Darf eigentlich jeder unterrichten?

  • Bei Klassenfahrten meinte ich, wenn die Lehrkraft eine Woche lang weg ist und der Unterricht in den anderen Klassen natürlich vertreten werden (oder bedingt durch geringe Personaldichte ausfallen) muss. War "Mutterschaftsurlaub" der falsche Begriff? Ich habe das schnell gegoogelt, weil mir der fachlich korrekte Begriff nicht einfiel. Auf gut Deutsch: Weibliche Lehrerin ist schwanger und kann ab einem bestimmten Zeitpunkt keinen Unterricht mehr erteilen.
    Dafür, dass es immer heißt, dass Lehrer an deutschen Schulen so alt seien, liest man bei Berichten zu Unterrichtsausfall immer von grundsätzlich mehreren schwangeren Lehrerinnen im Kollegium und die einzige Sonderpädagogin ist auch meist dauerhaft krank (Nichts gegen deine Profession, aber sind Sonderschullehrer wirklich derart oft krank?).


    Ich weiß nicht, ob es beim Ausfall um zu wenig besetzte Stellen geht, da ja bei Schuljahresbeginn festgestellt werden muss, dass jede Klasse in jedem Fach irgendwie lehrertechnisch abgedeckt ist, oder? Den Ausfall hätte ich eher so verstanden, dass "plötzlich" in Kalenderwoche X so-und-so-viele Lehrer fehlen - aus den verschiedensten Gründen. In einem theoretisch idealen Fall würde nie Unterricht ausfallen (bzw. vertreten müssen), da Lehrer schlichtweg immer da sind und ihre Stunden erteilen. Und es soll ja auch Leute geben, die gefühlt nie krank werden *Neid*. Aber... Meine Ausgangsfrage war, ob Lehrer genauso häufig in ihrer Arbeit ausfallen wie andere Berufsgruppen oder häufiger. Denn so viele Vertretungskräfte bräuchte es ja nicht, wenn alle Schaltjahre mal jemand einen kleinen Schnupfen hätte - übertrieben formuliert.

    Einmal editiert, zuletzt von Lindbergh ()

  • Bei Klassenfahrten fällt kein Unterricht aus, die zählen zu Unterricht. Es geht hier auch nicht um krankheitsbedingten Ausfall, sondern um zu wenig besetzte Stellen.
    Und Mutterschaftsurlaub? Das 21. Jh hat tatsächlich bei dir noch nicht geklingelt :staun:

    Mutterschaftsurlaub ist genauso ein Scherz wie ErziehungsURLAUb, da fällt mir immer nichts mehr zu ein.
    Aber letztendlich hat er in der Sache doch Recht, wenn ein Lehrer auf Klassenfahrt fährt, dann fällt meist bei anderen Klassen Unterricht aus, daher müsste man eine Reserve haben, hat man aber nicht, denn wer erreicht bei uns überhaupt noch die 100% nicht nur auf dem Papier, wohl kaum eine Schule. Und natürlich fällt auch bei Mutterschutz o.ä. Unterricht aus, wenn das Bundesland kein ordentliches System hat, wie da Ersatz kommt (in Berlin eben z.B. über PKB, in Brandenburg ist bei meinen Töchtern tatsächlich Wochenlang Unterricht ausgefallen, weil die Stunden dann einfach fehlten).

  • ..und die einzige Sonderpädagogin ist auch meist dauerhaft krank (Nichts gegen deine Profession, aber sind Sonderschullehrer wirklich derart oft krank?)...

    Ist die Frage witzig gemeint oder einfach nur hohl? :gruebel:


    @Susannea, wenn Klassen auf Klassenfahrt sind, sind ja auch alle KollegInnen zum Vertreten frei, die dort normalerweise unterrichten.


    Aber noch mal, wie viele LehrerInnen krank sind und ob sie öfter krank sind, als Schmiede interessiert doch hier gar nicht. Ich will wissen, ob Eltern ein Anrecht darauf haben, zu erfahren, wer ihre Kinder beaufsichtigt.


