Werden die Kids faul durch Arbeitshefte?

  • Na ja, wenn man es genau nimmt, geht es nicht nur Schülern und Studenten so sondern dem Großteil der Bevölkerung. Wer schreibt denn heute noch Texte per Hand? Private Briefe sind quasi ausgestorben, andere Briefe werden sowieso selbstverständlich am PC geschrieben, oft sogar Einkaufslisten etc
    Also ich wüsste spontan nicht, wann ich das letzte mal zehn Sätze oder mehr handschriftlich aufs Papier gebracht habe.
    Und mich ärgert es zwar auch, aber meine Handschrift ist auch nicht mehr so schön wie früher. Ich bin es einfach auch nicht mehr gewöhnt.
    Das ist ein gesamtgesellschaftliches Phänomen und betrifft längst nicht nur Kinder und Jugendliche.

  • Na ja, wenn man es genau nimmt, geht es nicht nur Schülern und Studenten so sondern dem Großteil der Bevölkerung. Wer schreibt denn heute noch Texte per Hand? Private Briefe sind quasi ausgestorben, andere Briefe werden sowieso selbstverständlich am PC geschrieben, oft sogar Einkaufslisten etc
    Also ich wüsste spontan nicht, wann ich das letzte mal zehn Sätze oder mehr handschriftlich aufs Papier gebracht habe.
    Und mich ärgert es zwar auch, aber meine Handschrift ist auch nicht mehr so schön wie früher. Ich bin es einfach auch nicht mehr gewöhnt.
    Das ist ein gesamtgesellschaftliches Phänomen und betrifft längst nicht nur Kinder und Jugendliche.

    Ja, das stimmt. Darüber habe wir im Kollegium auch gerade gesprochen. Wenn ich einen längeren Brief an die Krankenkasse oder so schreiben muss, nehme ich auch immer den Computer.

  • Durchaus, es wird immer weniger mit der Hand geschrieben; auch ich beobachte ein immer schlechter werdendes Schriftbild bei mir selbst.
    Ich lasse trotzdem (oder gerade deswegen?) meine SuS viel schreiben.
    Nach dem ersten Geheule und Gejammere - meinen Schülern tut Schreiben nämlich körperlich weh :_o_D - macht sich letztendlich jeder ans Werk und siehe da: Jeder überlebt am Ende.


    Im Ernst: Ich finde es sinnvoll, dass Schüler handschriftlich schreiben.
    Bei meiner Schülerklientel (ältere SuS, meist leistungsschwach, viele mit gescheiterten Schulkarrieren) ist Schreiben oftmals sogar eine regelrechte Konzentrationstherapie. Gelegentlich mache ich sogar auch mal ein kurzes Diktat, um in eine unruhige, unkonzentrierte Klasse etwas Ruhe reinzubringen.


    Arbeitsblätter mit Lücken finde ich sinnvoll, wenn gezielt solche Dinge wie die Unterscheidung von Adjektiv/Adverb, who/which, some/any o.ä. geübt werden soll - dann stelle ich aber oft fest, dass meine Schüler den Text vor und nach der Lücke gar nicht richtig lesen...

  • Unabhängig vom schlechten Schriftbild würde ich noch aus anderen Gründen behaupten, dass Arbeitshefte ihre Nachteile haben.


    Arbeitshefte enthalten nicht nur Übungsaufgaben sondern auch vorstrukturierte Ergebnisblätter, bei denen lediglich die passenden Wörter in den passenden Lücken eingetragen werden. Früher waren dies klassische Tafelbilder, die gemeinsam mit den Schülern im Unterricht entwickelt wurden und durch die Erklärungen der Lehrkraft oder dem Dialog mit der Klasse zu einem verständlichen Werk wurden. Heute lesen die Schüler den passenden Infotext und tragen eben ein. "Was" nun inhaltlich dahinter steht muss anders vermittelt werden und geht sogar ein Stück weit verloren. In den Klassenarbeiten ist genau zu beobachten, dass die Schüler das Schaubild auswendig gelernt, den Inhalt dahinter aber nicht verstanden haben.


    Bei zu häufigem Einsatz der Arbeitshefte wird auch der Unterricht monoton - und die Gefahr besteht durchaus, dass auch wir Lehrer zu monoton werden.


    Der Vorteil ist natürlich klar. Durchaus durchdachte Übungen (zumindest bei guten Arbeitsheften), die unsere Vorbereitungszeit extrem verkürzen können.


