Referendariat in BW am allgemeinbildenden Gymnasium oder an beruflicher Schule absolvieren?!

  • Hallo zusammen,


    folgende Situation: Ich studiere Englisch und Deutsch auf Gymnasiallehramt (in BW) und absolviere jetzt im Herbst und im Frühjahr 2019 mein 1. Staatsexamen. Für das Referendariat werde ich mich also nächstes Jahr im Frühjahr (für Januar 2020) bewerben.


    Ich weiß, dass ich eher Allerweltsfächer studiere und die Anstellungschancen nach dem Ref in BW momentan für meine Fächerkombi - auch mit sehr guten Noten - nicht gerade rosig sind....
    Ob ich mein Referendariat am allgemeinbildenden Gymnasium oder an einer beruflichen Schule mit angeschlossenem beruflichen Gymnasium absolvieren möchte, steht noch nicht endgültig fest. Ich habe beide Schulformen als Schüler erlebt und mein Praxissemester an einer hauswirtschaflichen Schule mit EG und SG gemacht. Sowohl das Gymnasium als auch das berufliche Schulwesen gefällt mir gut und ich könnte mir tendenziell beides vorstellen. Die meisten Lehrer im Praxissemester haben mir aber eher davon abgeraten, das Ref an einer beruflichen Schule zu absolvieren. Gerade in Deutsch könnte man z.B. an einer kaufmännischen Schule die Situation haben, dass man eben lauter ähnliche Azubi-Klassen bekommt, in denen man fast dasselbe unterrichten muss (z.B. Geschäftsbrief ect.). Mir wurde eher geraten, das Ref am allgemeinbildenden Gymnasium zu absolvieren und danach in Erwägung zu ziehen, auch an eine berufliche Schule zu gehen (Prinzip: "Alle Chancen offen lassen!"). Ein Bekannter, der sein Ref im beruflichen Schulwesen gemacht hat, hat mir aber nun gesagt, dass die Einstellungschancen viel besser wären, wenn man sein Ref gleich im beruflichen Bereich absolviert, da die beruflichen Seminare erstmal ihre Refis versorgen, bevor sie Leute von den allgemeinbildenden Seminaren einstellen.


    Meine Fragen wären deshalb: Wo wäre es bei der momentanen Einstellungssituation mit meinen Fächern sinnvoller das Ref zu absolvieren? Hat man im Ref im beruflichen Schulwesen eigentlich Anspruch wenigstens eine 11. Gymnasialklasse zu unterrichten oder könnte es sein, dass man nur Berufsschulklassen bzw. VABO, Berufsfachschule, BK ect. unterrichten darf ?


    Über Tipps/Ratschläge/Erfahrungen von Refis oder Lehrern (aus BW), die sich mit der Situation auskennen, würde ich mich sehr freuen!


    Vielen Dank schon einmal!

  • Hallo,


    ich denke, man muss sich nichts vormachen: Deine Einstellungschancen werden in beiden Varianten eher schlecht sein... :( An den BBS werden deine Fächer aber zumindest in allen Schularten gebraucht. Deutsch auch oft in einem großen Umfang.


    Ich würde mir also andere Kriterien überlegen um zu entscheiden ob du das Ref hüben oder drüben machst.


    An den BBS können die Schüler oft weder Deutsch, geschweige denn Englisch. Ob du mit dieser Kombi jedes Jahr in mehreren Schularten Prüfungskorrekturen haben musst... Naja... Deine Fächer werden im Teilzeitbereich nur einstündig unterrichtet. Wenn du ein volles Deputat unterrichtest führt das oft dazu, dass du in einer zweistelligen Anzahl von Klassen eingesetzt wirst. Muss man auch nicht unbedingt haben.


    Ansonsten musst du an den BBS eine Zusatzlehrprobe absolvieren damit du auch im allgemeinbildenden Gymnasium eingesetzt werden kannst. Andersherum ist das nicht so. Auch für den Auslandsschuldienst brauchst du die Lehrbefähigung für allgemeinbildende Gymnasien. Also hättest du eine Lehrprobe mehr im Ref.