    Und ich wette: wenn irgendwo wochenlang Unterricht ausfällt, dann ist immer ein Herr Staatsanwalt oder eine Frau Dr. im Elternrat, die dafür sorgen, dass die Schule richtige Vertretungslehrer bekommt. Solange aber kein U. ausfällt und die SL versucht, mit ein paar Pappnasen die Kinder im Klassenzimmer zu halten, dann bekommt halt keiner mehr was davon mit. Bis, ja bis das nicht mehr funktioniert und die Kinder erzählen, dass das mit dem "im Klassenzimmer halten" nicht mehr hinhaut.


    Wenn noch jemand sachdienliche, auf die Frage passende Hinweise geben kann, gerne.

  • @Susannea, wenn Klassen auf Klassenfahrt sind, sind ja auch alle KollegInnen zum Vertreten frei, die dort normalerweise unterrichten.

    Das ist doch eine Milchmädchenrechnung, denn in der Regel fahren zwei Lehrer mit einer Klasse, also fehlen schon mal von einem mindestens die Stunden, rechnen wir mal nett und sagen, der eine unterrichtet nur 24 statt 28 Stunden, also hat man ein Minus von 24 Stunden.
    Dann hat eine Klasse in Berlin in der Grundschule nur durchschnittlich 25,5 Stunden die Woche, der Lehrer aber 28, fehlen schon wieder 3 Stunden.
    Somit entsteht ein Minus bei einer Klassenfahrt einer Klasse von 27 Stunden.


    Kann dir ein Beispiel von uns vor Pfingsten geben, es waren drei Klassenlehrer in England, mit in der Summe nur etwas mehr als einer Klasse.
    Somit waren zwei komplette Klassen nicht versorgt plus die Stunden, die sie zusätzlich hatten, also sprich 51 + 5 Stunden und die 2,5/3 Stunden, die eh fehlen. Somit fehlten uns in der Woche mal eben 60 Stunden.
    Da fällt dann schon mal was aus, aber zuviel darf das ja auch nicht sein, weil die Kinder bis 13:30 Uhr betreut werden müssen (ab 7:30 Uhr) und das dann die Erzieher auffangen müssten, was eben auch wieder Überstunden bedeutet.


    Ich kann dir sagen, das war schon heftig, wieviele Überstunden und Klassenzusammenlegungen usw. da waren in den 10 Tagen.


    Ich will wissen, ob Eltern ein Anrecht darauf haben, zu erfahren, wer ihre Kinder beaufsichtigt.

    Wonach solltest du, fällt alles unter Datenschutz, nicht umsonst darf ein Vertretungsplan ja auch nicht einfach öffentlich zugänglich sein mit allen Infos, nur von wann bis wann die Kinder Unterricht haben darf eigentlich für alle sichtbar sein.


    Und ich wette: wenn irgendwo wochenlang Unterricht ausfällt, dann ist immer ein Herr Staatsanwalt oder eine Frau Dr. im Elternrat, die dafür sorgen, dass die Schule richtige Vertretungslehrer bekommt.

    DAs kommt darauf an, weder in Berlin noch in Brandenburg würde das funktionieren, denn es ist einfach keiner da, der wirklich ausgebildet ist. Dann kommt es eben maximal noch zu "solchen" Vertretungslehrern, wie du sie scheinbar nicht haben willst.


    @Susannea, NRW, Grundschule, 0,7 Stellen über dem Plan.


    Aber ich weiß, dass ist ein statistischer Einzelfall. Der überwiegende Teil der Schulen ist unterversorgt.

    Zumal NRW das ja auch noch nicht nötig hat, diesen Unsinn nachzumachen, den Berlin macht und z.T. auch Brandenburg.

  • Lehramtsstudent, ich wiederhole eine alte Frage, aber willst du nicht doch einfach erstmal im Schulleben anfangen, bevor du solche Stammtischsätze sagst und über die häufigen Ausfallzeiten von Sonderpädagogen u.ä. bescheid zu wissen meinst???

