Ghostwriting eines Prüfungsentwurfes

    • Offizieller Beitrag

    Man sollte das Ganze einmal von der praktischen Seite aus sehen:
    Will ich als Ghostwriter dafür sorgen, dass Betrüger und ggf. inkompetente Referendare künftig ihren Weg in die Kollegien, womöglich in mein Kollegium finden?
    Ich möchte mit solchen Leuten nicht zusammenarbeiten müssen.


    Schlimm genug, wenn das Unrechtsbewusstsein bei der Steuererklärung, bei Raubkopien, den Nebeneinkünften, der schwarz beschäftigten Haushaltshilfe etc. schon kaum vorhanden ist. Aber das hier hätte eine neue Dimension.

  • Ich hoffe sehr, dass das nicht der einzige Grund ist, dass du das nicht getan hast...

    Da ich mittlerweile ab der zweiten Promotion schreibe: Nö ist nicht der Einzige Grund.


    Und meine Reaktion war in der Tat die Weitergabe der Information an das entsprechende Prüfungskommissionmitglied (Mentorin der Referendarin). Ist für die Dame dumm gelaufen da die Prüfung in dieser Woche stattfindet und die Mentorin Not amused war.

    • Nicht, wer zuerst die Waffen ergreift, ist Anstifter des Unheils, sondern wer dazu nötigt. -Machiavelli-
    • Zwei Mächte gehen durch die Welt, Geist und Degen, aber der Geist ist der mächtigere. -Napoleon-
    • In dir muss brennen, was du in anderen entzünden willst! -Augustinus-
  • Das ist Betrug. Eine Straftat. Und diejenigen, die solche Aufträge annehmen, sind sich offensichtlich ihrer wissenschaftsethischen Verpflichtungen nicht bewusst. (Ja, die gibt es auch für Geisteswissenschaftler.)

    Moment, so einfach ist das nicht. Nach der Umgangssprache ist es vielleicht Betrug, aber nach dem Strafrecht nicht. Betrug nach StGB ist ein reines Vermögensdelikt. Kein Vermögensschaden – kein Betrug. Wahrscheinlich noch nicht einmal eine Urkundenfälschung. Über das Strafrecht ist hier nichts zu holen, würde ich sagen. Auf Seiten der Referendarin ist es allenfalls ein Verstoß gegen ihre dienstlichen Pflichten, auf der Seite des Ghostwriters (Privatschule) höchstens ein Verstoss gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten (wenn überhaupt).

  • Auf Seiten der Referendarin ist es allenfalls ein Verstoß gegen ihre dienstlichen Pflichten

    Immerhin erklärt sie ja an Eides statt, dass sie den Entwurf selbst verfasst und keine anderen als die angegebenen Quellen verwendet hat. Dass das auch so ist, ist die Voraussetzung dafür, dass sie das zweite Staatsexamen bekommt. Dass Ghostwriting mittlerweile wohl häufig in Anspruch genommen wird, heißt hoffentlich nicht, dass es keine Konsequenzen hat, wenn man damit auffliegt, zumal sie Beamte auf Widerruf ist, von ihr also besonders korrektes Verhalten erwartet werden muss.

  • (entsprechende Auftragsgeberin ist mir durch Zufall bekannt da eine Freundin von mir die Adana betreut):

    Was ist denn Adana?


    Ich frage mich, ob nicht die Auftraggeberin deinen Freund drankriegen könnte. Wie kam denn raus, um wen es sich bei der Auftraggeberin handelt? Konnte man das irgendwie erschließen oder fiel vielleicht doch der Name?


    Ich denke nicht, dass es OK ist, was die Auftraggeberin gemacht hat! Trotzdem würde ich nicht ausschließen, dass sie jetzt wiederum deinem Kumpel etwas anhängen, Schadenersatz fordern oder dergleichen kann. Von wegen Vertrauensschutz oder so … Müsste mal ein Jurist was zu sagen.

