Sehr geehrte Frau Fossi...

  • Liebe KollegInnen,


    bevor ich heute meinen wohlverdienten Urlaub antreten konnte, musste ich mich noch einmal ärgern und habe spontan beschlossen, Euren geballten Sachverstand zur Klärung einer Frage zu bemühen, die mich seit geraumer Zeit umtreibt. Folgendes macht mir zu schaffen:


    Als Lehrer an einer Klinikschule habe ich ziemlich oft mit KollegInnen an anderen Schulen zu tun. Wir haben ein Formular, mit dem wir den Kontakt zu den Heimatschulen herstellen und um Unterrichtsmaterial bitten. Dieses Formular unterschreibe ich natürlich. Und weil ich es ganz gerne mag, wenn die Leute meinen Namen kennen, steht der auch nochmal gedruckt drunter. So. Und jetzt frage ich Euch: Warum antworten - ungelogen! - sieben bis acht von zehn Lehrkräften mit "Sehr geehrte Frau Fossi"???? Ich versteh es nicht! Ich trage einen eindeutig männlichen Vornamen (auch wenn es dazu noch eine weibliche Form gibt), ich schreibe extra noch den "StR" dazu (das auch, weil viele Kollegen sonst denken, wir wären ein paar Hausfrauen, die mit den Kindern ein bisschen rechnen) - was soll ich denn noch machen? Ist der Lehrerberuf mittlerweile so solide weiblich konnotiert, dass die KollegInnen gar nicht mehr damit rechnen, es mal mit einem Mann zu tun zu haben?


    - Zur Klarstellung: Ein echtes Problem ist das natürlich nicht. Das sind eher die Kollegen, die gar nicht antworten. Oder die Grundschulen, wo einmal die Woche für zwei Stunden das Sekretariat besetzt ist (nur in Monaten mit einem "w"). Ärgern tut es mich trotzdem jedesmal...

    „Think of how stupid the average person is, and realize half of them are stupider than this.“ - George Carlin

  • Liebe KollegInnen,


    was soll ich denn noch machen? Ist der Lehrerberuf mittlerweile so solide weiblich konnotiert, dass die KollegInnen gar nicht mehr damit rechnen, es mal mit einem Mann zu tun zu haben?

    Und exakt das ist der Fall :)


    Als ich mich damals fürs Studium an verschiedensten Unis beworben habe, wurde ich durchweg mit "Sehr geehrte Frau.." angeschrieben. Nicht eine Absage war korrekt was das an ging ;)


    Ich denke, damit muss man leben. Und drüber lachen. Viel was anderes bringt einem nur selbst graue Haare ;)

    • Offizieller Beitrag

    ... wobei die Grundschulen darunter am meisten leiden. Also unter den 2 Stunden Sekretäriat. Nicht unter der "soliden weiblichen konnotierung".


    Es ist wahrscheinlich einfach nur Gewohnheit. Vor Jahren hat einmal ein Kindergartenkind beim Einschulungsgespräch bei mir angefangen zu heulen. Die Mutter meinte daraufhin entschuldigend zu mir "Sie hatte wohl mit einer Frau und nicht mit einem Mann gerechnet." ;)


    kl. gr. frosch


    P.S.: Schönen Urlaub!

  • Wenn's Dich aufheitert:


    Die Tante von der AQS (in RLP die inzwischen eingestellte externe Evaluation) marschierte damals in meinen Raum, sah mich an und fragte mich - vor der Klasse stehend, männlich, entsprechender Vorname, und vor allem Bartträger - "ist das die Klasse von Frau DpB?"


    Als kleine Retourkutsche habe ich auf ihre Frage nach der Stunde "was war das eigentlich für ein Fach und was für eine Klasse?" mit "Biologie am Gymnasium" geantwortet. Wir hatten uns gerade 45 Minuten lang über die Berechnung von Beleuchtungsanlagen unterhalten :D


    Aso mach Dir nix draus, es geht noch dümmer ;)


    Gruß,
    DpB

  • Ich kann gar nicht mehr zählen wie oft ich hier in der Schweiz schon eMail Antworten mit "Sehr geehrter Herr S." bekommen habe. Meinen Vornamen tragen in der Schweiz aber tatsächlich mehr Männer als Frauen. Wenn man dann noch schreibt, man unterrichtet Chemie... :autsch:

  • In der Uni fragten mehrere Dozenten bei der Überprüfung der Anwesenheit nach „Manuel Otto“ statt nach „Manuela Otto“. Warum sollte ich mit einem männlichen Nachnamen auch weiblich sein...
    ich glaub das fällt einem immer nur auf wenn es immer wieder falsch läuft.

