Darf eigentlich jeder unterrichten?

  • Ich überlege gerade, ob ich dir diesen Unterschied noch einmal aufdröseln soll.
    Du HAST nach dem Referendariat die Chance auf unbefristete Stellen und verbeamtung. Er nicht. Er wird sich eine Zeit lang von Vertretungsstelle zu Vertretungsstelle hangeln und irgendwann steht er dann wieder auf der Straße, da es keinen Folgevertrag mehr geben wird.


    Es gibt also gar keinen Grund für dich, eifersüchtig zu sein.


    Kl.gr.Frosch


    Hallo frosch,


    neee, nicht "eifersüchtig", sondern ein komisches Gefühl, wenn da einer fröhlich Lehrer spielen darf, während für mich jeder vermeintlich falsche Handgriff fatale Konsequenzen haben kann/könnte. Es gibt z.B. hier auch ein riesen Theater wegen dem eigenverantwortlichen Unterricht. Ich bin nur haarscharf überhaupt dafür zugelassen worden. Und das nur wegen Kleinigkeiten, die in den UBs nicht so optimal gelaufen sind. Wochenlange Quälerei und Hinhalten - nervlich extrem belastend.


    Darum geht es mir. Außerdem erstmal abwarten: Die Politik wird für die ganzen Quereinsteiger, wenn sie sich etabliert haben, schon noch Schlupflöcher in die Festanstellung schaffen. Irgendwann können sie gar nicht mehr anders. Meine Meinung.


    der Buntflieger

  • Dazu muss man sagen, dass man in den nächsten Jahren aufgrund des eklatanten Lehrermangels mit einem Studium für Grundschulen oder Hauptschulen in allen Bundesländern sich keine Gedanken um die Einstellung machen muss, vorausgesetzt man besteht die Prüfung. In den vielen Jahren zuvor war das anders. Da musste man bei uns im Grundschulbereich eine 1 vor dem Komma haben, um sicher sofort eine Einstellung (für die baldige Verbeamtung) zu bekommen.
    Mit einem grundständigen Lehrerstudium ist man zudem immer spezifischer auf die Schulsituation vorbereitet als wenn man als Seiteneinsteiger einsteigt und man sich das speziell Pädagogische irgendwie aneignen muss bzw. im Schnelldurchlauf lernen und noch dazu eine schlechtere Bezahlung in Kauf nehmen muss. Wer Lehramt studiert, hat schon im Studium immer wieder den Schulbezug, auch bei den Fächern - ich beziehe dies einmal auf Grund-, Haupt- und Realschule, da kenne ich mich am besten aus und so habe ich es - allersdings ist es schon länger her - erlebt und mitbekommen.


    P.S.: Das ist eine Ergänzung zu dem, was fl. grüner Frosch geschrieben hatte.

  • ich glaube nicht, dass das der springende Punkt ist.

    Möglicherweise nicht, aber das war die Argumentation der Autorin des Kommentars.


    Du studierst zielgerichtet aufs Lehramt (bekanntes Einbahnstraßenstudium), gehst das Risiko ein, am Ende mit leeren Händen dazustehen, wenn es mit dem 2. Staatsexamen nicht klappt und dann kommen Leute aus irgendwelchen anderen Studiengängen und nehmen dir die Stellen weg, während du noch mitten im Referendariat steckst.

    Dir ist bewusst, dass auch fertig ausgebildete Lehrer mit Lehramtsstudium (z. B. aus anderen Bundesländern) dir die Stelle wegnehmen können, während du noch im Referendariat bist? Daran sieht man, dass das Argument "die Stelle wegnehmen" nicht zieht. Es sind nämlich nicht die "bösen Quereinsteiger", die einem die Stellen wegnehmen, sondern es sind die staatlichen Stellen, die ein (berechtigtes!) Interesse haben, Stellen zu besetzen um die Unterrichtsversorgung zu gewährleisten. Gäbe es nämlich die staatlich geschaffenen Möglichkeiten nicht, gäbe es auch keine Quereinsteiger – und dass die Ämter für eine Stellenbesetzung nicht warten, bis ein geeigneter Kandidat eventuell durch das Ref gekommen ist, sollte klar sein.
    Du magst das (auch berechtigt!) persönlich als unfair empfinden, aber da die Unterrichtsversorgung staatlicherseits als das höhere Gut im Vergleich zur Versorgung der ausgebildeten Lehrer mit Arbeitsstellen angesehen wird, wird sich das auf lange Sicht nicht ändern. Reformen, wie z.B. das Vorhalten einer Vertretungsreserve (wie im Kommentar angesprochen), könnten die Situation entschärfen, aber daran sind die Kultusminister (bzw. die Finanzminister) offensichtlich nicht interessiert.

