Referendariat abgebrochen, Vertretungsunterricht unmöglich?

    • Offizieller Beitrag

    Aber dann sollte man auch die Stärke haben, das Ref woanders fortzusetzen.
    Aber das Spiel "ich bin nicht stark genug, dem Druck des Refs Stand zu halten, bin aber gut genug (und habe genug Spaß), eigenständig eine Vertretung zu übernehmen, ist widersprüchlich (und ich hatte im Ref echt einige Zusammenbrüche, obwohl ich vorher schon 80% reine Korrekturfächer schon unterrichtet hatte.) Ich weiß, dass der Druck anders ist. Aber es gibt Regeln, und einige muss man halt einhalten, wenn man dem System angehören möchte. Man kann sich leider nicht nur die Rosinen rauspicken. Vieles, was im Ref unverständlich im Ref erscheint, erklärt sich später (und dann versucht man auch, seinen eigenen Ref dahingehend auszubilden.)

  • Ich weiß, dass der Druck anders ist. Aber es gibt Regeln, und einige muss man halt einhalten, wenn man dem System angehören möchte. Man kann sich leider nicht nur die Rosinen rauspicken. Vieles, was im Ref unverständlich im Ref erscheint, erklärt sich später (und dann versucht man auch, seinen eigenen Ref dahingehend auszubilden.)

    Hallo chilipaprika,


    das ist es doch genau, weshalb sich das "System" so hartnäckig selbst erhält: Warum soll es der Referendar besser haben? Ich musste doch auch kämpfen und leiden, um Lehrer/in zu werden.


    Das hat mit Ausbildung weniger was zu tun (auf die kann ich mich vor lauter psychischer Belastung nur bedingt konzentrieren), sondern mit einem klassischen Einführungsritual.


    In Zeiten, in denen Lehrerüberschuss herrscht, kann man das vielleicht noch als notwendige Selektion ansehen; derzeit aber wirkt das eher wie ein deplatzierter Automatismus. Man müsste die Reffis stark machen und auf den Beruf bestmöglich vorbereiten, stattdessen sind wir alle am Limit unterwegs und nicht wenige quälen sich täglich in die Schule, weil sie von ihren Mentoren drangsaliert werden.


    Es ist die Haltung und Grundeinstellung gegenüber den Berufsanfängern, was das Referendariat so sehr als Ausbildung belastet und in Misskredit bringt. Aber was rede ich mir den Mund fusslig. :pfeifen:


    der Buntflieger

    • Offizieller Beitrag

    Hallo chilipaprika,
    das ist es doch genau, weshalb sich das "System" so hartnäckig selbst erhält: Warum soll es der Referendar besser haben? Ich musste doch auch kämpfen und leiden, um Lehrer/in zu werden.


    Ich glaube, du hast eine schlechte Phase und kannst nicht gerade denken.
    Das hat gar nichts mit einem Einführungsritual zu tun. Ich schließe ja die Fälle von Mobbing aus und gehe erstmal von einer "normalen" Drucksituation aus. Es ist klar, dass der Druck hoch ist. Von diesen 18 Monaten hängt deine gesamte zukunft ab...


    Im Ref habe ich mich am Anfang das eine oder andere Mal gefragt, warum ich denn alles so früh haben müsste, reicht doch am Abend davor. Ich habe gelernt, mich zu organisieren, das große Ganze zu sehen und verstanden, dass Reihen geplant werden müssen, dass ich besser weiß, wo ich nächste Woche hinwill, damit ich die passenden Hausaufgaben aufgeben kann, usw..
    Jetzt habe ich eine junge Referendarin, die das partout nicht einsehen will, mir ihre Planung für den nächsten Tag einfach nur zu spät abgibt oder einfach glaubt, dass sie es sich leisten kann, ohne vorbereitetes Tafelbild in die Stunde zu kommen. Ich habe als Grundsatz, dass ich nicht in die Stunde eingreife, weil ich nicht will, dass die SchülerInnen meine Meinung sehen. Mein Grundsatz ist aber auch, dass meine SchülerInnen saubere Notizen im Heft haben. Von einem schlechten Tafelbild ist noch nie jemand gestorben. Von einem katastrophalen, konfusen Tafelbild lernt man aber in den unteren Klassen nicht, also greife ich ein.


    Es gibt bestimmte Sachen, die man im Laufe des Refs und im Laufe der ersten Jahren erst begreift.




