Hallo Forum,
ich bin momentan in einer Situation, in der ich nicht so wirklich weiter weiß. Ich bin Lehramtsstudent kurz vorm Bachelor. Ich wollte eigentlich seit ich klein bin Lehrer sein. Allerdings, wie der Titel vermuten lässt, plagen mich seit einiger Zeit Zweifel an dieser Entscheidung. Und ich bin inzwischen an einem Punkt, an dem ich nicht mehr recht unterscheiden kann, ob diese Zweifel berechtigt sind und ich bisher eher naiv auf den Lehrerberuf geblickt habe, oder ob es einfach "normale" Zweifel an der Berufswahl sind und ich mich durch die ganzen Horrorgeschichten und Erfahrungsberichte rund um den Job verrückt machen lasse. Ich schreibe diesen Thread zum Teil, weil ich meine Gedanken ein bisschen ordnen will und zum Teil weil ich auf ein bisschen Input hoffe, der meine Zweifel im Idealfall ein wenig zerstreut (oder eben bestätigt).
Vorneweg: Meine Motivation, Lehrer zu sein, entstand nicht durch die üblichen idiotischen Klischee-Gründe a la Verbeamtung, Pension, Ferien, etc. Das nur zur Klarstellung. Ich wollte Lehrer werden, weil ich zum einen gerne einen Beruf ausüben möchte, der einen "Sinn" hat, also einen gesellschaftlichen Nutzen (Ich könnte zB niemals etwas machen, bei dem es rein um irgendwelche wirtschaftlichen Interessen geht). Zum anderen glaube ich, dass ich durchaus ein paar Voraussetzungen für den Job habe. Ich habe Spaß daran, Wissen weiterzugeben. Ich bin gelassen, humorvoll und arbeite gern mit Menschen. Dazu kommt noch, dass mir sowohl von meinen Eltern, früheren Lehrkräften, als auch von Freunden, Kommilitonen und auch Seminarleitern an der Uni bisher oft gesagt wurde, dass ich auf jeden Fall das Zeug zu dem Beruf habe, oder sowas wie "dich kann ich mir wirklich gut als Lehrer vorstellen!", was einen natürlich bestärkt. Soweit so gut. Nach dem Abi habe ich dann angefangen Lehramt zu studieren. Und hier gingen die Zweifel los: Im Studium sind natürlich Hospitationen und Praktika abzuleisten. Mein Praktikum habe ich an einer "Brennpunkt"-Gesamtschule gemacht. Das war für mich ein ziemlicher Praxisschock. Absolut respektlose Kinder, überfüllte Klassen, ein erschreckend schlechtes Leistungsniveau, überforderte Lehrer, sehr viele Kinder mit Lernbehinderung oder Flüchtlinge, die aus irgendeinem Grund nicht in DAZ-Klassen saßen, und daher aufgrund der Tatsache, dass sie kein Deutsch sprachen, quasi vom Unterricht ausgeschlossen waren. Binnendifferenzierung war kaum möglich. Dazu ein Kollegium, das zur Hälfte aus engagierten Lehrern bestand, die auf allen Vieren gingen, und zur anderen Hälfte aus resignierten Lehrern, denen ihr Beruf augenscheinlich keine Freude mehr zu machen schien. Es war für mich, der nur sein behütetes Dorfgymnasium kannte, ein Schock. Dort würde ich niemals arbeiten wollen. Ich weiß nämlich, dass ich nicht das Maß an Idealismus habe, um mich derart aufzuopfern. Da würde ich kaputt gehen. Es schien mir als sei der Beruf an sich zwar schön, das System dahinter aber so marode, dass er einem kaum noch Freude machen kann. Aber: Es gab auch ein paar lustige und schöne Momente, und die Stunden, die ich dort gehalten habe, haben Spaß gemacht. Außerdem ist mir klar, dass so eine Schule eher nicht die Regel ist. Trotzdem hat diese Zeit einen bleibenden Eindruck hinterlassen.
Dazu kommt, dass man, sobald man das Internet öffnet und sich ein wenig umschaut, zu 99% negatives über den Lehrerberuf liest. Berge von Arbeit, respektlose Kinder, schlimme Zustände in den Schulen, Burnout, das Referendariat als "schlimmste Zeit des Lebens" und "Hölle". Ich kann gerade einfach nicht mehr einschätzen, ob das eine laute Minderheit ist, und die zufriedenen Kollegen einfach still und glücklich ihren Job ausüben, oder ob das ein realistisches Bild ist. Ich bin momentan wirklich am Zweifeln und habe Angst vor der Zukunft. Was, wenn ich für mein Ref auch an eine solche Schule gerate? Was, wenn meine Schule von damals eher die Ausnahme bildet und die Realität deutlich weniger rosig ist? Als Lehrer ist man in seiner Berufswahl ja doch eher festgelegter und ein Wechsel ist nicht unbedingt leicht. Ist der Lehrerjob wirklich so stressig und aufreibend, mit quasi niemals Feierabend? Oder spinne ich einfach total und lasse mich von Horrorgeschichten verunsichern?
Ich weiß momentan nicht so recht, wie ich aus diesem gedanklichen Hin und her wieder herauskomme. Mir ist natürlich klar, dass mir niemand plötzlich alle Zweifel nehmen kann. Aber vielleicht habt ihr ja ein paar tipps, um wirklich festzustellen, ob man für den Job geeignet ist oder zumindest ein realistisches Bild bekommt? Das würde mir schon helfen. Vielleicht ein paar eigene Erfahrungen von Leuten, denen es ähnlich ging? Oder ein paar schöne Berichte von Menschen, die gern Lehrer sind und ihren Job lieben?
Ich bin für jede Art Input dankbar
Vielen Dank schon im Voraus.