  • für mich jeder vermeintlich falsche Handgriff fatale Konsequenzen haben kann/könnte.

    Bei dem Lehrermangel wird das keine Konsequenzen haben. Ich denke, das ist eher dein persönliches Empfinden. Oder kennst du da Beispiele?
    Du musst nur deine Prüfungen bestehen. Bei uns gibt es seit dem Lehrermangel im Hauptschulbereich und jetzt neuerdings auch im Grundschulbereich keine Wartelisten mehr. Es wurde jeder genommen, wer die Prüfungen bestanden hat. Kann man zu bestimmten Zeiten auf den Seiten des Kumis einsehen.

  • Worum es mir ging:


    Schon lange wird Lehrermangel öffentlich in dem Sinn kritisiert, dass Unterricht ausfällt. Wie viel Unterricht ausfällt, ist dabei auch immer eine wichtige Kennziffer für ein KuMi und dessen Führung.


    Aus den Maßnahmen gegen Lehrermangel ergibt sich scheinbar eine weitere Kritik in der Debatte: nämlich ob der nicht ausgefallene Unterricht überhaupt von qualifiziertem (!) Personal gehalten wird. Stichwort "Entprofessionalisierung".
    Mir scheint, dass es diesen Kritikpunkt bisher noch nicht gab und das womöglich eine Neuerung ist.

  • Ich hab kein Problem mit Quereinsteigern an sich. Es geht nicht um persönliche Ressentiments. Das Problem ist: wie weit ist der Staat bereit zu gehen? Man könnte ja auch Tischler für den Werkenunterricht einstellen. Es gibt bestimmt sehr gute Tischler, die prima erklären können und gut mit Kindern können. Warum nicht?


    Wo ist die Grenze? Wie sollen Qualitätsstandards erhalten bleiben? Wer sorgt dafür, dass unfähige Leute durch die Prüfung fallen? Auf der einen Seite wird Regerendaren (zu Recht!) auf die Finger geguckt und ihnen im Zweifel kein eigenverantwortlicher Unterricht zugewiesen. Auf der anderen darf jeder Nerd Informatik erteilen- weil: wird halt gebraucht, besser als Ausfall!


    Wenn alles besser als Ausfall ist, haben wir bald Bedingungen von Schwellenländern.


    Zudem (Artikelzitat):
    "Viele der Lehramtsstudenten in solchen Fächern springen ab und gehen lieber in die Wirtschaft als in die Schule." Schon klar, die guten Leute aus den Naturwissenschaften suchen sich besserbezahlte Jobs und die, die keinen ordentlich bezahlten Job finden, wechseln ins Lehramt.
    Wir brauchen nicht nur frustrierte Germanisten, Musiker und Philosophen an den Schulen. Es braucht nicht nur Kreative und Gesellschaftswissenschaftler, die eigentlich was ganz anderes machen wollen, als Kinder zu unterrichten. Lehrer ist kein Notnageljob.


  • Lehrer ist kein Notnageljob.

    Genau das fällt mir bei einigen meiner KomillitonInnen auf. Der Lehrerberuf ist bei vielen von Beginn an schon eine Alternative, ohne überhaupt je etwasa nderes ausprobiert zu haben.

  • wie weit ist der Staat bereit zu gehen?

    Mein Eindruck ist, dass durch die Egalisierung der Bildung die Konkurrenz von Absolventen auf dem Arbeitsmarkt immer heftiger wird und die Selektion für die Arbeitsplätze immer mehr von Bildungseinrichtungen auf Unternehmen übergeht.
    Wenn dies tatsächlich die Umstände wären, an die der Lehrerberuf angepasst würde, würde die Anpassung natürlich gravierender ausfallen.

  • Es ist doch mittlerweile so:


    Wer sich vorstellen kann in einem (relativen) naturwissenschaftlichen Mangelfach (Mathemaik, Physik, Chemie, Informatik) an einer Schule zu unterrichten, dem kann man eher nicht empfehlen auf Lehramt zu studieren. Besser ein grundständiger Studiengang in dem Fach (also Master / Diplom) und dabei das Nebenfach gezielt auf das zweite Lehramtsfach ausrichten (d.h. z.B. Mathematik mit Nebenfach Physik oder umgekehrt). Dann kann man sich nach dem Studium dank Quer-/Seiteneinstiegsprogrammen immer noch überlegen, ob man wirklich Lehrer werden will. Und falls man sich dafür entscheidet und dann merkt, dass es doch nichts für einen ist, oder dass man in der "freien" Wirtschaft doch besser verdient, hat man immer noch die Möglichkeit zum "Querausstieg". Anders herum (Lehramt -> Wirtschaft) ist oft viel schwieriger.