  • Immerhin erklärt sie ja an Eides statt, dass sie den Entwurf selbst verfasst und keine anderen als die angegebenen Quellen verwendet hat. Dass das auch so ist, ist die Voraussetzung dafür, dass sie das zweite Staatsexamen bekommt. Dass Ghostwriting mittlerweile wohl häufig in Anspruch genommen wird, heißt hoffentlich nicht, dass es keine Konsequenzen hat, wenn man damit auffliegt, zumal sie Beamte auf Widerruf ist, von ihr also besonders korrektes Verhalten erwartet werden muss.

    Wenn sie das an Eides statt erklärt, dann ist es eine falsche Versicherung an Eides statt – diese ist tatsächlich strafbar (allerdings ist es immer noch kein Betrug).

  • Was ist denn Adana?
    Ich frage mich, ob nicht die Auftraggeberin deinen Freund drankriegen könnte. Wie kam denn raus, um wen es sich bei der Auftraggeberin handelt? Konnte man das irgendwie erschließen oder fiel vielleicht doch der Name?


    Ich denke nicht, dass es OK ist, was die Auftraggeberin gemacht hat! Trotzdem würde ich nicht ausschließen, dass sie jetzt wiederum deinem Kumpel etwas anhängen, Schadenersatz fordern oder dergleichen kann. Von wegen Vertrauensschutz oder so … Müsste mal ein Jurist was zu sagen.

    Adana = Pseudonym von mir vergeben:)


    Schule und Mentor stand auf dem Deckblatt (was die einzige Seite der Auftraggeberin war).


    Ich berichte weiter sobald die Prüfung war (ist glaube Mittwoch soweit)

    • Nicht, wer zuerst die Waffen ergreift, ist Anstifter des Unheils, sondern wer dazu nötigt. -Machiavelli-
    • Zwei Mächte gehen durch die Welt, Geist und Degen, aber der Geist ist der mächtigere. -Napoleon-
    • In dir muss brennen, was du in anderen entzünden willst! -Augustinus-
  • Also in einer "rechtlichen Grauzone" befindet sich hier meiner Meinung nach niemand.


    Der Auftragnehmer fertigt einen Auftragstext an. Der Auftraggeber darf diesen nicht als sein geistiges Eigentum ausgeben, das wissen auch alle Beteiligten. Jemandem einen Text, egal welcher Art, zu schreiben, ist rechtlich unproblematisch. Wenn der Auftraggeber den Text nun doch entgegen der Absprache (und vermutlich entgegen den AGBs der Agentur) verwendet, dann ist das sein Problem. Der Auftragnehmer ist überhaupt nicht zu belangen. Er müsste nur ggf. einen Nebenerwerb anmelden.


    Der deutsche Hochschulverband fordert seit längerem die Einführung des Straftatbestands des "Wissenschaftsbetrugs". Diesen Straftatbestand und auch die entsprechenden Sanktionsmöglichkeiten gibt es bisher in Deutschland nicht. Einige Universitäten haben vor Jahren angefangen, für schweres wissenschaftliches Fehlverhalten hohe Vertragsstrafen anzudrohen. An unserer Uni waren es 50.000 Euro. Theoretisch. Stand irgendwo. Wer weiß, ob das jemals relevant geworden ist.
    Meiner Ansicht nach hat sich so auch der Auftraggeber nicht strafbar gemacht, hat aber sicher gegen die Regeln des Seminars/ der Schule/ des Landes verstoßen und nun dann entsprechende dienstrechtliche Konsequenzen zu befürchten.


    Der Preis erscheint mir ganz angebracht. Üblich ist durchaus eine Bezahlung pro Seite, wobei 25 Euro pro Seite ein ungefährer Durchschnittswert ist. Bei 300 Euro für eine UPP würde das also in etwa passen. Als günstig empfinden wir das wohl eher, weil eine UPP inkl. Stundenentwurf sehr dicht und daher zäh zu schreiben und aufwendig ist. Die ersten 10 Seiten einer Bachelorarbeit schreiben sich vermutlich deutlich leichter.