    Für den Einsatz von Arbeitsheften gilt also wie so häufig im Lehrerberuf. Die richtige Mischung macht's

  • Bei mir gibt es wie bei sicherlich vielen einen Tafelanschrieb zu üben und in die Hefte kommt bei uns an der Schule das Datum dran. Im LE-Bereich habe ich in den Nebenfächern oft ein Arbeitsheft angeschafft. Freies Formulieren fällt ihnen sehr schwer, aber nur Arbeitsheft mache ich nur ungern. In den anderen Klassen (H, R oder H/R) benutze ich Arbeitshefte meist nur für Hausaufgaben, weil das so schön zum Lehrwerk passt. Ansonsten bin ich sehr für Arbeit in einem normalen Heft oder Block, weil alle zwar die gleiche Fragen beantworten, aber durch das offene Format direkt eine Form von Differenzierung hineinkommt. Wer gut ist, schreibt meist etwas ausführlicher und genauer, und die schwachen SUs beantworten es sehr simpel. Da ist man durch das Arbeitsheft recht schnell eingeschränkt.



    Arbeitsblätter mit Lücken finde ich sinnvoll, wenn gezielt solche Dinge wie die Unterscheidung von Adjektiv/Adverb, who/which, some/any o.ä. geübt werden soll - dann stelle ich aber oft fest, dass meine Schüler den Text vor und nach der Lücke gar nicht richtig lesen...

    Genau meine Erfahrung!

  • Mal ein kleiner Denkansoß: Wann habt ihr in eurem Leben zuletzt einen längeren Fließtext formulieren und per Hand schreiben müssen?

    Das ist schon klar, dass wir Erwachsene das auch praktisch nie tun. In Prüfungen wird es aber nunmal handschriftlich verlangt. Würde man das digital abhandeln, müsste die Schule auch entsprechende Geräte bereitstellen, wo man sicher sein kann, dass nicht geschummelt wird.

  • Arbeitsblätter mit Lücken finde ich sinnvoll, wenn gezielt solche Dinge wie die Unterscheidung von Adjektiv/Adverb, who/which, some/any o.ä. geübt werden soll - dann stelle ich aber oft fest, dass meine Schüler den Text vor und nach der Lücke gar nicht richtig lesen...

    Die Erfahrung habe ich auch in Physik und Chemie gemacht, wenn ich mal Fachbegriffe in Lückentexten abschreibe. Da sind dann schon mal derart sinnenstellende Worte in den Lücken, so dass der Satz unglaublich komisch klingt. Manche Schüler lesen sich den ganzen Satz dann gar nicht mehr durch.

    Freundlichkeit ist kostenlos, aber niemals umsonst.

  • Mal ein kleiner Denkansoß: Wann habt ihr in eurem Leben zuletzt einen längeren Fließtext formulieren und per Hand schreiben müssen?

    Das ist ewig her- Dekaden? Aber ich kann schreiben. Meine Schüler nicht wirklich. Und ich beherrsche das 10-Fingertippsystem, so dass ich am PC halbwegs zügig korrekte Texte verfasse, meine Schüler nicht.


    Ich finde die Frage ganz interessant: fängt man eher an zu denken, wenn man ganze Sätze formulieren muss? Ich dachte immer, dem ist so. Aber vielleicht liegt’s daran, dass in meiner Schulzeit noch anders gearbeitet wurde und ich altmodisch bin.


    Interessant aber auch: ich sehe ja v.a. die Arbeitshefte für Lernförderschüler. Trotzdem scheinen sich andere dieselben Gedanken gemacht zu haben...

  • Ich unterrichte dieses Jahr erstmals mit einem Arbeitsheft. Fündte Klasse, Biologie/Natur und Technik. Eineseits ganz nett, weil es mir viele Arbeitsblätter mit Abbildungen erspart und die Schüler darin Diagramme zeichnen oder auswerten können oder andere Kompetenzen erwerben können. Andererseits fühle ich mich dadurch sehr eingeengt. Motto, die Eltern haben es bezahlt, also muss ich es möglichst häufig auch einsetzen, obwohl ich längst nicht alles darin sinnvoll finde oder eigene Arbeitsblätter habe, die mir besser gefallen als die Seite im Arbeitsheft. Oder liever ein anderen Experiment mache als das, was im Arbeitsheft gezeigt wird.
    Trotzdem gibt es regelmäßig auch noch Hefteinträge mit Tafalanschrieb und ich verzweifle teilweise, wenn ich sehe, wie lange manche Schüler dafür immer noch brauchen. Manche, weil sie Überschrift farbig schreiben und dann noch in einer anderen Farbe zweimal unterstrichen. Andere, weil sie auch in der fünften Klasse noch jeden Buchstaben einzeln malen und gar nicht wirklich kapieren, welches Wort sie gerade schreiben. Derzeit sehe ich ihre Hefte durch und bei einigen ist es eine Katatrophe, wenn ich sehe, was sie aus meinen strukturierten Tafelanschrieben machen. Bisweilen weiß ich gar nicht,wo ich anfangen soll zu korrigieren. Vor allem die Tendenz, mitten im Satz aufzuhören, weil die Stunde zu Ende ist und es nicht zumutbar ist, den Satz gerade noch fertig abzuschreiben.
    Ob ich in meiner nächsten 5. Klasse wieder das Arbeitsheft einsetze, weiß ich derzeit noch nicht.