    Einen Anspruch darauf an den BBS bestimmte Klassen zu unterrichten, hast du nicht. In der Regel wirst du mit dieser Kombi aber in allen Schularten eingesetzt. Was jedoch kein Vorteil sein muss...


    Ich persönlich würde dir trotzdem die BBS empfehlen. Weil ich selbst dort bin und es mir da sehr gefällt. Die Kolleginnen und Kollegen sind da einfach ganz anders als am allgemeinbildenden. Das Schülerklientel auch.


    Wo in BaWü bist du denn? Wir suchen zum Beispiel händeringend Englisch.


    Lg,
    Mrs Pace

    • Offizieller Beitrag

    Deine Einstellungschancen werden in beiden Varianten eher schlecht sein

    Wie kommst du darauf? Wir würden jeden mit dieser Kombi sofort mit Kusshand nehmen und wissen schon, dass wir auf Jahre unterbesetzt sein werden, weil gar nicht genug Lehrkräfte auf dem Markt sind.

  • Wie kommst du darauf? Wir würden jeden mit dieser Kombi sofort mit Kusshand nehmen und wissen schon, dass wir auf Jahre unterbesetzt sein werden, weil gar nicht genug Lehrkräfte auf dem Markt sind.

    Weil wir eine Kollegin an der Schule haben, die schon mehrere Jahre genau mit dieser Kombi KV machen muss und keine Festanstellung bekommt obwohl sie örtlich sehr flexibel ist.

  • @MrsPace Vielen Dank für die Antwort! Das hilft mir auf jeden Fall schon mal etwas weiter! Von der Schulfremdenprüfung am Gymnasium während des Refs an der BSS hab ich im Praxissemester schon gehört. Das ist doch aber ganz am Ende und dann glaube auch unbenotet oder?
    Meine Bedenken das Ref an der BSS zu absolvieren, wären halt vor allem, dass man ja wahrscheinlich auch ne Lehrprobe in der Berufsfachschule bzw. im VABO hat und da kann man ja nicht so gut voraussagen, wie eine Stunde abläuft. Die Schüler sind immer mal anders drauf (manchmal haben sie nen guten Tag und arbeiten auch wirklich mit, manchmal endet es in der Katastrophe...so war es zumindest im Praxissemester).


    Wegen der Einstellung an der BSS: Also ich habe jetzt länger in einer Werkstudententätigkeit gearbeitet, bei der ich öfters mit Refis zu tun hatte und letzten Sommer hat mir einer mit der Fächerkombi Deutsch und Reli, der an der BSS war, erzählt, dass alle vom Seminar, die er kannte mit seinen Fächern eine Stelle bekommen hätten...aber das variiert dann wohl auch :/


    Noch eine andere Frage: Man braucht ja bei BSS das dreimonatige Vorpraktikum. Darf man das praktisch überall absolvieren oder sollte das im sozialen Bereich sein? Könnte ich das dann auch noch nächsten Sommer/Herbst absolvieren (ich schätze die Bescheinigung muss wahrscheinlich spätestens kurz vor Antritt des Refs vorliegen)?


    Ich komme aus dem Raum Stuttgart...


    @Trantor Die Prognose für die Lehrereinstellung in BW am Gymnasium ist für die nächsten Jahre leider sehr schlecht. Man sagt uns immer an den BSS sind die Einstellungschancen wenigstens noch etwas besser, wenn man sein Ref dort macht. Es werden sogar schon Gymilehrer nach dem Ref fürs Grundschullehramt umgeschult... In Hessen ist das vielleicht etwas anders...

    • Offizieller Beitrag

    Die Prognose für die Lehrereinstellung in BW am Gymnasium ist für die nächsten Jahre leider sehr schlecht. Man sagt uns immer an den BSS sind die Einstellungschancen wenigstens noch etwas besser, wenn man sein Ref dort macht. Es werden sogar schon Gymilehrer nach dem Ref fürs Grundschullehramt umgeschult... In Hessen ist das vielleicht etwas anders...

