Meine Erfahrung nach haben Lernende eher Probleme wegen mangelnden Wissens, nicht wegen mangelnder Kompetenzen. Mein Lieblingsbeispiel aus der Mathematik: "Bestimmen Sie rechnerisch die Nullstelle der Funktion f". Das "rechnerische Bestimmen", hier die Kompetenz, ist so gut wie nie das eigentliche Problem bei Lernenden, die diese Aufgabe nicht lösen können. Das Problem ist meistens, dass Sie den Fachbegriff "Nullstelle", hier also das Wissen, nicht verstehen (oder falsch verstehen), weil Sie das Lernen von Definitionen für unnötig halten.
Vielleicht ist für echte Kompetenzorientierung die Aufgabenstellung auch einfach zu stark nach behavioristischem Verständnis angelegt. Um nachhaltig zu verstehen (-> Wissen aufbauen), was Nullstellen sind wäre da eine stärkere Handlungsorientierung in meinen Augen schon sinnvoll. z.B sowas, wie hier auf S.4 zu finden ist:
ZitatNachdem bei den Olympischen Spielen in London beim Hammerwurfwettbewerb der Damen die Weitenmessung versagte, analysierten Wissenschaftler der Sporthochschule inKöln den Wurf von Betty Heidler, der vom Kampfgericht zunächst mit einer Weite von 72,34m angegeben wurde. Die Wissenschaftler fanden heraus, dass die Funktion f(x) = -0,015x2 + 1,13x + 2,08 die Flugkurve von Betty Heidlers Hammer bei diesem Wurf beschreibt.
Idealfall: Daraus können dann die SuS zunächst eine Problemstellung ("Wir wollen rausfinden, wie weit Betty Heidlers Hammer geflogen ist") ableiten, sind anschließend bestenfalls intrinsisch motiviert diese zu lösen und eignen sich somit das benötigte Wissen korrekt an. Durch die emotionale Verknüpfung/Identifikation mit dem Problem wird das Wissen dann nachhaltig im Gedächtnis verankert.