Ref in der Inklusion

  • Wir haben jetzt eine neue Referendarin und sie hat das "Glück", dass das Ref aufgrund der Inklusion getrennt absolviert werden muss; sprich die eine Hälfte ihrer Zeit (12 Stunden Unterricht) ist sie bei uns an der Schule (in der Grundstufe), die andere Hälfte soll sie an eine Regelschule in die Inklusion (wahrscheinlich an eine Grundschule). Leider bringt das so einiges mit sich, was ich sehr unglücklich finde. Sie hat Deutsch als Ausbildungsfach und dementsprechend muss man eben an mindestens drei Tagen an den jeweiligen Schulen anwesend sein. Das Problem ist zusätzlich, dass an den Grundschulen in aller Regel nur ein schwerhöriger Schüler sitzt. Die Erfahrung, die man dort macht, wird also nicht repräsentativ für das ganze Spektrum an Hörschädigungen sein. Durch die geringe Anwesenheit bei uns an der Schule wird das mögliche Erfahrungsspektrum auch verkleinert, so dass meiner Meinung nach die fachliche Qualität der Ausbildung leidet.
    Das Bekloppte daran ist, dass Erfahrungen im Team-Teaching zwischen Regelschullehrer und Förderschullehrer gesammelt werden sollen, die später in der Praxis gar nicht vorkommen. Das gibt es nur in extremen Einzelfällen (gehörloses Kind mit Dolmetscher an der Grundschule), ansonsten beschränkt es sich in unserem Bereich auf ambulante Beratung. Unser SL hat schon versucht, beim Seminar anzurufen und die Situation zu verändern, indem die Referendarin in eine sehr leistungsheterogene Klasse bei uns kommt, aber stößt wohl auf taube Ohren. Man hat uns kleinen Förderschwerpunkt nicht auf dem Schirm, nur der große Batzen LE, Sprache und EmSoz zählen. Da ist das ja sinnvoll, aber bei uns geht es schlicht und ergreifend an der Realität vorbei. :daumenrunter: Das geht mir mittlerweile echt auf den Geist, dass sich das System nur an der Mehrheit ausrichtet und dabei so starr ist, dass wir für unseren kleinen Bereich immer dastehen und kaum etwas Befriedigendes herausholen können. Wenn ich meine älteren Kollegen höre, wird der gewährte Freiraum für unsere besondere Schule immer weiter durch Standardisierung von oben eingeengt.


    Hat hier jemand Erfahrung mit einem geteilten Ref gemacht?

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    Das Bekloppte daran ist, dass Erfahrungen im Team-Teaching zwischen Regelschullehrer und Förderschullehrer gesammelt werden sollen, die später in der Praxis gar nicht vorkommen. ...

    Naja was erwartest du denn- soll einer in der Ausbildung 25 Stunden von Schule zu Schule rasen, um "mal zu sehen, wie das in echt ist?"


    Ich finde 6 Stunden pro Schule machbar. Dann guckt halt, dass er/sie an der Integrationsschule einen ganzen Tag ist, um es für den Ref möglichst machbar zu gestalten.

  • Frapper: Das Ref. soll diese Kollegin ja gar nicht speziell für eine bestimmte Schule/"kleinen Förderschwerpunkt" ausbilden, oder?


    Im beruflichen Schulwesen kommt das auch oft vor, dass man im Ref. an Schularten unterrichtet, die man danach nur noch von aussen sieht.

  • Ich finde 6 Stunden pro Schule machbar. Dann guckt halt, dass er/sie an der Integrationsschule einen ganzen Tag ist, um es für den Ref möglichst machbar zu gestalten.

    Einen ganzen Tag an der I-Schule und dann da Deutsch unterrichten? Wie soll das denn gehen? Vor allem was hat man davon für später?


    Frapper: Das Ref. soll diese Kollegin ja gar nicht speziell für eine bestimmte Schule/"kleinen Förderschwerpunkt" ausbilden, oder?

    Doch, das sollte das Ref schon leisten. Man studiert doch nicht ausgerechnet diesen kleinen mit NC belegten Bereich, den es in ganz Deutschland nur fünfmal zu studieren gibt, und lernt Gebärdensprache (häufig von der Uni in die Freizeit ausgelagert), um dann irgendwo zu landen. Dann kann man ja gleich alles abschaffen, wenn es eh alles egal ist ...