    Zitat


    In Zeiten, in denen Lehrerüberschuss herrscht, kann man das vielleicht noch als notwendige Selektion ansehen; derzeit aber wirkt das eher wie ein deplatzierter Automatismus. Man müsste die Reffis stark machen und auf den Beruf bestmöglich vorbereiten, stattdessen sind wir alle am Limit unterwegs und nicht wenige quälen sich täglich in die Schule, weil sie von ihren Mentoren drangsaliert werden.


    Tja, wenn "strukturierten UNterricht lernen" = drangsaliert werden, ja, gerne. Ich sage es mal so: Einige müssen es auch mal härter gesagt bekommen, weil sie die netten Worte nicht verstehen.
    Und nur, weil es einen hohen Lehrermangel gibt, heißt es nicht, dass die Qualität sinken darf.




    Zitat

    Es ist die Haltung und Grundeinstellung gegenüber den Berufsanfängern, was das Referendariat so sehr als Ausbildung belastet und in Misskredit bringt. Aber was rede ich mir den Mund fusslig.

    1) Referendare sind keine Berufsanfänger, sie lernen noch.
    2) sehr viele der Mentoren sind selbst Berufsanfänger. Sie wollen also genau das beibringen, was man braucht, um a) die Prüfung zu bestehen, b) bei der anschließenden vollen Stelle überleben zu können.


    Aber was rede ich mir den Mund fusselig...


    chili

  • stattdessen sind wir alle am Limit unterwegs und nicht wenige quälen sich täglich in die Schule, weil sie von ihren Mentoren drangsaliert werden.


    Viele fühlen (!) sich drangsaliert. Ob sie das tatsächlich werden, lasse ich mal im Raum stehen.



    Beispiel: Ich habe mal einen Referendar betreut, netter Kerl, kam persönlich super mit ihm klar. Dienstlich war es aber extrem anstrengend mit ihm. Er war bei mir im Ausbildungsunterricht, relativ am Anfang (nach ca. 6 Monaten), ich würde also gerne wissen, was er die jeweiligen Stunden vorhat. Ich erwarte da keine schriftliche Ausarbeitung, aber wenigstens eine kurze Mail / Zettel, wo grob der Verlauf skizziert ist. Kam aber nie etwas, auch auf Nachfragen. Gleichzeitig sahen die Stunden so aus, als wenn er die offensichtlich fünf Minuten vor der Stunde zusammengeschustert, absolut katastrophal. Ich rede hier nicht vom UPP-Niveau, sondern von relativ simplen Stunden.
    Ich habe ihm das dann irgendwann gesagt, dass ich so nicht bereit bin, ihn weiter zu betreuen und er sich entweder meinen Bedingungen beugt oder er meinen AU verlassen kann bzw. nur noch hospitiert.
    Er hat sich dann einen anderen Kollegen gesucht, der mir dann ähnliches berichtet habe.


    Frage: Habe ich ihn drangsaliert?
    Frage: Hat er sich drangsaliert gefühlt?

  • Jetzt habe ich eine junge Referendarin, die das partout nicht einsehen will, mir ihre Planung für den nächsten Tag einfach nur zu spät abgibt oder einfach glaubt, dass sie es sich leisten kann, ohne vorbereitetes Tafelbild in die Stunde zu kommen

    Tja, wenn "strukturierten UNterricht lernen" = drangsaliert werden, ja, gerne. Ich sage es mal so: Einige müssen es auch mal härter gesagt bekommen, weil sie die netten Worte nicht verstehen.
    Und nur, weil es einen hohen Lehrermangel gibt, heißt es nicht, dass die Qualität sinken darf.


    Meine Worte (s. Post unter dir), witzig, dass wir gleichzeitig den gleichen Gedanken hatten.

  • Von einem schlechten Tafelbild ist noch nie jemand gestorben. Von einem katastrophalen, konfusen Tafelbild lernt man aber in den unteren Klassen nicht, also greife ich ein.
    Es gibt bestimmte Sachen, die man im Laufe des Refs und im Laufe der ersten Jahren erst begreift.


