten wie Haare, Augenfarbe, Nasen - und Mundform individuell ergänzen. Mit Wasserfarben anmalen, auch Hintergrund. Ging bis zu einschließlich Schultern....


    Auf größeres Tonpapier kleben, oben Name, unten Monat und Tag ergänzen.


    Falls du bei Facebook bist, da gibt es eine gute geschlossene Gruppe, wenn du willst, sage ich dir Näheres.


    Also, probier bei Facebook mal "Ideen für den Kunstunterricht" beizutreten.

    2 Mal editiert, zuletzt von lamaison2 ()

  • Ich würde mir auch erst überlegen, wie du es organisatorisch machen möchtest bzw. bei den jeweiligen Klassenlehrern erfragen, wo die Sachen bisher gelagert sind. Da hat ja jeder so sein System. Bei mir z.B. haben die Kinder Wasserfarbkästen und Wachsmaler unter ihren Tischen, für den Rest (Blöcke, Wasserbecher, Sammelmappen, kleine Schwämme, Zeitungen zum Unterlegen) gibt es Sammelplätze. Ich habe dann einen Kunstdienst, der diese Sachen verteilt.


    Sehr wichtig ist erst sehr genau und kleinschrittig zu besprechen, was gemacht werden soll. Am besten noch von mind zwei Kindern wiederholen lassen und genug Zeit zum Aufräumen einplanen. Hast du Doppelstunden oder Einzelstunden? Bei Einzelstunden voerst Finger weg von Wasserfarben!
    Bei uns sind es immer Doppelstunden und beim ersten Mal starte ich immer schon mit Wasserfarben (erst Regeln besprechen, dann besprechen wie man malt, also Pinsel nass machen, etwas abstreifen, dann so lange in der Farbe rühren, bis es schäumt, wenn Farbe nicht mehr deckend das gleiche nochmal... ). Damit das geübt wird und die Kinder direkt möglichst viele/ alle Farben aus ihrem Farbkasten ausprobieren können, mache ich zum Start immer entweder einen Regenbogen (mit Fantasiefarben) oder Rechteckumrisse, die von außen nach innen immer kleiner werden (in der Mitte dann farbiges kleines Rechteck). Kriterien sind, dass es keine weißen Lücken geben soll und dass die Farben kräftig leuchtend werden sollen.

  • Damit das geübt wird und die Kinder direkt möglichst viele/ alle Farben aus ihrem Farbkasten ausprobieren können, mache ich zum Start immer entweder einen Regenbogen (mit Fantasiefarben) oder Rechteckumrisse, die von außen nach innen immer kleiner werden (in der Mitte dann farbiges kleines Rechteck).
    Kriterien sind, dass es keine weißen Lücken geben soll und dass die Farben kräftig leuchtend werden sollen.

    Da biete sich auch das Thema "Prinzessin auf der Erbse an".
    Malblatt senkrecht nehmen und viele verschiedenfarbige Matratzen malen.
    Die Prinzessin wird auf einem extra Papier gemalt (evt. mit anderen Stiften), dann ausgeschnitten und oben auf den Matratzenberg geklebt.

  • Noch ne Idee: Kinderbuch bearbeiten. Frederick bietet sich mit den zweiten Klassen an. Collagen dazu wie im Buch. Oder Elmar/ das kleine Ich bin Ich etc.

  • Elmar bietet sich auch zum ersten Umgang mit Wasserfarben an. Einen Elmar-Vordruck kopieren und die Flächen mit bunten Farben ausmalen lassen. Dann ausschneiden und auf ein grünes Tonpapier kleben, dabei wird gleich noch das Schneiden geübt, was auch oft ein Riesenproblem darstellt.

  • Die Gefahr, die ich oft im Kunstunterricht sehe, ist, dass er zum "Bastelunterricht" mutiert - und viel Schablonenarbeit zum Thema wird.