  • Wer sagt, dass ich darüber Bescheid weiß? Ich schrieb, dass ich darüber las, und wollte infolgedessen fragen, ob da etwas dran ist oder ob einfach übertrieben wird. Mehr kann ich doch auch nicht tun, oder?

  • Karl-Dieter, die fängt das System auf. Hab ich heute gelernt.

    Mag dir nicht gefallen, aber die Realität ist nun einmal so. Die Kompetenzbreite in allen Berufszweigen ist nur statistisch beschreibbar und es finden sich immer Menschen unterdurchschnittlicher, teils deutlich unterdurchschnittlicher Fähigkeit. Hand aufs Herz, wer könnte in seinen Kollegien nicht auf entsprechende Personen zeigen und wer ist noch niemals in seinem Leben unfähigen Handwerkern, Sachbearbeitern, Busfahrern oder wasweißich begegnet? Der Satz "das System fängt das auf" hört sich nicht schön an und passt auch nicht in eine idealisierte Welt ("nur die Besten an die Schule" und ähnlicher Unfug), beschreibt aber die Realität. Das sieht man nämlich daran, dass die Gesellschaft eigentlich ganz gut funktioniert. Die Vollausfälle sind nämlich nur eine Minderheit, auch wenn das ein Kontinuum ist.

  • ... Hand aufs Herz, wer könnte in seinen Kollegien nicht auf entsprechende Personen zeigen und wer ist noch niemals in seinem Leben unfähigen Handwerkern, Sachbearbeitern, Busfahrern oder wasweißich begegnet? ...

    M.a.W. wenn eine Vertretungskraft offensichtlich ihre Arbeit nicht richtig macht, dann muss man halt damit leben, weil soundsoviel andere machen die Arbeit ganz gut?


    Was, wenn eine Klasse nur noch mit Vertretungskräften, die sich die Klinke in die Hand geben, am Laufen gehalten wird? Wo ist die Grenze?


    Bis jetzt werden nach wie vor nur Quereinsteiger mit Studium genommen. Hat ja nen Grund. Was aber, wenn sie auch da nicht genug finden? Könnte ja sein, dass dann zukünftig Fitnesscoachs Sport machen dürfen, Musikgartendamen Musik? Da gibt’s bestimmt auch „nette Leute, die gut mit Kindern können“. Das ist aber kein Kriterium, um den Schuldienst am Laufen zu halten.

  • Außerdem muss ich ganz ehrlich gestehen, dass ich mich in meiner Berufsehre gekränkt fühle, wenn Lehrer heute einfachstes Wissen nicht mehr besitzen oder im Schulflur lauter herum gröhlen als Schüler.

  • Zitat Kranappel:
    Bis jetzt werden nach wie vor nur Quereinsteiger mit Studium genommen
    Diese Aussage Bedarf der Korrektur. In NRW mag dies noch gelten für Stellen die unbefristet ausgeschrieben werden. Für befristete Stellen gilt dies jedoch schon lange nicht mehr. Hier reicht im Einzelfall das Abitur. Vom native Speaker über Bankangestellte(er), Dachdecker, und arbeitslosen Langzeitstudenten ist alles vertreten. Eine grundlegende Einführung, auch über die einfachsten rechtlichen und pädagogischen Rahmenbedingungen erhalten diese Kollegen nicht. So kann es dann vorkommen, dass der/die fertig ausgebildete Naturwissenschaftler, der noch nie vor einer Klasse bestanden hat, mal soeben eine 8er Klasse für ein ganzes Schuljahr in Mathematik beschult. Einführung zu Grundlagen der Notengebung etc gibt es nicht. Schwimm oder geh unter. Und das ist noch, von den fachlichen Voraussetzungen der Idealfall. Hinzu kommt, dass es mittlerweile Vertretungskräfte gibt, die seit Jahren von Befristung zu Befristung dieser Tätigkeit nachgehen. Aufgrund der Rechtssprechung der Arbeitsgerichte zum Thema Kettenbefristung, stellen diese Kollegen(innen) nun reihenweise Entfristungsanträge, die (aufgrund der Rechtslage) auch genehmigt werden. Wenn hier nicht grundlegend gegengesteuert wird, entsteht ein Umbau der Kollegiums Struktur, der nachhaltig sein wird.