    Hallo chili,


    wie gesagt, diese Sorte von Referendaren verkörpere ich nicht und ich kenne auch keinen. Bei uns sind alle sehr fleißig, jedenfalls die überwiegende Mehrheit. Geht auch gar nicht anders: Ich muss nach nicht mal fünf Monaten 12 Stunden die Woche halten und davon jede im Stil einer Lehrprobe - mit ausführlicher Skizze, selbst erstelltem Material (inkl. Differenzierung) und Methodenvielfalt. Außerdem soll ich auch den ganzen Rest parallel drauf haben: Reibungslose Gesprächsführung und Classroom-Management auf hohem Niveau. Jede übersehene Störung wird hinterher kritisch erwähnt. Der Druck ist schon extrem.


    der Buntflieger

  • Also so schrecklich mein Ref war, aber die Alltagsstunden durften (mussten) sich schon von Unterrichtsbesuchen bzw. Lehrproben unterscheiden.

    Wobei das auch niemandem ansonsten aufgefallen wäre, war ja niemand da bei den Stunden und zur Planung oder Kontrolle usw. eh nicht.

  • Wobei das auch niemandem ansonsten aufgefallen wäre, war ja niemand da bei den Stunden und zur Planung oder Kontrolle usw. eh nicht.

    Stimmt. Nur selten kam meine Mentorin rein. Aber unsere Planungen, auch für solche Stunden, mussten wir in einem Ordner sammeln, in den die Mentorin, Schulleitung und das Seminar schon mal reingeschaut haben.

  • Das mit dem Planungsordner ist eine Frechheit. Den Unterricht ganz alleine habe ich gerne zum Ausprobieren, in stressigen Phasen auch mal zum improvisieren genutzt.
    Das hätte ich mir auch nicht nehmen lassen wollen, unbeobachtet lernen gehört doch dazu.

  • Bei uns ging die Prüfungsphase sehr schnell los und ging über ein Jahr. Wir hatten dafür mehr Zeit für Lehrproben etc. als die Refis nach uns, die die selbe Anzahl an Lehrproben usw. hatten, aber innerhalb eines kürzeren Zeitraumes.
    Ein Kind bekommen führte sozusagen zum Abbruch und endgültig durchfallen (Begründung: Das Leben ist planbar und wer das nich schafft zu planen ist unstrukturiert,...). Es wurden ernsthaft Refis vor die Wahl gestellt: Kind oder Lehrerin werden (Aus meinem Seminar 20%).


    Es ist aber durchaus möglich, dass es heute anders ist. Ich war an einem sehr schrecklichen Seminar mit sehr altmodischen Ansichten und Strukturen (z.B. Kontrolle der Fingernägel,...).

    Ach Du lieber Himmel! Hat da keiner geklagt? Einen solchen Eingriff in mein Leben würde ich mir nicht gefallen lassen.



    Also bitte. Drangsalieren der Refs durch ihre Mentoren? Ehrlich? Die meisten bekommen weder zeitlich Entlastung oder haben sonst irgendetwas davon, dass sie sich am Wochenende mit den Stundenentwürfen beschäftigen. ich finde es gelinde gesagt unterirdisch, wenn ich Deine Meinung dazu höre.


    Ich habe einen anderen Tipp für Dich: Mach doch einfach mal, was Dein Mentor von Dir verlangt. Du wirst im weiteren Verlauf Deiner Ausbildung und später im Beruf sehen, dass Dich das entscheidend weiter bringt auf dem Weg zur Professionalität. Ich hatte keinen Mentor, der das "verlangt" hat, ich habe aber für mich selbst in allen Stunden Unterrichtsreihen und einzelne Stunden kurz mit ihrer Phasierung geplant (und das waren 19-20 Stunden!). Und deswegen plane ich seit dem ersten Berufsjahr Unterrichtsreihen in einer knappen Stunde. Wahrscheinlich hätte ich sonst die ersten Jahre kaum überlebt.


    Und ich habe oft Reffis erlebt, die einfach nicht eingesehen haben, dass man auch mal eine Stunde außerhalb eines UBs zu planen, einfach, damit man Übung bekommt. Man muss nämlich lernen richtig zu reagieren, wenn der Plan nicht funktioniert. Und das geht man besten in nicht-UB-Stunden. Und man sollte auch mal eine Musterlösung zu seine Aufgaben anfertigen, denn dann sieht man oft, dass die Aufgabe unsinnig formuliert wurde oder das zu wenig Gehalt in der Aufgabe steckt und die SuS plötzlich nach 1 Minute fertig sind und sich langweilen. All das lernt man besten, indem man außerhalb von Lehrproben seinen Unterricht plant. Isso! ;)

  • Stimmt. Nur selten kam meine Mentorin rein. Aber unsere Planungen, auch für solche Stunden, mussten wir in einem Ordner sammeln, in den die Mentorin, Schulleitung und das Seminar schon mal reingeschaut haben.