    Only Robinson Crusoe had everything done by Friday.

  • Ich wechselte einmal von Seminar A nach Seminar B und teilte das der jeweiligen Dozentin per E-Mail mit. Trotz der Unterschrift mit meinem vollen Namen kam die Anrede "Sehr geehrte Frau..." zurück. Dafür entschuldigte sie sich auch in der darauffolgenden Mail, aber mein Gott - bei 90% Frauen im Studiengang ist das irgendwo auch nachvollziehbar.
    Weiterhin hatte ich mal ein Seminar mit relativ geringer Teilnehmeranzahl (<20) und ich war ab circa der Hälfte des Semesters der einzige Mann (der Andere kam nicht mehr, da Stundenplan zu voll, doch nicht das richtige Thema o.ä.). Ich fand es dann irgendwie komisch, wenn die Dozentin, sich ans Plenum wendend, Sätze a la "Als Grundschullehrerinnen müssen Sie später..." von sich gab. Natürlich hätte ich mir die Situation zu Herzen nehmen können, dachte mir aber in dem Moment, dass ich ja derjenige bin, der auf political correctness-Verschandelungen der deutschen Sprache durch Binnen-I, Sternchen und co. gerne verzichten kann, da ich z.B. nicht sehe, inwiefern "Liebe Schüler" bitte schön weibliche Schüler ausschließen soll und man extra betonen muss, dass es auch weibliche Schüler im Kurs gibt, und in dieser einen Situation, in der ich mal das Binnen-I bin, auch ein Auge zudrücken kann, statt ein unnötiges Politikum daraus zu machen.

  • Ich habe das gleiche „Problem“ anders herum. Ich habe einen Dipl-ing und als ich den ganz frisch hatte, habe ich ihn stolz auf jedem Formular eingegeben. Auch ich habe einen eindeutig weiblichen Vornamen. Wieviele Briefe ich bekommen habe, die an Herrn Dipl-ing Vorname Sissymaus gerichtet waren, kann ich nicht mehr zählen.


    Fossi, ich kann verstehen, dass dich das nervt. Allerdings ist das vielleicht auch dann mal ein Denkanstoß für viele Männer, die uns Frauen nicht verstehen wollen, weil wir von der Sparkasse als Kundin angesprochen werden wollen. Denn wenn man mal Werbung schaut, ist es doch auch klar verteilt: der Mann schuftet im Garten an seinem Herzensprojekt und die Frau freut sich über das geniale Putzmittel. Solche Stereotypen nerven mich auch sehr und zeigen doch deutlich, wie die Rollen im Kopf verteilt sind.

  • Bei meinem Vornamen ist es dasselbe, aber ich sehe das mit Humor und finde es jedes Mal eher amüsant. Beim Arzt werde ich beispielsweise oft mit „Herr ...“ gerufen, obwohl bei deren Dokumenten mein zweiter Vorname dabei steht, der ganz klar weiblich ist.
    Durch meine Aufgaben an der Schule habe ich zudem oft mit außerschulischen Institutionen und Politikern zu tun; selbst da kommt fast immer ein „Sehr geehrter Herr ...“ zurück, obwohl ich in die E-Mails entweder „StR‘“, „Studienrätin“, „Koordinatorin für ...“ o.ä. schreibe. Wenn man mich nicht persönlich kennt, nimmt man das wohl an
    Um auf die Ausgangsfrage zurück zu kommen: Wenn du an einer Klinikschule arbeitest, nimmt man wohl tendenziell eher an, dass du weiblich bist (ein Cliche, ich weiß). Auch das Überlesen des „StR“ ohne Apostroph ist sicher keine böse Absicht, sondern nur einer Unbedachtheit oder fehlender Zeit geschuldet.