    An beruflichen Schulen sowieso, aber mir leuchtet auch nicht ein, wieso die Einstellungschancen so schlecht sein sollen. Gerade durch die Zuwanderung steigen doch die Schülerzahlen überall, und für euch am Gymnasium gibt es doch auch den Run auf diese Schulform. Ich kann es mir eigentlich nur bei Hauptschullehrern erklären, dass es da schlecht läuft.

  • An beruflichen Schulen sowieso, aber mir leuchtet auch nicht ein, wieso die Einstellungschancen so schlecht sein sollen. Gerade durch die Zuwanderung steigen doch die Schülerzahlen überall, und für euch am Gymnasium gibt es doch auch den Run auf diese Schulform. Ich kann es mir eigentlich nur bei Hauptschullehrern erklären, dass es da schlecht läuft.

    Das kann man so nicht sagen. Viele Hauptschulen werden mittlerweile zu Gemeinschaftsschulen und dort werden Leute gesucht. Das Ganze ist ja inzwischen ein Sek I-Studium (also egal ob Haupt-, Werkreal-, Real- oder Gemeinschaftsschule), sodass man damit an allen Schularten eingesetzt werden kann. So weit ich das über unsere Referendare mitbekommen habe, ist die Lage derzeit hier eher mittelprächtig, nur es will halt kaum einer an eine Werkreal- oder Gemeinschaftsschule. Zumindest ist das in meiner Region so.

  • Noch zu deinen weiteren Fragen:


    Die Zusatzlehrprobe ist schon benotet, fließt aber nicht in die Note für das zweite Staatsexamen mit ein. Also da reicht es theoretisch zu bestehen.


    Wegen der Lehrprobe in der Mittelstufe: Ja, das stimmt. Für jedes Fach musst du eine Lehrprobe in der Mittelstufe machen. Die kannst du auch in einer VABO-Klasse oder einer BFS-Klasse machen. Eine davon muss aber im Teilzeitbereich (also Berufsschule) sein. Meiner Meinung gibt es da aber keine Besonderheiten. Es kann dir auch bei einer Oberstufenklasse passieren, dass es nicht läuft.


    Von so einem Vorpraktikum habe ich noch nie was gehört. Seit wann ist das so? Eventuell ist mir da meine Arbeitserfahrung anerkannt worden.

  • Ich habe die Fächerkombination Deutsch und Geschichte und warte jetzt seit 8 Jahren auf eine feste Anstellung in BW! Ja, als Deutschlehrer wirst du gebraucht aber nicht fest angestellt. Ich habe mein Ref damals am Gymnasium gemacht aber nur an Berufsschulen und an einer Gemeinschaftsschule gearbeitet. Bin zusätzlich alleinerziehend und habe zusammen mit der GEW schon Härtefallanträge gestellt. Diese wurden von Stuttgart abgelehnt - das RP in Freiburg hat den ANtrag anerkannt und wollte mir eine feste Stelle an einer GMS geben aber Stuttgart hat es abgelehnt. Also an deiner Stelle würde ich direkt an die Berufsschule gehen. Ich bewerbe mich gerade auf Stellen in Hessen weil ich nur noch weg will, zurück in meine alte Heimat. Ich hoffe so sehr, dass es klappt! Ich brauche langfristig eine feste Stelle um mich und die Kinder und alles finanzieren zu können. Die Arbeitslosigkeit im Sommer ist wirklich schlimm! uNd auch, dass ich für die gleiche Arbeit wie meine verbeamteten K. viel weniger verdiene. Ich drück dir die Daumen, dass du nicht 8 Jahre warten muss!

  • Vielen Dank für die ganzen Antworten!


    @MrsPace Das mit dem Vorpraktikum für BSS habe ich im Praxissemester 2015 gehört...muss wohl drei Monate Vollzeitpraktikum am Stück sein. Wenn man vor dem Studium schon eine Ausbildung absolviert oder längere Zeit voll gearbeitet hat, kann das auch vergleichend angerechnet werden. Am Gymnasium wird ja auch ein einmonatiges Praktikum oder eine Nebenbeschäftigung als vergleichende Tätigkeit angerechnet. Dann frag ich diesbezüglich am besten nochmal beim LLPA nach.