    Ich hatte in einem Fall keinen Mentor, die Schulleitung hatte dafür keine Zeit und das Seminar auch nicht.

    • Offizieller Beitrag

    Zitat: Ich muss nach nicht mal fünf Monaten 12 Stunden die Woche halten und davon jede im Stil einer Lehrprobe - mit ausführlicher Skizze, selbst erstelltem Material (inkl. Differenzierung) und Methodenvielfalt.


    willkommen in der Realität!
    Wie hättest du es dir denn vorgestellt?


    ( 5Monate halte ich übrigens für eine recht lange Zeit vor dem eigenständigen Unterricht, bei uns war es nach 6 Wochen soweit (2006, NDS). Man WILL doch auch mal loslegen!)

  • Also bitte. Drangsalieren der Refs durch ihre Mentoren? Ehrlich? Die meisten bekommen weder zeitlich Entlastung oder haben sonst irgendetwas davon, dass sie sich am Wochenende mit den Stundenentwürfen beschäftigen. ich finde es gelinde gesagt unterirdisch, wenn ich Deine Meinung dazu höre.
    Ich habe einen anderen Tipp für Dich: Mach doch einfach mal, was Dein Mentor von Dir verlangt.


    Hallo Sissymaus,


    ich bin sehr pflichtbewusst und habe bisher noch nie widersprochen. Außerdem habe ich hohe Ansprüche an mich selbst und daher sitze ich quasi rund um die Uhr am Schreibtisch. Durchgemachte Nächte sind für mich längst zur Normalität geworden.


    Das alles wäre auch nicht das Problem, sondern der zusätzliche psychische Druck durch harte Kritik und wenig Zuspruch ist es, was einen (bzw. mich in dem Fall) mit der Zeit immer mehr belastet. Die Bewertungen sind zunehmend intransparent und willkürlich anmutend. Ich weiß gar nicht, wo ich eigentlich im Moment stehe. Klare Aussagen gibt es keine.


    der Buntflieger

  • Das mit dem Planungsordner ist eine Frechheit. Den Unterricht ganz alleine habe ich gerne zum Ausprobieren, in stressigen Phasen auch mal zum improvisieren genutzt.
    Das hätte ich mir auch nicht nehmen lassen wollen, unbeobachtet lernen gehört doch dazu.

    Hallo state_of_Trance,


    wir müssen auch alle Verlaufspläne aufheben zu jeder gehaltenen Stunde. Jederzeit kann vom Seminar Einsicht verlangt werden.


    der Buntflieger

  • Wobei das auch niemandem ansonsten aufgefallen wäre, war ja niemand da bei den Stunden und zur Planung oder Kontrolle usw. eh nicht.


    Hallo Susannea,


    bei mir sitzt (fast) immer ein Mentor im Unterricht und es gibt auch (fast) immer eine ausführliche Nachbesprechung. Außerdem muss ich teilweise die Verlaufspläne Tage vorher schon zur Einsicht an die Mentoren verschicken.


    Ich schrieb es ja schon irgendwo, dass ich jede Vertretungsstunde genieße und insgeheim feiere.


    der Buntflieger

  • Ich habe auch die Vertretungsstunden im Ref geliebt. Da konnte ich endlich mal ich sein und mich ausprobieren.

  • Habt ihr keinen eigenverantwortlichen Unterricht? Kriegen die Mentoren soviel Entlastung, dass sie (fast immer) bei euch sitzen...?

    Hallo chilipaprika,


    verstehe ich jetzt nicht. Ich übernehme doch jedes Mal den Unterricht der Mentoren. Bin ja noch in der Praktikumsphase. Erst nach den Sommerferien gehts mit dem Eigenständigen los, wenn sie mich lassen, was bisher auch noch völlig unklar ist. Sitze auf glühenden Kohlen seit Wochen.


    der Buntflieger

  • Ich habe auch die Vertretungsstunden im Ref geliebt. Da konnte ich endlich mal ich sein und mich ausprobieren.


    Hallo Frechdachs,


    so gehts mir auch. Ohne Korsett unterrichten und sich selbst sein dürfen - richtig befreiend und bereichernd. Aber das ist leider die Ausnahme, offiziell dürfen Reffis ja gar keine Vertretungen machen in der ersten Phase. ;)


    der Buntflieger

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