    Gruß !

  • Das Problem ist: wie weit ist der Staat bereit zu gehen?
    ...
    Wo ist die Grenze? Wie sollen Qualitätsstandards erhalten bleiben?

    Och, der Staat ist da im Zweifel sehr flexibel:

    Zitat

    Auch unsportliche Studienabbrecher: Bundeswehr sucht Rekruten für den Cyber-Krieg
    ...
    Es gebe viele "Nerds", die ihr Studium abbrechen würden. Mittlerweile dürften sie in der Truppe auch mit abgebrochenem Studium bestimmte höhere Laufbahnen einschlagen.

    https://www.heise.de/newsticke…-Cyber-Krieg-3673891.html


    Warum soll für die Schule ("kann ja jeder") nicht gelten, was beim Militär auch geht?


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Und schon wieder der vollkommen absurde und schlichtweg unzulässige Vergleich Lehrer vs Mediziner. Leute... So kompliziert ist unser Job wirklich nicht.

  • Es ist doch mittlerweile so:


    Wer sich vorstellen kann in einem (relativen) naturwissenschaftlichen Mangelfach (Mathemaik, Physik, Chemie, Informatik) an einer Schule zu unterrichten, dem kann man eher nicht empfehlen auf Lehramt zu studieren. Besser ein grundständiger Studiengang in dem Fach (also Master / Diplom) und dabei das Nebenfach gezielt auf das zweite Lehramtsfach ausrichten (d.h. z.B. Mathematik mit Nebenfach Physik oder umgekehrt).

    Wobei man da aber auch aufpassen muß, wie man es macht. Ich habe ja auch ein Dipl.-Zeugnis in der Tasche und das so studiert, daß sie es mir gleich als 1. StaEx anerkannt haben. Da gab es damals beio uns an der Uni schon einen Leitfaden welche Wahlpflichtfächer man belegen muß und wo man seine Dipl.-Arbeit schreiben muß, damit das 1. StaEx dann nur noch ein reiner Verwaltungsakt ohne zusätzliche Prüfung ist.


    Ergebnis:

    • Ich hab mir, wie gesagt, das Dipl.-Zeugnis als 1. StaEx anerkennen lassen und war damit ordentlicher Referendar beim Weg zum 2. StaEx.
    • An der Ausbildungsschule hatte ich einen Konkurrenten als Quereinsteiger (OBAS) mit genau der gleichen Fächerkombination.
    • Er mußte den Vorbereitungsdienst nur mit Note 4,0 bestehen, um verbeamtet zu werden. Die Stelle hatte er ja schon sicher.
    • Ich hab mein Ref. mit Note 2,3 (müßte jetzt nachgucken, evtl. auch 2,2) bestanden und war danach erstmal 1,5 Jahre arbeitslos. Da man im Ref. Beamter auf Widerruf ist, hat der Arbeitgeber ja auch nicht in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt und man schlägt gleich auf Hartz 4 durch. Mein Konkurrent hat mit 3,8 bestanden, aber er hatte ja die Stelle schon von Beginn an sicher. Er war nach dem Vorbereitungsdienst automatisch lebenszeitverbeamtet mit a13 als Einstiegsbesoldung.
    • Der Quereinsteiger wird während des Vorbereitungsdienstes schon als Angestellter mit E13 bezahlt. Der Referendar geht in der gleichen Zeit mit den Anwärterbezügen nach Hause, er hat netto also nur ca. 40% vom Quereinsteiger in der Tasche.

    Fazit: Ich kann jedem nur raten auf das Lehramtsstudium zu pfeifen und den Quereinstieg (OBAS) zu machen. Oder, um das Lehramtsstudium wieder attraktiv zu machen, müßte die Landesregierung zwei Punkte dringend überarbeiten:

    • Auch Quereinsteiger müßten sich nach dem Vorbereitungsdienst mit ihren Noten um eine Festanstellung bewerben, wie alle Referendare auch.
    • Die Bezahlung von OBAS und Ref. sollte dringendst angeglichen werden. Es kann nicht sein, daß man als Ref. noch kellnern muß, um das zu finanzieren, insb. weil einen die Landesregierung quer durchs ganze Bundesland schickt. Gerne mach ich als Ref. dann auch die paar Stunden an der Schule mehr, wenn ich dafür keinen Nebenjob mehr brauche, um finanziell über die Runden zu kommen.
  • Und schon wieder der vollkommen absurde und schlichtweg unzulässige Vergleich Lehrer vs Mediziner. Leute... So kompliziert ist unser Job wirklich nicht.