    @Nemea82 Oh je! Das klingt ja echt hart bei dir. Ich drücke ganz fest die Daumen, dass es bei dir mit der Festanstellung klappt! Die Arbeitslosigkeit im Sommer ist echt eine sehr unfaire Sache! Ich hab das bisher immer nur von Lehrern gehört, die ihr Ref am allgemeinbildenden Gymi absolviert haben, dann partout nicht an berufliche Schulen wollen und eine Vertretung nach der anderen machen über Jahre in der Hoffnung, dass ihre Chancen so steigen eine Festanstellung am Gymnasium zu bekommen...

  • Trantor: In deinem Beitrag stecken mehrere Denkfehler:
    1. Liegt die Geburtenrate in Deutschland bei 1,5 (Bevölkerungsstabilität: 2,1), was langfristig eine sinkende Schüleranzahl bedeutet. Zuwanderung bedeutet also nicht automatisch eine Zunahme der Schüleranzahl. Ausnahme: Frankfurt (und andere Großstädte) durch innerdeutsche Migration. Diese Menschen fehlen dann aber wiederum in kleineren Städten und Dörfern. 2. Es gibt zwar einen "Run" auf Gymnasien, da sich aber mehr als 50% aller Lehramtsstudenten für das Gymnasium entscheiden, insbesondere "weiche" Fächer wie Deutsch oder Geschichte", gibt es in vielen Bundesländern (auch Hessen) einen Überschuss ab Gymnasiallehrern - siehe Lehrerbedarfsprognosen und Umschulungsangebote.
    3. Da sich nur wenige Studenten für H/R-Lehramt entscheiden, hast du hiermit deutlich bessere Karten als mit Gymnasiallehramt. In NRW geht es soweit, dass du sogar mit Deutsch und Englisch hervorragende Einstellungsaussichten hättest, was in Hessen mit "mittlere Einstellungschancen" kommentiert wird. Nicht jeder Schüler, der meint, dass er Gymnasialniveau hätte, macht am Ende auch das Abitur.

  • Trantor: In deinem Beitrag stecken mehrere Denkfehler:
    1. Liegt die Geburtenrate in Deutschland bei 1,5 (Bevölkerungsstabilität: 2,1), was langfristig eine sinkende Schüleranzahl bedeutet. Zuwanderung bedeutet also nicht automatisch eine Zunahme der Schüleranzahl. Ausnahme: Frankfurt (und andere Großstädte) durch innerdeutsche Migration. Diese Menschen fehlen dann aber wiederum in kleineren Städten und Dörfern. 2. Es gibt zwar einen "Run" auf Gymnasien, da sich aber mehr als 50% aller Lehramtsstudenten für das Gymnasium entscheiden, insbesondere "weiche" Fächer wie Deutsch oder Geschichte", gibt es in vielen Bundesländern (auch Hessen) einen Überschuss ab Gymnasiallehrern - siehe Lehrerbedarfsprognosen und Umschulungsangebote.
    3. Da sich nur wenige Studenten für H/R-Lehramt entscheiden, hast du hiermit deutlich bessere Karten als mit Gymnasiallehramt. In NRW geht es soweit, dass du sogar mit Deutsch und Englisch hervorragende Einstellungsaussichten hättest, was in Hessen mit "mittlere Einstellungschancen" kommentiert wird. Nicht jeder Schüler, der meint, dass er Gymnasialniveau hätte, macht am Ende auch das Abitur.

    Dasselbe gilt für Bayern. An Grund- und Mittelschulen herrscht seit 2(?) Jahren eine Einstellung von 100%.

  • Genau aus dem Grund wollte ich anfangs auch nicht schreiben. Aber dann dachte ich mir, dass, zumindest in dem Punkt, ich es dann doch besser weiß und es sinnvoll wäre, zur aktuellen Bedarfs- und Studiensituation Bezug zu nehmen.

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