    Aus moralischer Sicht ist das alles etwas anderes. Die Auftraggeberin heult nach der Verbeamtung rum, weil ich Job so schwer ist (sie hat ihn ja auch nicht gelernt) und legt die Füße für die nächsten Jahrzehnte hoch. Dummerweise sind es gerade diese Leute, die auch noch eine große Schnauze haben und alles besser wissen.
    Der Auftragnehmer wird auch wissen, dass er dem Berufsstand damit keinen Dienst erweist.


    Unabhängig davon finde ich es aber auch nicht so leicht, hier eine klare Grenze zu finden. Ghostwriting ist böse, find ich auch. Aber zum "Drüberlesen" einem Kollegen geben, ist doch in Ordnung, oder? Was ist dann mit Formulierungshilfen? Wie viel fachlichen und pädagogischen Rat darf man sich holen? Was ist, wenn der Freund einfach schneller tippen kann am PC?

  • Verstehe ich das richtig, du hast den Täuschungsversuch gemeldet und sie darf trotzdem normal ihre Prüfung antreten?

    Ich habe der Mentorin das gesteckt. Was jetzt folgt: keine Ahnung aber Mittwoch wäre wohl die Prüfung.

    • Nicht, wer zuerst die Waffen ergreift, ist Anstifter des Unheils, sondern wer dazu nötigt. -Machiavelli-
    • Zwei Mächte gehen durch die Welt, Geist und Degen, aber der Geist ist der mächtigere. -Napoleon-
    • In dir muss brennen, was du in anderen entzünden willst! -Augustinus-
  • Warum sollte sie die Prüfung auch nicht antreten dürfen? Wenn ich vor einer Mathearbeit einen Spickzettel finde und einkassiere, gebe ich dem Schüler dafür ja auch nicht direkt eine 6 und lasse ihn nicht mitschreiben...

    If you look for the light, you can often find it.
    But if you look for the dark that is all you will ever see.

  • Will ich als Ghostwriter dafür sorgen, dass Betrüger und ggf. inkompetente Referendare künftig ihren Weg in die Kollegien, womöglich in mein Kollegium finden?
    Ich möchte mit solchen Leuten nicht zusammenarbeiten müssen.

    Ach, Kollegium! Ich wäre ja schon froh, wenn die Betrüger nicht Kultus-, Bildungs- und Forschungsministerin würden.

  • Noch hat sie nichts Verbotenes getan. Erst wenn sie den unveränderten Text mit unterschriebener eidesstattlicher Erklärung abgegeben hat, hat sie sich a) strafbar und b) dienstrechtlich belangbar gemacht (sofern das Studienseminar eine verlangt und auch verlangen darf). Einen Ghostwriter zu beschäftigen, ist nicht an sich strafbar, nur darf man den Text nicht in einer akademischen Prüfung als eigenen ausgeben. Wo da die Grenze genau verläuft, hm, schwierig. Vielleicht liest sie ja hier mit und testet es aus? Oder sie hat das Glück, rechtzeitig so krank zu werden, dass sie nicht antreten kann.
    :P


    http://www.juraexamen.info/rec…akademischen-ghostwriting

  • Juristische Kleinkariertheit kotzt einfach an, ja prinzipiell hat sie bisher nix falsches gemacht.


    Das erinnert mich immer an die Leute die Blitzerfotos anfechten mit der Begründung sie wissen nicht wer gefahren ist. Ja ist klar.

    • Offizieller Beitrag

    Lol - der Gedanke ist gut. Ich stelle mir vor, ich wäre die Referendarin , würde hier im Forum mitlesen und würde lesen, dass mein Vorhaben aufgeflogen wäre. ;) Interessanter Gedanke.


    kl. gr. Frosch

  • Spannend wäre es :)

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  • ja prinzipiell hat sie bisher nix falsches gemacht.

    Doch. Sie hat einen Täuschungsversuch für eine Staatsprüfung nicht nur erwogen sondern auch noch in Auftrag gegeben.


    Wenn das für dich "nix Falsches" ist, dann weiß ich auch nicht, was ich dazu sagen soll....

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