    Sarek

  • Derzeit sehe ich ihre Hefte durch und bei einigen ist es eine Katatrophe, wenn ich sehe, was sie aus meinen strukturierten Tafelanschrieben machen.

    Man schaut da vielleicht nicht so oft rein, das ist leider auch bei älteren Schülern der Fall :D

  • Wahrscheinlich kriege ich wieder Schimpfe von Miss Jones oder so ab, aber was wäre denn, gerade bei 5.-Klässlern am Gymnasium mit einer Art Countdown? Nach dem Motto "5 Minuten habt ihr zum Abschreiben Zeit. Wer dann nicht fertig ist, muss es in einer freien Minute beim Nachbarn abschreiben"... Wenn man das so ein bisschen wie ein Spiel aufzieht, sind die Kids durchaus motiviert, möglichst schnell fertig zu werden - und wenn es nur deswegen ist, um am Ende laut "Erster!" rufen zu können ;) .

  • Wahrscheinlich kriege ich wieder Schimpfe von Miss Jones oder so ab, aber was wäre denn, gerade bei 5.-Klässlern am Gymnasium mit einer Art Countdown? Nach dem Motto "5 Minuten habt ihr zum Abschreiben Zeit. Wer dann nicht fertig ist, muss es in einer freien Minute beim Nachbarn abschreiben"... Wenn man das so ein bisschen wie ein Spiel aufzieht, sind die Kids durchaus motiviert, möglichst schnell fertig zu werden - und wenn es nur deswegen ist, um am Ende laut "Erster!" rufen zu können ;) .

    Die Tafelabschriebe sehen so schon furchtbar bei vielen Kindern aus. Wenn ich ihnen dann auch noch nur wenig Zeit dafür gebe, kann man die Hefteinträge gar nicht mehr gebrauchen. Hauptsache fertig ....

  • Schimpfe?
    Nö.
    Aber ich finde es... albern. Warum?
    1. Können die SuS deine Schrift überhaupt lesen? (bei manchen Kollegen könnte das durchaus schwer fallen)
    2. "Schnell schreiben" führt oft zu ziemlicher Schmierage... dann lieber sauber und lesbar.
    3. "in einer freien Minute bei Nachbarn"... nee.


    Insgesamt... in der Grundschule vielleicht halbwegs sinnvoll, aber ab einer 5. kämen sich die Schüler denke ich je nach Fach eher veräppelt vor.


    Insgesamt zum Thema... ich habe mir für Spanisch verschiedene Arbeitshefte angesehen und keines gefunden, das ich ansprechend / allzu nützich gefunden habe. Von daher verwende ich die in meinem Spanischunterricht nicht (bin aber ohnehin von den Spanischlehrwerken die so rumgeistern eher wenig angetan - ich verwende da einiges an "Eigenproduktion" oder von Kollegen, was ich für sinnvoll erachte - bisher gabs da keine Beschwerden).
    Insofern - das Prinzip von "Arbeitsheften" kann stellenweise ganz praktisch sein, sollte aber nicht zum Standard werden. Gerade im Bereich des Fremdsprachenunterrichts halte ich frei formuliertes Schreiben für sehr wichtig und zielführend. Ein paar Übungen a la "Lückentext" eignen sich durchaus, um zB neue grammatikalische Regeln einzuüben, mehr aber auch nicht. Das Hauptaugenmerk sollte aber mMn auf dem Sprachgebrauch liegen, und da ist nach der verbalen Kommunikation die freie Formulierung essentiell.