    An alle Deutschlehrer:
    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten. :doc:

  • Aber gut, das Wissen darüber, dass Hinz und Kunz in NRW trotz teilweise zweifelhafter Qualifikation vor der Klasse stehen dürfen, beruhigt mich etwas, wenn ich wieder eine "Wie vermittle ich nur die XY-Kompetenz? Dazu hatte ich ja nix im Studium gelernt."-Phase haben sollte :P . Die haben wohl andere Probleme als zu überlegen, wie sie angemessen das Problemlösen im Mathematikunterricht unterbekommen, oder ;) ?

    • Offizieller Beitrag

    Ach, zum Glück ist es in Hessen anders. Da dürfen nur hochqualifizierte Menschen vor die Klasse.
    Oder .... Moment ... ich hatte im Rahmen der Unterrichtsgarantie Plus mehrfach Dauervertretungen. Wie nicht wenige Studierende vor und nach mir. Oh: wie einige wenig qualifizierte Eltern.
    Offiziell nur für eine Aufsicht hier und da, und dann entwickelt sich doch mehr, weil "hat sich bewährt" (= es ist in deren Stunde kein Feuer ausgebrochen)

  • Bestreite ich gar nicht! Ich meine nur, dass ich mich selbst bei manchen Themen frage, ob ich dahingehend ausreichend qualifiziert bin. Und ich habe ja Lehramt/Grundschule studiert. Ob dann auch ein "native Speaker, Bankangestellte[r], Dachdecker, und arbeitslose[r] Langzeitstudent" sich solche Gedanken macht? Die sich ja teilweise wirklich alles anlernen müssen. Wenn ich so zurückdenke, im ersten Praktikum stellte ich mich schon stellenweise ziemlich dämlich an, weil ich eben von nix einen Plan hatte. Mit der Zeit beschäftigt man sich aber immer mehr mit Schule und Bildung und mit Erfahrung kommt eine gewisse Routine in den Lehrerkernkompetenzen. Wenn ich aber einfach mal so ins kalte Wasser geworfen worden wäre und direkt mit richtigem Unterricht hätte starten müssen... Das wäre in die Hose gegangen. Deswegen finde ich solche Quereinsteiger problematisch, wenn wir gleichzeitig von den Schülern hohe Leistungen erwarten und sich die Bildungspolitik das Ziel der Erhöhung des Bildungsniveaus an deutschen Schulen (vgl. PISA und co.) setzt.

    Einmal editiert, zuletzt von Lindbergh ()

  • Ach, zum Glück ist es in Hessen anders. Da dürfen nur hochqualifizierte Menschen vor die Klasse.
    Oder .... Moment ... ich hatte im Rahmen der Unterrichtsgarantie Plus mehrfach Dauervertretungen. Wie nicht wenige Studierende vor und nach mir. Oh: wie einige wenig qualifizierte Eltern.
    Offiziell nur für eine Aufsicht hier und da, und dann entwickelt sich doch mehr, weil "hat sich bewährt" (= es ist in deren Stunde kein Feuer ausgebrochen)

    Oha! Kannst Du mir das näher erklären bzw. nochmals sachlich darstellen? Ich dachte sowas, dass Eltern einspringen, hätte es bisher nur in einem Bundesland "irgendwo im Osten" (vergessen) gegeben.

    • Offizieller Beitrag

    Die Unterrichtsgarantie Plus war (ist noch?) ein Konstrukt gegen Unterrichtsausfall. Die Schule hat deine Nummer und kann dich anrufen, wenn sie dich braucht (oft sind es feste Tage).
    Die Bezahlung hängt von dem höchsten Abschluss bzw. Status. 1. Staatsexamen, Student, Abi... ab.
    _Eigentlich_ ist das nicht für ‚dauerhaft‘ gedacht, aber: manchmal ist der Lehrer halt für 2 Wochen krank, man kriegt die Klasse im Stundenplan und es werden vielleicht 3 Wochen...

Werbung