    Was mein Hausarzt kann, könnte ich im Quereinstieg auch. Im Zweifel: Überweisung zum Facharzt.


    Im Ernst: unser Beruf ist genau so kompliziert, dass man 4,5 Jahre studiert und 1,5 Jahre Praxisschulung durchläuft. Wenn ein Bundesland mehr Quereinsteiger, als Neueinsteiger einstellt muss man schon sehr genau beobachten was passiert.


    Zumal die erfahrenen Lehrer zusätzlich unbezahlt als Mentoren arbeiten müssen. Wird selbstverständlich vorausgesetzt bzw. wohl gar nicht bedacht.

  • Hachja...
    - Man wird mit E13 bezahlt, hat aber auch 18 bis 21 Stunden „BdU“ (neben allen UBs und Prüfungen).
    - Es gibt OBAS-Verträge, bei denen die Stelle sicher ist, aber auch solche, bei denen sie es nicht ist (bei mir z. Bsp.).


    Es ist bei Dir dumm gelaufen. Aber daraus kann man eben kein sicheres Rezept ableiten. Ich habe mich damals (trotz Physik als Fach) bei mehreren Schulen beworben und wurde abgelehnt, weil es einen grundständig studierten Bewerber gab.

  • @plattyplus
    Das Thema hatten wir ja schon zig Mal, aber ich kann das so nicht einfach stehen lassen.
    In den allermeisten Fällen ist es doch so, dass die Stelle, die durch einen OBASler besetzt wurde, ansonsten NICHT besetzt worden wäre. Und in fast allen Fällen MUSS der grundständige Lehramtler dem Seiteneinsteiger vorgezogen werden. Warum das bei Dir mit einem Mangelfach nicht geklappt hat, kann ich nicht beurteilen. Ich kann mir aber schon vorstellen, dass es sich herumspricht, wenn man im Ref seiner Schulleiterin eine Klassenarbeit gezeigt hat, als sie sich zum Besuch angekündigt hat. SchulleiterInnen kennen sich in der Regel untereinander und das kam sicher nicht gut an. Ich tippe, dass Du im Ref nicht immer geschickt agiert hast und Du Dir dann die Chance auf eine feste Stelle teilweise selbst verbaut hast. Jedenfalls schließe ich das aus Deinen Schilderungen hier im Forum.
    Aber das ist nur mein persönlicher Eindruck.


    Ich hab jedenfalls langsam über, Dein OBASler-Bashing zu lesen. Du hattest Pech, das ist nicht allen anderen anzukreiden, sondern könnte vielleicht auch an Dir gelegen haben. Das System OBAS ist ein Gutes, denn Schulen auf dem flachen Land bekommen nicht mal das Fach Deutsch besetzt, weil keiner da hin will. Wir haben davon schon stark profitiert und ohne diesen Erlass wäre die Lage weitaus prekärer. Wie willst Du den jemanden mit fester Stelle aus der freien Wirtschaft in den Schuldienst locken, wenn nicht mit annehmbarer Bezahlung und anschließender Arbeitsplatzgarantie?
    Ich habs ja auch schon oft erwähnt: Das Risiko ohne diese Vorteile durch OBAS wäre ich jedenfalls nie eingegangen mit meiner unbefristeten Stelle im ÖD.

    • Offizieller Beitrag

    pattyplus, es ist ja auch nicht so, dass OBASler sich nicht bewerben müssen.


    Als Referendar musst du dich nicht (zumindest in NRW) ums Referendariat bewerben. Aber dafür nach dem Referendariat.
    OBASler müssen sich vor dem Vorbereitungdienst / für den Vorbereitungsdienst bewerben. Dafür haben sie nachher die Schule sicher. Es wäre da eher unfair, wenn sie sich noch einmal bewerben müssten.


    Es ist also nicht so, dass den OBASlern die Stellen hinterher geworfen werden.


    kl. gr. frosch


    P.S.: ich kann mich an die "Klassenarbeits-Besuchs-Geschichte" nicht mehr genau erinnern. Aber es ist definitiv so, dass sich Schulleiter untereinander kennen und Bewerber empfohlen bzw. nicht empfohlen werden.

  • Dein OBASler-Bashing zu lesen.

    Wieso OBASler-Basching? Das hat mit den OBASlern kaum was zutun sondern mit dem System. Und ja, ich finde das System, so wie es jetzt läuft, einfach grundsätzlich falsch. Der ordentliche Lehramtsstudent (ok, ich war auch keiner) legt sich zu Beginn des Studiums fest, trägt also über zieg Jahre das volle Risiko nachher keinen Job zu bekommen und wird dafür noch mit der Besoldung im Ref. in den Arsch getreten als Dankeschön.

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