  • Doch, das sollte das Ref schon leisten. Man studiert doch nicht ausgerechnet diesen kleinen mit NC belegten Bereich, den es in ganz Deutschland nur fünfmal zu studieren gibt, und lernt Gebärdensprache (häufig von der Uni in die Freizeit ausgelagert), um dann irgendwo zu landen. Dann kann man ja gleich alles abschaffen, wenn es eh alles egal ist ...

    Ich mal' mal den Teufel an die Wand: ist sicher, dass die Förderschule die Inklusion überhaupt überleben wird?
    Vielleicht ist es für das Seminar auch ein Argument, dass sie damit rechnen, dass es diese Schule oder sogar Schulart mittelfristig gar nicht mehr geben wird.

  • Ich mal' mal den Teufel an die Wand: ist sicher, dass die Förderschule die Inklusion überhaupt überleben wird?Vielleicht ist es für das Seminar auch ein Argument, dass sie damit rechnen, dass es diese Schule oder sogar Schulart mittelfristig gar nicht mehr geben wird.

    Meine Schule und die drei Schwesterschulen in Hessen werden definitiv nicht geschlossen. Meine Schule ist zweizügig von Vorklasse bis Klasse 9 plus eine Klasse 10, wir haben also gut 20 Klassen. Jeder, der aus dem Ref kam und bei uns angefangen hat, hat meistens direkt eine eigene Klasse bekommen. Wenn nicht, war man spätestens zwei Jahre später fällig. Eine Ausbildung als Klassenleitung ist also angebracht. Mit 6 Stündchen über vier oder nur drei Tage in der Woche verteilt, finde ich das vor allem beim Einsatzgebiet in der Grundstufe schwierig.

  • Dann sollten sich SchulleiterInnen, Studienseminar, Gesetzgeber, Schulbehörde zusammensetzen und Pläne schmieden. Wir können doch nichts an den Refbedingungen hessischer Gehörlosenpädagogen ändern. Solange du nichts zu entscheiden hast und nicht gefragt wirst, kannst du nur nehmen was kommt und das Beste draus machen.



    Einen ganzen Tag an der I-Schule und dann da Deutsch unterrichten? Wie soll das denn gehen?

    Wenn der Reffi in der Inklusion ist kann er ja schlecht Deutsch unterrichten. Falls das wirklich so gedacht sein sollte, dann fragt das Seminar. Kann mir schwer vorstellen, dass das zulässig ist, weil er/sie ja dann eine Grundschulklasse unterrichten müsste.


    Was sagt denn deine SL?

  • Wie ich oben geschrieben habe, hat unser SL schon versucht, etwas an der Meinung des Seminars zu ändern, aber bisher wohl vergebens. Ich frage sie nächste Woche mal, wenn ich sie sehe.
    Es wird immer starrer. Zwei, die bei uns das Ref gemacht haben, erfüllten nicht zu 100% die Bedingungen, weil sie nicht in Hessen studiert haben (kann man ja auch nicht, muss man schon sehr genau schauen im Studium), aber es ging durch. Für die Praxis war es auch irrelevant. Jetzt sind sie strenger. Eine Absolventin wurde nicht genommen, obwohl sie das vor Jahren pragmatischer gehandhabt hatten. Sie macht ihr Ref jetzt in Niedersachsen. Ob sie jemals wiederkommt ... Einfach dumm in der derzeitigen Mangelsituation!

  • Ich habe gestern mit unserer neuen Referendarin gesprochen und sie wird jetzt doch zu 100% im Unterricht bei uns eingesetzt. Im Gegenzug muss sie in der ambulanten Beratung etwas machen und ableisten. Was das sein soll, ist noch offen. Sie muss dazu selbst Vorschläge machen, wie das aussehen könnte. Das finde ich eigentlich schräg, aber so kann sie für sich vielleicht etwas ganz gutes rausschlagen. Insgesamt ist mit der neuen Ausbildungsordnung eh noch alles offen. Es wirkt alles sehr übers Knie gebrochen.

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