    Der Zyniker ist ein Schuft, dessen mangelhafte Wahrnehmung ihn Dinge sehen lässt wie sie sind, nicht wie sie sein sollten. (Ambrose Bierce)
    Die Grundlage des Glücks ist die Freiheit, die Grundlage der Freiheit aber ist der Mut. (Perikles)
    Wer mit beiden Füßen immer felsenfest auf dem Boden der Tatsachen steht, kommt keinen Schritt weiter. (Miss Jones)
    Wenn der Klügere immer nachgibt, haben die Dummen das Sagen - das Schlamassel nennt sich dann Politik (auch Miss Jones)

  • Ist deine Signatur noch aktuell, sprich in der Grundschule tätig? Wenn man damit früh anfängt und das wirklich spielerisch aufbaut, kriegen das die Kinder schon hin und finden das Ganze sogar motivierend. Insgesamt muss man den Kids hin und wieder schon eine leichte Form von Druck machen, sonst hat man nach 30 Minuten Sitzkreis bilden, 20 Minuten Abschreiben und 10 Minuten ruhig werden keine Zeit mehr für irgendwas. Außerdem kennen die Kinder das ja auch meist von zuhause... "In 5 Minuten ist das Essen fertig." Wer keine Lust auf kaltes Essen hat, muss dann eben hinne machen ;) .


    @Miss Jones: An meiner letzten Praktikumsschule nutzten alle Kollegen geschlossen das Sally-Heft für den Englischunterricht. Wenn man wirklich erfahren ist, kann man sicher auch etwas freier arbeiten, aber ich glaube, dass man gerade als Berufsanfänger eher blöd angeschaut wird, wenn man dann bei der Sally-Tradition nicht mitmacht. Und gerade in der Grundschule und bei meinen Fächern wird ja die Wahl des richtigen Arbeitsheftes fast schon zelebriert...

  • Da hast du nicht Unrecht... Sally war das mit dem Känguruh, oder?
    Ich habe mich vor kurzem noch mit einer Freundin unterhalten, die Englisch Primarstufe unterrichtet, und da ging es auch um Lehrmaterialien. Da war wohl "Discovery" angesagt, aber nun hat sie mal "Come In" ausprobiert, was den Kindern wohl gut gefällt. Und ja, da gibt es wohl Workbooks oder wie immer sie da bezeichnet werden - allerdings hast du bei Englisch auch deutlich mehr Auswahl, um das passende zu finden.

    Der Zyniker ist ein Schuft, dessen mangelhafte Wahrnehmung ihn Dinge sehen lässt wie sie sind, nicht wie sie sein sollten. (Ambrose Bierce)
    Die Grundlage des Glücks ist die Freiheit, die Grundlage der Freiheit aber ist der Mut. (Perikles)
    Wer mit beiden Füßen immer felsenfest auf dem Boden der Tatsachen steht, kommt keinen Schritt weiter. (Miss Jones)
    Wenn der Klügere immer nachgibt, haben die Dummen das Sagen - das Schlamassel nennt sich dann Politik (auch Miss Jones)

  • Arbeitshefte gibt es (leider) sogar noch in der Berufsschule. In meinem Unterricht verwendenich sie aber gar nicht, da ich das wenig sinnvoll finde, wenn Schüler nur Fachbegriffe kn Lücken einfügen müssen. Das geht auch ohne, dass sie es verstanden haben, aber das ist nicht das Ziel meines Unterrichts.


    Ich finde es auch grenzwertig, wenn mein technisches Gymnasium rumheult, weil ich sie „zwinge“ einen technischen Bericht anzufertigen. Als hätte ich verlangt, dass sie die Bodenfliesen mit der Zahnbürste abschrubben.


    Arbeitshefte sind für die Verlage sehr lukrativ, da jeder Schüler jedes Jahr eins kaufen muss. Deswegen gibt’s die auch passend zu vielen Lehrwerken zu kaufen.

  • Ich muss aber auch sagen, dass ich dachte ich würde viel schreiben, auch in der Uni noch. Wir hatten nämlich gerade in Englisch so einige Vorlesungen ohne Skript/ Folien.
    Aber in den StEx-Klausuren hab ich mich dann auch wieder gefühlt als würde meine Hand das nicht schaffen. Daher sage ich meinen Abiturienten auch immer dass sie Hausaufgaben auch mal von Hand schreiben sollen, um sich auf die immer längeren LK-Klausuren vorzubereiten.


    Und zum Thema Faulheit: gerade in Englisch finde ich, dass viele Grammatik in Lückentexten besser hinbekommen (wenn sie vernünftig lesen(!), als in freien Texten. Die finde ich daher in der Oberstufe auch zum Wiederholen nicht mehr sinnvoll. Dann lieber komplette Texte mit Fehlern zum korrigieren rausgeben. Da wissen sie wenigstens nicht wo der Fehler ist.

    Only Robinson Crusoe had everything done by Friday.

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