  • Auch das Überlesen des „StR“ ohne Apostroph ist sicher keine böse Absicht, sondern nur einer Unbedachtheit oder fehlender Zeit geschuldet.

    Ich kenne die Abkürzungen mit Apostroph erst seit ich selbst Lehrer bin. Das ist weder böse Absicht oder Unbedachtheit, das ist einfach Unwissen.

  • Warum antworten - ungelogen! - sieben bis acht von zehn Lehrkräften mit "Sehr geehrte Frau Fossi"????

    Das ist kein Fehler, das ist voll durchgegendert. :P :P :P

    Planung ersetzt Zufall durch Irrtum. :P

    8) Politische Korrektheit ist das scheindemokratische Deckmäntelchen um Selbstzensur und vorauseilenden Gehorsam. :whistling:

  • Mir geht's auch eher umgekehrt. Bin bei uns an der Schule für den EDV-Bereich zuständig. Ist wohl eine Männerdomäne, da ist die Anrede denn eben "Herr".


    (Und wenn man dann doch mal telefoniert, fragt der Soft-/Hardware-Anbieter am anderen Ende erst mal nach der EDV-Abteilung und möchte verbunden werden mit dem zuständigen Mitarbeiter (und wiederholt diese Frage mehrfach, bis es angekommen ist, dass ich bestelle (oder bei miserablem Service auch nicht...)).


    (Und dann war da noch der schulische Mitarbeiter, der anlässlich des Weggangs eines Kollegen, der ebenfalls im EDV-Bereich mitgearbeitet hatte, mich fragte, welcher Mann sich denn jetzt um die Computer kümmern würde. Hat ihn echt bewegt, so dass er das zu mehreren Gelegenheiten fragte, weil er die Antwort so gar nicht glauben konnte...)

  • Ich stand erst letztens vor dem "Problem", ein eMail an jemanden mit eben genau meinem Vornamen schreiben zu müssen und wusste nicht, ob das jetzt ein Mann oder eine Frau ist. Ich hab dann einfach mal nachgefragt. Aber irgendwie blöd kam ich mir dabei auch vor. Vielleicht passiert es deshalb so häufig, dass Menschen dann einfach eine (falsche) Annahme treffen. Wenn es dem Namen nach eindeutig sein sollte, ist es schlussendlich halt Fahrigkeit oder schlimmstenfalls Gleichgültigkeit.


    Wie oft musste ich mich in Deutschland fragen lassen, ob ich wohl mit dem bayrischen Ministerpräsidenten verwandt sei. Oh Mann ... nein, ich heisse noch nicht mal so, lies doch einfach genau. Und jetzt ist der Typ auch noch Innenminister, da bin ich doch gleich doppelt froh hier zu sein, wo den Mann keine Sau kennt :)

  • ...correctness-Verschandelungen der deutschen Sprache durch Binnen-I, Sternchen und co. gerne verzichten kann, da ich z.B. nicht sehe, inwiefern "Liebe Schüler" bitte schön weibliche Schüler ausschließen soll und man extra betonen muss, dass es auch weibliche Schüler im Kurs gibt, und in dieser einen Situation, in der ich mal das Binnen-I bin, auch ein Auge zudrücken kann, statt ein unnötiges Politikum daraus zu machen.

    Sprache formt aber nunmal auch Meinung. Wieso mit Gewalt Binnen-I vermeiden, wenn man doch gerade feststellt, dass man nicht automatisch einem Geschlecht und 100 Vorurteilen eingemeindet werden möchte? An z.B. dem Thread sieht man ja, dass die Genderdebatte noch lange nicht ausdebattiert wurde ;)

  • da ich z.B. nicht sehe, inwiefern "Liebe Schüler" bitte schön weibliche Schüler ausschließen soll

    Tja. Ich habe ja in meiner Jugend gelernt, dass Anreden wie "meine Damen und Herren", "liebe Kolleginnen und Kollegen" oder eben "liebe Schülerinnen und Schüler" eine Sache der Höflichkeit und der guten Erziehung sind.


    Aber wenn die "Kritik gegen den Genderwahnsinn" denn nun eine Sache von fehlender Lebensart und rüpelhaftem Benehmen ist, dann nehme ich das gerne so zur Kenntnis.

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