    Es bieten sich zwei Herangehensweisen an:
    1) Im Rahmen von fächerverbindendem Unterricht könntest du dich an den Themen des Deutsch/Sachunterrichts orientieren und die Lernziele des Kunstunterrichtes daran anbinden.
    2) Du unterrichtest das Fach isoliert.


    Im Netz findest du - wie oben beschrieben tausender Ideen. Wenn du ein Thema eingibst, findest du viele Ideen - und Bildvorschläge.
    Wenn du bei 4teachers guckst, wirst du einige Prüfungsentwürfe finden, so dass du eine Vorstellung vom Kunstunterricht der GS bekommst. Vielleicht kommst du auch an die RAAbits. Es gibt auch Ideen für den Kunstunterricht. Auch gibt es eine Fachzeitschrift für den Kunstunterricht. Es gibt auch bei den einschlägigen Grundschulverlagen einige Bücher über den Kunstunterricht in der 1/2. Klasse - vielleicht gibt es bei euch einige Verlage in der Nähe, so dass du dir die Bücher anschauen kannst, um zu gucken, was dich anspricht und dir helfen könnte.


    flip

  • noch eine empfehlenswerte Seite


    http://www.labbe.de/kikunst/



    Ansonsten wurde schon viel Sinnvolles gesagt, ich ergänze daher nur noch:
    Solange sie noch nicht lesen können, ist es hiflreich Bildkarten mit den benötigten Materialien an die Tafel zu heften oder auch einfach selbst zu zeichen.
    Dabei sollten die Kinder ruhig mitdenken: "Wir wollen malen, was brauchen wir alles?" (Kinder nennen die benötigten Materialien und du hängst die Karten auf, bzw. zeichnest).
    Überlege dir den Ablauf, vor allem: erkläre erst die Aufgabe bevor du sie ihr Material holen lässt.
    Auch ganz wichtig: nicht nur reden sondern immer wieder auch zeigen /vormachen, insbesondere bei neuem Material! (dabei darauf achten, dass auch alle was sehen können)


    Beliebte erste Aufgaben bei mir:
    1. Klasse: Klassentier mit Wachsmalern (bzw. Ölmalkreiden) ausmalen und ausschneiden. Hintergrund mit Wasserfarben gestalten (gestreifter Teppich) und Tier aufkleben.


    In allen Klassen: "Das bin ich" (ist in Klasse 1 auch aus anderen Gründen immer sehr aufschlussreich....).


    Zum Thema basteln noch: in der Grundschule gehört das selbstvertändlich noch dazu, aber man kann durchaus auch Fensterdeko etc. basteln ohne (ständig) auf Schablonen zurückzugreifen. Man muss dann halt akzeptieren können, dass die Ergebnisse auch mal "schief und krumm" , vor allem aber nicht einheitlich sind. Und wenn man zu Schablonen greift kann man auch da noch Gestaltungsspielraum lassen. Eine sehr anregende Bastel-Seite ist übrigends diese:
    http://krokotak.com/,
    (auch dann wenn man mangels Sprachkenntnissen die Anleitungen nicht lesen kann... mir reichen meist die Bilder, habe aber gerade entdeckt, dass man da jetzt auch Videos gucken kann...)


    Die gute Nachricht zum Schluss noch: Kunst bei den Kleinen kann echt Spaß machen! Im Gegensatz zu den größeren gehen sie einfach noch sehr unbefangen an alles heran, Gejammer wegen "ich kann das nicht" ist da sehr selten.
    Das gilt übrigends auch für den Umgang mit Kunstwerken. Darauf regieren sie auch meist sehr offen. Muss natürlich nicht gleich am Nafang sein, aber im Laufe des Schuljahres sollten auch in Klasse 1 und 2 schon regelmäßig Kunstbetrachtungen stattfinden.

    "Die Wahrheit ist ein Zitronenbaiser!" Freitag O'Leary

    5 Mal editiert, zuletzt von icke ()

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